Fraggy hat geschrieben:Ssnake hat geschrieben:Natürlich ist es Quatsch, mit Panzern herkömmliche Terrorismusabwehr bewerkstelligen zu wollen. Aber es muß ja nicht immer beim bloßen Terrorismus bleiben, was die Feinde der Demokratie aufzufahren gedenken. Und auch wenn ich mich nicht unbedingt als Werber für die Rüstungsindustrie betätigen will, stellt sich mir doch die Frage, ob es nicht vielleicht ein wenig bequem und selbstgerecht ist, diesen Industriezweig pauschal als "suspekt" abzuwerten.
...
Ich habe nirgends erwähnt, dass ich für Abschaffung der Bundeswehr bin.
Ich kann Dich beruhigen: So habe ich Dich auch nicht verstanden, so wollte ich Dich auch nicht auslegen.
Trotzdem sollte man weiterhin die Aufgaben der Polizei und der Bundeswehr strikt trennen, manche Innenminister (auf Länderebene) hatten da ja abstruse Visionen.
Volle Zustimmung.
...und falls wir uns nicht als Weltpolizist aufspielen werden Terrorangriffe in größerem Ausmaß auch ausbleiben - was nicht heißt, dass es sie nicht geben muss (siehe Spanien).
Hier bin ich anderer Ansicht. Den Islamisten paßt die ganze Richtung der westlichen Demokratien nicht. Natürlich sind die USA gegenwärtig der attraktivste Gegner, weil sie sich mit ihrer Art nicht überall Freunde machen - jedoch sollten wir uns nicht täuschen, was ihre langfristigen Ziele angeht. Zur Mehrung von Allahs Ruhm und Ehre kommt für sie letztlich nur die politische und religiöse Weltherrschaft des Islam in Frage. Drunter machen sie's nicht, und damit sind sie unsere erklärten Feinde.
Wohlgemerkt, ich spreche von Islamisten, nicht allgemein von Moslems. Staatskunst wird darin bestehen, die Islamisten zu bekämpfen, ohne die Mehrheit der Moslems auf deren Seite zu treiben. Wenn man die Ideale von Freiheit und Demokratie konsequent verfolgt, dann liegt mit dem Islamismus ein unauflöslicher Fundamentalkonflikt vor, der nur durch die Niederlage einer Seite beendet werden kann.
Weiterhin darf man der Türkei die Hoffnung auf EU-Beitrittsverhandlungen nicht nehmen.
Ich nehme an, Du meinst den
Beitritt - den Beginn der Verhandlungen stellt ja niemand mehr ernsthaft in Frage.
Jedoch - warum sollte man der Türkei die Beitrittshoffnung nicht nehmen
dürfen?
Es kann ja wohl nicht sein, daß Regierungen ausschließlich aus persönlicher Überzeugung heraus und ohne sich einer demokratische Legitimierung zu unterziehen mal eben festlegen, daß der Beitritt, sobald die Verhandlungen erst mal begonnen haben, lediglich Formsache sei. Wenn die Regierung tatsächlich so gute Gründe hat wie sie denkt, dann soll sie sie darlegen. Führung heißt in Demokratien, ggf. auch ein störrisches Wahlvolk zu
überzeugen, statt mit autoritärem Gestus festzulegen, daß das Volk eben zu dumm sei, die Tragweite dieser Entscheidung zu überblicken, und daher auch kein Stimmrecht habe.
Wenn dann wieder solche Knospel kommen, die Angst vor der Unterwanderung unserer abendländischen Kultur haben, dann schlägt die Populismusuhr aber zwölf!
Als ob sich ein Großteil der Deutschen besonders auf ihre Kultur besinnen.
Vielleicht unterschätzt Du da Deine Mitbürger ein wenig. Ich glaube auch nicht, daß jemand ernsthaft um den Programmplatz des Mutantenstadls zittert, falls es zu einem EU-Beitritt der Türkei käme. Aber es
gibt einfach haarsträubende kulturelle Differenzen. Daß die Ehre einer Familie durch die Ermordung einer Tochter wiederhergestellt werden könne. Daß Männer nur dann Männer sind, wenn sie im Stehen pinkeln. Daß Krankenschwestern, auf die man angewiesen ist, pauschal alle Huren sind und auch so behandelt werden dürfen (ich weiß in diesem Fall sehr genau, wovon ich rede). Die haarsträubenden Einstellungen zu Nepotismus und Korruption im Geschäftsleben - was ich da bislang im benachbarten Griechenland erlebt habe, lassen mir die Zehennägel aufrollen. Da tun sich Abgründe auf... - und die Griechen sind ja noch halbwegs "normal", will sagen Christlich orientiert, seit 20 Jahren demokratisch und in der EU, gemeinsame Währung, Wiege der westlichen Philosophien (Sokrates, Archimedes, ...) usw.
So gern ich an eine von Toleranz beseelte Welt glauben möchte, stelle ich doch fest, daß wir im Fall der Türkei davon noch mehr also nur 15 Jahre entfernt sind. Wir haben noch nicht mal angefangen, die Osterweiterung mit Polen und den alten k.u.k-Ländern zu verdauen, die Gespräche mit Rumänien und Bulgarien sind schon im Gange, das Magengeschwür Balkan und Albanien ist weiter offen, da wird schon vom Türkei-Beitritt als beschlossener Sache geredet, und die Ukraine klopft auch schon an die Tür. Wir haben da noch ein paar Hausaufgaben mit den neuen Mitgliedern zu erledigen. Weißrußland, mit ihrer fast vergessenen, aber fies totalitären Regierung, ...
Die Türkei brächte mehr Bürger in die EU ein als alle zehn neuen Staaten. Wir hätten eine gemeinsame Außengrenze mit Libanon, Iran und Syrien sowie dem ganzen Kaukasus-Schlamassel.
Ich will damit nicht sagen, daß wir es sein lassen sollten. Aber man soll bitteschön nicht so tun, als wär' das alles ein Selbstgänger, und alle vorgebrachten Bedenken nur der blanke Populismus. Es gibt gewichtige, wohlbegründete Argumente dagegen. Eine verantwortungsvolle Politik wird Pro und Contra sorgfältiger abwägen müssen, als es die gegenwärtige Regierung zu erkennen gibt.