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Team America

Do, 23. Dez 2004, 18:34

Der Film wurde doch schon vor einiger Zeit mal im Chat erwähnt und jetzt kommt er auch hierzulande. Zumindest ButtSeriousaly kennt ihn doch bestimmt schon. Daher jetzt schon meine Frage: Ist das ein guter Film, sollte man ihn sich ansehen?
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ButtSeriously
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Do, 23. Dez 2004, 23:38

Das ist eine sehr allgemeine Frage. Ich werde mal versuchen, etwas spezieller zu antworten. ;)

Auf der Haben-Seite verbucht Team America seinen optischen Stil: die Marionetten und die mit unheimlich viel Liebe zum Detail aufgebauten Miniaturwelten sind schon eine Klasse für sich. Streckenweise ist der Film darüber hinaus durchaus witzig, wenn man den großkalibrigen Humor von South Park mag. Und an einigen wenigen Stellen ist er sogar richtig bissige, treffsichere Satire - etwa wenn Hans Blix Nordkoreas Herrscher Kim Jong Il damit droht, ihm einen bösen Brieg zu schreiben, wenn er nicht die Inspektion aller seiner Paläste erlaubt. :green:

Dann aber finde ich Team America wieder - und das trifft leider für den größten Teil des Films zu - regelrecht ärgerlich. South Park funktioniert für meine Begriffe über weite Strecken sehr gut, weil es einfach ein zynischer Rundumschlag gegen alles und jeden ist. Manchmal habe ich mich allerdings auch da schon gefragt, ob dieses oder jenes jetzt nötig war (etwa wenn reale Leute mit "Scherzen" unter aller Kanone traktiert werden, deren einziges "Vergehen" darin besteht, von Parker&Stone nicht gemocht zu werden, weil sie halt auf der Welt sind und atmen).
Genau diesen Punkt steigert (oder sollte ich sagen: pervertiert) Team America nun ins Extreme. Nachdem der Trailer noch mit Hauptfiguren wie George Bush, Osama Bin Laden und Michael Moore warb, ist von selbigen nur letzterer übrig geblieben. Auf gut Deutsch: viele Personen, die mal ein richtig satirisches Bombardement verdient hätten, kommen völlig ungeschoren davon. Stattdessen werden systematisch Hollywood-Stars beschossen, deren Verbrechen es war, sich ernsthaft um ihr Land zu sorgen. Nun, was für Bastarde. :roll:
Entsprechend schlecht ist die Balance: Amerikas Linke und Mitte werden zerfleischt, während die Rechte mit ein paar milden, harmlosen Anspielungen davonkommt. Wo sind etwa als Gegengewicht zu Moore rechte Hassprediger wie Bill O'Reilly? Haben Mister Parker und Mister Stone etwa kalte Füße bekommen? Entweder das oder sie glauben den Mist, den sie da verzapfen, wirklich, denn - besonders wenn man das Ende bedenkt - über weite Strecken wirkt Team America wie ein humoristischer Werbeclip für die Außenpolitik der Bush-Administration. Einfacher ausgedrückt: Parker&Stone feuern mit schwerem Kaliber, verfehlen aber ständig ihr Ziel. Ich würde es jetzt gerne in ihren eigenen, wenig gewählten Worten ausdrücken, aber das versteht man dann wohl nur, wenn man den Film gesehen hat... ;)

Ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß ich etwas sehr empfindlich auf diesen Film reagiere, aber die Botschaft von Parker&Stone lautet in etwa: Krieg ist geil um Bösewichtern den Arsch zu versohlen, Pazifisten sind gefährlich und Künstler sollen gefälligst die Fresse halten (warum sie es dann noch wagen, ihre eigene zu öffnen, bleibt mir schleierhaft ;)). Wie zwei verzogene Bengels laufen sie herum und zeigen jedem den Finger, dem noch ernsthaft etwas in der Welt wichtig ist. Ihre Meinung: ist eh alles schnuppe. Sorry, Leute, aber das sehe ich etwas anders...

