Ältere Leute werden heutzutage deswegen nicht eingestellt - nicht etwa, weil sie nicht qualifiziert wären - sondern weil sie mehr kosten und in der Unternehmenskrise besonders schwer entlassen werden können - ein Ergebnis gutgemeinter, im Ergebnis jedoch schlechter Sozialpolitik.
Ältere Leute werden häufiger krank - ist 'ne Binsenweisheit, noch dazu quasi naturgesetzlich. Das könnte man dadurch kompensieren, daß man den Lohn verringert. Aber die Tariflöhne definieren ja längste nicht mehr wie einst den Minimallohn, sondern stellen aufgrund der vereinbarten Höhe effektiv den Einheitslohn dar (weniger darf ja offiziell nicht - de facto kürzt man dann durch die Einführung "freiwilliger" undbezahlter Überstunden). Da man also den Lohn für ältere nicht kürzen kann, müßte man sie wenigstens leicht entlassen können, damit ihre Einstellung nicht zum betriebswirtschaftlichen risiko wird. Das Arbeitsrecht setzt aber speziell für ältere Leute hohe Hürden bei der Entlassung (um zu verhindern, was nicht zu verhindern ist).
Die Konsequenz ist also, daß es unattraktiv ist, ältere Arbeitnehmer trotz ihrer überlegenen Erfahrungen einzustellen. Jüngeren Arbeitnehmern zahlt man erstens ein geringeres Entgelt - sie sind ja weniger qualifiziert -, man gewährt ihnen weniger Urlaub, und sie sind seltener krank.
Gutgemeintes gebiert hier also schlechtes.
Allen wohl und niemandem wehe zu wollen ist zwar ehrenwert, aber kein taugliches Konzept für eine kluge Gesellschaftspolitik. Wer sich dafür interessiert, sollte Volkswirtschaftslehre studieren - da kann man eine Menge über den Unsinn lernen, der heutzutage von Politikern verbreitet wird. Keiner will rechnen, keiner will die Zusammenhänge verstehen, und so können insbesondere die Gewerkschaften einen Schwachsinn verbreiten, daß sich einem die Fußnägel aufrollen. Allein schon die These, hohe Löhne garantierten ein hohes Wirtschaftswachstum. Na denn, wir schenken uns alle gegenseitig eine Million, schon geht's allen gut - wenn's so einfach ist, warum haben wir's noch längst nicht gemacht?
Herrschende egal welcher Art (also Politiker und auch Gewerkschafts- und Wirtschaftsfunktionäre) profitieren von der mangelnden wirtschaftlichen Bildung der Bevölkerungsmehrheit. Solange man keine Ahnung von den Zusammenhängen hat, erschließt sich einem auch nicht die Perfidität der jeweiligen Propaganda, und warum gutgemeintes nur selten auch wirklich gut ist.
Damit ich nicht nur einseitig gegen die Gewerkschaften keile (die es allerdings besonders nötig haben), hier noch das Lügenmärchen vom Mangel an IT-Fachkräften: Die Wirtschaftsverbände haben niemals schlüssig belegt, wie sie auf die hohe Zahl offener Stellen kommen, die sie angeblich nicht besetzen konnten. Zugleich hat es schon die ganzen Jahre über mindestens 10.000 Informatiker gegeben, die keine Stelle in Deutschland finden können. Meine eigenen Erfahrungen als gut ausgebildeter Wirtschaftsingenieur mit dieser Branche sind ebenfalls ziemlich mies. Das Ziel der Greencard-Lüge war einfach: Einen noch höheren Fachkräfte-Überschuß zu erzeugen, um die Gehälter für die Spezialisten drücken zu können. Das Märchen von den Traumgehältern in der IT-Branche ist ohnehin schon entlarvt. IT hat dort enorme Gewinne gebracht, wo das Rationalisierungspotential am Größten war. Diese Rationalisierungspotentiale sind aber von Beginn der 70er-Jahre bis Ende der 90er weitgehend ausgeschöpft worden, der Manna-Regen ist vorbei. Jetzt gibt's natürlich noch ein weitere Betätigungsfeld für einen reifen Markt im Bereich Service, Wartung, und kleinschrittiger Verbesserung (Produktreifung). Und natürlich wird das Internet auf Dauer enorme Auswirkungen auf jeglichen Wirtschaftszweig haben, bei dem es irgendwie um Informationsübermittlung geht. Aber einen wirklichen Bedarf für eine Green Card gibt es nicht - ich habe jedenfalls keine überzeugenden Argumente hören können.