PC Player forever

Haruki Murakami - Die Stadt und ihre ungewisse Mauer. In seinem neuesten Roman greift Murakami viele seiner altbekannten Motive auf. Es gibt wie so oft einen Protagonisten, der das perfekte Mädchen findet, mit ihr zusammenkommt und dann verschwindet sie plötzlich aus seinem Leben. Und auch hier existiert noch eine andere Welt, als die unsere, i.d.F. die schon aus einem seiner ersten Romane bekannten Stadt mit der Mauer. Teilweise hatte ich das Gefühl, das alles schonmal gelesen zu haben, bis hin zu einzelnen Dialogen. Aber das hat mich nicht im geringsten gestört, im Gegenteil, ich fand den Roman von Anfang bis Ende wundervoll, so dass ich die 630 Seiten in einer Woche verschlang. Murakami ist und bleibt einfach mein Lieblingsautor, 5/5.

Kurd-Laßwitz-Preis + Deutscher Science-Fiction-Preis 2016: Andreas Brandhorst - Das Schiff. Ich bin da sehr skeptisch ran gegangen, weil Brandhorst ein absoluter Vielschreiber ist (dazu hat er auch noch u.a. die Scheibenwelt- und die letzten Culture-Romane übersetzt) und seine Cover kaum generischer sein könnten (auf jedem zweiten Buch ist ein Raumschiff vor einem Planeten zu sehen, so auch hier). Auch die Beschreibung ("Vor einer Million Jahren verschwand das hochtechnisierte Volk der Muriah aus der Milchstraße. Seither suchen die Menschen nach den Artefakten der geheimnisvollen Zivilisation. Doch als ein uraltes Schiff gefunden wird, stoßen sie nicht nur auf die Muriah, sondern erwecken etwas, das die gesamte Galaxis bedrohen kann…") lässt vor allen Dingen eines erwarten: Stangenware.

Tja, so kann man sich irren. Klar, Brandhorst erfindet das Rad nicht neu, aber sein Zukunftsentwurf, in der die KIs die Macht auf der Erde übernommen haben, ist schon sehr nett, die Story ist deutlich origineller und gehaltvoller als erwartet, dazu kann er wirklich unterhaltsam schreiben. Und so habe ich mir die indirekte Fortsetzung auch gleich noch bestellt (aber ey, 20€ für ein 400-Seiten-Taschenbuch ), 4/5.

Tom Clancy - Red Storm Rising: Da habe ich mich die letzten Wochen durchgekämpft, wobei das ein bisschen hart klingt, zeitweise hat sich das schon spannend gelesen. Clancy exerziert hier einen konventionellen Krieg zwischen NATO und Warschauer Pakt in den 1980er Jahren, aus politischen Gründen werden weder Atombomben noch chemische Waffen eingesetzt. Schlachtfeld ist neben dem Atlantik hauptsächlich Deutschland. Das Buch folgt dabei einer Fülle von Personen auf beiden Seiten, Generälen, Politikern, Piloten, Marines, Kapitänen, usw., in der Regel alle kaum charakterisiert. So nimmt man an U-Boot-Schlachten teil, an Konvoifahrten über den Atlantik, Luftschlachten, einer Kampftruppe auf Island oder an Panzerschlachten irgendwo in der BRD. So schräg das alles klingen mag, teilweise liest sich das schon spannend, zumindest für damalige Verhältnisse scheint es auf einem hohen technischen und militärischen Niveau zu sein. Am Anfang dauert es etwas, bis es wirklich losgeht. Am Ende wiederum nimmt der Spannungsbogen stark ab, die Auflösung des Konfliktes kommt eher banal daher. Ich fand’s zwar OK zu lesen, aber das wird mir wohl eher nicht in Erinnerung bleiben.

Alan Moore – Watchmen: Ok, dieses Jahr scheint Comicjahr bei mir zu werden. Jedenfalls habe ich den nächsten größeren, amerikanischen Comicklassiker nachgeholt. Den Film finde ich ja super, wahrscheinlich ist Watchmen eine der besten Comicverfilmungen, die es gibt. Jedenfalls wollte ich mir den Comic unbedingt einmal zu Gemüte führen und die wieder düstere Story um eine Reihe von Superhelden macht auch richtig Spaß zu lesen. Superhelden sind in diesem Szenario verboten, aber es gibt sie natürlich und sie haben sich entweder angepasst, arbeiten mit der Regierung zusammen oder sind im Untergrund tätig. Also eigentlich sind’s keine Superhelden mehr, mit einem klassischen Superman-Helden-Szenario hat das eher nichts mehr zu tun. Bis dann der erste ehemalige Superheld ermordet wird und dadurch eine Kette von Ereignissen in Gang gesetzt wird, die zu einem wirklich interessanten Plot führen. Die Zeichnungen sind zwar mal wieder nicht so herausragend, aber diesmal fand ich sie völlig ok. Mir hat Watchmen jedenfalls riesig Spaß gemacht zu lesen. Sowas würde ich gern mehr sehen wollen.

