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Hattori Hanso
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Mo, 17. Okt 2005, 20:03

Abdiel hat geschrieben:
Das läuft für mich auf ein und dasselbe hinaus.

Das ist aber ziemlich blauäugig, immerhin geht es im Kapitalismus primär um wirtschaftliche Interessen und da ist Demokratie nur insofern nützlich, wenn es diesen Interessen zugute kommt. Zumindest meinte ich das so.

Das sagst du, ich sehe das komplett anders.

Das ist schön, nur hättest Du das wenigstens auch erklären können. Ich sag jetzt auch einfach mal: Dagegen!

Aber klar doch, du weißt, was das heißt, wir Unwissenden aber natürlich nicht

Irgendwie liest Du den Text nicht richtig, hm? Die Frage ist doch, ob Du es auch schonmal getan hast? Wissen allein nützt nicht viel, man muss es auch tun.

Verdammt, jetzt habe ich ja doch nochmal was geschrieben, jetzt reicht's aber wirklich

Das unterschreib ich jetzt einfach mal...


Hallo Abdiel, nach langer Abwesenheit zurück und gleich wieder in Höchstform, respekt :wink:

Wie Early es angedeutet hat meinte ich in der Tat den Kommunismus, allerdings eher mit Russland im Hinterkopf. Dort ging es doch wirklich fast allen schlecht (nicht daß das heute unbedingt besser ist) und nur den Parteibonzen ging es wirklich gut. Und wer da nicht ganz oben war hatte auch nicht die geringste Chance dort hin zu kommen. Zumindest in dieser Hinsicht ist es hier besser. Eine Chance hat jeder.
aber ich denke das ist eben die deutsche Mentalität, immer alles schön schwarzsehen. In Amerika geht es der Masse noch schlechter als bei uns, aber dort herscht eher die "vom Tellerwäscher zum Millionär"-Einstellung vor. Vielleicht ist es das was diese Werbekampagne erreichen will.

Eine absolute Gerechtigkeit wird es wohl nie geben, das sit doch Illusion. Wo es Sieger gibt gibt es auch Verlierer. Wenn man beides abschafft schafft man gleichzeitig auch den Anreiz ab etwas zu bewegen. Das führt letztendlich zu Stillstand.

Heute abend bin ich an einem Tisch im Park am Neckar vorbeigekommen, da saßen 5 oder sechs Berber mit einer Kiste Bier in der Abendsonne und haben schwadroniert. (die sitzen da eigentlich immer) Eindeutig die Verlierer dieser Gesellschaft. Aber wie hätte sowas in Russland ausgesehen? Die hätten sich doch alle keine 12 Stunden später in einem Arbeitslager in Sibirien wiedergefunden wo die Sonne nur 3 Tage im Jahr scheint. Und keiner außer sie selbst hindert sie daran an diesem Zustand etwas zu ändern, aber vielleicht sitzen sie ja doch lieber in der Sonne und trinken Bier. Ich weiß es nicht, ich habe sie nicht gefragt. (War wohl auch besser.)
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Abdiel
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Mo, 17. Okt 2005, 20:15

Early: Es gab bis jetzt keinen Kommunismus, in Deutschland noch nichtmal einen Sozialismus (auch wenn das von Vielen immer wieder gern behauptet wird), von daher ist das meiste Deiner Argumentation gar nicht haltbar.

Weil's euch so gut und dem Westen so schlecht ging?

Die DDR hatte am Ende soviel Schulden, wie Deutschland heute jährlich macht, also erzähl mir nichts von schlechtgehen. Das ist nämlich typisch Kapitalismus, da wird sogar noch Scheisse als Gold verkauft...

Na klar, hat das Solo gesagt.

Es ging um Chancengleichheit und das Jeder etwas erreichen könne, egal aus welchen Verhältnissen er stammt (Ssnakes Aussage). SoLo sprach dagegen und er hat sicherlich recht, betrachtet man es in der Gesamtheit. Gegenbeispiele kenne ich auch, aber die ändern halt nichts am Gesamtbild.

Du willst mir jetzt aber nicht einreden, dass der Wohlstand zwischen dem Ostblock und dem Westen auch nur im Ansatz zu vergleichen ist?

Es wird Dich jetzt schockieren, aber bei uns hatte fast jede Familie ein Auto, einen Fernseher, eine Wohnung, ein Radio/Stereoanlage, bei uns hatte sogar jeder Arbeit, sofern er das wollte. Es hat zu meiner Zeit nicht an Lebensmitteln gemangelt und wir mussten auch nicht nackt rumlaufen. Wir sind sogar in den Urlaub gefahren, na wenn das mal nichts ist. Defizite hab ich jedenfalls weit weniger entdecken können, als immer von anderen Leuten behauptet wird. Wohlgemerkt, es ging um den Lebensstandard und nicht das System und seine Fehler.

Die Menschen sträuben sich halt nunmal gegenüber Veränderungen - ob die jetzt langfristig positiv sind oder nicht.

