Abdiel hat geschrieben:Als Sozialstaatbefürworter sehe ich Parteien an, die Möglichkeiten suchen, um das jetzige System zu erhalten. Alle derzeitigen Massnahmen zielen doch auf einen Abbau des Sozialstaates ab, ohne wirkliche Einsparungen zu bringen. Klar, bei Reduzierung fallen weniger Kosten an, damit hat man aber nichts gespart, sondern eben nur das Angebot verringert.
Technisch hast Du zwar recht, aber auch die hartnäckigsten gewerkschaftlichen Realitätsverweigerer (50% aller Bundestagsabgeordneten sind Gewerkschaftsmitglieder, 80% Beamte oder Angestellte des öffentlichen Diensts) können auf Dauer nicht an den Gesetzen der Finanzmathematik vorbeiregieren.
Eine Reduktion des Angebots ist unvermeidlich - selbst ein Grundschüler kapiert, daß bei steigenden Ausgaben für Leistungen und einer sinkenden Anzahl von Beitragszahlern ein Defizit entsteht, das entweder durch Erhöhung der Beiträge oder durch Reduktion der Ausgaben beseitigt werden kann. Da die durch Beitragszahlungen verursachten Nebenkosten der Arbeit ein wesentlicher Faktor zur Begrenzung der Schaffung neuer Arbeitsplätze sind, andererseits die hohe Arbeitslosigkeit ein wesentlicher Grund für die Defizite der sozialen Kassen sind, kann eine Erhöhung der Beiträge nicht zur Lösung des Kernproblems beitragen.
Der verständliche Wunsch, das Risiko der Arbeitslosigkeit zu begrenzen, führt leider durch Überregulierung dazu, daß keine neuen Stellen geschaffen werden. Ich hab' mich selbständig gemacht und werde lieber 120 Stunden die Woche arbeiten als einen einzigen Menschen einzustellen - weil ich 540 (!!!) Paragraphen des Arbeitsrechts beachten müßte, sobald ich mir den ersten Angestellten zulege. Diese 540 Paragraphen sind alle gut gemeint, aber wie so oft ist auch in diesem Fall "gut gemeint" das Gegenteil von "gut".
Man denke nur mit Genuß an die Geschichte von dem bBerliner Handwerker mit seinen 13 Angestellten im Baugewerbe. Er hätte, um sie alle weiter beschäftigen zu können, deren Löhne um 15% absenken müssen, weil die Baufirmen im 20km entfernten Brandenburg niedrigere Tarife zahlen konnten und er dadurch nicht mehr wettbewerbsfähig war. Die Lohnsenkung hat die Gewerkschaft verhindert. Also drei Mann kurzfristig entlassen, und bei besserer Auftragslage wieder einstellen. Aber: Bei betriebsbedingter Kündigung muß ein Sozialplan mit Abfindungen erstellt werden. Wenn er die 120.000 DM für die Abfindungen gehabt hätte, hätte er ja gar nicht entlassen müssen. Den Betrieb nach Brandenburg zu verlegen ging nicht, weil's nach geltendem Arbeitsrecht "unzumutbar" für die Angestellten gewesen wäre.
Konsequenz: Er entläßt alle, und geht als angestellter Meister zu einer anderen Firma. Hätte er einen neuen Betrieb gegründet, hätten ihn jeder seiner 13 Jungs auf Wiedereinstellung verklagen können.
Eine solche Gesetzgebung ist ursächlich für Arbeitsplatzvernichtung in Deutschland.