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Troja

Do, 10. Jun 2004, 10:03

Super.

Einer der besten Filme der letzten Jahre - das war Petersen in noch nie dagewesener Vollendung. Die Besetzung ist spitze - speziell Peter O'Toole als der alte König Priamos liefert einen tollen Part, aber auch Eric Bana, Brad Pitt, Orlando Bloom und Brian Cox liefern eine hervorragende schauspielerische Leistung ab. (Das Brad Pitt gut aussieht, dafür kann er ja nichts - aber er kann eben auch gut schauspielern).

Ich halte diesen Film für eine sehr gelungene Adaption klassischer griechischer Tragödien-Verstrickungen an die Erzählmechanismen des modernen Films.

Unnötig und störend leider wieder mal die 15-Minütige Pinkelpause mittendrin auf, selbst wenn die halbwegs mit einem Schnitt zusammenfiel. Wenn es etwas ist, das neben störenden Mitguckern und Tütenraschlern mir den Kinogang verleiden könnte, dann wäre es dieser dämliche Trend zum Zerhacken der Filme. Das ist wie ein hartnäckiger Telefonanrufer mitten im Sex.
 
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Do, 10. Jun 2004, 11:37

Anfangs dachte ich noch, du meinst das alles ironisch, allerdings habe ich jetzt das Gefühl, dass das tatsächlich dein Ernst war...

Troja war definitiv der schlechteste Film, den ich bisher in diesem Jahr gesehen habe. Unfassbare Lücken in der Story, unglaublich dämliche Dialoge, die mit Abstand schlechteste schauspielerische Leistung, die Brad Pitt bisher abgeliefert hat (ich hatte echt Mitleid mit ihm) usw usf.

Für sich genommen ein mäßig unterhaltsamer Popcorn-Film, bei dem allerdings viel Potential verschenkt wurde.

Nunja, wenigstens gab es in unserem Kino keine Pause ;)
 
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Do, 10. Jun 2004, 11:53

Da nehme ich mal eine Zwischenposition ein. ;)

Troja ist für mich ein ordentliches Epos, das schick anzusehen und in der ersten Hälfte auch sehr gut inszeniert ist, mit der Zeit aber ziemlich abbaut. So ist die Landung am Strand noch toll in Szene gesetzt, doch die späteren Schlachten sind zwar technisch tadellos, aber kinematografisch eher müde - keine Konkurrenz für Peter Jacksons brillante Gemetzel. Brad Pitt macht seine Sache ordentlich. Peter O'Toole hingegen bleibt, ebenso wie Orlando Bloom, blass wie wie eine Leiche - da weiß ich wirklich nicht, was das ganze Trara um seine tolle Leistung soll. Der Star des Films ist für mich ganz klar Eric Bana al Hector, der als einziger seiner Figur richtig Leben und Tiefe einzuhauchen versteht.
Die Modernisierung der Ilias geht für mich in Ordnung - die meisten Änderungen sind eher zum besseren vorgenommen worden. Die typisch griechische Tragik kommt akzeptabel herüber, hätte aber etwas mehr betont werden sollen und kann am Ende des Tages nicht über die relative Banalität der Grundhandlung hinwegtäuschen - sorry, Homer. ;)
Ein dicken Rüffel gibt es für die furchtbare Musikuntermalung: Den Studiomanager, der dafür verantwortlich ist, daß Gabriel Yareds großartiger Score gegen James Horners in letzter Minute hingerotzte Leichenfledderei eingetauscht wurde, sollte man an seinen Ohren am Hollywood-Schriftzug aufhängen. ;)

Petersen-Filme gibt's für mich klar bessere: The Perfect Storm, In the Line of Fire und - ganz besonders natürlich - Das Boot.

Grüße von
ButtSeriously
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Do, 10. Jun 2004, 12:00

Lief der Film erst jetzt in Deutschland an? Ich habe den bereits vor drei Wochen gesehen...

Egal, mein Fazit ist wohl am ehesten dem von ButtS ähnlich: Prinzipiell nicht schlecht, aber unglaublich viel verschenktes Potential, wenn man ihn mit HdR vergleicht (was sich ein solches Epos heutzutage nunmal gefallen lassen muß). Irgendwie schaffte es der Film nie, mich wirklich mitzureißen, und auch sonst gibt es immer wieder Dinge, wo ich der Ansicht bin, dass man das besser hätte machen können.

