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Do, 6. Feb 2003, 17:09

Ältere Leute werden heutzutage deswegen nicht eingestellt - nicht etwa, weil sie nicht qualifiziert wären - sondern weil sie mehr kosten und in der Unternehmenskrise besonders schwer entlassen werden können - ein Ergebnis gutgemeinter, im Ergebnis jedoch schlechter Sozialpolitik.

Ältere Leute werden häufiger krank - ist 'ne Binsenweisheit, noch dazu quasi naturgesetzlich. Das könnte man dadurch kompensieren, daß man den Lohn verringert. Aber die Tariflöhne definieren ja längste nicht mehr wie einst den Minimallohn, sondern stellen aufgrund der vereinbarten Höhe effektiv den Einheitslohn dar (weniger darf ja offiziell nicht - de facto kürzt man dann durch die Einführung "freiwilliger" undbezahlter Überstunden). Da man also den Lohn für ältere nicht kürzen kann, müßte man sie wenigstens leicht entlassen können, damit ihre Einstellung nicht zum betriebswirtschaftlichen risiko wird. Das Arbeitsrecht setzt aber speziell für ältere Leute hohe Hürden bei der Entlassung (um zu verhindern, was nicht zu verhindern ist).
Die Konsequenz ist also, daß es unattraktiv ist, ältere Arbeitnehmer trotz ihrer überlegenen Erfahrungen einzustellen. Jüngeren Arbeitnehmern zahlt man erstens ein geringeres Entgelt - sie sind ja weniger qualifiziert -, man gewährt ihnen weniger Urlaub, und sie sind seltener krank.

Gutgemeintes gebiert hier also schlechtes.

Allen wohl und niemandem wehe zu wollen ist zwar ehrenwert, aber kein taugliches Konzept für eine kluge Gesellschaftspolitik. Wer sich dafür interessiert, sollte Volkswirtschaftslehre studieren - da kann man eine Menge über den Unsinn lernen, der heutzutage von Politikern verbreitet wird. Keiner will rechnen, keiner will die Zusammenhänge verstehen, und so können insbesondere die Gewerkschaften einen Schwachsinn verbreiten, daß sich einem die Fußnägel aufrollen. Allein schon die These, hohe Löhne garantierten ein hohes Wirtschaftswachstum. Na denn, wir schenken uns alle gegenseitig eine Million, schon geht's allen gut - wenn's so einfach ist, warum haben wir's noch längst nicht gemacht?

Herrschende egal welcher Art (also Politiker und auch Gewerkschafts- und Wirtschaftsfunktionäre) profitieren von der mangelnden wirtschaftlichen Bildung der Bevölkerungsmehrheit. Solange man keine Ahnung von den Zusammenhängen hat, erschließt sich einem auch nicht die Perfidität der jeweiligen Propaganda, und warum gutgemeintes nur selten auch wirklich gut ist.
Damit ich nicht nur einseitig gegen die Gewerkschaften keile (die es allerdings besonders nötig haben), hier noch das Lügenmärchen vom Mangel an IT-Fachkräften: Die Wirtschaftsverbände haben niemals schlüssig belegt, wie sie auf die hohe Zahl offener Stellen kommen, die sie angeblich nicht besetzen konnten. Zugleich hat es schon die ganzen Jahre über mindestens 10.000 Informatiker gegeben, die keine Stelle in Deutschland finden können. Meine eigenen Erfahrungen als gut ausgebildeter Wirtschaftsingenieur mit dieser Branche sind ebenfalls ziemlich mies. Das Ziel der Greencard-Lüge war einfach: Einen noch höheren Fachkräfte-Überschuß zu erzeugen, um die Gehälter für die Spezialisten drücken zu können. Das Märchen von den Traumgehältern in der IT-Branche ist ohnehin schon entlarvt. IT hat dort enorme Gewinne gebracht, wo das Rationalisierungspotential am Größten war. Diese Rationalisierungspotentiale sind aber von Beginn der 70er-Jahre bis Ende der 90er weitgehend ausgeschöpft worden, der Manna-Regen ist vorbei. Jetzt gibt's natürlich noch ein weitere Betätigungsfeld für einen reifen Markt im Bereich Service, Wartung, und kleinschrittiger Verbesserung (Produktreifung). Und natürlich wird das Internet auf Dauer enorme Auswirkungen auf jeglichen Wirtschaftszweig haben, bei dem es irgendwie um Informationsübermittlung geht. Aber einen wirklichen Bedarf für eine Green Card gibt es nicht - ich habe jedenfalls keine überzeugenden Argumente hören können.
 
