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Gangs of New York

Do, 20. Feb 2003, 22:45

Ich bleibe im Regisseurs-Alphabet beim Buchstaben "S" und wandere von Spielbergs federleichter Unterhaltung mit "Catch Me If You Can" zu Scorseses schwerer verdaulichem "Gangs of New York".

Tja, was soll ich über diesen Film sagen? "Beeindruckend" ist definitiv das erste Wort, das mir in den Sinn kommt. Es läßt sich auf viele seiner Elemente anwenden: Auf Michael Ballhaus' fantastische Kameraarbeit. Daniel Day-Lewis schauspielerische Leistung als "Bill the Butcher". Den stellenweise einfach brillianten Schnitt. Die akurate Rekonstruktion des alten New York. Die Demontage der "glorreichen" Bürgerkriegszeit der Union - und das, ohne in plumpe Verurteilung zu verfallen. Statt dessen zeigt "Gangs" in differenzierter Weise die dunklen Seiten der Gründungszeit einer Nation exemplarisch an der Geschichte einer Stadt.
Es wird schon jetzt überdeutlich: Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Der Film ist einfach nur großes Kino - für Filme von solcher Qualität wurde dieser Ausdruck erfunden. Wenn ich ersthaft im Detail beschreiben wollte, was mir alles gefallen hat, müßte ich mir wohl bis morgen früh die Finger wundtippen.
Für meine Begriffe hat Martin Scorsese mit "Gangs of New York" sein absolutes Meisterstück abgeliefert. Kein anderer seiner Filme hat mir auch nur annähernd so gut gefallen.
Ganz perfekt ist er sicher nicht. So spielt Cameron Diaz zwar nicht schlecht, wirkt aber auf mich eigentlich eher ein wenig fehlbesetzt. Und in der Mitte verliert der Streifen zeitweise ein wenig den Schwung. Aber das alles konnte mir nicht im geringsten die Freude an diesem Epos vermiesen. Mein Tip: Ansehen und mitreißen lasen!

Mal eine Frage an die historisch bewandertsen unter Euch (irgendwie denke ich dabei besonders an Ssnake ;)): Kennt jemand Quellen über die Geschehnisse in New York in der Bürgerkriegszeit, die man als wirklich zuverlässig bezeichnen könnte? Bei meinen ersten Recherchen zu einem Handlungselement, das im Film vorkommt, habe ich nämlich feststellen müssen, daß es sogar von Historikern höchst gegensätzliche Aussagen gibt, ob dieses Ereignis wirklich stattgefunden hat (was es genau war, verschweige ich aus Spoiler-Gründen erstmal lieber).

Grüße von
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Fr, 21. Feb 2003, 18:51

Nö, mit der Schmuddelkinderzeit der USA kenn' ich mich nicht aus. In der Berichterstattung im SPIEGEL war ohnehin zu lesen, daß diese Zeit bislang kaum systematisch untersucht, sondern vielmehr schamhaft verschwiegen worden sei. Vermutlich bietet der Film jetzt genügend Anlaß für Nachwuchshistoriker, das jetzt alles ans Licht zu zerren. Bis es soweit ist, solltest Du einfach hinnehmen, daß das Geschichtsbild nicht konsolidiert ist und die verschiedenen Historiker zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Das ist eigentlich ganz normal.
 
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Fr, 21. Feb 2003, 22:39

Ist schon klar, daß das ganz normal ist, denn eigentlich beschäftige ich mich selbst immer wieder ganz gern mit Geschichte. Ohne zuviel zu verraten: Das fragliche Ereignis ist aber eigentlich so extrem (es geht nicht etwa um ein kleines Detail), daß es mich schon etwas wundert, so viel Zerissenheit vorzufinden. ;)

Es scheint aber nach meinen neuesten Recherchen doch zumindest so ähnlich gewesen zu sein...

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Sa, 22. Feb 2003, 17:17

Als einzige Empfehlung kann ich dir nur Jürgen Heidekings "Geschichte der USA" nennen. Allerdings wir hierdrin die gesamte Geschichte Amerikas behandelt, ob also die Vorgänge von New York darin beschrieben oder gar erwähnt werden, kann ich nicht sagen.

http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3825219380/qid=1045930527/sr=1-4/ref=sr_1_3_4/028-7991186-0811701
 
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Sa, 1. Mär 2003, 10:54

Ich kann mich BSs Lobeshymne zwar nicht ganz, aber zum großen Teil anschließen: ein wirklich guter Film, welcher vor allem von seinen grandiosen Bildern und der tollen schauspielerischen Leistung von Daniel Day-Lewis lebt. Im Vergleich zu letzterem fällt Leonardo di Caprio, der die meiste Zeit einfach nur super-grimmig in die Kamera stiert, leider deutlich ab, Cameron Diaz macht ihre Sache zwar nicht wirklich schlecht, wirkt aber die meiste Zeit wie ein Fremdkörper. Ich hoffe, dass es eines Tages einen Director's Cut geben wird, da Scorcese sein Werk doch sehr stark kürzen musste.

Fazit: 8/10 Punkten, unter Scorceses Filmen nimmt GONY nach Taxi Driver den 2. Platz ein.
 