Kurz: ich war enttäuscht, da ich deutlich mehr erwartet hatte, aber auch nicht so sehr, dass ich bereut habe, dafür ins Kino gegangen zu sein (unabhängig davon, dass ich ein Freiticket hatte).
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Do, 10. Jun 2004, 12:03

ButtSeriously hat geschrieben:
Da nehme ich mal eine Zwischenposition ein. ;)

Nachdem Ssnake derart dick aufgetragen hatte ("Einer der besten Filme der letzten Jahre", "Petersen in noch nie dagewesener Vollendung" etc), habe ich natürlich absichtlich etwas übertrieben ;)

ButtSeriously hat geschrieben:
Ein dicken Rüffel gibt es für die furchtbare Musikuntermalung: Den Studiomanager, der dafür verantwortlich ist, daß Gabriel Yareds großartiger Score gegen James Horners in letzter Minute hingerotzte Leichenfledderei eingetauscht wurde, sollte man an seinen Ohren am Hollywood-Schriftzug aufhängen. ;)

Die Musik ist mir auch sehr negativ aufgefallen. Das war definitiv das übelste Gewäsch, das ich seit langem gehört habe (und das ist jetzt keine Übertreibung ;)). Dass da was getauscht wurde, wusste ich nicht. Kann ich aber auch nicht nachvollziehen, schlimmer als das was in den Film gekommen ist, kann es nun wahrlich nicht gewesen sein...

ButtSeriously hat geschrieben:
Petersen-Filme gibt's für mich klar bessere: The Perfect Storm, In the Line of Fire und - ganz besonders natürlich - Das Boot.

Auch hier Zustimmung. Mir fällt auf Anhieb auch kein anderer Petersen-Film ein, der mir nicht besser als Troja gefallen hätte...
 
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Do, 10. Jun 2004, 14:21

Also ich fand Troja auch gut aber nicht wirklich überragend. Gladiator hat mir zB um eine Klasse besser gefallen. Alleine schon die Kampfszenen kommen nicht an Ridley Scotts Epos heran - bis auf den Zweikampf Hektor vs. Achilles, der ganz gut rüberkam.

Von den schauspielerischen Leistungen würde ich auch Eric Bana am höchsten einstufen. Der Rest war solide, aber auch nicht schlecht (auch Brad Pitt nicht, wie ihm in vielen Kritiken oft angekreidet wird - er hat Achilles irgendwie schon ganz gut rübergebracht.)

Die Musik fand ich weder störend aber hängen blieb sie irgendwie auch nicht. Auch hier war Gladiator sicherlich um mindestens eine Klasse besser - eher zwei, weil die seinerzeit wirklich exzellent war - besser als bei HdR!

Gestört hat mich übrigens die Synchron-Stimme von Brad Pitt. Das ist doch eine andere gewesen als er normal hat, oder? Ich sah bildlich irgendwie wie immer Nicolas Cage vor mir.

Von den bisherigen Petersen-Filmen hat mir Troja bislang aber klar besser gefallen. Der Sturm fand ich irgendwie recht zäh, In The Line Of Fire detto und das Boot habe ich einmal vor zehn Jahren gesehen.
CU Early
 