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Fr, 24. Dez 2004, 10:08

Hm, eigentlich wollte ich mir den Film ansehen, aber anscheinend geht die Satire in eine andere Richtung als ich gedacht hatte. Schade eigentlich.
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Sa, 25. Dez 2004, 21:57

Dito. Hörte ich nicht etwas in der Richtung, dass es dieser Film in Amerika unglaublich schwer hatte, überhaupt in die Kinos zu kommen? Nach ButtS' Schilderungen sieht es eher so aus, als ob der Streifen sogar ins Vorschulprogramm aufgenommen würde. *gg* Schade, ich hatte den eigentlich schon fest eingeplant...
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Sa, 25. Dez 2004, 22:37

Naja, mal sehen. Wenn er wirklich in diese Richtung zielt hat man wenigstens mal wieder was über das man sich aufregen kann.
Vielleicht ist genau das ja das satirische daran.
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So, 26. Dez 2004, 13:46

Tja, echt blöd. Mit Satire dieser Art hat man es in Amerika sicher leichter. Für unsereiner wäre eine Abrechnung mit der US-Politik wohl interessanter. :twisted:
Noch besser wär's natürlich, wenn es gleich gegen alles gehen würde wie bei Southpark.
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So, 26. Dez 2004, 19:28

Ganon2000 hat geschrieben:
Tja, echt blöd. Mit Satire dieser Art hat man es in Amerika sicher leichter. Für unsereiner wäre eine Abrechnung mit der US-Politik wohl interessanter. :twisted:
Noch besser wär's natürlich, wenn es gleich gegen alles gehen würde wie bei Southpark.


Die einzige Rezension, die ich bisher, von der von ButtSeriously mal abgesehen, gelesen hab (von Roger Ebert), hat dem Film eigentlich genau das vorgeworfen: nämlich, dass der Film ziellos alle möglichen Leute durch den Kakao zieht, so dass das einzige Ziel der Macher zu sein scheint, möglichst viele zu treffen.
 
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So, 26. Dez 2004, 21:59

Ja, aber wenn das stimmt was Butt geschrieben hat (wovon ich mal ausgehe) trifft man bei diesem Rundumschlag dann gerade die die es verdient hätten nicht mit der nötigen Härte. Zu Blöd.
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Di, 28. Dez 2004, 23:52

Was heißt schon "stimmen" - das ist natürlich nur meine Meinung, eine Frage der Perspektive. Also laßt Euch von mir nicht abhalten, wenn ihr wild entschlossen seid, Euch den Film anzusehen. Aber ich möchte behaupten, daß sich meine Sicht der Dinge in diesem Fall gut begründen läßt. ;)

Auf der puren Faktenebene bleibt nämlich einfach festzustellen, daß auf der liberalen Seite des Spektrums massenhaft reale Personen dargestellt werden: Michael Moore, Sean Penn, Tim Robbins, Samuel Jackson, George Clooney, Susan Sarandon, Danny Glover, Helen Hunt, Matt Damon und natürlich die Nummer-Eins-Hassfigur des rechten Amerikas: Alec Baldwin. Dazu kommt ein realer Diktator mit Kim Jong Il, der befremdlicherweise grundsätzlich in die gleiche Ecke gestellt wird wie die o.g. Personen (!!!). Bei den Konservativen findet sich hingegen keine reale Person, sondern nur das komplett fiktive Team America. Warum wird dieses z.B. nicht einfach von George Bush in den Kampf geschickt? Da hatten Parker & Stone wohl die Hosen voll und wichen auf einen erfundenen Anführer aus.
Dabei fängt alles noch so gut an: gleich in der Anfangsszene zerlegt Team America beim Versuch, ein paar Terroristen zu fangen, den Eifelturm. In Ägypten treffen sie alles, vor allem die Pyramiden, aber nicht ihr Ziel. Doch spätestens nach einem Drittel des Films ist mit solchen Scherzen Schluß, und Team America wird als ein Haufen vertrottelter, aber doch sehr effektiver Weltenretter präsentiert. Hier wirkt das Ganze nun eher wie eine Parodie auf Hollywood-Actionkino mit schmalzigen Sprüchen und edlen, amerikanischen Helden, aber die politische Attacke wird nur noch auf die Liberalen geritten. Nicht umsonst gibt es einen Song, in dem es nur darum geht, wie schlecht doch "Pearl Harbor" war...
Was mir nicht zuletzt sauer aufstößt, ist der völlig absurde Anspruch von Parker & Stone: sie wollten beide Extreme auf die Schippe nehmen. Tja, ein paar Linke mit extremen Meinungen (Michael Moore, Alec Baldwin, Sean Penn) kommen dann auch vor. Ein extremer Diktator auch. Ein extremer Rechter fehlt. Stattdessen werden ganz normalen Leuten aus der Mitte, deren Kommentare zum Thema jedenfalls um einiges intelligenter waren als alles was Parker & Stone je gesagt haben, die Rüben weggesprengt. Wenn diese Menschen linke "Extremisten" sind, dann bin ich auch einer. Dabei habe ich schon FDP gewählt... ;)
Diese seltsame Ausrichtung hat Team America ja auch extrem geschadet: das liberale Stammpublikum hat den Film mit negativer Mundpropaganda überzogen, wodurch er nach einem soliden Startwochenende ins Nirgendwo stürzte. Und für die Bush-Klientel sind Dinge wie "Hardcore-Puppensex" halt nicht so ganz das Wahre... ;)

