Doc SoLo hat geschrieben:@Ssnake: Deine Einschätzung von Linux ist imho hoffnungslos veraltet. Ich habe leider nicht die Zeit, dir das im Detail zu erläutern; wulfman hat die wichtigsten Dinge aber eh schon angesprochen. Ich empfehle dir, dir mal ein aktuelles Suse oder Redhat runterzuladen, oder einfach mal eine Knoppix-Heft-CD einzulegen und zu schauen, was da alles auf Anhieb ohne einen einzigen Konfigurationsdialog funktioniert und wie du dich auf dem KDE-Desktop zurechtfindest.
Oh, das bezweifle ich nicht. Jedoch ist Linux durchaus noch ein gutes Stück davon entfernt, die gesamte Systemkonfiguration konsequent mit grafischen Tools zugänglich zu machen (oder doch zumindest bis zu einem Punkt, der Windows NT 4 ff. entspräche).
Natürlich gibt's auch unter XP noch die Kommandozeile, keine Frage. Aber letztlich gibt es in jeder Linux-Distribution immer wieder Situationen, in denen man in Konfig-Dateien 'rumfummeln muß wie seinerzeit den ini-Dateien bei Windows. Nur, daß man mit Konfig-Dateien ebensoviel Schaden anrichten kann wie mit unbedachten Änderungen in der Registry.
Mir ist ja auch klar, daß jedes hinreichend leistungsfähige Betriebssystem auch eine entsprechende Komplexität mit sich bringt und diese letztlich unvermeidbar ist. Aber im Kern bleibt doch eines bestehen: Linux spielt Vorteile dort aus, wo es dem Privatanwender wenig nutzt und ist ansonsten bestenfalls genausogut wie Windows. Daher entstehen dem geübten Windows-Nutzer Opportunitätskosten in Form der Entwertung bisher aufgebauten Windows-Knowhows, die nicht angemessen durch Vorteile wieder aufgewogen werden.
Sollte diese Aussage fundamental falsch sein, dann bitte ich doch um konkrete Beispiele, wo Linux mir einen echten Vorteil bietet (außer, daß ich uralte Rechner damit immer noch flott betreiben kann) - und nicht den pauschalen Hinweis, wenn ich es mir nur anschauen würde, dann würde ich auch schon das Licht erblicken.
Ansonsten fasziniert mich dein bedingungsloser Glaube an das Funktionieren des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems "Kapitalismus" immer wieder.
Tja... was soll ich sagen: Die Existenz von Linux, OpenBSD, MacOS, diversen Unix-Derivaten usw. beweist doch, daß es Alternativen zu Windows gibt. Windows ist für Endanwender der Marktführer, weil es dafür einen guten Grund gibt. Windows war stets preiswerter als das technisch lange Zeit vermutlich bessere MacOS und für Entwickler attraktiver, weil MS keine Software-Zertifizierung vorgeschrieben hat wie das Apple tat. Das hatte zwar den Nachteil, daß die Betriebsfestigkeit nicht so dolle war, aber dafür hat man ja auch einen Preisnachlaß bekommen.
Wenn Eure These richtig ist, daß es der fehlende Kopierschutz von Windows ist, der Linux das Leben schwer macht, dann muß es mit Linux ja seit der Einführung der Produktaktivierung ja raketenmäßig bergauf gehen. Ich wage jetzt mal die Prognose, daß in drei Jahren kein wesentlicher Trend weg von Windows erkennbar sein wird. Sollte aber Microsoft eines Tages seine Kunden tatsächlich im Stil der RIAA knechten wollen, sehe ich sehr gute Aussichten für alle Linux-Anbieter. Und das wäre dann ja in der Tat wiederum der Beweis dafür, daß Märkte dort, wo ihr Funktionieren zugelassen wird, in aller Regel auch tatsächlich funktionieren. Die meisten Probleme mit der Marktwirtschaft haben sich noch immer dort gezeigt, wo die Marktkräfte am Funktionieren gehindert wurden.
Es gibt zwar durchaus Einzelfälle des Marktversagens, die in der Volkswirtschaftslehre breit dokumentiert sind - aber das ändert doch nichts daran, daß es
Einzelfälle sind, und die Gegner der Marktwirtschaft gerne aus diesen Einzelfällen auf die Gesamtheit schließen. Das ist aber nun mal eine Vedrehung der Tatsachen.
Ich kann diesen Glauben nicht teilen, und die Open-Source-Gemeinde ebenfalls nicht. Schade, dass du deren - eigentlich gesellschaftspolitisch gemeinte - Ansichten auf ein dumpfes "MS ist böse" reduzierst.
Gesellschaftspolitische Anliegen haben effektiv keine Auswirkungen auf das Kaufverhalten von Marktteilnehmern. Sie mögen noch so sehr berechtigt sein, am Ende zählt aber, was aus dem portemonnaie herauswandert und im Austausch dafür im Weidenkorb landet. Wenn man Umfragen glauben schenken darf, würden wohl 80% aller Konsumenten Eier von glücklichen Freilandhühnern kaufen. Tatsächlich geben 80% aller Konsumenten aber nach wie vor den billigen KZ-Eiern den Vorzug. Was letztlich bedeutet, daß 20% der Konsumenten bereit sind, für ein gutes Gewissen tiefer in die Tasche zu greifen. Linux hat die Chance, ebenso wie die Freilandhühner einen Marktanteil an gesellschaftspolitisch bewegten Endverbrauchern zu gewinnen - man soll sich aber nicht wundern, wenn dieser Marktanteil dann nicht beliebig steigerbar ist.
Ansonsten gestehe ich meine Schuld ein, um der Verkürzung willen unreflektiert die Meinung der Linux-Trolle im Heise-Forum komprimiert wiedergegeben zu haben. Und ja, ich weiß, es gibt auch Windows-Trolle, die mindestens genauso hirnlos sind. Ich ziehe es vor, mich der ideologischen Dimensionen einer Betriebssystem-Diskussion zu entziehen, weil es mir egal ist, ob Herr Gates noch ein bißchen reicher wird. Mich interessiert der persönliche Nutzen, den ich aus der Verwendung eines bestimmten Betriebssystems ziehe, und bislang bin ich, trotz gelegentlicher Ärgernisse, mit Windows gut gefahren.
Dabei steht dieser Ausspruch - mehr ist es nämlich nicht - nur plakativ dafür, dass der Konzern "Microsoft" sämtliche negativen Aspekte kapitalistischer Großunternehmen in beispielhafter Art und Weise in sich vereint.
Auf die Beispiele bin ich jetzt gespannt.
Sämtliche Negativ-Aspekte, wow... da hast Du Dich jetzt aber weiter aus dem Fenster gelehnt, als vermutlich gut ist...