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Do, 10. Jun 2004, 22:03

Zugegeben: Der Soundtrack hat mich zu sehr an Blackhawk Down erinnert und war nicht wirklich toll. Jedoch haben mich die Schauspieler durchweg überzeugt:
  • Peter O'Toole:
    Er hat einen Priamus verkörpert, der das Ende nahen fühlt, ohne zu wissen, ob und wie es vermeidbar wäre. Die Mischung aus fatalistischem Grundgefühl und der Notwendigkeit, dennoch sein Volk zu führen - das fand ich großartig in Anlage uns Ausführung. Er liebt sein Volk und seine Söhne bedingungslos, selbst wenn Paris in seiner unfaßbaren Dämlichkeit und seiner erbärmlichen Vorstellung im Kampf mit Menelaos diese Elternliebe gewiß auf eine harte Probe stellt.
  • Eric Bana:
    Er hat es geschafft, Héctor Persönlichkeit zu verleihen, wo die große Gefahr bestand, ihn zu einem grundguten aber langweiligen Typen zu machen. Die Figur des Héctor in seiner Fehlerlosigkeit zieht natürlich leicht Sympathien auf sich, aber das kann für einen Schaupieler leicht zum Danäergeschenk werden - speziell dann, wenn die Bösewichter charismatisch sind.
    Auch er verkörpert gut die Mischung aus der an Gewißheit grenzenden Ahnung, daß das alles böse enden wird mit der Pflichterfüllung, daß dennoch alles getan werden muß, um das Schicksal irgendwie abzuwenden. Daß es dennoch schief geht, liegt natürlich auch an der Natur der griechischen Tragödie als solcher.
  • Brad Pitt:
    Halbgott, schier unbesiegbarer Krieger - was kann so einen Burschen überhaupt zum Kampf motivieren? Muß er nicht arrogant und hochfahren werden?
    Genau das hat Brad Pitt wunderbar 'rübergebracht. Nie war Achilles ambivalenter - gewiß, er erregt Bewunderung, aber keine Liebe. Und dennoch blieb er menschlich, speziell in der zweiten Hälfte des Films, im Dialog mit Briseis.
  • Sean Bean:
    Wunderbar. Macht Lust auf eine Odyssee-Verfilmung mit ihm. Ein kleiner Part der nicht viel Auslauf bot, aber: Ein Kleinkönig aus Griechenland, der sich eine List ausdenken muß, damit der größenwahnsinnige Agamemmnon seine Drohung nicht wahrmachen kann, Troja zu erobern, und wenn es 40.000 Griechen koste. Denn an der Ernsthaftigkeit dieser Drohung kann es ja keinen Zweifel geben.
    Wenn man überhaupt Sympathie mit den Griechen insgesamt haben konnte - für mich wegen Odysseus.
  • Orlando Bloom:
    Melodramatisch, dämlich, überzogene wildromantische und durch nichts gedeckte, unrealistische Vorstellungen - genau die Sorte "junger Liebhaber, Emotion überlagert den Verstand". Natürlich geht so ein Kerl dem Publikum auf die Nerven, und genau deswegen fand ich seine Leistung auch so gut. Denn wiederum, wie bei den anderen Figuren auch: Er ist Mensch geblieben.
  • Brian Cox:
    Als rücksichtsloser Agamemmnon, der nun endlich den lange vergeblich hintertriebenen Krieg mit Troja anzetteln kann (und dem dankenswerterweise verschiedene nützliche Idioten zu Hilfe kommen - angefangen von Paris über Menelaos bis hin zu Achilles' Cousin), er war ein wunderbar widerliches Ekelpaket. Dafür gebührt ihm Respekt, denn er war nicht einfach nur hinterlistig, sondern eben auch ein Machtpolitiker mit beeindruckender Präsenz, der glaubhaft einschüchternd wirkte. Genau die Sorte König, die andere dazu bringt, für ihn zu sterben, obwohl er an Zuneigung mangelt.

Das Schlachtgemetzel wurde nicht übertrieben, die Hinleitung zur Schlacht wurde zügig und trotzdem ausführlich geliefert, und ansonsten wollte ich auch gar keine Schlacht vom Ausmaß "Herr der Ringe" sehen, weil die in mehrererlei Hinsicht in einer ganz anderen Liga spielt. Hier geht es um eine historische Schlacht zum Ende der Bronzezeit, dort um eine "über-epische" Schlacht zwischen Gut und Böse mit massiver Magier-Beteiligung. Das Troja der Ilias war gewiß auch Schachbrett der griechischen Götterwelt. Das Troja des Films wurde hingegen entschieden verweltlicht. Man mag das beklagen, doch war es in meinen Augen eine vertretbare Entscheidung - wer im Publikum hätte es denn tatsächlich zu schätzen gewußt und nicht als Handlungsballast empfunden? Wo hätte man diesen Film kürzen können, um die Parallelhandlung auf dem Olymp darstellen zu können?
Schließlich: So richtig hatte ich zuvor nie begriffen, warum die Trojaner so dämlich sein konnten, das olle Holzpferd in die Stadt zu rollen. Der Film hingegen war für mich ein Augenöffner - am Ende war es einfach überzeugend.