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Mi, 29. Dez 2004, 11:22

Es könnte natürlich sein, daß die wahrgenommene Einseitigkeit schon das äußerste ist, was man dem amerikanischen Publikum vom rechten Spektrum meint zumuten zu können. Vergessen wir nicht, daß amerikanische Filme primär von Amerikanern für Amerikaner gemacht werden, und der Weltmarkt gerne mitgenommen wird, aber letztlich nachrangig ist. Damit wäre der Film dann schon wiederum ein interessanter Spiegel der gegenwärtigen Diskussionskultur in den USA. Es ist ja hinreichend bekannt, daß die extreme rechte sehr empfindlich und nachtragend auf Kritik reagiert (wie letztlich alle Ideologen), und dazu durchaus den Einfluß hat, ihren Ärger praxisrelevant auszuleben.


Es ist auch so, daß die Themen "Patriotismus" und "Militär" in den USA mit einer Naivität gefeiert werden, wie sie bei uns seit den Nazis schlichtweg nicht mehr vorstellbar ist. "Wir haben die weltbesten Panzer, die weltbeste Luftwaffe, Killersatelliten, McDonald's, wir sind God's Own Country - YEAH! USA - Number One!"
Das soll nicht heißen, daß sie dumm wären, ungebildet, oder von Natur aus reaktionär. Es ist in meinen Augen einfach nur eine Emotionalität, die nicht reflektiert wird, also naiv ist. Wohlwollender könnte man es "unschuldig" nennen, aber ehrlich gesagt teile ich dieses Urteil nicht, weil sie es besser wissen könnten. Verdrängung wäscht nicht rein.
Zuletzt geändert von Ssnake am Mi, 29. Dez 2004, 11:28, insgesamt 1-mal geändert.
 
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Do, 30. Dez 2004, 06:32

Die breite Masse in Amerika denkt sicherlich so wie von Dir beschrieben, aber es gibt auch eine Intellektuelle Oberschicht die dies zum Teil sicher etwas differenzierter sieht.
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Gewiß - aber an die richtet sich so ein Film ja nicht. ;)
 
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So, 2. Jan 2005, 07:28

Damit ging es mir eigentlich jetzt auch nicht um den Film im speziellen sondern mehr um Deine Aussage.
Wenn man in den USA ein breites Publikum ansprechen will muß man wahrscheinlich einen ultrakonservativen Bibelschinken drehen. Oder einen Film wo alle Homosexuellen und alle Frauen die abtreiben auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden.
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So, 2. Jan 2005, 09:18

In Kalifornien und an der Ostküste würdest Du damit aber nicht punkten. Es ist ja vor allem "fly-over country", das mehrheitlich konservativ geprägt ist.

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