Was soll mir dieser Satz jetzt sagen? Das es schlecht ist, sich gegen etwas zu sträuben, was langfristig nicht gut ist? Mir fällt da sofort mein Großvater ein, der noch ein System mehr miterlebt hat, was soll der dann nur sagen?

Tja, schön wär's. Ist aber einfach nur unrealistisch.

Wieso? Was ist daran unrealistisch? Du tust fast so, als wäre es unmöglich. Aber ist schon klar, jeder ist sich halt selbst der Nächste...
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Early
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Mo, 17. Okt 2005, 20:33

Abdiel hat geschrieben:
Early: Es gab bis jetzt keinen Kommunismus, in Deutschland noch nichtmal einen Sozialismus (auch wenn das von Vielen immer wieder gern behauptet wird), von daher ist das meiste Deiner Argumentation gar nicht haltbar.


Nur ist es IMHO nicht besser machbar als seinerzeit in Russland.

Weil's euch so gut und dem Westen so schlecht ging?

Die DDR hatte am Ende soviel Schulden, wie Deutschland heute jährlich macht, also erzähl mir nichts von schlechtgehen. Das ist nämlich typisch Kapitalismus, da wird sogar noch Scheisse als Gold verkauft...[/quote]

Der Lebensstandard war allerdings doch ein anderer.

Abdiel hat geschrieben:
Na klar, hat das Solo gesagt.

Es ging um Chancengleichheit und das Jeder etwas erreichen könne, egal aus welchen Verhältnissen er stammt (Ssnakes Aussage). SoLo sprach dagegen und er hat sicherlich recht, betrachtet man es in der Gesamtheit. Gegenbeispiele kenne ich auch, aber die ändern halt nichts am Gesamtbild.


Ich habe selbst gesagt, dass es natürlich schwerer ist, wenn man von "unten nach oben" will. Allerdings ist es im Kapitalismus zumindest möglich. Im Kommunismus sind alle gleich - ohne Chance auf Verbesserung.

Abdiel hat geschrieben:
Du willst mir jetzt aber nicht einreden, dass der Wohlstand zwischen dem Ostblock und dem Westen auch nur im Ansatz zu vergleichen ist?

Es wird Dich jetzt schockieren, aber bei uns hatte fast jede Familie ein Auto, einen Fernseher, eine Wohnung, ein Radio/Stereoanlage, bei uns hatte sogar jeder Arbeit, sofern er das wollte. Es hat zu meiner Zeit nicht an Lebensmitteln gemangelt und wir mussten auch nicht nackt rumlaufen. Wir sind sogar in den Urlaub gefahren, na wenn das mal nichts ist. Defizite hab ich jedenfalls weit weniger entdecken können, als immer von anderen Leuten behauptet wird. Wohlgemerkt, es ging um den Lebensstandard und nicht das System und seine Fehler.


Nur: Was für ein Auto? Was für eine Wohnung? Was für eine Stereoanlage? Auf die Qualität kommt es ja auch an. Ich fahre halt lieber mit einem BMW als mit einem (alten) Skoda. Detto mit Urlaub: Wo ist der Großteil der DDR auf Urlaub hingefahren? Wohl eher wo es billig war. Und nicht an andere schöne (und auch teurere) Plätze. Bei den Luxusgütern gibt es da noch zahlreiche Spiele. Klar brauche ich die nicht unbedingt. Das Leben versüßen sie einem aber allemal.

Abdiel hat geschrieben:
Die Menschen sträuben sich halt nunmal gegenüber Veränderungen - ob die jetzt langfristig positiv sind oder nicht.

Was soll mir dieser Satz jetzt sagen? Das es schlecht ist, sich gegen etwas zu sträuben, was langfristig nicht gut ist? Mir fällt da sofort mein Großvater ein, der noch ein System mehr miterlebt hat, was soll der dann nur sagen?


Jetzt drehst du mir aber die Worte im Mund um: Ich meinte natürlich, dass sich Leute oft (oder besser fast immer) auch gegen positive Veränderungen sträuben, weil sie sie nicht verstehen bzw. auch nicht als wichtig erachten.

Abdiel hat geschrieben:
Tja, schön wär's. Ist aber einfach nur unrealistisch.

Wieso? Was ist daran unrealistisch? Du tust fast so, als wäre es unmöglich. Aber ist schon klar, jeder ist sich halt selbst der Nächste...


Tja, ich glaub nicht dran. So wie Cloud würde ich auch bei engsten Freundes- und Familienkreis sicherlich solidarisch handeln. Ansonsten - so ehrlich bin ich - sicher nicht, wenn ich daraus selbst Nachteile beziehe.
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Cloud
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Mo, 17. Okt 2005, 21:59

Abdiel hat geschrieben:
Es ging um Chancengleichheit und das Jeder etwas erreichen könne, egal aus welchen Verhältnissen er stammt (Ssnakes Aussage). SoLo sprach dagegen und er hat sicherlich recht, betrachtet man es in der Gesamtheit.

Einfach nur herrlich, wie du hier wieder mal etwas als gegeben darstellst, ohne dies auch nur ansatzweise mit Argumenten zu untermauern.