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Do, 6. Feb 2003, 17:16

Holla!

Die Sache mit den Gewerkschaften habe ich bis heute nicht verstanden. Für mich liegt die adequate Durchsetzung von Arbeitnehmerinteressen in der Gründung von Betriebsräten, welche auch besser die Lage des Betriebes beurteilen und entsprechende Massnahmen durchsetzen können. Die Sinnhaftigkeit einer überregionalen Arbeitnehmervertretung ausserhalb der Politik (welche ja eigentlich die Grundlagen für ein ordentliches Verhältnis Arbeitgeber/-nehmer schaffen sollte) wird mir wahrscheinlich auf ewig verborgen bleiben. Zudem widerspricht sie auch noch dem so gerühmten Prinzip unserer Marktwirtschaft. Aber wahrscheinlich sehe ich den Wald vor lauter Bäumen nicht...

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Do, 6. Feb 2003, 17:22

Ssnake hat geschrieben:
Allein schon die These, hohe Löhne garantierten ein hohes Wirtschaftswachstum. Na denn, wir schenken uns alle gegenseitig eine Million, schon geht's allen gut - wenn's so einfach ist, warum haben wir's noch längst nicht gemacht?


Gestern Lafontaine gesehen? Das lag ihm besonders am Herzen. Jeder bekommt mehr, am besten wie bei der Lufthansa 9% (warum verlangt ver.di nicht gleich Entlassungen?), dann muß es ja bergauf gehen. Eine wunderbare Logik, die leider ein paar nicht ganz unwichtige Faktoren vergißt.

ciao
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Do, 6. Feb 2003, 18:13

Abdiel hat geschrieben:

Die Sache mit den Gewerkschaften habe ich bis heute nicht verstanden.
Historisch haben sie schon eine wichtige Rolle gespielt - so etwa bis Anfang der 70er. Danach begann die Ausplünderung.
Niemand will einen Manchester-Kapitalismus, in dem rachitische Kinder 10 Stunden täglich Kohleloren durchs Bergwerk fahren. Die Bildung von Gewerkschaften hat geholfen, das Lumpenproletariat zu beseitigen, den Bildungsstandard des gesamten Volkes anzuheben und über die soziale Befriedung (d.h. die Ausgleichsbildung) die Wirtschaftsbedingungen insgesamt massiv zu verbessern.

Klunckers (ÖTV-Vorsitzender) Anfang der 70er durchgesetzte 10-Prozent Lohnerhöhung für den öffentlichen Dienst markiert jedoch den Beginn jener Ära, in der die Arbeitnehmerinteressen gegenüber denen der Unternehmensführer und der Öffentlichkeit (als maßgeblichem Finanzierer der Bürokratie durch Steuern) ein immer stärkeres Übergewicht bekommen haben und mittlerweile die Wirtschaft und Gesellschaft lähmen und ersticken.
Die Konsequenz ist ein Wohlstandsverlust für alle, und eine Entsolidarisierung der Gesellschaft, weil der massive und undurchsichtige Einkommenstransfer mittlerweile als ungerechte Ausplünderung derjenigen verstanden wird, die Initiative ergreifen, eigenverantwortlich tätig sind, Kreativität beweisen und offenbar auch sonst schlechte Menschen sind - Technophile womöglich.

