Ssnake hat geschrieben:Also, ich nehme an, DU meintest diesen Beitrag, den ich nochmal lesen soll. Na schön.
Den nun grad weniger, wenn es um die Alternativen gehen soll. Der war ja offensichtlich zum Provozieren da, inkl. entsprechender Wortwahl. Das "häßlich" steht übrigens ganz bewusst mit drin, es hat seine Bedeutung in diesem Zusammenhang.
Ich habe zuviel Respekt vor Armen, um sie als häßliche Arschlocher zu kategorisieren.
Nicht ich bin es, der keinen Respekt vor diesen Leuten hat - ich habe lediglich einen zynischen Text über deren Lage geschrieben. Das Wirtschaftssystem und der Staat sind es, die diese Leute ausgrenzen. Ersterem sind sie zu dumm für dessen hochrationalisierte Produktionstechnik, letzterer erklärt sie pauschal zu den "Schwächeren", für die andere sorgen müssen. Aber das erkennst du ja immerhin als "gesellschaftliches Problem" an.
Das setzt neben einer Reduktion der Attraktivität der Sozialhilfe vor allem voraus, daß die wirtschaftspolitischen und wirtschaftsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, die für die Bildung neuer Arbeitsplätze förderlich sind.
Noch etwas, wo wir übereinstimmen. Die Gelehrten sagen aber, dass ohne Wirtschaftswachstum gar keine neuen Arbeitsplätze entstehen. Bei unserem generellen Wohlstand und sich rapide verteuernder Energie werden Wachstumsraten wie in den 70ern aber nicht mehr zu erreichen sein. Es gibt auch keinen rechten Grund mehr, warum wir überhaupt noch Wachstum brauchen. Wir müssen also ohne Wirtschaftswachstum neue Arbeitsplätze schaffen. Das ist nicht möglich u.a. durch den aus dem Zins enstehenden Ertragssteigerungsdruck. Wenn du nicht mehr verkaufen kannst, musst du das was du verkaufst billiger produzieren, um die Rendite zu steigern.
Die Welt ist längst aufgeteilt und ihre Ressourcen werden vererbt.
Gibt's dazu auch 'ne Herleitung, oder muß man das bei objektiver Betrachtung der Weltlage einfach anerkennen, weil es selbsterklärend ist?
Das kannst du leicht selbst herausfinden: Nimm doch mal irgendwo die 4300m² deutschen Boden in Besitz, die dir eigentlich zustehen, wenn er nicht bereits verteilt wäre. Würde mich nicht wundern, wenn die Staatsgewalt dich ganz schnell von dort "entfernt". Oder im anderen Maßstab: Beanspruche doch mal einen Teil von Abramowitschs Öl für dich! Schließlich ist es vor Millionen Jahren für dich genauso entstanden, wie für jeden anderen Menschen auf dieser Erde.
Die Stelle muß ich überlesen haben - könntest Du das bitte noch mal erläutern?
Ich schlage vor, da nicht nur den reinen Verfassungstext zu Rate zu ziehen, sondern vielleicht eine aktuelle, kommentierte Ausgabe. Das mag den Sinn der einen oder anderen Passage und ihre Auslegung durch das Verfassungsgericht etwas erhellen, wenn er sich beim ersten Überfliegen nicht unmittelbar erschließt.
Auf Deine Argumentation bin ich jetzt echt gespannt.
Gerne. In GG Art. 14 heißt es lapidar "Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt." Kommentierte Ausgabe habe ich leider keine. Vielleicht kannst du aushelfen, falls ich diesen Satz so falsch interpretiere, dass er nicht im Zusammenhang mit der "aufgeteilten Welt" steht. Vielleicht steht in einem Kommentar auch, wie ich die beiden anderen Absätze des Artikels ausnutzen kann, um zu "meinem" Anteil zu kommen.
Schon mal eine durch Mieter buchstäblich zerstörte Wohnung gesehen, die nur durch Investition in fünfstelliger Höhe wieder in einen Zustand versetzt werden kann, daß sie am Markt anzubieten ist?