Dies sind die Gründe, warum ich von dem Film so begeistert bin. :)
 
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Mo, 14. Jun 2004, 14:27

Mir hat der Film zwar auch gefallen (Ich habe mich schon gewundert wann einer mal einen Thread startet), aber einige Dinge haben mich auch gestört.

Da die Handlung sehr an der klassichen Homer-Geschichte angelehnt war kam alles ein wenig unrealistisch herüber.

Die ganzen Figuren waren so extrem Ehrenkäsig, daß es schon fast nicht mehr glaubwürdig war. Und daß am Ende das Pferd einfach so in die Stadt gerollt wird und nicht wenigstens ein paar Wachen darum herum postiert werden obwohl man ja Bedenken äußert war einfach nur dämlich, zumal die Trojaner ja ansonsten immer sehr geschickt agiert haben.
Außerdem war die schöne Helena lange nicht so schön wie sie sein sollte....

Am meisten hat mich aber gestört daß es irgendwie in dem Film keinen richtigen Bösen gegeben hat. (Außer Agammemnon, aber der war ja eher eine Randfigur.) Das hat es auch schwierig gemacht eine Figur zu finden für die man richtig Sympathie empfinden konnte. Irgendwie konnte man auch fast alle Figuren gut verstehen. Dadurch hat für mich irgendwie die Spannung gelitten.
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Di, 15. Jun 2004, 09:13

Dirty Harry hat geschrieben:
Die ganzen Figuren waren so extrem Ehrenkäsig, daß es schon fast nicht mehr glaubwürdig war.

Ist aber erstens bei Homer so angelegt, und zweitens hätte es ohne diese Eigenschaft diesen ganzen Krieg so nicht gegeben. Letztlich eine unabdingbare Voraussetzung für diese deprimierenden klassischen griechischen Tragödien.
Außerdem war die schöne Helena lange nicht so schön wie sie sein sollte....

Ich denke, das war beabsichtigt: In dem ganzen Krieg geht's ja überhaupt nicht um Helena, auf keinen Fall wäre sie 10 Jahre belagerung und 40.000 tote Griechen wert!
Sie ist lediglich ein willkommener Anlaß für Agamemmnon, nun endlich den Krieg gegen Troja anfangen zu können, auf den er so lange vergeblich hingearbeitet hat.
Am meisten hat mich aber gestört daß es irgendwie in dem Film keinen richtigen Bösen gegeben hat. (Außer Agammemnon, aber der war ja eher eine Randfigur.)

Auch das ist prinzipbedingt in den griechischen Tragödien so angelegt. Nach heutigen Erzählmustern unbefriedigend, aber schön, daß Petersen hier die Form (aus Respekt?) nicht gebrochen hat.
Das hat es auch schwierig gemacht eine Figur zu finden für die man richtig Sympathie empfinden konnte. Irgendwie konnte man auch fast alle Figuren gut verstehen. Dadurch hat für mich irgendwie die Spannung gelitten.

Nur weil ich Achilles gut verstehen konnte, hat er doch keine Sympathien bei mir geweckt - das blieb mir auf griechischer Seite nur dem Odysseus vorbehalten. Schon in der Ilias wird vorwiegend Héctor als Sympathieträger aufgebaut, was nach meiner Meinung auch im Film ganz gut funktioniert.
 
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Mo, 21. Jun 2004, 08:02

Daß das alles ziemlich gut der klassischen Erzählung nachempfunden war habe ich schon auch so gesehen und kann das auch respektieren. Aber dadurch kommt leider trotzdem ein nicht allzu spannender Film heraus was das durchschnittliche Kinopublikum wohl nicht mit Begeisterung aufnehmen wird. Mir hat der Film ja auch relativ gut gefallen, nur manche Dinge waren mir einfach zu unrealistisch bzw. zu unlogisch. (Die Sache mit dem Pferd z.B., zumindest ein paar Wachen beim Pferd oder eine Erklärung warum die nicht anwesend waren hat mir gefehlt.)
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Fr, 23. Jul 2004, 13:47

