Dieser Vorwurf ist alles andere als an den Haaren herbeigezogen und wird von vielen (Wissenschaftlern, Autoren und Lesern gleichermaßen) aufgeworfen. Die Fantasy-Literatur (zumindest die absolut überwiegende Mehrheit davon, Ausnahmen gibt es natürlich immer) fußt nun einmal in der expliziten Gegenüberstellung von "Gut" und "Böse", wobei beide sehr überzeichnet dargestellt werden. Es ist ein leichtes darin Rassismus zu interpretieren (und bei manch amerikanischen Fantasy-Autor auch vollkommen zu Recht). Ob das Sinn macht oder nicht, muss imho jeder für sich selbst entscheiden (ich persönlich finde es unsinnig), allerdings sollte man diesen Vorwurf nicht mit einem simplen "das ist absoluter Schwachsinn" abtun, das ist es nämlich nicht.
Zu diesem Thema noch zwei Zitate aus einem anderen Forum (ersteres aus einem Buch, letzteres als Beispiel wie der Herr der Ringe ohne die strikte Trennung von "Gut" und "Böse" aussehen würde"

4. 1. 2. 4. Rassismus und Chauvinismus
Aram Ziai geht in seiner Arbeit der Frage nach, ob Fantasy rassistisches bzw. chauvinistisches Gedankengut fördern (vergl. Ziai, 1995, S. 20). Er kommt zu dem Schluß, daß dies nur der Fall ist, wenn bei den Spielern/ Lesern Unterscheidungsprobleme zwischen Fiktion und Wirklichkeit vorliegen. In den beiden folgenden Abschnitten möchte ich Ziais Gedankengänge kurz darstellen.
Rassismus
Fast alle Fantasy-Welten basieren auf dem in Abschnitt 3. 2. 3. beschriebenen Schwarzweißdenken, zu dem auch die Einteilung in verschiedene Rassen gehört. Neben Menschen gibt es hier oft Zwerge, Elfen, Orks usw. Den jeweiligen Mitgliedern einer Rasse werden meist gewisse Eigenschaften zugeschrieben. Bei den Zwergen ist hier die Sturheit und eine gewisse Goldgier zu nennen. Orks dagegen werden meist als boshaft, hinterlistig und grausam dargestellt. In der Welt sind dies keine Vorurteile, sondern Tatsachen und somit Teil des (Spiel-) Weltbildes. Daß entsprechend diesen Tatsachen gehandelt wird, ist im normal. In manchen Systemen wird eine rassische Unterscheidung aufgrund sozialer und kultureller Eigenheiten auch für menschliche Figuren vorgenommen.
Ziai geht davon aus, daß sich eine Übernahme dieses Schubladen-denkens in die Realität sehr nah am Rassismus plaziert. Er bezeichnet sie als eine "unreflektierte und gefährliche "Weltbildadaption", die bei solchen Lesern in Frage kommt, "die Fantasy-Welt und Realität nicht klar trennen können" (Ziai, 1995, S. 20).
aus: M. Antrack, Flucht vor der Realität, Koblenz, 2002
Beratung in Bruchtal. Das Corpus Delikti, der Ring des großen Sauron, liegt auf einem Stein in der Mitte. Abgesandte und Botschafter verschiedener Völker sind um ihn versammelt.
Gimli, der Botschafter der Zwerge ergreift das Wort: "Haben die Orks nicht ein Recht, wütend auf uns zu sein, wenn sie von einer solch wichtigen Versammlung einfach ausgeschlossen werden?"
Boromir, ein Mensch: "Alle Orks sind grausame Mörder. Sie sind böse. Sie haben hier nichts zu suchen!"
Gandalf, ein Zauberer, wütend: "Wievielen Orks seid Ihr schon begegnet, um eine solche Behauptung äußern zu können? Die Orks sind genauso Wesen Mittelerdes, wie alle anderen auch!"
Boromir aufbrausend: "Orks haben meine Familie ermordet!"
Gandalf: "Es war Krieg! Habt Ihr nicht auch Orks getötet? Waren nicht auch Familienväter dabei? Seid Ihr dann nicht genauso ein Mörder, wie Ihr es von den Orks sagt?"
Boromir schweigt. Er hat den Kopf auf die Brust gesenkt, die Hände vor dem Bauch gefaltet und wirkt nachdenklich.
Elrond, ein Elb: "Auch ich bin der Meinung, dass man von einem Ork nicht auf alle anderen schließen kann. Wenn man einen bösen getroffen hat, müssen nicht alle anderen auch böse sein."
Frodo, ein Hobbit, nachdenklich: "Da ist was Wahres dran. Denk an die Sackheim-Beutlins", wandte er sich an seinen Freund Sam, der neben ihm saß "Sie sind raffgierig, geizig, überheblich. Stell Dir einmal vor, jemand lernt Lobelia kennen, und meint dann, alle Hobbits wären wie sie!" Sam nickt: "Stimmt, das wäre eine Katastrophe."
Gimli stimmt brummend zu.
Legolas, ein Elb: "Egal, was man nun über die Orks im Allgemeinen sagen kann, Ihr Anführer, Sauron, ist ein grausamer Diktator! Ein Kriegstreiber und Sklavenhalter, der mit jedem Atemzug die Genfer Konventionen bricht! Er gehört vor das Kriegsverbrechertribunal!"
Aragorn, ein Mensch: "Das stimmt wohl. Andererseits sitzen wir hier vor dem Ring, der rechtmäßig Sauron gehört. Er wurde von ihm eigenhändig geschmiedet. Und unsere Vorfahren haben ihm diesen Ring vor langer Zeit abgenommen. Vielleicht liegt es auch daran, dass sein Hass auf uns so groß ist. Wenn wir schon über ihn urteilen, dann sollten wir genauso ehrlich zu uns selbst sein: Wir sind Diebe!"
Alle nicken nachdenklich und schuldbewusst. Schließlich erhebt sich Elrond. Er räuspert sich: "Nun gut", fängt er an "Wir könnten ihm diesen Ring als Versöhnungsangebot überbringen. Vielleicht lässt er sich auf einen Waffenstillstand ein, wenn er zurückerhält, was ihm einst genommen wurde. Wir sollten Botschafter aus jedem Volk unserer Vereinigung zu ihm schicken. Von den Hobbits vier. Da sie so klein sind, könnte man sie sonst zu leicht übersehen. Von den Menschen zwei. Sie sterben einfach zu schnell. Von den Zwergen und Elben sollte je einer genügen. Sie werden den Ring bei sich tragen, einen Waffenstillstandsvertrag und Auflagen, die Sauron künftig einzuhalten hat, wenn er nicht vor das Kriegsverbrechertribunal gestellt werden will. Die neun, die zu ihm gehen, sollten keine Waffen bei sich tragen, sondern nur weiße Fahnen zum Zeichen, dass sie in Frieden kommen."
Alle sind einverstanden. Und so brechen die Ringgefährten denn auf, um sich mit ihren Brüdern, den Orks zu versöhnen.