Willst du mit deinen Ausführungen tatsächlich behaupten, die Miete in deutschen Ballungsgebieten sei gerademal aufwandsentschädigend für die empfangene Leistung? Willst du behaupten, Immobilieninhaber nutzen ihren Besitz nicht, um sich arbeitsfreie Einkommen zu verschaffen?
Einkommen muß nicht immer nur durch Muskelschmalz erwirtschaftet werden, um gerechtfertigt zu sein. Es kann auch durch eine Dienstleistung oder die Bereitstellung einer Unterkunft mit dem damit verbundenen Kapitalaufwand erwirtschaftet werden. Daran kann ich überhaupt nichts anstößiges finden.
Seh ich genauso - bis auf die Entschädigung des Kapitalaufwandes. Denn genau das zwingt die, die kein Kapital haben, zu Mehrarbeit, die Unternehmen zu Rendite usw. mit all seinen schädlichen Auswirkungen auf das Wirtschaftsgeschehen und der prinzipiellen Ungerechtigkeit.
Du tätest Dir selbst einen Gefallen, wenn Du von dieser absurden Revolutionslyrik Abstand nehmen würdest, die macht Dich nur angreifbar.
Och, gegenüber jemandem, der anderen erstmal Nörgelpolemik, blanken Neid, Gesabbel und "Jehova! Jehova!"-Gejohle vorwirft, bevor er selber auch nur den Hauch eines Arguments bringt, brauch ich mir wohl keine Sorgen machen, deswegen allzusehr ins Hintertertreffen zu geraten!
;)
Ich hätte z.B. doch gerne einen konkreten Beleg dafür, daß diese Gesellschaft bei jeder sich bietenden Gelegenheit aggresive Indoktrination betreibt.
Die Indoktrination besteht aus dem Vorenthalten von Informationen. Bestimmte Dinge erfährst du ganz leicht in dieser Gesellschaft, du wirst geradezu bombardiert damit. Andere dagegen nicht. Warum wissen die meisten nicht, dass sie auch dann Zinsen an Kapitalbesitzer zahlen, wenn sie keine Kredite haben? Ich unterstelle da gar keine Absicht oder Kalkül. Das scheint sich so aus der Auflagegebundenheit der Medien zu ergeben. Stichhaltig belegen kann ich es nicht, es ist in der Tat ein Empfinden, ein Eindruck. Und selbstverständlich kannst du jetzt einfachen behaupten, es wäre nicht so. Dann sind wir auch schon durch mit dem Thema.
Hmmm... Gewissensforschung... schwierige Sache, das. Ich gehe demzufolge davon aus, daß Du auch die PDS (oder wie auch immer sich die SED jetzt gerade nennen mag) als zum Establishment gehörig betrachtest?
Die PDS ist gewissermassen das schlimmste, was diesem Staat passieren konnte. Sie macht sich verfassungskonform, obwohl sie es nicht sein kann. Sie transferiert das Schöne des ehemaligen Realsozialismus (und nur das) in die Welt aus Kapitalismus und Globalisierung. Damit fängt sie Leute ein mit nicht realisierbaren Versprechen. Und wenn ich Lafontaine sehe, nimmt sich diese Partei scheinbar nichtmal selbst ernst. Damit ist sie für mich nicht wählbar.
Im Gegensatz zu Dir sehe ich die Sache so, daß Politiker jeden Trend aufgreifen, der verspricht, daß er ihnen mehr Wählerstimmen zutreibt als sie durch diesen Trend enttäuschte Stammkunden verlieren.
Wenn ein Politiker etwas nicht verfassungskonformes fordert, wird er sich ganz schnell nicht mehr nur mit seinen Wählern auseinanderzusetzen haben. Dasselbe gilt, wenn es auch nur unkonventionell und nicht der Lehrmeinung entsprechend ist. Deshalb greifen "meinen" Trend so wenige auf, dass es nichtmal für eine ernsthafte Partei reicht.
Aber wahrscheinlich bin ich nur hoffnungslos naiv, daß ich nicht erkenne, daß bürgerliche Demokratie kapitalgelenkt und nur einen Schritt vom repressiven Faschismus enfernt ist, der nach seiner Überwindung durch das revolutionäre Proletariat über den Umweg des Sozialismus zum Kommunismus führen wird, hurra! Ist es das?