Ssnake hat geschrieben:
Das Schlachtgemetzel wurde nicht übertrieben, die Hinleitung zur Schlacht wurde zügig und trotzdem ausführlich geliefert, und ansonsten wollte ich auch gar keine Schlacht vom Ausmaß "Herr der Ringe" sehen, weil die in mehrererlei Hinsicht in einer ganz anderen Liga spielt. Hier geht es um eine historische Schlacht zum Ende der Bronzezeit, dort um eine "über-epische" Schlacht zwischen Gut und Böse mit massiver Magier-Beteiligung


Zustimmung, aber Troja ist in einem vergleichbaren historischen Umfeld angesiedelt wie Gladiator. Mit der imposanten Eröffnungsschlacht von Gladiator können sich Petersons Massenprügeleien aber bei weitem nicht messen. Liegt vielleicht daran, dass den Griechen noch keine Artillerie zur Verfügung stand? Allerdings brachten auch die Schwertkämpfe in Gladiator ihren Schrecken deutlich besser rüber. Hans Zimmers stimmungsgeladene Musik tut ihr übriges ...

Gruss
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So, 25. Jul 2004, 12:29

Ich weiß nicht, ob man für Troja "den Schrecken des krieges" beschwören muß. Ist eh' eine ausgelutschte Sache (hat inhaltlich in der Form des sogenannten "Anti-Kriegsfilms" sowieso nicht geklappt, und wird von Filmkritikern eh' nur als Klischee verwendet).

Die Ilias ist ja primär mal ein klassisches Heldenepos; das Massengemetzel findet auch im Original nicht so die Beachtung, die man ihr nach heutigen Maßstäben beimessen würde, sondern liefert mehr so das "Bühnenbild" für Héctor und Achilles.
 
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Mo, 26. Jul 2004, 00:07

Es ging mir eigentlich weniger darum, Gladiator als den wirksameren Antikriegsfilm darzustellen. Sowohl Galdiator wie Troy erheben wohl kaum den Anspruch auf Antikriegsfilm. Ich find die Anfangsschlacht in Gladiator nur einfach viel imposanter und beeindruckender als jene in Troy. Atmosphärisch ist Troy nicht ganz so ausgereift wie Gladiator. Betrachtet man den Film aber rein als Heldenepos, wie Du sagst, ist er gut gelungen, da stimm ich zu. Nur technisch gesehen ist er bestimmt nicht die Krone der Sandalenfilmschöpfung.

Was den "Schrecken des Krieges" betrifft, bin nicht ganz Deiner Meinung. Jene Filme, die den Krieg in seiner ganzen Grausamkeit darstellen (Das Boot; Band of Brothers; Duell - Enemy at the Gates; Savior) gehören doch klar zu den besseren Filmen als jene, wo die Zigarren pfaffenden und grosse Sprüche kopfenden Helden einfach lautlos umfallen, wenn sie getroffen werden (e.g. Brücke von Remagen). Wenn ich mir einen Kriegsfilm anschaue, möchte ich eine Gefühlsregung in mir spüren, möchte mit den Soldaten mitfühlen, ansatzweise erahnen können was sie durchgemacht haben, so dass sie nicht einfach irgendwelche Zahlen in Geschichtsbüchern und Zeitungsartikeln bleiben. Und das klappt nun mal nur, wenn nicht der Zensurvorhang gezogen wird. Und Du willst "Band of Brothers" doch wohl nicht als ausgelutscht bezeichnen?

P.S. ich weiss, es klingt blöd oder vielleicht sogar krank, sich einen Kriegsfilm anzuschauen, um mit den Soldaten mitleiden zu können und sich anschliessend schlecht zu fühlen. Aber wo ist da der Unterschied zu Frauen, die sich z.B. Love Story anschauen? Ich weiss nicht woher dieses Bedürfnis kommt, aber es ist nun mal da. Und um es in einem Film befriedigen zu können, muss man den Film erleben können, mittendrin sein, und nicht nur einfach distanziert von aussen zuschauen. (kein Bezug zu Troy, der war zweifellos auch ein Erlebnis!)

Gruss und guten Start in die neue Woche!

- spit
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Mo, 26. Jul 2004, 11:26

Vielleicht liegt hier ein Mißverständnis vor.

