Mi, 14. Mai 2003, 14:24
Wieder ein langer:Rettet den Regenwald
Gestern habe ich einen Werbespot mit Günter Jauch gesehen dem zu
entnehmen war, dass die Krombacher Brauerei und Greenpeace ein
beispielloses Projekt zur Rettung des Urwaldes ins Leben gerufen
haben:
Für jeden getrunkenen Kasten Krombacher Bier werden sie 1m² Urwald
retten.
In mir erwachte sofort der bisher tief in meinem Innersten verborgen
gewesene Naturfreund und Umweltschützer und so beschloss ich, auch
meinen Beitrag zur Rettung der Urwälder beizutragen.
Während ich so mit der Rettung des einen oder anderen Meters
Regenwald
beschäftigt war kam meine Freundin nach Hause.
Bei der anschließend geführten, hitzigen Debatte mit ihr machte ich
vermutlich die gleiche Erfahrung, wie Tausende andere
Umweltschützer vor mir auch: Ich stieß auf völliges Unverständnis. Der
Urwald schien ihr
völlig egal, mein Engagement für die Natur und das Leben aller
Menschen
lehnte sie völlig ab. Sie wollte nicht verstehen, dass man eine so große
Aktion wie die Rettung der Natur nicht aufschieben kann, ganz gleich,
ob
es erst Vormittag ist oder nicht.
Da sie in keinster Weise einsichtig war und man(n) bereit sein muss, für
die Vollbringung solcher Taten Opfer zu bringen, verließ ich das Haus.
Niedergeschlagen, nein traurig, lief ich zunächst ziellos umher. Angst
beschlich meine Gedanken. Angst um die Wälder. Verzweiflung
machte sich tief in meinem Inneren breit, denn mit jeder verstrichenen
Minute hätte ich wieder einige Quadratzentimeter unwiederbringlicher
Natur retten
können.
Die Angst schnürte meine Kehle zu, die Verzweiflung ließ meinen Hals
austrocknen.
Wie groß war da meine Freude, als ich unerwartet auf eine
Versammlung
gleichgesinnter Umweltaktivisten traf! Ich erkannte sie sofort, denn als
Zeichen ihrer Verbundenheit hielten sie alle eine Flasche Krombacher
in
der Hand, die sie demonstrativ leerten.
Schnell nahmen sie mich in ihre Mitte auf und so erfuhr ich sehr bald,
dass einige von ihnen sich bereits seit Jahren mit der Rettung ganzer
Kontinente beschäftigen, unbeachtet von der Öffentlichkeit, genau hier,
an
diesem Kiosk!
Ich bewunderte die Zeichen ihres teilweise jahrelangen Kampfes: Die
von
den Entbehrungen ausgemergelten Körper, die zum Aufforsten nötigen,
prallen Bäuche, den Geruch nach Jahrtausende altem Urwaldboden,
die
mannigfaltigen Insekten und ich übersah auch nicht, dass sich einige
beim
Kampf um die Natur wohl die Zähne ausgebissen hatten.
Nachdem wir zusammen eine ungefähr tennisplatzgroße Menge
natürlichem Urwaldes gerettet hatten stellte ich fest, dass der Schutz
und die Rettung der Umwelt ihren Tribut zollten.
Durch das lange stehen schmerzten meine Füße, die Waden
krampften, selbst die Zunge war durch die langen Debatten in ihrer
Funktionsweise
beeinträchtigt: Ich hatte immer größere Mühen beim Aussprechen der
großen Buchstaben eines Satzes oder Wortes.
Aus diesem Grund beschloss ich, die Versammlung zu verlassen und
machte mich auf die Suche nach weiteren Mitstreitern.
In einer Gaststätte ganz in der Nähe wurde ich dann auch sofort wieder
fündig: Gut ein halbes Dutzend Umweltler hatte sich dort eingefunden
und
arbeitete hier im Verborgenen an der Rettung der natürlichen
Ressourcen.
Schnell war ich aufgenommen.
