Abdiel hat geschrieben:[size=11]Tja Ssnake, wie Du sagst, sinkt die Masse an produziertem Müll erst seit 1085, davor gab es wohl kein Wirtschaftswachstum?
Tjaaa... es ist eben so: Um 1900 haben Amerikaner auch so etwa 1,5kg Müll pro Tag erzeugt - nur vorwiegend in Form von Asche aus den Kohleöfen. Die Zusammensetzung des Mülls hat sich eben geändert, nicht aber die Menge pro Kopf und Tag. Jedenfalls nicht gerade dramatisch.
Wären heutzutage die Maßnahmen zur Vermeidung von Müll oder entsprechende Technologien noch nicht bekannt, würde dann die Wirtschaft nicht mehr wachsen? Oder würde sich das Wachstum verlangsamen?
Ich würde die Frage gar nicht erst so stellen, sondern formulieren:
Eine wettbewerbsorientierte Wirtschaft zwingt jeden Hersteller, kostengünstig zu produzieren. Dieser Kostendruck resultiert in dem Bemühen, mit minimalem (Rohstoff-)Einsatz Produkte von möglichst hohem Nutzwert zu erzeugen (denn der Nutzwert bestimmt den Preis, wenigstens bis zu einem gewissen Grad). Sparsamer Umgang mit (knappen) Rohstoffen ist also in dieses System vor vorneherein eingebaut.
Solange Luft und Wasser kostenlos zu verunreinigen sind, gibt es natürlich keinen Grund für den Hersteller, in Filtermaßnahmen zu investieren, um die Verschmutzung gering zu halten. Wird es der jeweiligen Gesellschaft aber zum Ärgernis, weil man gerne klare Luft hat, so erläßt sie eben Gesetze zur Luftreinhaltung, die es für den jeweiligen Fabrikanten billiger machen, die Umweltbelastung zu reduzieren.
Grundsätzlich hast Du natürlich in einem Punkt recht: Der Übergang von einer vorindustriellen Gesellschaft zu einer höher entwickelten Volkswirtschaft ist mit Verschmutzung verbunden, deren Höhepunkt man ja in Deutschland beispielsweise zwischen 1940 und 1970 erlebt hat - aber seitdem werden die Dinge ja wohl unstreitig besser hierzulande. Und man gibt sich einer Illusion hin zu glauben, die Luftqualität wäre um 1900 besser gewesen als heute - Kohle- und Holzfeuerung in den Wohnungen haben die Luft sehr viel stärker verschmutzt als heutzutage.
Wenn in der 3. Welt in der Hütte an offenener Feuerstelle gekocht wird, herrscht durch den Rauch eine enorme Belastung der Atemluft, die natürlich auch Lungenkrebs u.ä. nach sich zieht. Wächst dort die Wirtschaft, dann kaufen sich die Menschen dort vielleicht einen saubereren Kerosinofen zum Kochen, der die Luftverschmutzung massiv reduziert, selbst wenn dann noch das Mofa vor die Hütte kommt, das die Luft im Gegenzug wieder stärker belastet.
Zum Schluß hat sich dies sogar als Imagemerkmal herausgestellt, was man ja hervorragend zur weiteren Verfolgung der eigenen Ziele ausnutzen oder glaubst Du die Leute machen das alle aus Selbstlosigkeit?
Natürlich nicht, aber das ist ja das schöne an einer wettbewerblich organisierten Wirtschaft: Die Leute müssen nicht selbstlos handeln um trotzdem das richtige zu tun.
Zu DDR-Zeiten wurden die Rojstoffe, aufgrund des knappen Nachschubes, sehr gewissenhaft recycelt und der Bürger bekam sogar für seine Mühen noch Geld dafür.
An Geld hat es der DDR nie gemangelt, nur an Wirtschaftsgütern, die man dafür kaufen konnte. Komm' mir bitte nicht mit Ostalgie. Das Sero-System ist ein Herumwursteln gewesen, um die Verschwendung des planwirtschaftlichen Systems an anderer Stelle auszugleichen. Man darf ja nicht vergessen, daß immer mal wieder Fabriken Güter produziert haben, die gar nicht oder nicht in der festgelegten Menge benötigt wurden. Da ist also effektiv Müll produziert worden (das hat man natürlich nicht so genannt und stattdessen irgendwelche Exportpartner gesucht, die man im Ostblock über kurz oder lang dann auch gefunden hat). Wer die Umweltrealität der DDR bewerten will, der möge doch bitte so ehrlich sein und neben das Sero-System auch die folgenden Dinge stellen:
- Bitterfeld & Uran-Gruben
- Braunkohlefeuerung
- Zweitakt-Trabbis
- unwirtschaftliche Maschinenparks in den Betrieben
- verrottete Infrastruktur, die Züge und Autos langsamer fahren ließ als technisch möglich
(na gut: Dafür kaum Staus...)
Die BRD hat dieses System erst Jahre später als bahnbrechende Neuerung (*gähn*) eingeführt. Und wer verdient jetzt dran?
Das Duale System ist sicher nicht das gelbe vom Ei, nicht zuletzt deswegen, weil es ja wieder planwirtschaftliche Elemente enthält. Der Witz ist ja gerade, daß es eben NICHT aus dem Markt heraus entstanden ist und die Mülltrennung heute unsere öffentlichen Müllverbrennungsanlagen brennstoffmäßig aushungert, unwirtschaftlich werden läßt, und über das Zwangsmittel kommunaler Müllgebühren wieder eingetrieben wird während alle DSD-Produkte künstlich verteuert wurden.
Andererseits: Zwar hat's bei Sero Geld für den gesammelten Müll gegeben, andererseits sind heute die Produkte günstiger oder von besserer Qualität bei gleichem Preis. Insofern ist der Gesamtgewinn dann ja immer noch höher als die Kosten aus Grünem Punkt und dem Wegfall der Sero-Sammelknete.