Zunächst finde ich die Bezeichnung "Antikriegsfilm" heuchlerisch, weil es sich eben auch um Kriegsfilme handelt.

Zweitens finde ich Argumentationen nach der Art, daß erst reichlich Gedärm im Bild dem Zuschauer die Botschaft vermitteln, daß Krieg schrecklich ist, a) ausgelutscht (und durch ständige Wiederholung wird's nicht besser), und b) auch unzutreffend. Der klassische Zombie-Metzelfilm zeigt schließlich auch reichlich innere Organe und spricht damit wohl das an, was klassische Römer zum Gladiatorenkampf trieb - es ist eine barbarische, primitive Form der Erbauung, nicht aber der Abschreckung. Zumindest braucht der denkende Mensch sicher keinen Anblick von Innereien um zu erkennen, daß Krieg mit einer Menge Unannehmlichkeiten verbunden ist.

Das kann viel besser durch Psychoterror vermittelt werden: Gerade Stanley Kubrick ist hier zweimal zur Hochform aufgelaufen. In Full Metal Jacket ist die erste, von Gunnery Sergeant Hartman im wahrsten Sinne des Wortes dominierte, Hälfte die klar bessere und einprägsamere, obwohl doch gar keine Granate explodiert: Der Krieg wird in Form der Ausbildung suggestiv in die Köpfe des Publikums verlagert, und entfaltet dort seine Wirkung. Auf andere Weise ist "Wege zum Ruhm" wirkungsvoll, weil er das zynische Spiel der Generäle inszeniert. Frei von Mitgefühl und ohne die entfernteste Rücksichtnahme läßt man zum Sterben antreten. Die Kampfszenen sind, selbst unter Berücksichtigung der Beschränkungen der damaligen Tricktechnik, nicht übermäßig beeindruckend. Wiederum ist es der Blick in den seelischen Abgrund, der uns schaudern läßt.


Drittens: Ich unterscheide nicht zwischen Kriegs- und Antikriegsfilmen, sondern zwischen guten und schlechten Kriegsfilmen. Schlechte Kriegsfilme sind typischerweise so schwiemeliger John Wayne-Heldenkrampf, der ja gern auch die Grenze zum platten Propagandafilm querte - man denke nur an den Trashfilm "Die grünen Teufel vom Mekong". Gute Kriegsfilme können sich der Terrorisierung des Publikums verschreiben, oder auch zeigen, wie die Erfahrung des Gefechts zugleich die besten und schlimmsten Seiten des Menschen zum Vorschein bringt. Beispiele dafür sind die von Dir angesprochenen "Band of Brothers", auch "Black Hawk Down". In den letzten Jahren ist speziell im amerikanischen Kino auch der Versuch gelungen, Elemente des Dokumentarfilms in die filmische Erzählung zu übernehmen - wiederum wären "Blackhawk Down" zu nennen, auch "Wir waren Helden" (was für eine verzerrende Übersetzung des Originaltitels...)
 
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Mo, 26. Jul 2004, 12:04

Offenbar bzw. glücklicherweise stimmen wir doch in unserer Meinung überein. Mit Deiner Einteilung in gute und schlechte Kriegsfilme bin ich vollends einverstanden; Blackhawk Down ging mir gestern auch durch den Kopf, hatte ich einfach vergessen zu erwähnen. Ich bin keineswegs der Meinung, dass der Schrecken des Krieges nur durch austretende Gedärme vermittelt werden kann. Bei Band of Brothers und Blackhawk Down macht das ja nur ein kleiner Teil des Schreckens aus - und beim in Yugoslavien angesiedelten Savior wird gänzlich darauf verzichtet. Dennoch war ich nach keinem Film jemals derart entsetzt wie nach Savior, der eindrücklich demonstriert, welche erbarmungslose Bestien in jedem von uns stecken und bei entsprechend traumatischen Umständen aus irgendwelchen dunklen seelischen Abgründen ans Tageslicht kriechen können. Filme, die ein solches Erlebnis des Entsetzens bei mir bewirken, teile ich als gute Kriegsfilme ein. Die von Dir genannten Heldenkrämpfe (welch vortreffliche Bezeichnung) gehören in die andere Kategorie, um die ich einen weiten Bogen mache.

Gruss
- spit
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