In all den Jahren seiner Existenz hat Israel in meinen Augen nicht den geringsten Anlaß zu der Befürchtung gegeben, es sei auf Eroberung aus und würde zu diesem Zweck auch Nuklearwaffen einsetzen. Wer sowas behauptet, hat die Ratio hinter Israels Außenpolitik nicht verstanden.
Der Gründungskrieg '49 wurde von den Arabern angekündigt und angefangen, am Ende stand die Bestätigung der durch UN-Beschluß ohnehin festgelegten Staatsgrenzen.
Der zweite Krieg '54 wurde durch die ägyptische Besetzung der Suez-Kanalzone ausgelöst und weitete sich zum Krieg mit Israel aus - am Ende stand beinahe die Besetzung der Sinai-Halbinsel, die Israel aber wieder an Ägypten zurückgab im Tausch gegen die Demilitarisierung des Sinai.
Im Sechs-Tage-Krieg ließ Ägypten wieder seine Divisionen in den Sinai rücken, und Staatspräsident Nasser wurde zum Opfer seiner eigenen aggressiven Rhetorik gegenüber Israel, so daß er sich außerstande sah, die unnötig begonnene Eskalation ohne Gesichtsverlust zu beenden. Israel wiederum konnte die faktische Möglichkeit eines gemeinsamen Angriffs der umgebenden Staaten nicht ausschließen und mußte handeln - in diesem Fall durch Präventivschlag. Wiederum verloren die arabischen Staaten haushoch, und Israel besetzte den Sinai und das Westjordanland mit dem Ziel, Verhandlungsmasse für eine abschließende Friedensregelung zu gewinnen.
Keine fünf Jahre später kam es 1973 zum Yom Kippur-Krieg, hierzulande besser bekannt als "Ölkrise". Wiederum griffen die arabischen Staaten an, und gemessen an der Bevölkerungszahl erlitt Israel Verluste vergleichbar Deutschlands im ersten Weltkrieg. Und Israel wurde tatsächlich so sehr in Bedrängnis gebracht, daß der Einsatz von Nuklearwaffen tatsächlich erwogen, dann aber durch die einsetzende Luftbrücke von den USA unnötig gemacht wurde. Wiederum blieb Israel am Ende siegreich und in der Hoffnung, die andauernde Serie militärischer Nierderlagen würde die umgebenden arabischen Staaten zu der Einsicht bringen, daß der Verhandlungsweg aussichtsreicher sei.
Ägypten kam denn ja auch zu dieser Erkenntnis, und hat dafür nach 1979 den Sinai auch zurückerhalten. Andere arabische Staaten brauchen offenbar länger.
Der durch Syrien und die PLO betriebene Zerfall des Libanon brachte Israel in die Situation entscheiden zu müssen, ob man dem Umsturz auf Raten zuschauen oder mitmischen wollte. Man entschied sich für's mitmischen. Es ist leicht, aus der Rückschau zu sagen, daß das eine falsche Entscheidung war und Israel den Ruf gekostet hat, eine defensive Militärmacht zu sein. Tatsächlich war aber der innenpolitische Druck, nun endlich etwas gegen den fortdauernden Terrorismus zu unternehmen, der seine Basis im Südlibanon hatte (ebenso wie die Artilleriegeschütze, die ständig in israelische Siedlungen hineinfeuerten), außerordentlich hoch.
Man macht es sich etwas einfach wenn man sagt, Israel hätte sich ohne weiteres aus der Libanon-Geschichte heraushalten können. Nach der Vertreibung der PLO aus dem Libanon (was aus heutiger Sicht ein Segen für die libanesische Bevölkerung war), hat sich Israel einige Zeit später aus dem Libanon zurückgezogen - im Gegensatz zu den Syrern, denen man aber komischerweise bis heute nicht vorwirft, ein aggressiver Staat zu sein.
Nach dem Ende der Besetzung des Südlibanons haben die Palästinenser dann ihre erste Intifada ausgerufen. Nach drei Jahren Steinewerfens und Bombenlegens war man keinen Schritt weiter. Dann kam es zu den ersten Annäherungsversuchen (man erinnert sich vielleicht noch an die Verleihung des Friedensnobelpreises, aus heutiger Sicht wohl eher als Signal der Ermutigung und Wechsel auf die Zukunft zu verstehen, aber was soll's). Nach der Ermordung Rabins sah sich Arafat wie üblich nicht zu einer realistischen Verhandlungsführung in der Lage, die Chancen wurden vertan, man hat die Kinder wieder Steine werfen lassen und dann zu Bombenträgern umgeschult.
(Ehrlich gesagt, mit derartig perversen Typen würde ich mich auch nicht an einen Tisch setzen wollen).
Es nimmt nicht wunder, daß ein Teil der israelischen Öffentlichkeit der Meinung ist, daß die Araber und Palästinenser unfähig seien, überhaupt zu einer verständigen Lösung zu kommen. Nach fünfundfünfzig Jahren Bombenterror fällt es wohl nur leicht, zu solchen Schlußfolgerungen zu kommen, je mehr räumlichen Abstand und je weniger Detailkenntnis in die Debatte gebracht werden.
Ich stelle für mich fest, das Israel seit seiner Existenz klar erkennbar um Selbstbehauptung und Anerkennung seines Existenzrechts gekämpft hat - ein Ziel von bestürzender Selbstverständlichkeit. Gewiß, der Kampf wurde nicht immer sauber geführt. Das ist auch nicht zu erwarten in einem derartig lang andauernden bewaffneten Konflikt, der von gelegentlichen Ruhephasen unterbrochen wird. Wie man aus dieser Geschichte ableiten will, daß für den Iran der Besitz von Nuklearwaffen quasi naturgesetzliche Selbstverständlichkeit sei und es schon allein eine Frage der "Gerechtigkeit" sei, den Mullahs zum Ausgleich für Israels Besitz von Nuklearwaffen selbige zuzugestehen, ist mir unverständlich.
Hier geht es nicht um Gerechtigkeit, sondern um das Streben nach Macht. Das muß einmal klar ausgesprochen werden. Und daraus folgt dann unweigerlich die Frage, ob es in unserem Interesse liegt, daß sich die Machtverhältnisse zugunsten des Iran verschieben. Die Antwort steht für mich fest: Ganz klar Nein.
Mit Israel gibt es wenigstens in Ansätzen so etwas wie Wertegemeinschaft - sei es aufgrund der Tatsache, daß Israel eine Demokratie ist, daß uns das Judentum näher steht als der Islam, daß es so etwas wie religiös motivierter Terror mit Anspruch auf Weltgeltung zur Zeit nur dem Islamismus entspringt. Seit seiner Gründung wird Israel systematisch durch UN-Resolutionen benachteiligt und aggressives Verhalten der Araber durch Unterlassung von Seiten der UNO begünstigt. Wenn es die Unterstützung durch die USA nicht gäbe, hätten die Araber vollendet, was deutsche Nazis begonnen haben. Ich habe regelmäßig den Eindruck, daß es genau das ist, was viele in Deutschland insgeheim hoffen, aber nicht offen auszusprechen wagen. Wenn es etwas gibt, wofür sich Deutschland heutzutage schämen müßte, dann das. Ich finde das widerwärtig, feige und geschichtsvergessen, und die vorgeschobenen Argumente, warum vor allem Israel schuld an allem sein soll, bigott.