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wulfman
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eine petition - thema software-patente

Do, 18. Sep 2003, 17:09

eine petition, bei der zu überlegen wäre, ob man sie nicht unterschreiben sollte: gegen "ePatents" (nettes buzzwort).

I am concerned by current plans to legalise software patents in Europe, considering their damaging effect on innovation and competition.

I am concerned by the possible use of software patents to patent business methods, education methods, health methods, etc.

I am concerned by the current track record of abuses from the European Patent Office, especially by their tendency to abuse their judicial power to extend the scope of patentability.

I am surprised that no economic report has ever been published by European Authorities to study the impact of software patents on innovation and competition.

I urge decisionmakers at all levels in Europe to enforce the Law, which clearly prohibits patenting pure computer programs, instead of changing it.

I urge decisionmakers at all levels in Europe to reconsider their current plans and to make sure patents are not abused to prohibit or restrict the dissemination of computer programs and intellectual methods.


http://petition.eurolinux.org

bekommen wir die meinung eines software-entwicklers dazu zu hören? ;)

mfg
wulfman
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Vorläufig letzte Worte, heute:

der Exstudent auf der Insel
 
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Do, 18. Sep 2003, 19:50

Meinen Teil zum Lobbying habe ich beigetragen, indem ich alle deutschen CDU-Abgeordneten im Europaparlament angeschrieben habe. Meine Meinung in Kürze:
  1. Das Ziel einer Vereinheitlichung des Patentrechts in Europa ist an sich begrüßenswert.
    Daß in einem Land Software mal durchs Urheberrecht geschützt wird, im anderen Land wieder durch Patentrecht, und dazu die Rechtssprechung noch uneinheitlich ist, das ist auf Dauer nicht tragbar. Die EU-Kommission tut gut daran, einen Schritt in Richtung "gleiches recht für alle" zu tun.
  2. Ungünstig ist, daß der vorliegende Entwurf schwammig formuliert ist und somit der Tendenz des Europäischen Patentamts in die Hände spielt, auch Trivialpatente zunehmend zuzulassen.
    Der im Deutschen Patentrecht bewährte Grundsatz, eine Erfindungshöhe dergestalt zu verlangen, daß ein mit dem Gebiet vertrauter Fachmann nicht ohne weiteres zum selben Ergebnis kommen würde, sollte nicht aufgegeben werden (das tut der Entwurf aber).
  3. Zweifellos gibt es eine Tendenz bei Großunternehmen, Urheberrecht und Patentrecht rechtsmißbräuchlich zur Unterdrückung von Wettbewerbern und zur Durchsetzung von Geschäftsmodellen einzusetzen.
    Ein krasses Beispiel ist Hewlett-Packards Tintendrucker-Sparte. Chips in Tintenpatronen zu montieren, um ein Wiederbefüllen zu verhindern, und die Chips gegen Nachbau dadurch zu schützen, daß eine urheberrechtlich geschützte Musikdatei im Chip abgespeichert wird, ist schon ein starkes Stück. Eine technische Rechtfertigung gibt es dafür nicht, es handelt sich also schlicht um den Schutz eines Geschäftsmodells, was ja angeblich niemand patentierbar machen lassen will.
  4. Urheberrechtlicher Schutz reicht meines Erachtens nach aus, um Waffengleichheit herzustellen. Sobald Algorithmen und Rechenverfahren patentierbar werden (solange nur ein "technischer Beitrag" in der Erfindung enthalten ist), entsteht für den Entwickler die Notwendigkeit zur Patentrecherche um sicherzustellen, daß das, was man macht, von niemandem patentiert ist. Leider liefert die Patentrecherche das nicht. Sie kann nur eine Positivmeldung erbringen (d.h. wenn eine Kollision mit einem bestehenden patent gefunden wird). Meldet der Rechercheur "nix gefunden", so heißt das noch lange nicht, daß das auch stimmt.
    Patentrecherchen sind sehr teuer. Eine einzelne Anfrage kann zischen 3000 und 5000,-? kosten (also bis zu 20% des Stammkapitals einer GmbH...). Also werden Kleinunternehmer die Recherche unterlassen, und begeben sich damit zwangsläufig auf den rechtlichen Blindflug.
  5. Eigene Patente anzumelden ist für kleine Unternehmen nicht attraktiv. Ein Algorithmus zur lebensechten Steuerung eines Kampfpanzers in einer virtuellen Umwelt mag noch so ausgefeilt sein - das braucht's nur ein einem sehr eng begrenzten Feld von Anwendungen. Ich müßte also einen haufen Geld für den bürokratischen Aufwand bezahlen, ein Geschäftsgeheimnis offenzulegen, daß kaum jemand braucht, und für das niemals jemand Lizenzgebühren bezahlen wird.
    Kleine und mittlere Unternehmen werden sich also keine Börse aus Patenten als Zweitwährung zulegen. Damit begeben sie sich aber in einen strategischen Nachteil im Wettbewerb mit größeren Konkurrenten. Die Patentklage wird damit bevorzugtes Mittel der Konzerne gegen lästige kleine Konkurrenten.
  6. Softwarepatente sind nicht erforderlich, um Innovation und Wettbewerb zu befördern. Microsoft hat weder Powepoint noch Word, noch Excel oder gar DOS selbst entwickelt - wurde alles zugekauft. Microsoft ist ohne Patente erfolgreich gewesen, und hat erst dann Patente angemeldet, als dies in den USA ermöglicht wurde.
    Cisco ist groß geworden ohne ein einziges Patent angemeldet zu haben, und hätte auch ohne Patente weiter wachsen können - das hat deren eigener Entwicklungsleiter zugegeben, als es im US-Senat dazu eine Anhörung gab. Die Firmenleitung hat aber seinerzeit aus Angst, im Fall einer Patentrechtsklage nicht genug Munition zu haben, befohlen, allen Dreck zum Patent anzumelden, damit man sich mit Konkurrenten ggf. gütlich im Vergleich einigen kann - durch Austausch von Patentlizenzen.

Für mich steht damit fest, daß Softwarepatente im Grunde überflüssig sind. Es gibt aber natürlich Abgrenzungsprobleme zum Urheberrecht, daher ist eine Vereinheitlichung schon wünschenswert. Nur muß darauf geachtet werden, daß wettbewerbshemmende Trivialpatente ausgeschlossen bleiben.

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