Jeder hat in unserem Schulsystem die Chance, eine gute Bildung zu erhalten. Und bei entsprechenden Leistungen hat dann jeder die Möglichkeit zu studieren - und zwar vollkommen unabhängig vom Einkommen der Eltern. Denn alleine mit dem Bafög kommt man problemlos über die Runden: man muss nichtmal nebenher jobben, um sich Wohnung, Verpflegung und Studium leisten zu können. Das kann ich aus eigener Erfahrung mit Sicherheit sagen. Wenn man diese Chancen nutzt, stehen einem Tür und Tor offen. Der Bildungsweg ist dabei nur eine Möglichkeit, nach oben zu kommen, auch ohne sie kann man es schaffen.

Nur, um mal ein paar Beispiele zu nennen: Unser noch amtierender Außenminister hat keine abgeschlossene Schulbildung, unser Bundeskanzler ursprünglich nur die Volksschule besucht. Bei Wer Wird Millionär war vor kurzem eine Kandidatin, die über Hauptschule, Abendschule, was weiß ich noch alles dazwischen übers Hochschulstudium schließlich ihren Doktor gemacht hat. Die reichsten Deutschen? Die Aldi-Brüder, die aus einem kleinen lokalen Lebensmittelgeschäft ein Imperium gemacht haben. In einer Gesellschaft wie SoLo sie skizziert hat, wäre all das nicht möglich. Eine derartige Gesellschaft würde es Menschen aus einfachen Verhältnissen nicht gestatten, ihr Land zu führen bzw. über den einfachsten Bildungsweg zu einem Spitzenverdiener aufzusteigen bzw. mit einer guten Geschäftsidee ohne Ende Geld zu scheffeln. Bei uns ist sowas aber möglich und zwar keineswegs nur in Ausnahmefällen.

Nur sehr, sehr wenige der 6,5 Milliarden Menschen auf dieser Erde haben derartige Möglichkeiten. Der überwältigend große Rest würde sich einen Arm abreißen lassen, um die Chancen zu erhalten, die man hierzulande hat.
 
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Abdiel
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Mo, 17. Okt 2005, 22:38

Aufgrund des Zeitmangels mal nur eine Antwort auf Clouds Post, denn vorhin hatte ich eins von ihm unterschlagen...

Cloud hat geschrieben:
Der Bildungsweg ist dabei nur eine Möglichkeit, nach oben zu kommen, auch ohne sie kann man es schaffen.

In der Tat ist der Bildungsweg das, was jeder Mensch in Deutschland frei wählen kann, nur ist es, wie Du auch selbst gleich einräumst, gar nicht mal so entscheidend wie man diesen beschreitet. Auf dem Papier mag man ja die gleichen Voraussetzungen haben, in der Praxis sieht es etwas anders aus. Das bestätigte ja auch die PISA-Studie.

Unser noch amtierender Außenminister hat keine abgeschlossene Schulbildung, unser Bundeskanzler ursprünglich nur die Volksschule besucht.

Über Politiker kann und will ich mich nicht auslassen. Der Werdegang eines Politikers mag an und für sich löblich sein, zumindest was den Willen und den Einsatz, doch über deren Qualifikation kann man sich streiten.

Bei Wer Wird Millionär war vor kurzem eine Kandidatin, die über Hauptschule, Abendschule, was weiß ich noch alles dazwischen übers Hochschulstudium schließlich ihren Doktor gemacht hat.

Hier der Umkehrschluss zu den Politikern: Qualifikation bedingt nicht automatisch Spitzenverdienste!

Die reichsten Deutschen? Die Aldi-Brüder, die aus einem kleinen lokalen Lebensmittelgeschäft ein Imperium gemacht haben.

Wann wurde das Imperium denn begründet und unter welchen Voraussetzungen geschah dies? Die Nachkriegszeit unterscheidet sich schon "etwas" von heutigen Verhältnissen, bedenkt man allein mit wieviel Geld das gesamte Wirtschaftssystem wieder in Gang gebracht wurde.

In einer Gesellschaft wie SoLo sie skizziert hat, wäre all das nicht möglich. Eine derartige Gesellschaft würde es Menschen aus einfachen Verhältnissen nicht gestatten, ihr Land zu führen bzw. über den einfachsten Bildungsweg zu einem Spitzenverdiener aufzusteigen bzw. mit einer guten Geschäftsidee ohne Ende Geld zu scheffeln.

Mal davon abgesehen, dass Du auch nicht alle Fälle mit Beispielen anführst, bin ich trotzdem der Meinung, dass sich gewisse Dinge nicht ausschliessen. Und Deine angeführten Sachen vermehren bei mir eher noch das Gefühl, dass man theoretisch alles werden kann, es aber in der Praxis etwas anders aussieht.

Bei uns ist sowas aber möglich und zwar keineswegs nur in Ausnahmefällen.

Jetzt bleibst Du uns aber die ellenlange Liste schuldig...

Nur sehr, sehr wenige der 6,5 Milliarden Menschen auf dieser Erde haben derartige Möglichkeiten. Der überwältigend große Rest würde sich einen Arm abreißen lassen, um die Chancen zu erhalten, die man hierzulande hat.

