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Hardbern
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Fr, 14. Mai 2004, 16:00

Hi !

Das hat natürlich alles nichts mit der E3 zu tun.

Aber wie leicht große Konzerne und Versicherungen an persönliche Daten rankommen, darüber gibt es ein Bericht im aktuellen Spiegel.

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,299052,00.html

Hardbern
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Sa, 15. Mai 2004, 11:37

Hardbern hat geschrieben:
Hi !

Das hat natürlich alles nichts mit der E3 zu tun.

Aber wie leicht große Konzerne und Versicherungen an persönliche Daten rankommen, darüber gibt es ein Bericht im aktuellen Spiegel.

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,299052,00.html

Hardbern


Fragt sich nur ob eine Firma was davon hat wenn sie jetzt meine SV-Nummer oder meine Kontonummer hat.

Und wenn damit wirklich etwas illegales aufgedeckt wird, dann hat's ja auch was Gutes.
CU Early
 
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Frogo
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Sa, 15. Mai 2004, 12:46

Sorry Early, aber du bist da unglaublich naiv... Nur weil du dir nicht vorstellen kannst, was man mit den Daten für Schindluder treiben kann, heißt es nicht, dass das nicht möglich ist. Die Sache mit dem Arbeitgeber, der dich nicht einstellt, ist da nur eine der zahlreichen Möglichkeiten (und es bringt wenig, das Verhalten eines potenziellen Arbeitgebers mit gesundem Menschenverstand vorhersagen zu wollen; deine Krankheiten sollten ihm egal sein, aber ob sie es wirklich sind, weiß nur er selbst).

Klar, der Nutzen ist sicherlich groß, sonst würde es die Diskussion über eine Einführung ja gar nicht geben. Man darf dabei nur eben die Gefahren nur nicht ausser acht lassen, und die sind definitiv vorhanden und können den positiven Nutzen im schlimmsten Fall deutlich übertreffen. Du sagst, wenn man damit illegale Machenschaften aufdeckt, ist das eine gute Sache. Da hast du prinzipiell recht, aber wie weit das gehen kann, sieht man doch wunderbar an Büchern wie 1984 und so. Was wäre wenn bereits im dritten Reich so etwas möglich gewesen wäre? Es kann einfach nicht sein, dass der Mensch so sehr überwacht wird, und das fängt im kleinen an. Wer sagt denn, dass es mit dieser Karte aufhört? Wenn die sich erstmal etabliert hat, wird man sagen, dass man doch auch noch einen Schritt weitergehen kann, alles natürlich im Namen der Sicherheit, und es hat natürlich nur positive Seiten...

Ich bezweifle, das sowas in nächster Zeit in Deutschland möglich ist, aber bzgl. der USA mit ihrem Sicherheitswahn habe ich da echte Bedenken. Klar, das ist auch Schwarzmalerei, und ich will auch gar nicht gleich vom schlimmsten ausgehen. Tatsache ist aber, dass es möglich ist, und das ist definitiv etwas, was wir alle nicht wollen; und deshalb muß man eben aufpassen, dass so eine Entwicklung verhindert wird.
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Nackter Onkel
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Sa, 15. Mai 2004, 14:04

Der springende Punkt am Datenschutz ist einfach, dass als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts jeder selbst über seine eigenen Daten bestimmen können soll.
Wenn dies nicht der Fall wäre und die Möglichkeit bestünde über eine Person nach Belieben Daten zusammenzutragen (Krankheiten, Kontostand, Kaufgewohnheiten, Surfverhalten, Buch-, Film- oder Musikgeschmack), ließen sich schon einige Konsequenzen zusammenspinnen, die durchaus unangenehm wären. Beispiele:

- Wegen eines rein statistischen Anlagerisikos bekommst du: keine Mietswohnung, keinen Mietwagen, keinen Job, kein Darlehen („der lebt nicht mehr lang“) oder permanent Werbung vom freundlichen Bestatter gegenüber („der lebt nicht mehr lang“).

- Dein(e) "Zukünftige(r)" wird vor einer Beziehung erstmal prüfen, ob Herz sowie andere relevante Muskeln auch die Hochzeitsnacht überstehen werden.

- Deine ärztlich diagnostizierte Impotenz wird nicht nur deinem Arzt bekannt, sondern jedem, der schon immer mal über dich lachen wollte.