Henrik Siebold - Inspektor Takeda und die Toten von Altona
Der Auftakt einer Krimireihe um einen Ermittler aus Tokio, der im Rahmen eines Austauschprogramms an die Mordkommission Hamburg kommt und dort mit der einzigen Frau im Kommissariat zusammenarbeitet. Statt eines "richtigen" Falls schickt man sie erst mal nur zu einem offensichtlichen Selbstmord, doch natürlich finden sich Ungereimtheiten, was zu einem recht komplexen Fall führt.
Ich bin kein großer Krimifan, aber das habe ich geschenkt bekommen (zusammen mit einem weiteren Band), weil da auch japanische Kultur eine Rolle spielt und ich mich ja ein bisschen dafür interessiere. Und es hat mir tatsächlich ganz gut gefallen. Die Geschichte hat einige interessante Elemente, obwohl das Buch schon ein paar Jahre älter ist, sind die gesellschaftlichen Themen, die darin aufgegriffen werden, noch immer relevant. Ordentlich geschrieben ist es auch, ohne öde Endlosdialoge. Besonders wichtig bei solchen Reihen sind natürlich die Hauptfiguren und auch wenn nicht alle Klischees vermieden werden, könnte ich mir vorstellen, mehr von ihnen zu lesen. Nach den großen Sci-Fi-Kloppern, die ich in den letzten Jahren nachgeholt habe, ist sowas anspruchsloses und entspanntes für Zwischendurch auch mal nett.

Bei der Goodreads-Wahl 2023 zum besten SF-Roman gekürt: T.J. Klune - In the Lives of Puppets. Ein junger Man lebt abgeschieden zusammen mit seinem "Vater", einem Androiden und Erfinder, in einem Wald. Eines Tages wird letzterer von der "Autorität" entführt, woraufhin sich Victor auf den Weg macht, ihn wieder zu befreien. Begleitet wird er von drei alten, intelligenten Robotern, die er selbst wieder instandgesetzt hat, darunter ein neurotischer Staubsauger und - mein Highlight des Buchs - eine soziopathische Krankenschwester.

Der Roman wurde lose von Pinocchio inspiriert, tatsächlich liest er sich wie ein SF-Märchen für Erwachsene. Die beiden erwähnten Begleiter fand ich richtig lustig, die würde ich gerne mal in einer Verfilmung sehen. Dazu eine schöne Geschichte mit viel Herz, erzählt in sehr einfacher Sprache. 4/5

Cloud hat geschrieben:

Andreas Brandhorst - Das Schiff ... Und so habe ich mir die indirekte Fortsetzung auch gleich noch bestellt

, bereits gelesen und für ebenso gut befunden. Man könnte Brandhorst etwas vorwerfen, dass er in seinen Büchern viele bekannte Ideen verwurstet, aber da er dies auf solch gekonnte Art macht, ist mir das eigentlich egal. Auch hier gibts eine 4/5 für Mars Discovery.

Bei der Goodreads-Wahl 2022 zum besten SF-Roman gekürt: Emily St. John Mandel - Sea of Tranquility. Zu drei verschiedenen Zeiten (1912, 2020, 2203) stoßen Personen auf eine mysteriöse Anomalie, außerdem scheinen sie alle dem gleichen Mann zu begegnen. Da denkt man doch gleich an Zeitreisen und genau darum geht es hier auch. Was auf den gerade mal 200 Seiten geschieht, erweist sich als erstaunlich komplex und einfallsreich. Als klar wurde, dass es sich hier nicht nur um klassische Zeitreise-Tropes handelt, konnte ich das Buch quasi nicht mehr aus der Hand legen und habe die letzten 120 Seiten mehr oder weniger am Stück gelesen. 5/5 und ein weiterer Roman von Mandel ist bereits gekauft.