Nö. Hättest dir diese albernen Zeilen auch sparen können. Ich habe eingangs geschrieben, dass unser politisches System die Realitäten nicht mehr bestimmt, nicht dass es vom Kapital gesteuert wäre. Die Demokratie steht gewissermassen hilflos daneben und schaut zu, wie der Kapitalismus zunehmend wieder dieselbe hässliche Fratze zeigt wie schon vor hundert Jahren. Dabei hatte man das Problem mit Hilfe nationalstaatlicher Sozialpolitik zwischenzeitlich (fast) im Griff. Durch neue technische Gegebenheiten zwingt der Kapitalismus die internationale Staatenwelt nun in einen Konkurrenzkampf untereinander, dem das demokratische System eines Einzelstaates nicht gewachsen ist.
Nach den Erfahrungen der Zwischenkriegszeit scheint mir ein Selbsterhaltungsgebot der Verfassung ziemlich einsichtig. Aber da habe ich wohl etwas mißverstanden - die Verfassung wurde also von Krupp- und Siemens-Agenten diktiert, richtig?
Nicht doch Ssnake! Diesmal gibts nur ein einfaches "Nö." Jetzt zwingst du mich, deine "Argumente" nicht mit einer Gegenrede zu würdigen.
Wenn Du also auf die Kraft des Arguments setzt, dann ist es wohl legitim, wenn ich von Dir verlange, mich zu überzeugen. Schaffst Du es, schließe ich mich Dir an.
Ich werde mein Bestes geben (obwohl eigentlich auch mir der Masochismus fehlt für den Zeiteinsatz, solche Posts schüttele ich nicht gerade in Minuten aus dem Ärmel).
Das ist ja zunächst einmal eine Behauptung. Glaubst Du einfach nur an diese Umverteilung, oder ist sie zu belegen?
Kennst du diese Statistiken über die Vermögensverteilung mit den zwei progressiven Kurven? Die obere für die oberen 10% der Vermögenden, die untere für die unteren 50%. Das ist der Beleg, denn einen höheren Anteil an der Wirtschaftsleistung im selben Zeitraum haben wohl die unteren 50% Prozent erbracht. Trotzdem werden sie weniger am Vermögenszuwachs beteiligt. Für die letzten Jahre sieht das so aus:
http://www.einblick.dgb.de/archiv/0506/gf050607.htmDafür müsste man unter anderem Grundbesitzer enteignen, den Zins abschaffen und die Spekulation in der Finanzwelt verbieten.
O, wie schön! Ein Patentrezept!
Von denen kann es gar nicht genug geben!
Na, das fängt ja gut an mit dir... Unbegrenzt viele dieser schnippischen Kommentare vertrage ich jedenfalls nicht. Dachte mir gleich, dass es mit deiner Unvoreingenommenheit nicht allzuweit her ist.
Zu deiner Überraschung: Ich habe kein Konzept in der Schublade, das einen kompletten freiwirtschaftlichen Staat in allen Einzelheiten beschreibt. Es wird dir deshalb leicht fallen, Lücken zu finden und damit die Idee an sich zu diskreditieren. Und nein, du bist nicht der erste, der das mit diesem Mittel tut. Sag mir aber bitte gleich Bescheid, wenn das deine Absicht ist, damit ich dich zum Sieger küren kann, ohne sinnlos Zeit verschwendet zu haben.
Hm. Also, Grundbesitz enteignen hilft, weil...?
Abschaffung arbeitsfreier Einkommen, Verhinderung von Kapitalflucht in Boden.
Und die Eigentumsrechte am Grund fallen dann an... wen? Den Staat?
Richtig.
Und der macht dann damit... was?
Er verpachtet ihn an den Meistbietenden. Daneben sind noch Ausnahmen für bestimmte Verwendungszwecke denkbar.
Wer lenkt diesen Staat? Und wie?
Na der Diktator von nebenan. Der nette natürlich, nicht der gemeine.
Okay, vielleicht auch dein geliebtes parlamentarisches System.
