Eigentlich unglaublich, dass ich mir Silent Hunter 3 gekauft habe - um "Hardcore-Simulationen" habe ich immer einen großen Bogen gemacht. Und als ich die ersten Reviews von SH3 überflog dachte ich gleich: "ein Flight Simulator unter Wasser". Und das einzige mal, dass ich MS FS anrührte (damals beim Player) stürzte mir meine Boing 7x7 innerhalb weniger Minuten ab. Aber nach einem Gespräch mit einem Bekannten, der sich SH3 zugelegt hatte und mir felsenfest versichterte, die Bedienung sei kinderleicht und wer will, könne das Spiel komplett mit der Maus bedienen, sprang ich über meinen Schatten - wer findet "Das Boot" denn nicht faszinierend?
Mir graute es vor dem Handbuch, es erwies sich aber als erfreulich kurz - zugegeben, dafür geht es auf viele Dinge nur sehr oberflächlich ein. Das Forum von www.subsim.com (english only) ist für mich eine gute Anlaufstelle, um mehr über die Feinheiten zu erfahren.
Nun, es stimmt - die Bedienung von SH3 ist im Großen und Ganzen vorbildlich und wirklich leicht zu erlernen. Einige Tastatur-Shortcuts habe ich mittlerweile gelernt - P für Periskop-tiefe, Plus und Minus auf dem Nummernpad für die Zeitbeschleunigung, Q um die Mündungsklappen zu öffnen, B fürs Fernglas, usw. Tatsächlich hat man mit der Maus bereits so gut wie alles im Griff.
Dafür, dass man fast ausschließlich durchs Periskop und auf die Karte guckt, sieht das Spiel einfach klasse aus. Das Meer allein ist einfach fantastisch, ich will meinen, so etwas hat man zuvor noch nie in einem Videospiel gesehen. Es allein ist ein Kauf bereits wert, bei einem Sturm auf der Brücke zu stehen und die Wellen zu betrachten, ist wunderschön. Auch die Schiffe sind ziemlich detailliert - Cargoschiffe transportieren teilweise LKWs, auf dem Deck eines Flugzeugträgers, naja, stehen halt Flugzeuge. Und die Explosionen sind zudem perfekt, was natürlich wichtig und besonders befriedigend ist.
Fünf Tutorials mit passenden Videos reichen schon aus, um die Kampagne zu starten. Na gut, mit den Tutorials allein habe ich einen Tag verbracht, insbesondere mit der finalen Mission, einen Konvoi aufzumischen. Das ist aber auch deutlich schwerer, als die ersten Einsätze der Kampagne. Ein Überwasserangriff mit der Bordkanone auf den Begleitzerstörer ist definitiv nicht zu empfehlen! Dennoch gelang mir genau dieses Kunststück im x-ten Versuch, ich ging von 25 Metern Tauch- auf Periskoptiefe und wurde vom Zerstörer um Haaresbreite fast überfahren (in vorherigen Versuchen mit Überwasserfahrten hat er mich auch einfach gerammt und somit mein U-Boot versenkt) und stieg dann weiter auf, da seine Bordkanonen alle (? oder fast alle) vorne sitzen und attackierte ihn von hinten. Es benötigte jedoch eine Unmenge an Schüssen, um den Zerstörer tatsächlich zu versenken - dabei reicht, wie ich jetzt weiß, ein gut platzierter Torpedo.
Und damit bin ich endlich bei dem Filetstück des Spiels. Zugegeben, einerseits könnte man sagen, SH3 mangelt es langfristig an Abwechslung - egal, was es sonst noch bietet, es ist zumeist ein langatmiges Manövrieren zur "perfekten" Schussposition. Aber andererseits ist es dennoch, auch beim 100. Abschuss, eine enorme Befriedigung.