Ich weiss das und es ist mir auch sehr wohl bewusst, dass die BRD nun nicht das Letzte ist. Um es in Deiner blumigen Sprache fortzuführen: Unter den Blinden ist der Einäugige König.
Zuletzt geändert von Abdiel am Mo, 17. Okt 2005, 23:03, insgesamt 2-mal geändert.
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Di, 18. Okt 2005, 00:49

Abdiel hat geschrieben:
Die reichsten Deutschen? Die Aldi-Brüder, die aus einem kleinen lokalen Lebensmittelgeschäft ein Imperium gemacht haben.

Wann wurde das Imperium denn begründet und unter welchen Voraussetzungen geschah dies? Die Nachkriegszeit unterscheidet sich schon "etwas" von heutigen Verhältnissen, bedenkt man allein mit wieviel Geld das gesamte Wirtschaftssystem wieder in Gang gebracht wurde.


Diese Beispiele gibt's doch auch in der heutigen Zeit.

Schau dir nur einen Dietrich Mateschitz mit Red Bull an. Unglaublich, was der da in den letzten 15 Jahren geschaffen hat.
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Di, 18. Okt 2005, 07:38

@Abdiel:

Jetzt redest Du aber wirklich alles schlecht. Klar, wir leben nicht in Utopia und sind davon auch noch einen Riesenschritt entfernt, aber vergleich unsere Lebensumstände mal mit dem der Rest der Welt. Da gibt es nicht viele Länder wo es besser ist, und ein Utopia wirst Du auf dem ganzen Planeten nicht finden und hat es auch noch nie gegeben. Vielleicht einfach weil es unrealistisch oder nicht möglich ist? Für eine solche Vision ist der einzelne einfach zu selbstsüchtig und auf den eigenen Vorteil bedacht. Sicher, dazwischen gibt es immer leuchtende Beispiele, aber das sind Einzelfälle. In der Masse läßt sich diese Einstellung nur schwer verbreiten, weil meist nur ein paar negative Beispiele reichen um viele von diesem Pfad abzubringen.

Und alles was Cloud und ich gesagt haben ist daß man hierzulande eine CHANCE hat etwas zu werden. Daß dies für den einen einfacher ist als für den anderen ist klar, aber man muß eben die Karten ausspielen die man auf die Hand bekommt. Ein armes Elternhaus kann ein Hemmschuh oder ein Motivationsfaktor sein, je nachdem wie man es nimmt.

Und wenn Dir die Umstände absolut nicht gefallen dann geh in die Politik und versuch es zu ändern. Auch das ist möglich.
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Di, 18. Okt 2005, 14:52

Was mich so irritiert: Jetzt verteidigen so viele die DDR und bemerken "dass sie so schlimm doch nicht war". Dass früher aber die Verwandtschaft aus dem Osten ausnahmslos dankbar war West-Kaffee, Zigaretten, Zeitschriften und Fernsehen zu bekommen, wird unterschlagen. Allein unser Lieblingshobby, die Zockerei, war meines Wissens nur sehr beschränkt bis gar nicht möglich, während hier schon in den Achtzigern jeder zweite einen VC20, C16 oder C64 hatte. Auch das Recht ohne Verletzung von Gesundheit und/oder Leben mein Land verlassen zu dürfen, wann und wie ich es will, ist Teil der Lebensqualität. Sagen zu können was ich möchte (selbst wenn keiner drauf hört) scheint mir ebenfalls Teil der Lebensqualität. Gleichheit für alle gab es darüberhinaus im gesamten Osten auch nur auf dem Papier, bzw. nur im schlechtesten, denkbaren Sinne usw und so fort ...

Ich gehöre bestimmt nicht zu denen, die sagen "bei uns ist alles Gold" oder "bei 'denen' war alles schlecht". Aber viele positive Gefühle gegenüber der DDR kann ich mir nur über die Weichwaschfunktion des Gedächtnisses erklären ...
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Di, 18. Okt 2005, 15:50

Tequila! hat geschrieben:
Was mich so irritiert: Jetzt verteidigen so viele die DDR und bemerken "dass sie so schlimm doch nicht war". Dass früher aber die Verwandtschaft aus dem Osten ausnahmslos dankbar war, West-Kaffee, Zigaretten, Zeitschriften und Fernsehen zu bekommen, wird unterschlagen. Allein unser Lieblingshobby, die Zockerei, war meines Wissens nur sehr beschränkt bis gar nicht möglich, während hier schon in den achtzigern jeder zweite einen VC20, C16 oder C64 hatte. Auch das Recht, ohne Verletzung von Gesundheit und Leben mein Land verlassen zu dürfen, wann und wie ich es will, ist Teil der Lebensqualität. Sagen zu können, was ich möchte (selbst wenn keiner drauf hört), scheint mir ebenfalls Teil der Lebensqualität. Gleichheit für alle, gab es darüberhinaus im gesamten Osten auch nur auf dem Papier, bzw. nur im schlechtesten, denkbaren Sinne usw und so fort ...

