Ganon hat geschrieben:Bright Memory - Episode 1
Normalerweise kaufe ich nicht im Early Access oder unfertige Episodenspiele, aber das Projekt schlägt bei Steam recht hohe Wellen und ich fand es interessant: Bright Memory ist ein Ego-Shooter von einem chinesischen Entwickler. Also wirklich nur EIN Entwickler, der zwar bei einer Spielefirma arbeitet, aber nachts noch privat an seinem Traumspiel arbeitet. Er nutzt die Unreal Engine 4 und offenbar die darin bereit enthaltenen Objekte und Grafiken (Assets). Dadurch wirkt alles etwas generisch und unzusammenhängend, aber es sieht schon ziemlich schick aus. Außerdem konnte er durch eine Finanzspritze von Epic offenbar professionelle Sprachausgabe einbauen - auf chinesisch, mit eher mäßig übersetzten englischen Untertitel, die zudem mitten in den Kämpfen schwer zu erfassen sind. Die EA-Version hat eine Stunde Spielzeit, das fertige Spiel soll noch dieses Jahr fertig werden und das Dreifache an Inhalt bieten.
Wie spielt es sich? Recht chaotisch. Gerade zu Anfang ist alles etwas verwirrend, auch was die Story angeht. Das ist so ein Spiel, wo man in einer Art Arena landet, in die mehrere Gegnerwellen teleportiert werden. Man selbst hat drei übliche Waffen, aber auch diverse Spezialfähigkeiten, an deren Handhabung man sich erst mal gewöhnen muss. Aber wenn man das hinkriegt, kann man ganz coole Aktionen abziehen, für die es auch eine Style-Wertung gibt. Natürlich schaltet man mit der Zeit auch neue Sachen frei. Am Ende der "Demo" ist noch einiges offen, aber es gibt auch ein New Game+. Ich werde das jetzt aber eher ruhen lassen, bis es fertig ist, und dann noch einmal von vorne spielen. Man merkt dem bisherigen Spiel seine Einschränkungen an, aber für ein Ein-Mann-Projekt, das im EA gerade 5,69 € kostet, kann es sich sehen lassen.
Der Early-Access-Release Anfang 2019 war ein großer Erfolg und das Spiel fand auch einen Publisher (Playism aus Japan). Der spendierte erstmal eine bessere Übersetzung sowie englische und japanische Sprachausgabe. Außerdem wurde Raytracing eingebaut. Die Version habe ich dann doch nochmal durchgespielt. Danach wurde daran nicht weiter gearbeitet, denn mit dem verdienten Geld wurden weitere Entwickler, Grafiker usw. angeheuert und die "Vollversion" komplett neu entwickelt. Die ehemalige Episode 1 heißt nur noch Bright Memory, das fertige Spiel, das letzte Woche erschien, Bright Memory: Infinite. Ich habe direkt damit angefangen und es nach 5 Stunden beendet. Wenn man nicht so lange an den Bosskämpfen hängt wie ich, kann man es wohl auch in mindestens einer Stunde weniger schaffen.
Infinite verwendet einige Elemente aus der Urfassung, die ich inzwischen eher als Prototyp bezeichnen würde, macht aber auch vieles anders. Man spielt die Agentin Shelia, die das Auftauchen eines Schwarzen Lochs über einer chinesischen Provinz untersucht. Ein gewisser General Lin schickt ebenfalls seine Soldaten aus, die man die meiste Zeit bekämpft. Das merkwürdige Phänomen lässt nicht nur das Wetter verrückt spielen - was schicke Raytracing-Effekte ermöglicht, etwas in Regenpfützen - sondern immer wieder auch antike Krieger und magische Wesen erscheinen. So richtig wird nie erklärt, was da vor sich geht, oder ich habe es nicht mitbekommen - das Storytelling ist immer noch schlecht, aber das ist auch nicht so wichtig. Die Action ist klasse. Man findet über die Zeit vier Schusswaffen, jede hat zwei Feuermodi. Dazu hat man ein Schwert, für das man verschiedene Spezialmanöver freischaltet. Manche Gegner besieht man besser im Nahkampf (dabei ost auch das Blocken mit dem Schwert sehr wichtig), manche mit Knarren. Dazu gibt es eine Art Energiehandschuh, der schädliche Shockwellen aussendet und eine "Grapple"-Funktion hat, mit der man auch Gegner heranziehen kann. Das spielt sich alles sehr flott und spaßig, kann aber auch hektisch werden. Ich fühlte mich öfter an Doom Eternal erinnert, nur deutlich weniger stressig. Eher überflüssig und schwach umgesetzt, waren eine Schleich- und eine Fahr-Sequenz. Abwechslung ist toll, aber bei einer so kurzen Kampagne sollte man sich auf die sehr gute Kernmechanik konzentrieren, statt halbgare Alternativen einzubauen.
Na sei's drum. Lineare Solo-Shooter mit Sci-Fi-/Fantasy-Szenario und moderner Grafik sind selten geworden, und Bright Memory: Infinite ist ein sehr ordentlicher Vertreter. Es sieht übrigens echt sehr gut aus, und außer Raytracing (das ich auf Mittel runtergeregelt habe) konnte ich alle Grafikoptionen auf Anschlag drehen und noch flüssig spielen.
8.0