- RFID-Chip gesteuerte Werbung à la „Johnny Mnemonic“ versüßt dir das Leben. Die sprechende Plakatwand in der Innenstadt trällert dir etwa zu: „Hallo Manfred Meyer! Haben sie schon das neue „Salvarsan plus“ probiert? Es gibt nichts Besseres bei einer schweren Syphilis!“

- Seit deine Kollegen herausgefunden haben, dass du unter schweren Phobien leidest, eröffnen sie eine Spinnenfarm in deiner Schreibtischschublade.

- Zugang zu bestimmten Lokalen/Restaurants/Geschäften wird dir verwehrt, weil zB dein vorheriges Kaufverhalten nicht zum Anspruch der besagten Lokalität passt („an so einem armen Schlucker ist eh nichts zu verdienen“).

- Weil du oft bei McDonalds isst, wirst du nicht mehr krankenversichert.

- Deine prekäre finanzielle Lage führt dazu, dass du nur noch Waren minderwertiger Qualität angeboten bekommst.

- Die berufliche Konkurrenz kann sich exakt ausrechnen, wie lange sie braucht, um dich mit ihrer Dumpingstrategie vom Markt zu fegen.

- Die Überprüfbarkeit deines Kaufverhaltens führt dazu, dass auch der freundliche Herr mit Dietrich und Brecheisen abschätzen kann, was sich an lohnenswerten Gegenständen in deinem Haus finden lässt, während du gerade in dem im Internet gebuchten Urlaub bist.

- Krankenversicherungen haben statistisch gesehen schlechte Erfahrungen gemacht mit Leuten, die Informatiker sind, bei Amazon ausschließlich DVDs und Computerspiele kaufen, zwei Kinder und einen schwarzen Hund namens „Waldi“ haben. Aus diesem Grund bezahlst du die zehnfachen Beitragsgebühren.

- Du hast bei Amazon den Koran gekauft. Du bekommst trotz bester Qualifikation die Anstellung als Systemadministrator für den CVJM doch nicht.

- Du hast bei Amazon den Koran gekauft. Ab diesem Zeitpunkt parken Beamte des Bundeskriminalamtes direkt in deiner Einfahrt.

- Du hast bei Amazon den Koran gekauft. Ab diesem Zeitpunkt erhältst du Werbung nur noch in arabischer Sprache.

- Du hast bei Amazon die Bibel gekauft. Ab diesem Zeitpunkt zahlst du für deinen Döner einen „Sonderpreis“ von 24,99 €.

- Dein Blinddate sagt kurzfristig ab, weil es sich von einem 35-jährigen Langzeitstudentdn, der unmittelbar vor dem Treffen noch schnell den Ratgeber „Mein erstes Mal“ bei buch.de geordert hat, nicht allzu viel verspricht.

- Deine Aktivität in Internetforen gibt Aufschluss über die dir verbleibende Freizeit. Deine Eltern streichen die Unterstützung fürs Studium.

- Du hast unnötigerweise wiederholt vollkommen überteuerte Preise gezahlt. In Zukunft bekommst du jedes Produkt mit einem Preisaufschlag von 50% angeboten.

- Seit du herausfinden wolltest, was zum Teufel eigentlich „Gay-Porn“ heißt, grüßt dich dein haariger, zwei Zentner-Nachbar mit auffällig freundlichem Grinsen.

- Du hast dich jahrelang in Linux-Foren engagiert. Viel Spaß beim Vorstellungsgespräch bei Microsoft.

- Du hast in der Fußballsaison 2003/2004 in Bremen gelebt. Viel Spaß in München.

- Du warst nach langjähriger Forenmitgliedschaft wegen Depressionen in psychiatrischer Behandlung. Du bekommst keinen Job, weil dich jeder Arbeitgeber für psychisch labil hält. Warum sonst würde sich jemand jahrelang in Internetforen rumtreiben?