Ich gehöre bestimmt nicht zu denen, die sagen "bei uns ist alles Gold" oder "bei 'denen' war alles schlecht". Aber viele positive Gefühle gegenüber der DDR kann ich mir nur über die Weichwaschfunktion des Gedächtnisses erklären ...


Genau.

Außerdem war bei mir als ich 11 Jahre alt war die Welt auch noch in Ordnung.

Viele Sorgen oder Gedanken um das System in dem ich lebe habe ich mir in dem Alter noch nicht gemacht. Meine größte Sorge in dem Alter (1983/84) war, wie ich schnellstmöglich in den Besitz eines C64er komme. :-) Der Weihnachtsmann hat ihn dann gebracht (mit kaputter Floppy, war echt ein geiler heilig Abend, im Bewustsein, dass es noch 2 Feiertage dauert bis man das Scheißteil umtauschen kann).

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Di, 18. Okt 2005, 19:34

Hardbern hat geschrieben:
Tequila! hat geschrieben:
Was mich so irritiert: Jetzt verteidigen so viele die DDR und bemerken "dass sie so schlimm doch nicht war". Dass früher aber die Verwandtschaft aus dem Osten ausnahmslos dankbar war, West-Kaffee, Zigaretten, Zeitschriften und Fernsehen zu bekommen, wird unterschlagen. Allein unser Lieblingshobby, die Zockerei, war meines Wissens nur sehr beschränkt bis gar nicht möglich, während hier schon in den achtzigern jeder zweite einen VC20, C16 oder C64 hatte. Auch das Recht, ohne Verletzung von Gesundheit und Leben mein Land verlassen zu dürfen, wann und wie ich es will, ist Teil der Lebensqualität. Sagen zu können, was ich möchte (selbst wenn keiner drauf hört), scheint mir ebenfalls Teil der Lebensqualität. Gleichheit für alle, gab es darüberhinaus im gesamten Osten auch nur auf dem Papier, bzw. nur im schlechtesten, denkbaren Sinne usw und so fort ...

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Böse Welt. Ich mußte meinen Vater ewig überreden mir einen Fernseher als Monitor zu kaufen, weil mein Geld "nur" für C64 und Floppy gerreicht hat. Komischerweise habe ich den Fernseher an einem Samstag bekommen als ich eine 5 in Französisch nach Hause gebracht habe.
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Di, 18. Okt 2005, 20:41

Dirty Harry hat geschrieben:
Hardbern hat geschrieben:
Tequila! hat geschrieben:
Was mich so irritiert: Jetzt verteidigen so viele die DDR und bemerken "dass sie so schlimm doch nicht war". Dass früher aber die Verwandtschaft aus dem Osten ausnahmslos dankbar war, West-Kaffee, Zigaretten, Zeitschriften und Fernsehen zu bekommen, wird unterschlagen. Allein unser Lieblingshobby, die Zockerei, war meines Wissens nur sehr beschränkt bis gar nicht möglich, während hier schon in den achtzigern jeder zweite einen VC20, C16 oder C64 hatte. Auch das Recht, ohne Verletzung von Gesundheit und Leben mein Land verlassen zu dürfen, wann und wie ich es will, ist Teil der Lebensqualität. Sagen zu können, was ich möchte (selbst wenn keiner drauf hört), scheint mir ebenfalls Teil der Lebensqualität. Gleichheit für alle, gab es darüberhinaus im gesamten Osten auch nur auf dem Papier, bzw. nur im schlechtesten, denkbaren Sinne usw und so fort ...

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Genau.

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Viele Sorgen oder Gedanken um das System in dem ich lebe habe ich mir in dem Alter noch nicht gemacht. Meine größte Sorge in dem Alter (1983/84) war, wie ich schnellstmöglich in den Besitz eines C64er komme. :-) Der Weihnachtsmann hat ihn dann gebracht (mit kaputter Floppy, war echt ein geiler heilig Abend, im Bewustsein, dass es noch 2 Feiertage dauert bis man das Scheißteil umtauschen kann).

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Fernseher hatte ich zum Glück seinerzeit im Zimmer. Den C64er musste ich mir mit elf, zwölf Jahren allerdings mühsam zusammensparen.
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Di, 18. Okt 2005, 21:32

Ich kann leider nicht mehr auf jeden einzelnen antworten, obwohl ich es gern tun würde. Bitte nehmts mir nicht übel!

@Harry:
Ich glaube, mal gelesen zu haben, dass es durchaus geschichtliche Hinweise auf Hungersnöte im alten Ägypten gegeben hat, die auch mit dem Abzug von Bauern aus den Dörfern zum Pyramidenbau zu tun haben. Ganz sicher ist auch, dass manche Pyramidenprojekte unter erheblichen Zeitdruck gerieten - das Motiv für die Herrscher, etwas mehr Druck als gut fürs Volk war, auszuüben. Aber das ist auch unerheblich. Ich denke, was ich sagen wollte, ist verstanden worden und dem hast du ja auch nicht widersprochen.