Und die gegenwärtigen Eigentümer überzeugen wir mit welchen Mitteln davon, daß es nicht zur zum Besten aller, sondern auch ihrer ist?
Ein bisschen Druck wird da wohl nötig sein, schließlich verlieren sie tatsächlich etwas. Prinzipiell können sie auch entschädigt werden, Gesell schlug das sogar vor iirc. Denn die Ungleichverteilung von Vermögen muss nicht unbedingt beseitigt werden.
Wie soll der Übergang gestaltet werden?
Das ist die Frage. Hängt sehr von den Umständen und dem Zeitraum, innerhalb dessen der Übergang stattfinden soll, ab.
Den Zins... schaffen wir dann in Deutschland ab. Und sonst bleibt die Welt, wie sie ist? Oder muß das dann doch weltweit geschehen. Aber wie?
Wenn unsere Wirtschaft funktioniert, sind unsere Produkte gefragt und damit auch unser Geld - unabhängig davon ob es Zinsen gibt darauf oder nicht. Also können auch wir weiterhin im Ausland einkaufen. Aber ich bin kein Volkswirt, um dir das im Detail zu erklären.
Und Spekulation erkennen wir... woran genau? Was ist Spekulation eigentlich? Wann wird sie zur Investition? Ist Arbitrage böse, oder notwendig? Beteiligungsgesellschaften sind Heuschrecken... oder hilfreich? Kommt's auf die Absichten an? Wie erkennen wir sie? Welche Absichten - welche Gedanken - sind dann erlaubt, welche unerwünscht? Und was machen wir dann?
Da die Umlaufsicherung zu Konsum und Investition zwingt, wird man mit Geldspekulationen nicht mehr viel verdienen können. Es wird erheblich leichter für Unternehmer, an Geld zu kommen, da sie keine Rendite garantieren müssen. Es reicht im Grunde, wenn sie den Kapitalbesitzer vor der Umlaufgebühr bewahren, um ihn zu motivieren, sein Geld herauszurücken.
Könnte es vielleicht sein, daß nur Du glaubst, daß die Mehrheit in vorrevolutionärer Stimmung brodelt, während sie tatsächlich nur desinteressiert ist?
Genauso ist es, mit dem Zusatz, dass ich es nichtmal selber glaube. Wie könnte ich auch, gerade nach einigen Äußerungen in diesem Thread. Halte mich nicht für weltfremd, nur weil ich manche gesellschaftliche Utopien nicht mit derselben dogmatischen Verachtung strafe wie du!
Ich sage dir auch, was ich statt der vorrevolutionären Stimmung sehe: Ich sehe einen Haufen hilfloser Leute, die angesichts von Globalisierung, demografischem Problem und Wirtschaftsmisere nach Orientierung und Sicherheit suchen. Und ich sehe einen Haufen ebenso hilfloser Politiker, die diesen Leuten nichts von dem gewünschten geben können. Sie drehen an Stellschrauben, die nicht mehr funktionieren und haben keine Konzepte für die Zukunft, weil sie - selbst wenn sie sie erkennen - die wahren Probleme als unbeeinflussbar hinnehmen. Mir wäre vorrevolutionären Stimmung unter den Leuten jedenfalls lieber, als die trostlose Politikverdrossenheit, die sie stattdessen zeigen.
Und zu deinem Menschenbild: Einseitige Lebenserfahrung!
Hast du gerade 'nen Spiegel zur Hand?
Ah, noch eine billige Retourkutsche zum Schluß. Nur habe ich eben den "anderen" Staat - recht kurz, aber lang genug - erlebt und um mich herum täglich Menschen, die ihr ganzes Leben in ihm verbracht haben. Das eröffnet mir einige Ansichten, zu denen du scheinbar nicht kommen kannst.
Aber ich gebe zu, dass meine Erfahrung in Bezug auf den jetzigen Staat tatsächlich sehr einseitig ist, verglichen mit deiner. Mir fehlt das Erlebnis seines Erfolges. Ich sehe seit knapp 10 Jahren in komprimierter Form seine Unzulänglichkeiten und seine Unfähigkeit, sie wirkungsvoll zu bekämpfen.
Ciao,
Doc SoLo