- In einer dieser fiktiven Datenbanken entstehen Fehler. Obwohl du in Wirklichkeit keine Risikogruppe bist, gelten jetzt alle oben genannten Punkte für dich. Außerdem bekommst du Werbung für Latexbekleidung, Schlagbohrmaschinen und Geranientopfhäkelüberzüge.
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Sa, 15. Mai 2004, 23:23

@Frogo:

Ich stimme Dir zu, abgesehen von einem kleinen Punkt: Obwohl die USA unter der gegenwärtigen Administration sicherlich tendenziell etwas anfälliger dafür sind, den Datenschutz von Staatsseite zur Hölle zu schicken, sollte man sich nicht darauf verlassen, daß in Deutschland in näherer Zukunft kein großflächiger Mißbrauch möglich ist. Scharfmacher, die Freheit und Privatssphäre für eine Sicherheitsillusion opfern würden, um bei der nächsten Wahl genug Stimmen zu bekommen, gibt es auch hier genug - und leider sitzt einer von ihnen sogar in der Bundesregierung. Genau das finde ich an der gegenwärtigen Situation ausgesprochen mulmig: Egal ob CDU/CSU oder SPD- beide großen Volksparteien unterstützen diesen Mumpitz.
Im Bereich des Datenschutzes vor der privaten Wirtschaft sind die USA - mögen sie auch ansonsten mitunter für unser Empfinden seltsame Rechtsvorstellungen haben - sogar weiter als die BRD, wurden doch dort z.B. Gentests durch Versicherungen und potenzielle Arbeitgeber bereits vor einigen Jahren untersagt.

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So, 16. Mai 2004, 03:47

Mensch ButtS, als ich anfing deinen ersten Satz zu lesen, hatte ich erst gehofft, ich sehe bzgl. der USA zu schwarz, stattdessen sagst du mir, ich sehe für Deutschland zu weiß ;). Dass die beiden großen Parteien Deutschland gerade gemeinsam auf einen riesengroßen Abgrund zusteuern (das aber möglichst ebenerdig), den scheinbar niemand sehen will (und wenn doch, ist der andere schuld), ist mir durchaus bewußt, aber das ist ein allgemeines politisches Problem und gehört jetzt hier nicht her. Dass es aber mit dem Datenschutz schon ähnlich schlimm steht, war mir dann doch noch nicht aufgefallen. Bisher dachte ich halt, dass hier das Volk grob gesagt nicht so patriotisch ist und irgendwelchen Reden von wegen alles für die Sicherheit einfach blind folgt, aber da bin *ich* dann wohl wieder zu naiv...

Naja, wir werden sehen, was die Zukunft bringt. Ich dachte halt immer, sowas wie 1984 wäre im echten Leben niemals möglich, sowas kann doch gar nicht möglich sein. Aber seit 9/11 sind dann doch so einige Dinge passiert, die mir zeigten, dass es sehr wohl möglich ist, wenn wir nicht wirklich aufpassen.

Das klingt jetzt schon wieder nach ziemlicher Schwarzmalerei, so ist es nicht wirklich gemeint. Aber wir dürfen das eben nicht einfach ignorieren, denn das macht es nur schlimmer.
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So, 16. Mai 2004, 08:52

Naja, wir werden sehen, was die Zukunft bringt. Ich dachte halt immer, sowas wie 1984 wäre im echten Leben niemals möglich, sowas kann doch gar nicht möglich sein. Aber seit 9/11 sind dann doch so einige Dinge passiert, die mir zeigten, dass es sehr wohl möglich ist, wenn wir nicht wirklich aufpassen.


Der eigentlich perfide Unterschied zu 1984 ist, dass uns kein Überwachungsstaat aufgezwungen wird, sondern sich die Mehrheit der Menschen auf Grund der (scheinbar) bedrohlichen Gesamtsituation *freiwillig* überwachen lässt. Ich garantiere euch: würde man in Deutschland eine Umfrage starten, ob von Polizei/Sicherheitsdiensten betriebene Kameras erwünscht sind, wären die meisten Leute dafür. Geradezu begeistert würde und wird jede Verschärfung des Strafrechts bejubelt. Wegen den Mördern, Vergewaltigern und Kinderschändern, die in Deutschland ja geradezu in Heerscharen vorkommen. Obwohl idR niemand selbst von einem derartigen Fall in seiner Umgebung berichten könnte. Es handelt sich schlicht um eine kriminologische Tatsache, dass die Verbrechensangst einer Gruppe üblicherweise höher ist als ihre echte Gefährdung (mal abgesehen von der Gruppe der jungen Männer, die sich statistisch am "sichersten" fühlen, faktisch aber das höchste Risiko haben, Opfer eines Verbrechens zu werden).
Verunsicherte Menschen willigen doch in alles ein: Überwachungskameras, Datenerfassung (natürlich nur von den ganzen Perversen!) und selbstverständlich bald wieder auch staatlich angeordnete Folter (wiederum „begrenzt auf Verbrecher“, insbesondere Terroristen). Egal wie man sich sträubt, man wird wohl akzeptieren müssen, dass der Lack der Zivilisation ein sehr dünner, der Mensch ein irrationales Wesen und die Mehrheit der Mitbürger grenzdebil ist. Sie *wollen* aktiv das, worüber wir uns hier Sorgen machen …
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So, 16. Mai 2004, 13:13

Ich weiß nicht. Irgendwie seht ihr die ganze Datenschutz-Geschichte IMHO zu schwarz.