@Cloud:
So, du denkst also, mit ein bisschen Bildung und Fleiß kommst du weg von deinen sozialen Wurzeln?! Nun, das führt vielleicht dazu, dass du ein paar Euro mehr verdienst. Das wars aber auch schon. Trotzdem wirst du dein Leben lang Zins, Miete und Pacht an die Besitzenden dieser Welt zahlen, die dafür nicht so schlau und fleißig sein müssen wie du. Die müssen nichtmal arbeiten dafür.

Dir ist persönlicher Wohlstand also egal. Schön, hilft dir aber auch nichts. Denn schon mit deinen Frühstücksbrötchen zahlst du Pacht an den Grundbesitzer, auf dessen Land das Getreide dafür angebaut wurde. Mit jedem Produkt, dass du kaufst, zahlst du Zinsen an die, die dessen Produktion vorfinanziert haben. Dein Arbeitslohn ist um den Teil geringer, den der Aktionär als Dividende fordert, dafür dass er sein Geld in das Unternehmen gesteckt hat, das dich anstellt.

Und du selbst wirst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nie genug besitzen, um diese Ausgaben durch eigene arbeitsfreie Einkommen zu neutralisieren. Du wirst immer draufzahlen.

Für einen Fremden magst du mit deinem Doktortitel in Mathematik und dem schicken Maßanzug, den du zur Disputation trägst, nicht zu unterscheiden sein von dem Lackaffen aus reichem Hause. Für das System aber bist du immer noch ganz leicht zu unterscheiden. Der feine Lackaffe weiß das übrigens, nur deswegen lässt er dich gewähren. Du darfst nicht denken, nur die Arbeiter hätten dazugelernt in den letzten hundert Jahren - nein, die anderen auch. Zum Beispiel haben sie gelernt, dass es gar nicht notwendig ist, den Arbeitern Bildung zu verweigern, um den eigenen Status zu erhalten. Das schafft nur Ärger, weil die Arbeiter es bemerken und sich dagegen auflehnen. Es genügt, wenn die wesentlichen Mechanismen des Kapitalismus erhalten bleiben.

Tut mir leid, Cloud, aber das soziale Milieu deiner Eltern klebt an dir wie ein ekliger Kaugummi an einem neuen Turnschuh. Klar, wenn du froh bist, nach der Arbeit nicht mehr wie deine Eltern nach Schweiß zu riechen oder mit 50 noch heile Knochen zu haben, so wie die Reichen auch - dann hast du deine Chancengleichheit. Schön, wenn du damit zufrieden bist. Ich beneide dich um diese Bescheidenheit, ganz ehrlich.

Aber trag nicht deine einfache Herkunft vor dir her, um mir zu sagen, ich hätte keinen Schimmer von den Dingen, von denen ich rede!

@Schumacher und Aldi-Brüder ;):
Diese Beispiele sind die wohl dümmste Ausformulierung des eingetrichterten Egoismus der westlichen Welt. Millionen wollen, dass es ihnen so gut geht wie Schumacher, aber selbstverständlich KANN nur ein einzelner Schumacher tatsächlich so reich sein. Die Tatsache, dass es ein Beliebiger aus den Millionen sein könnte, beweist doch nicht die Chancengleichheit zwischen Arm und Reich. Hat sich schon mal jemand gefragt, warum das Glücksspiel Lotto vom Staat organisiert und beworben wird? Opium fürs Volk würde ich sagen. Nichts anderes sind eure Schumacher-Beispiele.

Wenn ich über Politik diskutiere, habe ich das Wohlergehen der Gemeinschaft im Blick und nicht, ob eine Promille-Chance für den Einzelnen besteht, den großen Coup zu landen. Und deshalb kotzt mich diese Werbekampagne so an. Weil da auf politisierende Art und Weise einem ganzen Volk das nur für Einzelne realisierbare Lebensglück als Ansporn verkauft wird.

Jetzt seid mal ehrlich: Ist nicht das, was ich oben in der Antwort auf Cloud beschrieben habe, das höchste, was ein Arbeiterkind im Normalfall erreichen kann? Wird es denen, die nicht mit genügend Intelligenz für ein Studium ausgestattet sind, nicht noch deutlich schlechter gehen als dem (hoffentlich bald :)) promovierten Cloud?

@Tequila!
Ich benutz nicht nur gern den schwarzen Text-Eimer, sondern bin vermutlich gar als Kind reingefallen. ;) Deshalb muss ich jetzt mal loswerden, dass es auch meiner Meinung nach genug auf dieser Welt gibt, wegen dem es sich zu leben lohnt. Nur das System in diesem Land gehört für mich ganz sicher nicht dazu. Meine Kommentare können mir bei diesem Thema gar nicht schwarz genug sein. Und danke für den Link, sehr interessant.

Zum Thema Osten: Bitte verwechselt mein Geschriebenes nicht mit Ostalgie. Ich weiß sehr gut, was die DDR war und will sie beileibe nicht zurück. Ich suche nur einen Grund für mein Andersdenken. Und in zahllosen Gesprächen mit "Wessis" hat sich für mich herauskristallisiert, dass ihnen genauso mit einer Ideologie ins Hirn geschissen wurde wie uns. Sie denken nur, dass bei ihnen alles ganz freiheitlich und selbstbestimmt war. Warum sonst springen sie auf dieses Schumacher-Argument an, entgegen jeder Logik? Warum wusste keiner, wie Ausbeutung durch Besitz funktioniert? In der DDR war das Lernstoff in der Schule. Soll es ein Zufall sein, dass das in den westdeutschen Lehrplänen fehlt?