Auf meiner letzten Feindfahrt gestern (meiner 19. in der Kampagne) traf ich wieder mal auf einen Konvoi mit einem Begleit-Zerstörer. Das Wetter war ruhig genug, um meine Bordkanone einzusetzen - aber dazu musste ich zuerst die Begleitung ausschalten, erst dann könnte ich auch unbemerkt mit hoher Fahrt zwischen den Pötten kreuzen. So ein Zerstörer ist ne heikle Sache - trifft man ihn nicht perfekt mit dem ersten Schuss (oder mehreren Torpedos, um sicher zu gehen), macht er einem nicht nur das Leben schwer, indem er das U-Boot mit Wasserbomben jagt, er fährt dann auch generell zu schnell und in einem Zickzack-Kurs, dass weitere Treffer extrem schwer werden. Dank einer kleinen Modifikation (siehe www.subsim.com) zu meinem Erkennungshandbuch, weiß ich, wo genau seine Munition gelagert ist - wenn ich die Stelle perfekt treffe, müsste er sofort sinken. Dafür muss ich aber sehr nahe an ihn ran, ohne entdeckt zu werden - eine kleine Anzeige hilft dabei abzuschätzen, welche Fahrt man noch machen darf, ohne dass der Zerstörer einen bemerkt. Bis auf 800 Meter kam ich an ihn ran, zuletzt mit vollkommen abgeschaltetem Motor und bereits geöffneter Mündungsklappe und setzte meinen einen "Make-or-Break"-Schuss. Die Befriedigung, wie schon gesagt, bei dem perfekten Schus der trotz realistischer Sinkzeiten (dazu gleich mehr) sofort den Zerstörer versenkt, ist wirklich groß. Nun ist der Konvoi ungeschützt und ich kann mit Torpedos und der Bordkanone angreifen - ungeschützt? Pustekuchen! Verdammt, jeder größere Cargofrachter hat ein Bordgeschütz und auch wenn sie sehr ungenau schießen (ich bin selbst aber auch auf voller Fahrt, um kein leichtes Ziel abzugeben) so werde ich doch in meiner kurzen Auftauchzeit mehrfach getroffen. Wie unfair - neutrale Einheiten (wohl US-Schiffe, und mit den USA befinden wir uns 1941 halt noch nicht im Krieg) greifen fröhlich an, ich selbst darf sie aber nicht versenken (das kostet Ansehen). Die größeren Frachter versenke ich dann also mit einem oder zwei Torpedos und ziehe mich dann nach getaner Arbeit zurück, vermelde die verbleibenden noch ans Hauptquartier, was ein Lob einbringt und in dieser dynamischen Kampagne durchaus dafür sorgen kann, dass eine andere Einheit dem Konvoi den Rest gibt, ich warte aber nicht ab, ob und wann dies passiert, sondern suche mir neue Ziele...
Einsteigerfreundlich ist das Spiel vor allem, weil der Schwierigkeitsgrad in zahlreicher Hinsicht verändert werden kann. Unendlich Treibstoff, unendlich Sauerstoff, usw, schnelle Torpedoladezeiten, usw. Realistische Sinkzeiten habe ich bereits erwähnt, sie machen das Spiel noch spannender. Ein gutplatzierter Treffer kann, muss aber nicht zwangsläufig bedeuten, dass ein Gegner auch sinkt. Man kann 20 Minuten durchs Periskop (oder aufgetaucht durchs Fernglas) zuschauen, wie ein Schiff bedrohlich flutet und das Deck schon auf halbacht und fast im Wasser liegt - und mit etwas Glück sinkt es dann auch. Aber die (unsichtbare) gegnerische Crew versucht auch alles, um den Schaden zu beheben. Brände auf Deck werden gelöscht, Lecks geflickt und nach vielleicht 24 Stunden ist das Schiff wie neu.
An eines habe ich mich bisher nur in Trainingsmissionen gewagt - die manuelle Torpedolösung. Sie vor allem macht das Spiel zu einer hochkomplexen Simulation, aber sie ist eben auch bockeschwer. Entfernung und Lagewinkel auszurechnen ist insbesondere bei rauer See, wo Wellen immer wieder den Blick zum Opfer rauben, extrem schwierig und das Fahrtempo des Gegners zu bestimmen ist bei eigener Fahrt auch nicht ganz leicht. Im bereits genannten Forum gibt es einige interessante Ansätze ("Fast90" zum Beispiel), die die Kalkulation deutlich erleichtern und in Trainingsmissionen war ich schon relativ erfolgreich mit manuellen Lösungen bei glatter See und konstantem Gegnertempo und -Fahrtrichtung. Aber in der Kampagne, bei der jede Mission mehrere Stunden beanspruchen kann und jeder Torpedo zählt, wäre es mir bisher noch zu frustrierend.
Zur Kampagne sei noch gesagt, dass man das Startjahr und die Flotille nach Belieben wählen kann. Ich habe mit der 1. Flotille 1939 begonnen (in Wilhelmshafen) und bekam erst mal ein Typ IIA U-Boot gestellt - lächerlich! Ganze 5 Torpedos an Bord, keine Bordkanone und zu Beginn nicht mal eine Flak, um Flugzeuge abzuschießen (nur in den ersten beiden Kreisjahren zu empfehlen, danach sollte man lieber tauchen, als sich auf diesen Zweimkampf einzulassen). Dank des Ansehens, das ich in den Tutorial-Missionen gewonnen hatte, reichten bereits fünf Feindfahrten (in denen ich aber grad mal zwei oder drei Pötte insgesamt versenken konnte), um genügend Ansehen zu sammeln, um mir ein Typ VIIB zu leisten. Ansehen ist also die Währung des Spiels, nur zu Beginn muss man aber wirklich darauf achten. Ich bin bei meiner VIIB (14 Torpedos insgesamt an Bord) seitdem geblieben, werde demnächst aber vielleicht um eine Versetzung zur 2. Flotille bitten, denn dort könnte ich auf eine IXB umsteigen. Mit Ansehen kann man auch "Upgrades" für das Schiff kaufen - stärkere Motoren, besseren Sonar, neue Torpedotypen, usw.
Die Entwickler haben also an ein paar Dinge gedacht, die dem Spiel etwas Abwechslung verleihen. Ich will es nicht total hochjubeln, denn wie schon gesagt, trotz allem ist es irgendwo arg limitiert - wobei das "Herzstück" anscheinend auch auf Dauer Spaß bringt...