Schließlich wird der freie Zugang zu solchen Daten, ja eh nie und nimmer legalisiert werden. Dh. selbst WENN (was ich persönlich weiterhin bezweifele) eine Firma/Person/etc. sich diese geschützten Daten aneignet (falls er dazu überhaupt in der Lage ist), dann hat er sich damit immerhin strafbar gemacht.

Das kein System perfekt ist und dass es sicherlich auch zu seltenen Lücken kommen wird ist natürlich ebenso klar. Das werden aber absolute Ausnahmefälle sein und selbst bei denen schätze ich die Chance wirklichen Schaden zu verursachen relativ gering sein. Denn selbst wenn ein Arbeitnehmer zB wegen irgendeiner Krankheit nicht eingestellt wird, dann kann er ja immer noch bei anderen Firmen erfolgreich sein. Aber wie gesagt: Da spreche ich von absoluten Ausnahme-Situationen, die IMHO aber eben auch nicht unbedingt soooo gefährdend sind.

Die Schwierigkeit liegt (wie in den meisten Fällen) wohl einfach einen gelungenen Mittelweg zu finden, der soviel Nutzen wie möglich erzielt, die möglichen Gefahren aber in Grenzen hält.
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So, 16. Mai 2004, 14:44

Na, dann bedenke mal folgendes Szenario: Du hast Dich um eine Stelle beworben und wirst zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Alles verläuft ganz normal und man sagt Dir, Du würdest dann in den nächsten Tagen bescheid bekommen, ob Du den Job erhältst. Doch wie jeder Mensch hast Du am Ort des Geschehens ein paar Haare hinterlassen, die der potenzielle Arbeitgeber dann flugs ins Labor bringen läßt, um einen kleinen Gentest durchzuführen. Mal sehen ob der Malocher in spe nicht vielleicht doch den einen oder anderen Defekt hat, oder vielleicht auch nur ein erhöhtes Risiko einen solchen zu bekommen. Das ist kein SciFi-Horrorszenario, sondern mit heutiger Technik schon in weiten Zügen möglich und in den meisten europäischen Ländern noch nicht einmal ausdrücklich verboten - von Kontrollierbarkeit ganz zu schweigen.

Ich habe schlicht und einfach in diesem Bereich kein naives Vertrauen darin, daß schon niemand Schindluder mit Informationen über mich anstellen werde. Diese Daten gehen schlicht und ergreifend niemanden etwas an. Schutz damit zu erhöhen ist ohnehin absurdeste, nicht-praktikable Augenwischerei, weshalb es keinen vernünftigen Grund gibt, mit so etwas anzufangen. Absolute Sicherheit gibt es nunmal nicht, und im Rechtsstaat schon gar nicht. Eine etwas erhöhte Angreifbarkeit ist halt der Preis, den man für Freiheit zahlen muß - und dazu bin ich auch gerne bereit. Ich bin aber nicht zufrieden mit der Aussicht, mein Wohlergehen der Willkür von irgendwelchen Nasen zu überlassen, die MEINE Daten besitzen.

@Frogo:
Zum Thema USA-Deutschland: Hierzulande folgt man vielleicht keinen schmissigen Reden, aber es gibt genug andere Mechanismen, welche die gleiche Funktion zu erfüllen mögen. Solange Bild & Co. jeden Morgen in Blindenschrift auf die Titelseite drucken, wieviele ekelhafte Verbrechen doch gestern wieder geschehen seien, wird eine weitere Verschärfung der Überwachung im besten Fall schweigend hingenommen und im schlimmsten Fall sogar begrüßt. Das ist wie mit der Flugangst, obwohl Fliegen die sicherste Art zu reisen ist. Aber worüber wird berichtet? Über das eine Flugzeug, das abgestürzt ist. Über die unzähligen Luftfahrzeuge, die jeden Tag sicher landen schreibt hingegen kein Schwein.
Genauso geht es mit Verbrechen: Daß Lieschen Müller aus Hamburg einen über den Schädel bekommen hat, ist eine Nachricht. Daß Sebastian Moretto aus Leverkusen nun schon 28 Jahre lebt, ohne Opfer eines Verbrechens geworden zu sein, hingegen nicht. ;)

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So, 16. Mai 2004, 15:09

sondern mit heutiger Technik schon in weiten Zügen möglich

jetzt mal nicht übertreiben, etwas arbeit ist da schon noch notwendig.