Das Menschenbild mit genetisch bedingter Habgier und Ellbogenmentalität müsstest du aus einem Westdeutschen schon herausprügeln! ;) Im privaten Bereich kriegt man doch Anerkennung dafür, wenn man die Oma über die Straße bringt und deshalb selbst zu spät kommt. Da sind doch alle ganz lieb und nett. Selbst der smarte Manager sagt: "Also geschäftlich, da bin ich knallhart - im Privaten dagegen..." Also die Erfindung des geteilten Menschen muss irgendwie an mir vorübergegangen sein. Ich sehe schon eine Sehnsucht nach mehr Menschlichkeit, auch im Westen - nichtzuletzt auch im letzten Wahlergebnis. Trotzdem will kein Wessi wahrhaben, dass es das System ist, das die Menschen zu hässlichem Verhalten treibt und nicht ihre Veranlagung.

Zu guter Letzt schmeckt die Ausbeutung im Osten auch einiges bitterer als im Westen. Wir haben hier eine zerstörte Gesellschaft mit haufenweise Verlierern, die mit nichts mehr klar kommen. Vielen von denen geht es auch ganz objektiv schlechter als zu DDR-Zeiten. Es ist zum Kotzen, nicht zu wissen, was man denen überhaupt noch erzählen soll. Unsere Industrie wurde ausverkauft und platt gemacht. Das Wenige, was neu entstanden ist, wurde mit langen Arbeitszeiten, unbezahlten Überstunden und wenig Lohn erkauft. Keine Spur von den süßen Gewerkschaftserrungenschaften des Westens aus den 70ern. Hunderttausende pendeln in den Westen, verblasen einen Großteil ihres Lohns auf der Autobahn und sehen ihre Familien nur am Wochenende. Die jungen leistungfähigen Leute müssen weggehen und hängen entwurzelt und ohne sozialen Anhang in Stuttgart oder München herum.

15 Jahre nach der Wende ist vielen im Osten klar, dass sie einen verdammt hohen Preis für die Bananen gezahlt haben. Und sie erinnern sich, dass vieles von der angeblich ideologischen Indoktrination nur allzu wahr ist...

Ciao,

Doc SoLo
 
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Di, 18. Okt 2005, 23:48

In die eigentlich Hauptdiskussion will ich mich hier gar nicht erst groß einklinken, denn dafür fehlt mir die Zeit und die Portion Masochismus, die ich schon mitbringen müßte, um mich auf einen weiteren Ideologie-Streit einzulassen. ;)

Nur gegen einen Punkt möchte ich hier einmal klar und deutlich Stellung beziehen: hochgradig simplifizierende Menschenbilder als gegeben zu setzen. Das gilt sowohl für das vereinfacht-biologische Bild vom "bösen" Menschen, der in erster Linie habgierig und gnadenlos ist, aber genauso für das aus marxistischer Tradition stammende Bild vom "guten" Menschen, der im Grunde seines Wesens ganz lieb und nett ist und nur von äußeren Umständen zu seinem fiesen Verhalten getrieben wird. Beide Ansichten sind meines Erachtens zu einseitig.

Wenn ich mir nämlich die Expertenmeinungen ansehen, komme ich zu dem Schluß, daß beide "Seiten" gute Argumente für ihre Positionen haben, weshalb sich ja ohnehin schon längst differenzierende Zwischenpositionen herausgebildet haben (die ich auch keineswegs allen Vorrednern hier absprechen möchte), die davon ausgehen, daß Genetik und Umwelteinflüsse eng verzahnt zusammenwirken. Daß die materiellen Verhältnisse Wesen in gewisse Richtungen schubsen, läßt sich meiner Meinung nur schwer leugnen. Die Soziologie und die Psychologie haben dazu ja einiges vorgelegt. Auf dem heutigen Stand des Wissens kommt man aber ebensowenig um die Anerkennung des Umstands herum, daß der Mensch - in individuell unterschiedlichem Maße - Dispositionen zu Aggressivität und Gewaltätigigkeit besitzt (in welcher Form auch immer - ob wirtschaftlich, psychisch oder körperlich).

Dementsprechend fällt dann auch meine gesellschaftspolitische Position aus: Ich halte unser jetziges System für unter dem Strich besser als das der meisten Länder auf diesem Planeten in den meisten historischen Perioden. Gesunde Knochen mit 50, Bananen und Redefreiheit halte ich durchaus für einen Fortschritt. Allerdings keinen, auf dem man es sich zu bequem machen und das Weiterdenken einstellen sollte. Doch ich glaube nicht, daß das irgend jemand hier wirklich genau so gemeint hat.

