Speed Racer lief zwar schon im Mai, aber ich will meine Meinung doch nicht vorenthalten. Der Text enthält einige Sätze mit groben Handlungsangaben. Da diese aber ziemlich klassisch ist, sollte es keine soooo großen Überraschungen geben.
Speed Racer ist das neue Vehikel der Wachowski-Brüder und damit schon mal potentiell auf meinem Radar aufgetaucht. Der Film zeigt zwar nicht alle Qualitäten der Wachowskis, jedenfalls das was ich als deren Qualitäten ausmachen würde, taugt aber schon für einen Filmabend wenn man dem knallbunten Thema nicht gänzlich abgeneigt ist.
Stilistisch haben es die Wachowski-Brüder einfach drauf, das haben sie mit ihrer Matrix-Trilogie fulminant unter Beweis gestellt und hier hält sich auch Speed Racer nicht zurück. Es ist eine knallbunte, farbenfrohe Gute-Laune-Spielzeugwelt, in welcher der Film spielt. Keine Wunder, basiert das ganze Geschehen doch auf komplett fiktiven Rennautos und frei erfundenen Rennstrecken, auf denen sich die zahlreichen Gegner mit ihren Spezialvehikeln duellieren. Dabei geht es selten friedlich zu, die Kontrahenten arbeiten zum Teil in Teams zusammen, rempeln was das Zeug hält und fahren schon mal die eine oder andere Spezialwaffe aus ihren Autos aus, um andere Mitstreiter aus dem Rennen zu kicken - im wahrsten Sinne des Wortes. Sämtliche Autorennen, die es dabei im Film gibt, stammen vollständig aus dem Rechner und werden als auf Hochglanz polierte CGIs präsentiert. Bunte Farben tragen dazu bei, dass sich die einzelnen Autos und Teams vom Zuschauer unterscheiden lassen, was auch zwingend notwendig ist, denn die Rennen, welche das Actionpendant darstellen sollen, sind extrem rasant geschnitten. Dagegen dürfte sogar die Wackelkamera in Cloverfield harmlos wirken. Wobei es hier wohlgemerkt der Schnitt und nicht das Wackeln der Kamera ist. Denn wenn Autos aneinanderprallen, auf nur zwei Rädern fahren oder fulminante Sprünge über andere Wagen fabrizieren - ja, auch das können die Racer in diesem Film und das ist noch eine recht harmlose Fähigkeit - dann wird das nur selten vollständig gezeigt, meistens sogar nach der Hälfte des Sprungs schon abgebrochen. Explosionen oder auch Ausweichmanöver werden ebenfalls selten vollständig gezeigt. Viele dieser Aufnahmen dauern deshalb nur rund eine gefühlte halbe Sekunde, vielleicht sogar weniger, kaum aber mehr. Denkt man sich nun noch die extremen Geschwindigkeiten der Fahrzeuge - die Formel 1 kann hier getrost zu Hause bleiben - hinzu, bekommt man annähernd eine Ahnung wie schnell das Geschehen in den Rennsequenzen abläuft. Nicht nur dass die Rennen so rasant ablaufen, es gibt scheinbar auch keine Regeln und Gesetze - vor allem das Gesetz der Schwerkraft spielt in diesem Film kaum eine Rolle. Und es macht durchaus Spaß, dabei zuzusehen, das hat einfach was.
So knallig bunt wie sich die Rennen präsentieren, zeigt sich auch die restliche Welt, die wie die Stadt oder größere Landschaftsaufnahmen ebenfalls größtenteils aus dem Rechner stammen und auch problemlos als CGI-Konstrukte zu erkennen sind. Sicherlich eine bewuste Entscheidung der Wachowskis, stilistisch bleibt der Film konsequent. Ist dies die eine Qualität, die ich an den Wachowskis festschreiben würde, bleibt eine andere Qualität, welche die Brüder bisher im ersten Matrix-Film und auch als Autoren von V wie Vendetta gezeigt haben, etwas zurück. Speed Racer startet etwas verhalten und braucht eine kleine Weile, ehe der Film wirklich in Fahrt kommt. Es passiert nicht wirklich viel und der Humor, der mit fortschreitendem Verlauf immer reichlicher wird, wirkt anfangs noch etwas arg kitschig und platt. Das liegt an der Handlung, die eher klassisch daher kommt. Eine im übertragenen Sinne eher kleine Rennfahrerfamilie gerät nämlich in Konflikt mit einem großen Autoindustrie-Mogul, einem von vielen, die ihrerseits Rennställe stellen und natürlich zwingend die Rennen gewinnen wollen. Dabei zählen für die Großindustriellen nicht nur Imageaufbesserungen, sondern auch satte Wertsteigerungen der eigenen Aktien, die sie erhalten, wenn ihr jeweiliger Rennfahrer die Meisterschaft gewinnt. Und dafür manipulieren sie hinter den Kulissen der Rennen was das Zeug hält. Besagte Rennfahrerfamilie um John Goodman als Vater und Autokonstrukteur, Susan Sarandon als Mutter, den eher unbekannten Emile Hirsch als hoch talentierten Rennfahrer Speed und Sohn der beiden (quasi die Hauptrolle des Films), Christina Ricci als dessen Freundin, Matthew Fox (Losts Jack) als todgeglaubter älterer Bruder Speeds und ein jüngerer Bruder als kindlich-witziger Sidekick mit einem Schimpansen als besten Freund weigert sich nun in die Dienste des Moguls zu treten. Nicht zuletzt deshalb weil der vermeintliche Tod des Ältesten ein Trauma im Familienleben hinterlassen hat, da dieser sich in seiner Zeit den Avancen der Mogule widersetzt hat und von deren dunklen Machenschaften ahnte. Ohne Beweise allerdings waren ihm die Hände gebunden. Speed nun wiederum bekommt bei seiner Ablehnung des Angebots das dunkle Gesicht des Moguls zu sehen. Wie sich herausstellt, sind nämlich so ziemlich alle Rennen in der Vergangenheit durch die Industriellen tatsächlich manipuliert gewesen. Speed beginnt nun nach einer Auseinandersetzung mit seinem Vater mit dem geheimnisvollen Racer X zusammen zu arbeiten und lehnt sich gegen die abgesprochenen Rennen auf.