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So, 16. Mai 2004, 15:22

Der springende Punkt ist, daß es nicht mehr ewig dauert. Manche Gendefekte sind schon heute durch einen Test festzustellen. Man kann die Lösungen solcher Probleme nicht immer auf den Tag des jüngsten Gerichts verlegen, nur um dann überrascht festzustellen, daß einen die Realität rechts außen überholt hat. ;)

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So, 16. Mai 2004, 15:36

hier in österreich wird sogar noch diskutiert, ob es überhaupt ein recht auf "wissen" gibt... gewisse (unheilbare) erbkrankheiten (huntington) können zwar diagnostiziert werden, aber soll der betroffene überhaupt das ergebnis erfahren?

ich stimme euch vollkommen zu was die datenschutzbedenken betrifft, aber gattaca ist noch in etwas weiterer ferne.

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So, 16. Mai 2004, 16:08

ButtSeriously hat geschrieben:
Na, dann bedenke mal folgendes Szenario: Du hast Dich um eine Stelle beworben und wirst zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Alles verläuft ganz normal und man sagt Dir, Du würdest dann in den nächsten Tagen bescheid bekommen, ob Du den Job erhältst. Doch wie jeder Mensch hast Du am Ort des Geschehens ein paar Haare hinterlassen, die der potenzielle Arbeitgeber dann flugs ins Labor bringen läßt, um einen kleinen Gentest durchzuführen. Mal sehen ob der Malocher in spe nicht vielleicht doch den einen oder anderen Defekt hat, oder vielleicht auch nur ein erhöhtes Risiko einen solchen zu bekommen. Das ist kein SciFi-Horrorszenario, sondern mit heutiger Technik schon in weiten Zügen möglich und in den meisten europäischen Ländern noch nicht einmal ausdrücklich verboten - von Kontrollierbarkeit ganz zu schweigen.


Also das hört sich doch sehr nach Zukunftsszenario an. Bis wir soweit sind werden schon noch viele Jahre ins Land gehen. Wenn das einmal technisch möglich ist, gehört da sicherlich eine gesetztliche Regelung (Verbot) her.

Dieses Szenario hat allerdings jetzt auch wenig mit diesen Chip-Karten (Ausweis, Gesundheit, ...) zu tun, denen ich nicht ablehnend gegenüberstehe. Solche Zustände wie oben beschrieben dürfen natürlich nie Realität werden - bezweifele ich allerdings auch, bin halt Optimist. :)

Mal ganz davon abgesehen, dass der Aufwand von obigem Szenario nur bei wirklichen Spitzenkräften gemacht wird. Bei 98 % der Menschen würde man mit so einem Gentest ja schwer übers Ziel hinausschießen.

ButtSeriously hat geschrieben:
Ich habe schlicht und einfach in diesem Bereich kein naives Vertrauen darin, daß schon niemand Schindluder mit Informationen über mich anstellen werde. Diese Daten gehen schlicht und ergreifend niemanden etwas an. Schutz damit zu erhöhen ist ohnehin absurdeste, nicht-praktikable Augenwischerei, weshalb es keinen vernünftigen Grund gibt, mit so etwas anzufangen. Absolute Sicherheit gibt es nunmal nicht, und im Rechtsstaat schon gar nicht. Eine etwas erhöhte Angreifbarkeit ist halt der Preis, den man für Freiheit zahlen muß - und dazu bin ich auch gerne bereit. Ich bin aber nicht zufrieden mit der Aussicht, mein Wohlergehen der Willkür von irgendwelchen Nasen zu überlassen, die MEINE Daten besitzen.


Einen Chip mit meinen wichtigen gesundheitstechnischen Daten darauf gespeichert, der möglicherweise mal mein Leben retten kann, würde ich nicht als Augenauswischerei ansehen.

Die Fälschungssicherheit bei Personal-Ausweisen mit biometrischen Daten zu erhöhen finde ich wie gesagt auch nicht schlecht. Was spricht wirklich dagegen, neben meinem Foto auch meinen Fingerabdruck zu platzieren?

