Fr, 13. Jun 2003, 09:40
Hm. Friedman verteidigen?
Fällt selbst mir schwer. Möllemann recht geben? Nee, kann ich auch nicht.
Als Politiker ist mir Möllemann auf die Nerven gegangen - in mancher Hinsicht talentiert, ja, und gewiß hatte er auch an der einen oder anderen Stelle recht. Seine Behauptung, Friedman und Scharon wären (sinngemäß) die besten Argumente für Antisemitismus war allerdings schon ein starkes Stück. Das war schon in der Kategorie "Antisemitismus, das ist, wenn man Juden noch weniger mag als ohnehin normal ist."
Friedman ist arrogant und gibt sich alle Mühe, dem Vorurteil, daß Anwälte schmierige Arschlöcher sind, gerecht zu werden. Immerhin ist seine Feindseligkeit nahezu gleichverteilt, insofern gerecht (schade, daß er bei seinem Interview mit Scharon so elementar versagt hat). Aber aus Möllemanns Behauptung wird doch umgekehrt ein Schuh: Folgt man seinem Argument, dann würden die Juden ja keinen Haß auf sich ziehen, wenn sie nur lieb und nett gegenüber jedermann wären, und wenn sich nur einer danebenbenimmt, dann wäre es nur natürlich, wenn deswegen alle gehaßt würden. Der Jud' ist halt selbst schuld, wenn man ihn nicht mag.
Nee, tut mir leid, eine solche Argumentation IST antisemitisch. Auf dieselbe Weise könnte man jeden Ballermann-Touristen auf Mallorca gegen Deutschland als ganzes ins Feld führen.
Daß die Überlebenden des Holocaust gesagt haben, das wollen wir uns nie wieder gefallen lassen, ist ja wohl eine selbstverständliche Reaktion gewesen. Unverständlich hingegen, warum sich zu Nazi-Zeiten (abgesehen vom Warschauer Ghetto) kein Widerstand erhob.
Möllemann ist auch in der Vergangenheit immer wieder speziell über seine Funktion als Vorsitzender der Deutsch-Arabischen Gesellschaft einschlägig aufgefallen. Die Karsli-Affäre war ein überdeutlicher Versuch, Judenhetze in Deutschland wieder gesellschaftsfähig zu machen. Daß Michel Friedman das einmal deutlich angesprochen hat, kann ich ihm nicht verdenken - ohne daß ich deswegen jetzt zu seinem Anhänger würde. Aber auch Arschlöcher können mal recht haben. Die Flugblatt-Aktion war das Äquivalent zum Nachtreten, nachdem der Schiri schon abgepfiffen und die Gelbe Karte verhängt hat - eine absolut überflüssige Feindseligkeit.
Du liest diesen Text nicht. Fnord.