Bestes Beispiel war die Forderung nach Wiedereinführung der Vermögenssteuer - die soviel Steuermehreinnahmen bringt, wie ihre Erhabung durch die zusätzlich notwendigen Finanzbeamten kostet, und die mit der Begründung erhoben werden sollte, daß 1% des Vermögens ausschließlich zur Finanzierung von Bildungsausgaben herangezogen werden solle. Dabei wird unterschlagen, daß man die Bildungsausgaben auch dann erhöhen kann, wenn man an anderer Stelle spart. Dann müßten aber die betreffenden Politiker auch die Einsparungen durchsetzen, da ist es einfacher, einen neidbasierten Popanz aufzustellen, von dem man bei nüchterner Betrachtung weiß, daß er außer mehr Bürokratie rein gar nichts bringt, nicht mal mehr Bildung.
(Daß, noch dazu, eine Vermögenssteuer nur zur langfristigen Lohnminderung der Arbeitnehmer beiträgt, wie über volkswirtschaftliche Reationsketten nachgewiesen werden kann, sei nur am Rande erwähnt...)
 
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Do, 6. Feb 2003, 19:00

Holla!

Im geschichtlichen Sinne zolle ich den Gewerkschaften meinen vollen Respekt. In der heutigen Situation sind sie meinesachtens jedoch ein nicht unerheblicher Klotz am Bein der Wirtschaft und behindern, wie zuletzt eindrucksvoll bewiesen, eine Genesung derselben. Wie irrig das Ganze jetzt ist, kommt am besten bei den Forderungen der Regierungsbeamten heraus, welche eigentlich einen Eid geleistet haben und trotzdem mit Streik drohen. Durch die "Globalisierung" der Gewerkschaften machen diese sich noch unflexibler und können beileibe nicht mehr den heutigen Anforderungen gerecht werden. Dem Volk gefällts aber wenn es ein paar Mark mehr in Aussicht gestellt bekommt, weswegen sich dieser Zirkus noch 'ne Weile hinziehen wird. Und hinterher jammern alle, da die Preise mal wieder steigen und sich so die Lohnerhöhung nicht auszahlt...

Was die Erhebung einer "Luxussteuer" betrifft, bin jedoch anderer Meinung. Sicherlich sorgt die angedachte Prozedur der Erhebung und "Eintreibung" nicht für die erhofften Ergebnisse, vom Grundprinzip her würde ich das Vorhaben jedoch begrüssen. Dies wäre, bei entsprechender Verwendung, eigentlich eine gute Umsetzung des Solidaritätsgedankens, welcher ja immer noch in diesem Staate existieren dürfte. Wie gesagt: Wenn die erworbenen Mittel entsprechend verwendet würden (Bildung, sozialer/kultureller Bereich) wäre Vielen gedient, zumal zB im kulturellen Bereich eine Vereinfachung hinsichtlich der Finanzierung ergeben würde. Derzeit würde das aber nicht der Fall sein, die neue Steuer würde nur dem Stopfen von Haushaltslöchern dienen und durch den Verwaltungsaufwand selber gehörig einreissen. Das ist eben mal wieder die Kluft zwischen Idee und Umsetzung!

mfg
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Do, 6. Feb 2003, 19:32

Animal hat geschrieben:
Entweder, ich bin übermüdet und dadurch geistig sehr eingeschränkt, oder du hast einen Hang dazu, unpassende Beispiele zu nehmen.

Ein Arbeitsloser, der sich nur noch ein Auto statt zwei leisten kann? Ich denke mal, du willst damit sagen, daß er sich noch weniger leisten kann als vorher (ein Auto gehört sicher nicht dazu) und nur noch die Sonderangebote im Aldi bezahlen kann, um mal etwas zu übertreiben.


Ja das mit dem Auto war nur ein 'überdrehtes' Beispiel. Es ist aber auch (zumindest hier) keine Seltenheit das man als Arbeitsloser auf dem Land wohnender ohne ein Auto nicht vermittelbar ist. Dann gibts vielleicht nen Job aber wie gesagt ist es keinesfalls die Regel das Arbeitsplätze günstig mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind. Und nicht einmal das Arbeitsamt selbst vermittelt dann solche Stellen an derartige Personen, weil die selber schon sehn, dass es ein imenses Verlustgeschäft ist.

Animal hat geschrieben:
Du machst auf mich den Eindruck, als ob du zu den Leuten gehörst, die allen einen Gefallen tun wollen.