Hugo 2023: T. Kingfisher - Nettle and Bone (bzw. der wenig subtile deutsche Titel: Wie man einen Prinzen tötet). Einer der eher seltenen Fälle, in denen nicht SF, sondern F den Hugo gewinnen konnte. Ein kleines Königreich in einer Welt mit Magie. Drei Prinzessinnen, die älteste wird an einen Prinzen verheiratet und kommt wenig später angeblich bei einem Unfall ums Leben. Die mittlere Prinzessin tritt ihre Stelle an und erzählt ihrer kleinen Schwester viele Jahre später, dass der Prinz sie dauerhaft übelst misshandelt. Letztere macht sich auf, einen Weg zu finden, den mit unüberwindbarer Magie beschützten Prinzen zu töten, wendet sich an eine Staubfrau (Hexe) und muss drei Aufgaben erfüllen. Im Prinzip also ein klassisches Märchen-Setting, in dem die Geschichte eine nicht ganz so klassische Wendung nimmt. Thematisch eigentlich nicht so mein Ding, aber ich habs wirklich gerne gelesen. Trotz der ernsten Thematik war es auch immer unterhaltsam, die Heldengruppe (inkl. eines von einem Dämonen besessenen Huhns) fand ich durch die Bank sympathisch. 4/5

Als nächstes mache ich mich an die vier Hauptbände von Alastair Reynolds Revelation-Space-Zyklus. Auf englisch 2500 Seiten, die zudem sehr anspruchsvoll sein sollen. Mal schauen, ob ich das noch in diesem Jahr gelesen bekomme. Ich bin ob der vielen Lobeshymnen jedenfalls sehr gespannt.

Ganon hat geschrieben:

Ray Bradbury: Fahrenheit 451
Mal wieder einen dystopischen Klassiker nachgeholt. Obwohl es ein dünnes Buch ist, kam ich anfangs etwas schwer rein. Aber als dann so richtig die Gesellschaft erklärt wird und wie es dazu kam, fand ich es sehr faszinierend. Vor allem mit dem Gedanken, dass Bradbury sich das alles vor 70 Jahren ausgedacht hat, vieles davon aber heute gar nicht so weit weg wirkt... Der Titel bezieht sich ja bekanntlich auf systematische Bücherverbrennungen. Aber seinen Ursprung nahm das nicht in einem oppressiven Regime, es war der technologische und gesellschaftliche Fortschritt, durch den alles immer schnelllebiger und oberflächlicher wurde. Kunst und Unterhaltung wurden inhaltslos und abstrakt, niemand nimmt sich mehr Zeit, über etwas nachzudenken oder Gespräche mit Substanz zu führen. Und erst dann hat die Regierung gemerkt, dass das ein nützlicher Zustand ist und angefangen, Abweichler zu jagen. Wirklich sehr beklemmend.

Ray Bradbury - Fahrenheit 451: Ok, es hat doch noch etwas gedauert, bis ich Fahrenheit 451 lesen konnte. Nun ja, ich bin eher enttäuscht, ich bin ebenfalls nicht so richtig reingekommen und habe es tatsächlich nur zu Ende gelesen, weil es so kurz war. Ja, das wird interessanter, wenn man die Welt etwas besser versteht. Leider fand ich es dadurch aber nicht spannender. Im Gegenteil, bis zum Schluss hatte ich sogar Schwierigkeiten, dem Geschehen zu folgen. So manches passiert abrupt und sprunghaft. Mir war das leider nix.

Stanislaw Lem: Der Unbesiegbare
Der Schwere Raumkreuzer "Der Unbesiegbare" landet auf dem unerforschten Planeten Regis III, um das vor Jahren verschollene Schwesterschiff "Kondor" zu suchen. Das findet die Crew auch recht schnell, allerdings keine Überlebenden. Und bald wird klar, was denen passiert ist und nun auch sie bedroht...
Mein einziger Lem bisher war Solaris, das zurecht als Klassiker gilt, aber auch einige Längen hat. Der Unbesiegbare kommt dagegen mit gut 220 Seiten schneller zum Punkt und verzichtet auf langwieriges Worldbuilding. Trotzdem stecken interessante Ideen und eine spannende Geschichte darin. Das Ende kommt etwas plötzlich, aber man kann sich selbst denken, was danach noch passiert.
Vorletztes Jahr habe ich The Invincible gespielt, das auf dem Roman basiert, aber eine eigene, damit verbundene Geschichte erzählt. Dadurch wusste ich eben schon in etwa, worum es geht, aber hatte eine für mich neue Handlung in diesem Szenario. Das Spiel hatte mir ja sehr gut gefallen (trotz ebenfalls unbefriedigendem Ende, allerdings gibt es mehrere), weshalb ich auch das Buch lesen wollte. Kann ich beides empfehlen, fügt sich schön zusammen.