Fraggy hat geschrieben:Mit der Zeit alle. Wer sich nicht in die Materie einarbeitet hat in den Fachausschüssen (und der Bundestag ist nunmal ein Arbeitsparlament!) keinen Einfluss. Deshalb hat jede Fraktion, und damit auch jede Partei den Anreiz, ihr Personal so zu selektieren und anzuleiten, dass sie sich dort reinknien, sofern sie politischen Einfluss nehmen wollen.
Sorry, aber das klingt auf mich ein wenig naiv. Klar arbeiten sie sich ein, aber nur soweit, wie sie müssen, um ihrer Partei zu dienen. Fakten werden da zu oft zu Gunsten von Meinungen ignoriert meiner Ansicht nach. Unter einem Spezialist, der verantwortungsvoll seinem auferlegten Fachgebiet dient, verstehe ich häufiger was anderes.
Fraggy hat geschrieben:Anette Schavan ist promoviert und lehrt an der FU Berlin.
Mein Fehler, katholische Theologie ist natürlich eine Wissenschaft. Trotzdem irgendwie passend, dass ausgerechnet dieser Zweig von der CDU selektiert wurde
. Nein, du hast Recht, meine Gedanken gingen mehr Richtung "klassische" Wissenschaft.
Fraggy hat geschrieben:Weil ihnen zugetraut wird, sich in die Materie von Aussen- und Sicherheitspolitik einarbeiten zu können? Warum werden Reserveoffiziere wie Franz Josef Jung Verteidigungsminister? Weil sie Reserveoffizier sind? Ganz sicher nicht. Er wurde Verteidigungsminister, weil er aus Hessen kommt. Und mich würde es wundern, wenn du auch nur einen in der Truppe findest, der gutes über ihn zu berichten weiß.
Wenn du denkst, dass ich nur gegen die aktuelle Regierung wettere, aber Jung für einen total tollen Verteidigungsminister hielt, muss ich dich korrigieren, meine Argumente zielen in beide Richtungen, die SPD tut sich da nicht viel mit der CDU/CSU. Und ja, ihnen wird das zugetraut. Aber ganz ehrlich: Das kann man fast jedem zutrauen. Aber keine Einarbeitung der Welt kann Erfahrung ersetzen, und die ist, so zumindest mein Eindruck, zu selten im Spiel.
Fraggy hat geschrieben:Also Repräsentation ist ja zu allererst Aufgabe des Parlaments, nicht der Regierung. Einige Minister haben ja auch gar kein Mandat.
Dann habe ich mich wohl verhört, wenn stimmstärkste Parteien bei einer lächerlichen Ausbeute von z.B. 33% in schöner Regelmäßigkeit von einem "klaren Wählerauftrag" sprechen. Dass sie dabei nicht in schallendes Gelächter ausbrechen, erstaunt mich immer wieder. Fakt ist doch, die Regierung soll die Mehrheit der Deutschen repräsentieren. Unabhängig davon, dass das dank 5%-Klausel (die ich für sinnvoll halte, nicht falsch verstehen) in letzter Zeit kaum noch der Fall ist (in Schleswig-Holstein hat die Regierung ja nichtmal die Mehrzahl der Stimmen der im Parlament vertretenen Parteien bekommen), muss sich floglich auch die Regierung als volksrepräsentierend sehen. Nicht die einzelnen Menschen, da hast du recht, aber die Regierung selbst schon.
Fraggy hat geschrieben:Der Minister hat die politische Verantwortung und muss das der Öffentlichkeit vermitteln. Da gehts um politische Durchsetzungskraft, Delegieren und die grobe Linie vorgeben, nicht um Detailfragen.
Ja, man muss also "Politiker" sein. Man muss laut sein, man muss rechthaberisch sein, und bitte einen nicht mit Fakten verwirren. Gut, das ist sicherlich überzogen, aber dieses allgemein vorherschende Bild von Politikern kommt doch nicht von ungefähr. Das Problem ist doch gerade, dass Sachverstand zu unwichtig ist, sondern nur zählt, wer Ellbogen hat, und sich bei seiner Ochsentour mit den richtigen Leuten gut stellt. Und ich bin durchaus Realist, mir ist klar, dass die Welt numal so ist, und die Natur des Menschen es ihm nicht einfach macht, daran was zu ändern. Das heißt aber nicht, dass es einem gefallen muss.
Und ja, in generalisiere natürlich. Mir ist bewusst, dass es gute Politiker gibt, die ihre Arbeit verhältnismäßg gut abliefern. Aber auch da hängt es oft davon ab, wo sie landen. Als Innenminister fand ich Schäuble z.B. katastrophal, als Finanzminister macht er seine Arbeit, sofern ich das beurteilen kann, nicht schlechter als seine Vorgänger (ok, das war wieder eine sehr relative Aussage
)
Fraggy hat geschrieben:Und gerade in Deutschland, wo wir wenige, aber relativ alte, stabile, ressourcenstarke und etablierte Parteien mit ausdifferenzierten Strukturen und einer professionellen Organisation haben, ist diese Ausbildung durch eine "Ochsentour", und somit auch das politische Personal - im internationalen Vergleich (!) - auf relativ hohem Niveau.
Sicher, wir jammern hier auf relativ(!) hohem Niveau. Und auch wenn ich sonst kein Freund dieser urdeutschen Eigenart bin, bin ich über das, was ich seit langer Zeit aus Berlin höre, zu selten glücklich, als dass ich das einfach akzeptieren könnte, ohne über manches nur den Kopf schütteln zu können. Das Problem ist nur, ich habe keine Ahnung, wie man das wirklich ändern könnte, außer eben auch mal Neuen die Chance zu geben, wenn einen die Alten zu oft enttäuscht haben.