Skrihnschott hat geschrieben:Westliche Demokratien können mit einem Pfund wuchern: Maximale Freiheit für jeden Bürger - das gibt's in keiner anderen Regierungssform. Es wäre schwachsinnig, ausgerechnet diesen größten "selling point" pro Demokratie fahrenzulassen.
Maximale Freiheit für jeden Bürger gibt es derzeit in
keiner Herrschaftssform.
Ich sprach nicht von einem absoluten, sondern einem relativen Maximum. Absolute Freiheit kann es in Gemeinschaften gar nicht geben.
Andere "typisch" demokratische Werte, wie etwa Gleichheit, sterben ebenfalls einen langsamen Tod.
Das ist ja kein Naturgesetz, sondern die Konsequenz aus der Tatsache, daß die Errungenschaften zunehmend für selbstverständlich genommen werden. Eine Demokratie muß mit Leben gefüllt werden, und das können nur die Bürger des Staates tun. Einige bevorzugen aber nun mal den goldenen Käfig ohne zu bedenken, daß es
a) kein Leben ohne Risiken gibt, und
b) wer die Freiheit um einer maximalen (scheinbaren) Sicherheit willen aufgibt, am Ende beides verliert.
Bei anderen lassen sich gelegentlich Zynismus und Resignation beobachten.
Dass ferner unsere (faktisch) legislativen Organe auf europäischer Ebene nicht direkt demokratische legitimiert sind, aber über (lobbyfreundliche) Richtlinien unsere Zukunft weitestgehend bestimmen, zeigt, in welche Richtung die Entwicklung fortschreiten wird.
Ich verstehe Deinen Pessimismus, aber ich teile ihn nicht. Als letztes Jahr der Irrsinn der Software-Patentierung durchs Europaparlament gepeitscht werden sollte, habe ich alle deutschen CDU-Abgeordneten angeschrieben und denen in fünf Punkten dargelegt, warum ich als Softwareentwickler und durchaus kapitalistischer Unternehmer dennoch die Patentierbarkeit von Software rundweg ablehne. Die erste Antwort von zwei Mitgliedern ließ auf sich warten und war ein Formbrief an alle Linux- / Free Software Foundation-Aktivisten, um ihnen darzulegen, daß ihre sozialistischen Träume von der CDU nicht geteilt würden. Gut, mußte ich nochmal schreiben um darauf hinzuweisen, daß ich zu diesen Typen genau nicht gehöre, aber trotzdem dagegen bin.
Ich will nicht behaupten, daß es nun gerade
meine Briefe waren, die den meinungsumschwung herbeigeführt haben, aber Tatsache bleibt doch, daß die ursprünglich vorgesehene Regelung in vielen Punkten massiv entschärft wurde. Das Ergebnis ist nicht perfekt, aber doch viel besser als das, was zuvor geplant war.
Es erfordert aber natürlich von jedem Einzelnen, jene Themen genau zu beobachten, auf denen er kompetent und an denen er interessiert ist, um ggf. auch Einfluß nehmen zu wollen. Es hat mich jeweils einen halben Tag gekostet, alle eMail-Adressen der Abgeordneten zusammenzutragen und einen geschliffenen Brief zu formulieren, aber ich habe am Ende nicht das Gefühl gehabt, es wäre alles vergeblich gewesen. Es ist mühselig, aber Freibier gibt's in diesem Universum nun mal höchst selten.