ButtSeriously hat geschrieben:
Zum Thema USA-Deutschland: Hierzulande folgt man vielleicht keinen schmissigen Reden, aber es gibt genug andere Mechanismen, welche die gleiche Funktion zu erfüllen mögen. Solange Bild & Co. jeden Morgen in Blindenschrift auf die Titelseite drucken, wieviele ekelhafte Verbrechen doch gestern wieder geschehen seien, wird eine weitere Verschärfung der Überwachung im besten Fall schweigend hingenommen und im schlimmsten Fall sogar begrüßt. Das ist wie mit der Flugangst, obwohl Fliegen die sicherste Art zu reisen ist. Aber worüber wird berichtet? Über das eine Flugzeug, das abgestürzt ist. Über die unzähligen Luftfahrzeuge, die jeden Tag sicher landen schreibt hingegen kein Schwein.
Genauso geht es mit Verbrechen: Daß Lieschen Müller aus Hamburg einen über den Schädel bekommen hat, ist eine Nachricht. Daß Sebastian Moretto aus Leverkusen nun schon 28 Jahre lebt, ohne Opfer eines Verbrechens geworden zu sein, hingegen nicht. ;)


Das ist allerdings ganz natürlich. Oder würdest du dir gerne eine Artikel über einen gelungenen Charterflug von Leverkusen nach Mallorca durchlesen? :)
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So, 16. Mai 2004, 17:23

Sowenig problematisch die einzelne Datenhalde vielleicht auch erscheinen mag - jeder Datenbestand weckt zwangsläufig Begehrlichkeiten, und der technische Fortschritt wird in Zukunft die Verknüpfung von einander eigentlich unabhängiger Datensammlungen zunehmend vereinfachen. Mit der zunehmenden Verknüpfbarkeit der Datenbestände wächst das Mißbrauchspotential exponentiell an, ohne daß der Nutzung eine wirksame Kontrollinstanz zugeordnet wird.

Die Erfahrungen mit Telefon- und Wohnraumüberwachung (vgl. Studie der Uni Bielefeld) zeigt, daß die richterliche Genehmigungspflicht ein substanzloser Popanz ist, da
  1. über 80% (!) aller Überwachungsanträge entweder Formfehler aufweisen oder den vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Voraussetzungen für den Einsatz der Überwachungsmaßnahmen schlichtweg nicht erfüllten; dennoch aber
  2. über 94% aller Anträge ohne weiteres genehmigt werden. Zudem
  3. hat das Bundesverfassungsgericht kaum acht Jahre nach Einführung des Gesetzes zum "Großen Lauschangriff" einen zumindest teilweisen Verfassungsverstoß des Gesetzes festgestellt, was aber
  4. einzelne Bundesländer keineswegs davon abhielt, die Schwelle für die technische Wohnraumüberwachung noch weiter herabzusetzen und die ohnehin unwirksame Kontrolle weiter aufzuweichen.
  5. Schließlich zeigt sich bei der Untersuchung der Ermittungsverfahren, in denen solche Lauschangriffe eingesetzt wurden, daß in den vergangenen zehn Jahren gerade mal 30 Fälle erfolgreich geklärt werden konnten, bei denen es ohne diese Überwachung nicht weitergegangen wäre - und diese 30 Fälle waren in der überwiegenden Mehrzahl keinesfalls terroristische Vereinigungen und hochkriminelle Organisationen, sondern vom Kaliber Versicherungsbetrug.

Ich stelle fest, daß die technische Überwachung von Verdächtigen nur in seltenen Ausnahmefällen tatsächlich einen erkennbaren Nutzwert in Ermittlungsverfahren bringt. Die Kontrollinstanzen versagen. Die Einsatzfelder der eigentlich nur für schlimmste Fälle gedachten Instrumente werden von den Ermittlern bedenkenlos ausgeweitet, das Ausmaß der Einschränkungen bürgerlicher Freiheitsrechte wird systematisch von den Verantwortlichen kleingeredet und verschleiert.

Trotz dieser blamablen Historie von Fehlleistungen sind die Ermittlungsbehörden nicht bereit zuzugestehen, daß die technische Überwachung unverhältnismäßig und im Grunde unnötig ist, sondern bestehen im Gegenteil darauf, Zugriff auf mehr und mehr Daten zu bekommen. Solange ich keinen Mentalitäts- und Kulturwandel bei den Verantwortlichen und Anwendern erkennen kann, werde ich mich konsequent gegen jegliches Ansinnen stellen, meine Rechte auf Privatheit und Freiheit weiter einzuschränken.
 