Gefallen tun? Wenn das heist ihnen ein gutes Leben zu ermöglich ja.
Aber da zeigen sich denke ich die größten Unterschiede zwischen West und Ost man könnte nämlich auch Ich und Wir sagen...

Animal hat geschrieben:
Das wird aber leider nicht funktionieren, da dadurch das Schmarotzertum gefördert wird. Die Arbeitslosenunterstützung muß auf ein Minimum gedrückt werden, da bin Harrys Meinung.


Ja ok es gibt viele Arbeitslose die mehr bekommen als sie sollten aber auch genausoviele die gerade so viel bekommen wie nötig ist.

Animal hat geschrieben:
Es ist nun einmal ein Unding, daß ein Arbeitsloser einen Job ablehnen kann, besonders, wenn dieser auch noch seinen Qualifikationen entspricht.
Nicht zu vereinbarten Bewerbungsgesprächen zu gehen,


Zustimmung! Von denen hat auch nie jemand gesprochen.

Animal hat geschrieben:
keine Eigeninitiative zu zeigen


Hier gilt es schon wieder zu differenzieren. Wenn jemand gerade seinen Job verloren hat, hat er die größten Chancen auf einen neuen. Das sollte natürlich die Eigeninitiative fördern. Wer das nicht tut: Zustimmung!
Umso länger man aber arbeitslos ist umso geringer werden die Chancen, dass man durch Eigeninitiative wieder ins Arbeitsleben kommt. Da helfen in der Regel nur noch Vermittlungen von beispielsweise dem Arbeitsamt.
Glaub mir irgendwann über die Jahre der 'Eigeninitiative' kennt man die Gründe warum man nicht genommen wird (weil nebenan noch 3 sitzen die jünger und weitaus kürzer arbeitslos sind und deshalb viel mehr 'aktuell' sind). Ich weiß wie demütigend es ist, sich wieder und wieder zu bewerben und vielleicht sogar noch eingeladen zu werden, wenn man weiß, daß man zwisch 0 und gar keinen Chancen hat genommen zu werden.

Animal hat geschrieben:
Leute, die dagegen zeigen, daß sie wollen, sollen dann im Vergleich dazu gerne besser stehen, das haben sie sich "verdient". Bei alten Leuten, ist das sicher etwas kompliziert, das stimmt. Da sollten man so ehrlich sein und sie als unvermittelbar einstufen. Diese Leute haben sich, meiner Meinung nach, dann aber auch mehr als das Minimum verdient.


Zustimmung!

cu
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Wir die Willigen, geführt von den Unwissenden, tun das Unmögliche für die Undankbaren.
Wir haben so lange so viel mit so wenig getan, dass wir inzwischen in der Lage sind, mit nichts alles zu tun.
 
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Do, 6. Feb 2003, 20:15

Chellie hat geschrieben:
Ja das mit dem Auto war nur ein 'überdrehtes' Beispiel. Es ist aber auch (zumindest hier) keine Seltenheit das man als Arbeitsloser auf dem Land wohnender ohne ein Auto nicht vermittelbar ist. Dann gibts vielleicht nen Job aber wie gesagt ist es keinesfalls die Regel das Arbeitsplätze günstig mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind. Und nicht einmal das Arbeitsamt selbst vermittelt dann solche Stellen an derartige Personen, weil die selber schon sehn, dass es ein imenses Verlustgeschäft ist.


Stimmt schon. Habe Verwandte, die in der Gegend von Dresden wohnen und weiß, wie schwer es ist, von da mit den öffentlichen Verkehrsmitteln wegzukommen. Allerdings gehöre ich auch zu den Leuten die der Meinung sind, es gibt immer einen Weg, wenn man nur will. Ein Roller wäre zB zu Beginn eine gute Möglichkeit, muß ja nicht gleich ein Auto sein.


Chellie hat geschrieben:

Gefallen tun? Wenn das heist ihnen ein gutes Leben zu ermöglich ja.
Aber da zeigen sich denke ich die größten Unterschiede zwischen West und Ost man könnte nämlich auch Ich und Wir sagen...