Eine deutlich bessere Gesellschaft als unsere liegt für mich durchaus im Bereich des realistisch Vorstellbaren. Doch ein Utopia mit dem unvollkommenen Menschen? Eher nein. Als Ideal (wenn auch bitte nicht das von Thomas Morus ;)), das zur asymptotischen Annäherung als Leitbild dient? Gerne. Aber nie wieder darf dabei das Hier und Jetzt aus dem Blick geraten. Beim Versuch, Utopien zu verwirklichen, sind nämlich, auch das sollte man nie vergessen, schon zu viele Leute sinnlos gestorben.

Grüße von
ButtSeriously
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Mi, 19. Okt 2005, 07:51

@Doc: Jetzt habe ich verstanden. Dir geht es gegen den Strich daß manche Leute Geld bekommen ohne dafür zu arbeiten und die Arbeitenden bezahlen dafür. Das finde ich auch nicht toll, und ich gehöre sicher auch nicht zu denen die irgendwann von ihrem Ersparten leben können, obwohl ich das auch nicht schlecht finde.
Noch verdiene ich mein Geld mit ehrlicher? Arbeit, allerdings recht angenehmer Arbeit wie ich zugeben muß. Und genug Geld um gut davon zu leben kommt dabei auch rüber. Und sorry, aber mehr erwarte ich gar nicht vom Leben. Ich glaube auch nicht daß ich mit mehr Geld glückicher wäre, oder daß ich glücklicher wäre wenn ich nicht mehr arbeiten müßte. Eine Zei lang vielleicht schon, aber dann stellt sich doch die Gewöhnung ein.

Auf die Leute die es besser erwischt haben bin ich natürlich schon ein bißchen neidisch, aber nur ein kleines bißchen weil ich ziemlich sicher weiß daß die im Grunde auch nicht zufriedener sind als ich. Immerhin muß ich nicht mein Gewissen beruhigen daß ich als Parasit auf Kosten der anderen lebe.

Daß wir "unser" System eingetrichtert bekommen haben wie ihr eures ist wohl auch der Grund dafür warum wir das so unterschiedlich sehen.
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Mi, 19. Okt 2005, 08:06

Meiner Auffassung nach ist der westliche Kapitalismus einfach nur eine andere Form der alten Planwirtschaft/des Sozialismus. Es bestehen gar nicht so grundlegende Differenzen.

Wir kleiden unser Herrschaftssystem aber geschickterweise in das Gewand der Freiheit und des materiellen Überflusses. Was all die Leute "zufriedener" macht (man könnte auch sagen: ruhig stellt), die daran partizipieren. Dank des relativ großen volkswirtschaftlichen Wohlstandes sind das eben auch die ALG II Empfänger (wenn auch eingeschränkt).

Was ich meine: Im Osten durfte man nicht ohne Konsequenzen gegen das System agieren. In unserer Demokratieform kann man sagen, was man möchte (in den USA noch ausgeprägter) ... es interessiert eben nur keine Sau. Mit der zweiten Variante leben wir, die Masse, definitiv beruhigter, auch wenn es im Ergebnis keinen Unterschied macht.

Im Osten gab es eine begrenzte Produktpalette. Wir haben die "freie Auswahl". Allerdings stammen die Produkte letztendlich vom selben Hersteller, beinhalten die gleichen Inhaltstoffe/identische Technik und unterscheiden sich nur in Farbe/Form/Geschmack.

"Drüben" wurde die Produktion vom Staat vorgegeben. Heute läuft das was/wann/wie viel über Marktforschung (also im Prinzip so basisdemokratisch, wie nur eben denkbar). Es diktieren also nach wie vor andere, was zum Kauf zur Verfügung steht. Schon auf Grund der Tatsache, dass Nischenprodukte über kurz oder lang untergehen, wenn sie nicht den Geschmack des Mainstreams treffen (hey, sonst gäb's die Player noch *ggg*).

Es scheint alles darauf hinauszulaufen, dass der Mensch in jedem Lebensbereich nicht das Ding an sich benötigt, sondern nur das Gefühl desselben (wobei mir zwangsläufig Matrix in den Sinn kommt). Freiheit, Gleichheit, Eigentum ... braucht kein Schwein. Es reicht, sich frei oder gleich zu fühlen und auf den scheinbar angehäuften Wohlstand blicken zu können.
Hatte mal in einer Studie gelesen, dass es der Mehrheit der Menschen nicht darauf ankommt "viel" oder "wenig" Gehalt für einen Job zu bekommen. Der entscheidende Faktor ist, dass sie "mehr" bekommen (als andere). Das scheint mir recht gut in dieses System der fiktiven Werte zu passen. Und wenn das die Natur des Menschen ist, was mit logisch oder zumindest nachvollziehbar erscheint, dann passt diese Form von Kapitalismus/Demokratie zu unserem Wesen wie der sprichwörtliche Arsch auf den Deckel.

Dass ich lieber in einer anderen Welt leben würde, dürfte selbstredend sein, aber ich bezweifle, dass es mit uns Menschen eine andere Welt geben kann.
Zuletzt geändert von Nackter Onkel am Mi, 19. Okt 2005, 08:15, insgesamt 4-mal geändert.
Cheers,

Nackter Onkel



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