Das ist im Grunde die ganz klassische Handlung, in der sich ein talentierter aber gegen die Machenschaften der "Großen" theoretisch chancenlose Rennfahrer auflehnt, seinen Idealismus bewahrt und den angestellten Rennfahrern der großen Rennställe zeigt, wo der Bartel den Most holt. Und schließlich gewinnt er natürlich und Ehre und Gerechtigkeit sind im Rennsport wieder hergestellt. Soweit so gut und eher wenig originell. Mir fehlt hierbei etwas die Kritik an den bestehenden Verhältnissen unserer Welt, wie es die Wachowskis bisher in Matrix und V wie Vendetta gezeigt haben. Matrix halte ich ja nicht nur deshalb so brillant, weil er eine originelle Handlung auf die Leinwand zimmert und phänomenale Actionsequenzen zeigt, sondern auch weil dem Film neben einer philosophischen Schicht auch eine systemkritische Schicht unterlegt wurde. Die Frage, die sich der geneigte Zuschauer stellen konnte, ist natürlich nicht die, ob wir auch in einer Matrix leben. Diese lässt sich nun wirklich ganz leicht beantworten: natürlich nicht. Es gibt auch keinen Weihnachtsmann, keine Geister und Monster. So! Die Frage ist vielmehr, ob wir genauso in Fesseln liegen und ausgebeutet werden und es nur noch nicht gemerkt haben, so wie es den Menschen in der Matrix passiert. Das ist eine subtile Kritik an unserem sozialen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen System, die Matrix in diversen Dialogen immer wieder artikuliert. In V wie Vendetta ist die Kritik offensichtlicher, die Darstellung eines faschistoiden Staates mit unserer bekannten westlichen Prägung kommt beinahe mit dem Holzhammer, verfehlt seine Wirkung deshalb aber genauso wenig wie einmal mit dem Hammer neben den Nagel zu hauen. Diese Qualitätskomponente fehlt mir allerdings ein kleinwenig in Speed Racer, zu bekannt ist die Storystruktur, zu freundlich-bunt ist die Filmwelt und zu slapstickhaft kommt gerade in der zweiten Hälfte das Kind mit dem Schimpansen und gelegentlich auch John Goodman mit einer Humoreinlage daher. Zwar ließen sich die Manipulationsmachenschaften der Autoindustrie im Film als eine versteckte Kritik am kommerzialisierten Sport unserer Wirklichkeit interpretieren, aber zu dominant steht dem der Idealismus und das Streben des homo novus gegenüber. Deshalb verwehre ich dem Film auch meine höchste Anerkennung, auch wenn er deshalb immer noch ein sehenswertes Spektakel ist. Denn der klassische Ansatz der Handlung, eine Reihe kleinerer dramatischer Konflikte und der Humor funktionieren ja, sind eben nur nichts besonderes. Gerade über den Jungen und den Schimpansen habe ich mich in der zweiten Hälfte des Films bald weggeschmissen.
Audiovisuell ist der Film wirklich gut, Michael Giacchino liefert wie üblich einen hörenswerten Soundtrack ab und einzelne Songs von anderen Interpreten haben durchaus Ohrwurm-Qualitäten. Spaß macht der Film, sehenswert ist er, da er in Babelsberg gedreht wurde, kommen sogar einige deutsche Schauspielergesichter vor - obwohl ich lieber versuche, alle deutschen Filme, die ich jemals gesehen habe, aus meinem Gedächtnis zu verbannen - , eine Fortsetzung muss aber nicht unbedingt sein. Ich kämpfe aber noch ein wenig mit mir, ob ich mir nicht doch die DVD mal zulegen werde.