@Hardbern
Wegen ein paar Zeilen Leserbrief von irgendeinem Idioten (hoppla
) muß man sich nicht den Spiegel kaufen. Hier einfach mal die ungekürzte Originalfassung:
Sehr geehrter Herr Beier,
Mit Interesse (bevor ich den Film gesehen hatte) und amüsiert (nachdem ich den Film gesehen hatte) habe ich Ihre Kritik zu "Der Herr der Ringe - Die Zwei Türme" gelesen. Daran, daß der Spiegel etwas gegen Peter Jacksons Verfilmungen hat, habe ich mich nach dem ersten Artikel vor einem Jahr schon längst gewöhnt. Damals tat ich es noch mit einem Schulterzucken ab, daß dort seitenlang über das Buch räsoniert wurde, nur um den Film praktisch jenseits irgendwelcher Argumentation in ein paar Zeilen zum Schluß zu zerstampfen. Doch nun treibt die ganze Angelegenheit teilweise schon etwas seltsame Blüten. Immerhin schaffen Sie es nun, rund zwei Seiten zu diesem Thema zu füllen. Einmal mehr suchen Sie sich dabei zwar alles heraus, was Ihnen nicht paßt und schaffen es nebenher, die Stärken des Film geflissentlich zu ignorieren, aber wenn sie ihn unbedingt verreißen wollen, sei Ihnen das vergönnt.
Sehr irritiert (und daher rührt auch meine Erheiterung) war ich dann aber doch über Ihre Behauptung, das Erscheinen Gandalfs am Schluß des Films sei eine Deus ex Machina. Entweder trauen Sie Ihren Lesern nicht zu, die Bedeutung dieses Begriffs zu kennen, oder er ist Ihnen selbst nicht bekannt - was davon schlimmer ist, sei mal dahin gestellt. Angesichts der Tatsache, daß Gandalf nicht nur früher im Film eingeführt wird, sondern auch seine Rückkehr genau für den fraglichen Zeitpunkt ankündigt (und er erwähnt dabei sogar die Reiter von Rohan, der er mitbringt), ist es ziemlich absurd hier von einer Deus ex Machina zu sprechen (um böse Ausdrücke wie "himmelschreiender Unsinn" mal zu vermeiden).
Da paßt es nur zu gut ins Bild, daß ausgerechnet eine Ausgabe später der nicht gerade neue Vorwurf erhoben wird, Tolkiens Geschichte sei rassistisch. Dieser Gedanke wäre mir ehrlich gesagt, bevor ich es vor einigen Jahren schon mal gelesen habe, nicht einmal im Traum gekommen. Aber nehmen wir dies mal für eine Sekunde ernst, so schwer es auch fallen mag. Doch selbst dann erregt so manches in diesem Vorwurf meine Skepsis. So heißt es z.B. vom Verfasser besagter Behauptungen, es falle schwer, beim Anblick der Film-Orks nicht an die Aborigines zu denken. Also ehrlich: Kampfbemalung gab es bei vielen Völkern, nicht nur bei solchen mit dunkler Hautfarbe. Ein Anthropologe müßte das eigentlich wissen, sollte man meinen. Allerdings drängt sich mir die Frage auf, was es wohl über ihn aussagt, daß er bei einem Haufen brutaler, mordender Bestien, die zufällig Kampfbemalung im Gesicht tragen, ausgerechnet auf die Aborigines kommt...
Mein Vorwurf richtet sich nicht an Sie, Herr Beier, im speziellen, sondern an eine gewisse Linie, der Der Spiegel anscheinend im Bezug auf den Herrn der Ringe verfolgt. Ich will Ihnen mit Sicherheit nicht verbieten, Buch und Film ganz furchtbar zu finden - das ist Ihr gutes Recht. Aber daß es einige Mitglieder Ihrer Redaktion anscheinend nicht ertragen, daß Millionen Menschen in Deutschland beides mit Begeisterung sehen, und deshalb bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit etwas negatives dazu ausbuddeln, zeugt nicht gerade von Größe.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Moretto
@wulfman:
Im großen und ganzen haben sie denn Sinn nicht verändert - da kann ich wirklich keinen Vorwurf erheben.
Grüße von
ButtSeriously
In memoriam PC Player 1/93 - 6/2001