Hmm, die anderen sagen, man merkt mir den Wessi nicht mehr an, naja :)
Es ist die Frage, was heißt "gutes Leben"? Kein Sozialsystem kann es verkraften, jedem einen jährlichen Urlaub zu ermöglichen. Ein Dach über dem Kopf und genug Geld zum Essen, sind doch eigentlich nicht schlecht. Es gibt ein paar Millionen Menschen, die froh wären, das zu haben. Man jammert hier auf recht hohem Niveau, finde ich.

Da fällt mir übrigens eine andere Gemeinsamkeit als Wessi/Ossi auf. Harry, Ssnake und ich hoffentlich bald sind alle (Wirt-)Ingenieure. Liegt das an unserer Branche, das wir etwas "härter" in unserem Urteil sind? :)

Chellie hat geschrieben:

Hier gilt es schon wieder zu differenzieren. Wenn jemand gerade seinen Job verloren hat, hat er die größten Chancen auf einen neuen. Das sollte natürlich die Eigeninitiative fördern. Wer das nicht tut: Zustimmung!
Umso länger man aber arbeitslos ist umso geringer werden die Chancen, dass man durch Eigeninitiative wieder ins Arbeitsleben kommt. Da helfen in der Regel nur noch Vermittlungen von beispielsweise dem Arbeitsamt.
Glaub mir irgendwann über die Jahre der 'Eigeninitiative' kennt man die Gründe warum man nicht genommen wird (weil nebenan noch 3 sitzen die jünger und weitaus kürzer arbeitslos sind und deshalb viel mehr 'aktuell' sind). Ich weiß wie demütigend es ist, sich wieder und wieder zu bewerben und vielleicht sogar noch eingeladen zu werden, wenn man weiß, daß man zwisch 0 und gar keinen Chancen hat genommen zu werden.


Sicher, mit der Zeit wird es frustrierend, das verstehe ich sogar. Allerdings zeigt sich dann gerade, wo die mit Initiative wirklich sind. Hingehen, direkt vorstellen und den Leuten klar machen, warum man der Richtige ist (Initiativbewerbung), das soll gar nicht mal so selten helfen.

ciao
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Animal hat geschrieben:
Da fällt mir übrigens eine andere Gemeinsamkeit als Wessi/Ossi auf. Harry, Ssnake und ich hoffentlich bald sind alle (Wirt-)Ingenieure. Liegt das an unserer Branche, das wir etwas "härter" in unserem Urteil sind? :)
Ich weiß nicht. Ich glaube nicht, daß Ingenieure prinzipiell gefühlloser sind als andere, aber Teil der Ausbildung ist sicher auch, zunächst auf die Fakten zu schauen und dann herauszufinden, was möglich ist, und was sich mit den bekannten Gesetzmäßigkeiten nicht in Einklang bringen läßt.
Politik funktioniert ja anders - das ist im Grunde reines Marketing für jegliche beliebige Idee. Mit bestimmten Ideen und Ideen-Konstrukten (=Ideologien) kann man ein bestimmtes Marktsegment der Wähler ansprechen. Als Populist versucht man, den kleinsten gemeinsamen Nenner für alle Unzufreidenen zu finden - der Demagoge benennt zudem noch einen xbeliebigen Sündenbock.

Ziel muß nun sein, eine "Marke" zu kreieren die eine gewisse Stammkundschaft bindet, und durch Sonderaktionen in benachbarten Marktsegmenten abwanderungswillige Kunden der Konkurrenz abzujagen ohne dabei die eigene Marke durch zuviel Rückgratlosigkeit zu verwässern. Dabei spielen "Wahrheit", "Ehrlichkeit" oder auch nur "Vernunft" nicht die geringste Rolle. So wie 80% aller Entscheidungen von Menschen durch Gefühle dominiert werden, ist es auch (und gerade) im Wahlkampf und in der Tagespolitik. Natürlich kann man auch als Politiker nicht vollkommen losgelöst von den Tatsachen auf der Gefühlsschiene fahren, aber wenn die Situation nicht völlig verfahren ist, kann ein hypothetischer "perfekter Politiker" jede Wahl gewinnen solange er keine gravierenden Fehler macht, selbst wenn die von ihm vertretene Meinung zu den aktuell wichtigsten Problemen abwegig ist.

