Mi, 22. Jan 2003, 23:07
Naja, es hat schlimmere Star Trek-Filme gegeben. Ja, es war insgesamt ordentlich. "Gute Special FX" sind heute kein Argument mehr, in einen Film 'reinzugehen. Die Computerpower ist da, im Prinzip alles machen zu können, was man machen will, insoweit erwarte ich einfach, daß sich die SFX schnörkellos in die Handlung eingliedern, um selbige voranzubringen. Insoweit keine Bonuspunkte - es sah' aber alles so ansprechend aus, wie man das erwarten kann.
Schauspielerisch ordentlich bis gut, auch wenn der Psychoschwulst in der ersten Hälfte sicher keine Minute länger hätte dauern dürfen.
Ich habe aber ein überzeugendes Motiv für den Bösewicht vermißt, warum er überhaupt Missetaten verüben will, und diese wiederum ausgerechnet gegen die Föderation, wo es doch die Romulaner sind, die ihn und seine "Adoptiveltern" geknechtet haben.
Gegenbeispiel: Der oberste Yakuza-Chef in "Black Rain" will sich mit seinem Falschgeld an den USA rächen, weil die seine Stadt ebenso wie kurz zuvor Dresden geplättet haben, als er noch ein Kind war. Das ist ein anständiges Motiv, das kann man nachvollziehen, das lädt bis zu einem gewissen Maß sogar zum Mitfühlen mit dem Bösewicht ein. Das will ich haben, keinen sinistren Heini in knarzender Ledermontur der einfach nur unheimlich intelligent, unheimlich böse, unheimlich beleuchtet, und auch sonst unheimlich unheimlich ist.
Ebenso vermisse ich eine überzeugende Begründung, warum die Romulaner mitmachen (abgesehen davon, daß sie halt böse und unberechenbar sind).
Natürlich war es jetzt nicht so schlecht, wie es sich vielleicht anhört. Ich wurde unterhalten, mich haben die vier Euro am Billigdienstag nicht gereut (am Wochenende hätt' ich mich wohl geärgert). Nun bin ich zwar seit Jahrzehnten Science Fiction-Fan, jedoch kein ausgesprochener Star Trek oder Star Wars-Fan. Daher hat mich noch kein ST-Film je so richtig vom Hocker gehauen. Den vierten Teil mochte ich sehr, Generations war klasse, weil Shatner gleich zweimal gestorben ist, ansonsten hänge auch ich der Faustregel "Im Zweifel für einen Teil mit gerader Nummer" an, und "Nemesis" liegt schon über'm Durchschnitt.
SPOILERWARNUNG
Ich fand die Personen-Spiegelei ein wenig übertrieben:
Guter Picard - böser Picard-Klon.
Treuer 1. Offizier von dem man im Film (insbesondere wenn's zur Sache geht) nichts sieht - böser treuer 1. Offizier der Remaner, der völlig bei seinem Auftrag versagt, Picard in die "böse Enterprise" zu bringen.
Grundguter Data - dummböser 'Before'.
Naja, davon abgesehen... was ist mir noch so während des Films durch den Kopf gegangen:
Einen echten Grund für die Romulaner, sich mit den Remanern zu verbünden und dann die ganze Zeit stillzuhalten, während der Klontrottel nicht mal einen überzeugenden Plan präsentiert ("Geduld, Geduld, glauben Sie mir, mein genialer Geheimplan kann nicht schiefgehen!"), hat der Film auch nicht geliefert. Schon allein nach der Eliminierung des gesamten Senats hätte man sich doch die Frage stellen müssen, ob die Romulanische Öffentlichkeit ein Bündnis mit Ex-Sklaven toleriert, die noch dazu Regierung und Parlament eliminiert.
Und der Geheimdienst der Föderation hat "Teile" der Personalakte Shinzons, während man nicht mal weiß, daß das Parlament ausgelöscht wurde?
Remus dreht der Sonne also immer nur eine Seite zu. Aha. Dann müssen wir wohl davon ausgehen, daß auf der niemals beschienenen Seite -270°C herrschen. Die Atmosphäre gefriert also auf der sonnenfernen Seite, während auf der warmen Seite eine Umgebung irgendwo zwischen Mars und Merkur zu erwarten ist. Naja, man lebt unterirdisch - aber wie kam das Leben da überhaupt hin?
Den Hinweis auf Lore habe ich auch vermißt - daß man dran gedacht hat, ist ja schön, das Fehlen im Film macht den Film aber nicht besser.
Das Erschießen der Wache ohne vorherige Befragung war auch einfach nur dämlich, und das nachträgliche Rationalisieren mit Hilfe eines Zerfalls der Persönlichkeit/Hirnfraß bei Shinzon überzeugt mich nicht und macht's auch nicht besser. Ein anständiger Bösewicht hätte versprochen ihn nicht zu erschießen, wenn er nur auspackt, um ihn dann zu erschießen. Hätte auch nicht viel Zeit gekostet.
Eine Killerwaffe, die mit aufwendigster Mechanik sieben Minuten zum Scharfmachen braucht, ist ja auch nur noch dämlich, der typische Filmtrick, den wir in allen James Bond-Filmen gesehen und schon da doof gefunden haben.
Gut, daß die Selbstzerstörung mal nicht funktioniert hat.
Ich fand's total super, keine einzige Subraumstörung zu Gesicht zu bekommen!
Warum hat die Enterprise-Besatzung eigentlich keine UV-Lampen oder wenigstens Halogenscheinwerfer gegen die Remanischen Sturmtrupps eingesetzt - das wäre doch mal ein intelligentes Ausnutzen einer bekannten Schwäche dieser Bastarde gewesen, noch dazu umweltfreundlich. Aber nöö, dummes Phasergeballer.