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Di, 4. Mär 2003, 00:00

ich pendle mich irgendwo zwischen cloud und BS ein - vor allem wegen der doch relativ brutalen szenen (unnötig?).

ein paar gedanken zum film:

war der regisseur / drehbuchautor zufällig republikaner?

wurde der film vor oder nach 911 gedreht? das panorama am schluss mit den hübschen rauchwolken kam mir verdächtig bekannt vor...

mfg
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wulfman hat geschrieben:
ich pendle mich irgendwo zwischen cloud und BS ein - vor allem wegen der doch relativ brutalen szenen (unnötig?).
Für den Regisseur, der Hirn an der Wand im Film hoffähig gemacht hat, war es wohl nötig. Man darf nicht vergessen, daß Scorsese ja auch authentisch bleiben wollte, und was damals abgegangen ist, war ja nun nachweislich äußerst heftig.

Über die politische Grundausrichtung Scorseses weiß ich nichts; ich hätte ihn per se nie einer bestimmten Richtung "verdächtigt", und 9-11 hat ja Demokraten und Republikaner gleichermaßen in Rage gebracht (was Wunder).
 
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Di, 4. Mär 2003, 09:16

Ssnake hat geschrieben:
Über die politische Grundausrichtung Scorseses weiß ich nichts; ich hätte ihn per se nie einer bestimmten Richtung "verdächtigt", und 9-11 hat ja Demokraten und Republikaner gleichermaßen in Rage gebracht (was Wunder).


Ach so? Was hat er da leicht von sich gegeben?
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Di, 4. Mär 2003, 09:18

Ssnake hat geschrieben:
wulfman hat geschrieben:
ich pendle mich irgendwo zwischen cloud und BS ein - vor allem wegen der doch relativ brutalen szenen (unnötig?).
Für den Regisseur, der Hirn an der Wand im Film hoffähig gemacht hat, war es wohl nötig. Man darf nicht vergessen, daß Scorsese ja auch authentisch bleiben wollte, und was damals abgegangen ist, war ja nun nachweislich äußerst heftig.

Über die politische Grundausrichtung Scorseses weiß ich nichts; ich hätte ihn per se nie einer bestimmten Richtung "verdächtigt", und 9-11 hat ja Demokraten und Republikaner gleichermaßen in Rage gebracht (was Wunder).


du hast wohl recht - ich habe den film halt mit einer person mit etwas zarterem gemüt ;) gesehen, das färbt wahrscheinlich ab.

hast du den film schon gesehen? der politiker (demokrat) kommt nicht allzu gut weg, der ist mehr als running gag zu betrachten.

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Early hat geschrieben:
Ssnake hat geschrieben:
Über die politische Grundausrichtung Scorseses weiß ich nichts; ich hätte ihn per se nie einer bestimmten Richtung "verdächtigt", und 9-11 hat ja Demokraten und Republikaner gleichermaßen in Rage gebracht (was Wunder).


Ach so? Was hat er da leicht von sich gegeben?
Das war mehr ganz allgemein gemeint - daß die Reaktion bei fast allen amerikanischen Bürgern unabhängig von ihrer politischen grundausrichtung sehr ähnlich ausfiel. Naja, ein paar Ausnahmen gab's natürlich, die "üblichen Verdächtigen" der äußersten Linken (nach US-Maßstäben, hierzulande mehr Mittelfeld), also Gore Vidal und Susan Sontag.
 
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Re: Gangs of New York

Di, 4. Mär 2003, 19:00

ButtSeriously hat geschrieben:
Mal eine Frage an die historisch bewandertsen unter Euch (irgendwie denke ich dabei besonders an Ssnake ;)): Kennt jemand Quellen über die Geschehnisse in New York in der Bürgerkriegszeit, die man als wirklich zuverlässig bezeichnen könnte? Bei meinen ersten Recherchen zu einem Handlungselement, das im Film vorkommt, habe ich nämlich feststellen müssen, daß es sogar von Historikern höchst gegensätzliche Aussagen gibt, ob dieses Ereignis wirklich stattgefunden hat (was es genau war, verschweige ich aus Spoiler-Gründen erstmal lieber).

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Naja, wenn die Ereignisse wirklich so statt gefunden haben ist es eher wahrscheinlich daß versucht wurde es zu vertuschen.

Der Film ist wirklich gut, da kann ich mich anschließen. Leider etwas zu lang aber zum Glück nie langweilig! Aber Scorcese wollte ihn jja angeblich noch länger haben...
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Di, 11. Mär 2003, 20:39

Ich schließe mich ebenfalls der Meinung an, daß der Film gut bis genial ist. Für zu lang würde ich ihn nicht halten. Sicher lang ist er. Aber dabei ist er nie langweilig, womit er also nicht ZU lang wird.

Die geschichtlichen Hintergründe des Filmes würden mich auch brennend interessieren.

Gruß

Stift
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Mi, 12. Mär 2003, 07:42

Deshalb sagte ich ja, zu Lang aber nicht langweilig! Etwas straffer hätte man die an sich simple Rachegeschichte schon erzählen können. Der geschichtliche Hintergrund kam dafür etwas zu knapp weg.

Aber gut fand ich den Film trotzdem!
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