Wählerstimmen sind eine begrenzte Ressource (jeder hat ja nur eine oder zwei, je nach Wahlsystem), der Markt kann nicht wachsen, es findet also Verdrängungswettbewerb statt. Der Erfolg mißt sich an den abgegebenen Stimmen.


Vielen Menschen fällt es schwer, diesen Sachverhalt zu akzeptieren. Entweder sie sind naive Idealisten (dann glauben sie tatsächlich an bestimmte Ideologien) oder Zyniker (man nennt sie dann "Politikverdrossene"). Ich persönlich finde es eigentlich nicht so schlimm - es ist nun mal so, wie es ist. Aber es erfordert schon, daß man diese Zusammenhänge durchschaut. Je besser die Menschen darüber Bescheid wissen, worüber sie entscheiden, desto vernünftiger wird die Entscheidung sein. Daher besorgt es mich in erheblichem Maße, daß das Wissen um wirtschaftliche Zusammenhänge in Deutschland außerordentlich niedrig ist.
Beispielsweise habe ich mal in der Frankfurter Allgemeinen gelesen, daß nur 20% aller Befragten in einer Umfrage die folgende einfache Frage richtig beantworten konnten:
"Wer schafft Arbeitsplätze?
a) Der Staat
b) Die Unternehmen
c) Weiß nicht"


Wenn es also 80% nicht wissen oder gar der Meinung sind, daß es nicht die Unternehmen seien - wie können die Wähler dann (außer durch blanken Zufall) unter denjenigen Parteien auswählen, die die erfolgversprechenden Vorschläge anbieten?

Man muß sich das mal bildlich vorstellen: Vier von fünf Leuten, die man auf der Straße trifft, sind in dieser elementaren Frage offenbar ahnungslos! :oops:
 
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Fr, 7. Feb 2003, 12:40

Das klingt jetzt vielleicht wieder ziemlich hart, aber in der Demokratie regieren die Dummen. Denn wie Umfragen zeigen ist die Mehrheit meist ziemlich ahnungslos.
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Fr, 7. Feb 2003, 12:43

Dirty Harry hat geschrieben:
Das klingt jetzt vielleicht wieder ziemlich hart, aber in der Demokratie regieren die Dummen. Denn wie Umfragen zeigen ist die Mehrheit meist ziemlich ahnungslos.


Die Demokratie ist sicher eine schlechte Regierungsform. Aber: Gibt's eine Bessere?
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Fr, 7. Feb 2003, 17:29

Holla!

Eine interessante Frage! Das Grundprinzip der Demokratie finde ich eigentlich sehr ansprechend und als Regierungsform vollauf geeignet die gemeinsamen Interessen eines Volkes durchzusetzen.
Wenn aber, wie heute, Politik zum reinen Marketing verkommt und die breite Masse (ja sie ist dumm!) auch noch mit Absicht im Unklaren über bestimmte Verhältnisse gelassen wird, sind die daraus resultierenden Entscheidungen mehr als fragwürdig. Nun kann man nicht von jedem Menschen verlangen sich in die herrschenden Verhältnisse einzuarbeiten und sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Vielmehr setzt das Vertrauen in die Politiker auch die Annahme voraus, über den aktuellen Stand auf dem Laufenden gehalten zu werden. Diese Annahme, auf die sich viele Leute noch stützen, ist jedoch Nonsens, da im Endeffekt das politische Programm einer Partei regelrecht vermarktet wird. Wir wissen ja alle wie glaubwürdig solche vollmundigen Versprechen des Marketing sind (und zwar in allen Bereichen).
Was mir fehlt, ist irgendwie der Idealismus, den die Betreibung von Politik eigentlich zwingend mit sich bringt. Man hat mehr das Gefühl die Parteien streiten auf einem Markt um die höheren Anteile, das hat doch nichts mehr dem Regieren zu tun! Statt dem Dienst am Volk, betreibt man lieber Imagekampagnen fürs eigene Konto. Zudem werden die Wähler auch noch von der Richtigkeit dieser Vorgehensweise überzeugt, das macht es fast unmöglich für "ehrliche" Parteien (gibts nicht, ich weiss) sich zu etablieren. Am Beispiel von Herrn Schill sieht man doch wie man Stimmen erwirbt...