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So, 16. Mai 2004, 18:07

Eigentlich kann ich mir ja jedes weitere Wort sparen, wo es Ssnake wieder einmal so eloquent ausgedrückt hat. Ein paar Dinge muß ich allerdings doch noch loswerden. ;)

Early hat geschrieben:
Mal ganz davon abgesehen, dass der Aufwand von obigem Szenario nur bei wirklichen Spitzenkräften gemacht wird. Bei 98 % der Menschen würde man mit so einem Gentest ja schwer übers Ziel hinausschießen.


Das hängt nur davon ab, wie teuer so etwas ist. Wenn man moralische Bedenken ausblendet, wird es zu einer reinen Kosten-Nutzen-Rechnung. Und davon abgesehen: Auch Spitzenkräfte haben ein Anrecht auf eine vernünftige Behandlung. Unrecht ist auch dann Unrecht, wenn es nur einer Person geschieht - und damit erst einmal inakzeptabel.

Early hat geschrieben:
Einen Chip mit meinen wichtigen gesundheitstechnischen Daten darauf gespeichert, der möglicherweise mal mein Leben retten kann, würde ich nicht als Augenauswischerei ansehen.

Die Fälschungssicherheit bei Personal-Ausweisen mit biometrischen Daten zu erhöhen finde ich wie gesagt auch nicht schlecht. Was spricht wirklich dagegen, neben meinem Foto auch meinen Fingerabdruck zu platzieren?


Wenn Du irgendwelche Daten mit Dir herumtragen willst: Bitte, nur zu. Wenn Du wirklich schwere Krankheiten hast, die z.B. im Falle eines Unglücks eine besondere Behandlung nötig machen, mag da ja auch ein gewisser Sinn vorhanden sein. Aber es ist für mich absolut inakzeptabel, daß ich per Gesetz dazu gezwungen werden soll, Daten preiszugeben, deren Veröffentlichung ganz allein meine Sache bleiben muß, da sie in falschen Händen gegen mich verwendet werden könnten.
Und den Fingerabdruck braucht man schlicht und ergreifend nicht, wenn man schon ein Foto hat. Ich will nicht pauschal in einer Kartei landen, in der sonst nur Verdächtige und Verbrecher landen, nur damit sich irgendjemand der Illusion hingeben kann, besser geschützt zu werden.

Early hat geschrieben:
Das ist allerdings ganz natürlich. Oder würdest du dir gerne eine Artikel über einen gelungenen Charterflug von Leverkusen nach Mallorca durchlesen? :)


Erstens: Wer mich jemals auf Mallorca erwischt, darf mich straffrei erschießen. ;)
Zweitens: "Natürlich" (passender wäre wohl der jeglicher Interpretation freigegebene Begriff "normal") mag das ja sein, aber es trotzdem nicht hinwegzudiskutieren, daß hierdurch ein absurd falsches Weltbild entsteht. So fühlen sich die Leute zunehmend durch Gewaltverbrechen bedroht, obwohl selbige eher rückläufig sind. Warum wohl? Genauso verhält es sich ja schon mit dem Lieblingthema der Datenschutzverletzer, dem Terrorismus: Neulich habe ich erste wieder eine Umfrage gesehen, nach der sich fast 40% aller Deutschen von Terrorismus bedroht fühlen. Ojemine, kann ich da nur sagen! Da ist es vermutlich wahrscheinlicher, von einem Dachziegel erschlagen zu werden. Was jetzt kein Plädoyer dafür sein soll, terroristischen Organisationen freie Hand zu lassen. Aber genauso wenig darf Terrorismus zum Totschlagsargument für die schleichende Einführung eines Überwachsungsstaates sein.
Wie Ssnake so schön gesagt hat: Es geht hier um Freiheitsrechte. Wenn Du Dich mit einem Haufen Daten über Deine körperliche Verfassung in der Tasche sicherer fühlst, will und darf ich Dich nicht daran hindern. Aber gegen eine Zwangsverordnung - und nichts anderes wäre eine flächendeckene Einführung von biometrischen Daten auf Ausweisen - wehre ich mich hiermit vehement. Das Grundgesetz scheint dabei durchaus auf meiner Seite zu sein.

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