Ich war gerührt als der Wirt meine Hand nahm und mir sagte: "Junge,
rette den Urwald, wir zählen auf Dich", und orderte die 4te Lokalrunde
um unsere Aktion voranzutreiben. Da die anderen Gäste darauf
bestanden, neben dem Urwald auch zusätzlich Gebiete wie die Sahara,
die Wüste Gobi und den Rheingau wieder aufzuforsten und somit auch
den Aufbau des heimischen Waldbestandes zu unterstützen, blieb mit
nichts anderes übrig, als zu der Runde noch Jägermeister zu ordern.
Ganz schwindlig war mir vor Stolz und Glück, als ich viel später die
Kneipe verließ.
Plötzlich sah ich die Welt mit anderen Augen! Leicht verschwommen
zwar,
aber dafür sah, nein fühlte ich, dass sich unsere gute Mutter Erde
drehte.
Nicht gleichmäßig und in eine Richtung, nein, es waren eher ruckartige
Bewegungen in abwechselnde Richtungen. Welch eine Erfahrung!
Vor Glück taumelnd lief ich zu meinem Auto und beschloß, einen
Demonstrationszug durch die Kneipen der Innenstadt durchzuführen,
um die vielen, anderen Menschen auf die Probleme aufmerksam zu
machen.
So fuhr ich in Richtung Stadt und war gerade einem Ozonloch
ausgewichen
als ich am Straßenrand einen Streifenwagen entdeckte. Auf der
Fahrbahn
standen mehrere Polizisten und schauten in meine Richtung. Sie
mussten von meinem Vorhaben erfahren haben, denn sie hielten
gezielt mein Fahrzeug an.
Von Vorkontrollen bei Demonstrationen hatte ich ja bereits gehört, war
aber dennoch verwundert, wie schnell sich das rumgesprochen hatte.
Nachdem ich angehalten und aus meinem Wagen gestiegen war,
entschloss ich mich zu einer spontanen Sitzblockade auf der Straße.
Wenn ich im nachhinein darüber nachdenke, war es keine rationell
erklärbare Aktion, eher ein Zwang meines Unterbewusstseins. Ich saß
und mein Körper weigerte sich, wieder aufzustehen. Mir widerfuhr das
gleiche Schicksal wie Sitzblockierern in Brockdorf oder entlang der
Castor - Strecke: Ich wurde durch die Polizisten weggetragen. Auch sie
wollten den ernst der Lage nicht verstehen, obwohl ich sie immer
wieder darüber aufklärte.
Später, auf dem Revier erschien dann endlich ein vernünftiger Mensch.
Er
hörte sich mein Problem in aller Ruhe und sichtbar interessiert an und
erklärte mir dann, dass er die Anzahl der von mir geretteten Bäume
feststellen wolle. Ich hätte den Schutz der Umwelt quasi im Blut und er
bräuchte aus diesem Grund etwas davon. Ich war glücklich, diesen
verständnisvollen Menschen getroffen zuhaben. Mein Engagement
würde
amtlich festgehalten und der Nachwelt erhalten!
Dafür gab ich ihm gerne mein Blut.
Wenig später befand ich mich zu Fuß auf dem Weg nach Hause.
Meinen Wagen hatten die netten Beamten behalten, damit er durch
seine Abgase nicht alle meine Bemühungen wieder zerstört, wie sie mir
erklärten. Auch haben sie mir fest versprochen, nach dem
Recyclingverfahren aus meinem Führerschein ein Flugblatt zur
Unterstützung der Rettungsaktion zu machen.
Froh und mit der Gewissheit, etwas großartiges getan zu haben ging ich
dann nach Hause. Unterwegs rettete ich an der Tankstelle noch ein
paar
Pflänzchen und erinnerte mich an eine alte Weissagung der Indianer:
- Erst, wenn die letzte Ölplattform versenkt,
- die letzte Tankstelle geschlossen,
- das letzte Auto stillgelegt,
- die letzte Autobahn begrünt ist,
- werdet Ihr feststellen, dass Greenpeace nachts kein Bier verkauft.
In diesem Sinne wünsche ich einen frohen Tag. Ich geh jetzt noch
mal'n
bisschen Wald retten.....
Gruß
Stift
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Ich reise gern in ferne Länder, wo die Sonne scheint und die Blumen blühen,
und ich sag "Hallo" zu den Menschen, die gerade von dort fliehen ...
(Fahnenflucht, Standard)