@Ssnake: Ich würde Politikverdrossenheit und Zynismus in bezug auf die Politik trotzdem trennen. Viele Leute sind heutzutage nämlich meist deshalb verdrossen, weil sie die Vorgänge häufig nicht begreifen. Der Zyniker weiss jedoch ganz genau, was auch seinen Zynismus begründet!

mfg
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PS: Im Falle des WI's würde ich sagen, dass diese Leute im Gegensatz zu meiner Sparte (reiner Ingenieur) noch ein gutes Stück mehr an Hintergrundwissen erworben haben und die Sache auch häufig aus der wirtschaftlichen Sicht heraus beurteilen. Ingenieure konzentrieren sich da eher auf den rein technischen Part...
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Fr, 7. Feb 2003, 22:24

Nun kann man nicht von jedem Menschen verlangen sich in die herrschenden Verhältnisse einzuarbeiten und sich selbst ein Bild von der Lage zu machen.

Doch, das MUSS man verlangen. Das ist schließlich einer der Grundpfeiler der Demokratie: Ein gebildetetes Volk.

Daraus kann man schlussfolgern, dass die Dummheit der Masse für die schlechte Politik verantwortlich ist. Deshalb spielt bei den Wahlen der Populismus die größere Rolle gegenüber wirklicher Sachkompetenz.

Wenn man also behauptet, dass wir in der Masse dumm sind, muss man konsequenterweise auch zugeben, dass die Demokratie nicht die richtige Regierungsform für uns ist.

Ich hoffe, ich bekomme jetzt keine Probleme mit dem Verfassungsschutz. Ich betreibe ja nur philosophische Logik. 8O

Ciao,

Doc SoLo
 
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Fr, 7. Feb 2003, 22:27

vielleicht wirds bei uns ja was mit der schwarz-grünen regierung, schaut ja vielversprechend aus. :)

mfg
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PS.: gleich taucht korben auf...ganz sicher..
______________________________
Vorläufig letzte Worte, heute:

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Fr, 7. Feb 2003, 23:09

wulfman hat geschrieben:
PS.: gleich taucht korben auf...ganz sicher..


hihihi :lol: hahaha nee glaub ich nicht. Er war ja erst gestern da :)

cu
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Sa, 8. Feb 2003, 13:02

Abdiel hat geschrieben:

Wenn aber, wie heute, Politik zum reinen Marketing verkommt
Ich wehre mich gegen die Unterstellung, das sei jetzt eine zielgerichtete Entwicklung. Politik war schon immer Marketing. Julius Caesar ist ein besonders gewissenloser Populist gewesen - und dazu noch hochbegabt in einigen anderen Bereichen. Und selbst wenn im täglichen Regierungshandeln auch mal ernsthaftes Bemühen vorliegt (sagen wir mal, Englands Kampf unter Churchill gegen Deutschland), so ist der Wahlkampf wieder zweifellos eine Frage des Marketings.
Es ist ja eine Grundweisheit der Werbung, daß die Produkteigenschaften nicht offensichtlich von den Werbeaussagen abweichen dürfen. Der gegenwärtige Bundeskanzler dürfte sich also beispielsweise niemals als beinharter Prinzipienreiter verkaufen, das nähme ihm niemand ab. Und insoweit kann das Marketing einer Regierung ja durchaus auch mal weniger im Verschleiern von Pannen bestehen, sondern im Herausstreichen erzielter Erfolge - egal, ob diese nun tatsächlicher oder vermeintlicher Natur sind.
Es ist die Aufgabe der Opposition, dem Wähler zu vermitteln, daß sie es besser könne. Überzeugt sie die Hälfte der Wähler plus mindestens einem weiteren, so kommt's zum Wechsel.

Der Unterschied zwischen Staatsmännern und Politikern ist, daß Staatsmänner versuchen, die Meinung des Volkes dahingehend zu verändern, daß sie einer vorgegebenen Richtung entsprechen. Politiker hingegen passen Ihre Meinung der vermuteten vorherrschenden Meinung an.
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