Was denn? Alle schon gesätigt von diesem Meisterwerk?

Kann ich zwar gut verstehen, aber mir geht es nun nach ca. 5 Partien à 5 bis 9 Stunden keinesfalls so. Das Spiel ist so verdammt suchterzeugend, dass es schon nicht mehr feierlich ist und ich mich wirklich zwingen muss, es wegzulegen. Gleichwohl fühle ich mich, als würde ich immer noch ganz am Anfang stehen, im Urschleim stecken. Denn so wunderbar komplex und vielschichtig das Spiel auch ist, manche Funktionsweise will sich mir noch nicht erschließen. Die Partien verlaufen sehr unterschiedlich und es gibt - jedenfalls bis jetzt für mich - kein Patentrezept, dass sich auf jede Partie anwenden lässt. Dementsprechend gehen manche Partien bei mir gänzlich schief oder sie laufen besser als jemals zuvor.
Civilization IV stellt einem bisweilen sehr fiese Fallen, bisher half mir da nur die Methode Trial and Error. So startet die KI in den mittleren Schwierigkeitsgraden (an die hohen habe ich mich noch nicht getraut) ein teilweise gnadenloses Religionswettrennen in der Forschung. Wer da nicht dabei ist, verliert mittelfristig gute Einnahmequellen zur Haushaltsfinanzierung.
Eine andere Falle ist die Städteanzahl, je mehr Städte und je weiter von der Hauptstadt entfernt, umso teurer wird der Unterhalt. In die Unterhaltsfalle bin ich nun schon mehrfach heineingetappt, ohne einen vernünftigen Ausweg zu finden. Andererseits habe ich die Erfahrung gemacht, dass es sich auszahlen könnte, viele Städte (=mehr als 10) zu haben. Denn die Kriege, die unweigerlich im fortschreitenden Verlauf aufkommen, sind vor allem Massenkriege. Selbst unterlegende Gegner haben meist eine stärkere Rüstung, als meine Durchlauchtigkeit, sind dafür technologisch aber rückständiger. Allerdings ist man bei vielen Städten (und damit hohen Kosten) ebenso in einem starken Forschungsmalus, der sich nie wieder aufholen lässt. Da es später Massenkriege gibt, halte ich auch die Spezial-Beförderungen der Einheiten für wenig sinnvoll. Was nützt mir eine Infantrie, die gegen berittene Einheiten einen Bonus bekommt? Sollte diese Einheit überleben ist diese Beförderung im kommenden Krieg, in dem ein modernere Gegner antritt, unnütz.
Im Bezug auf die Städte gibt es Dinge, der Funktionweise sich mir nicht erschließt. In den mittleren Schwierigkeitsgraden bekomme ich es einfach nicht geregelt, Städte vernünftig produzieren zu lassen und sie auf 30 oder mehr zu treiben. 40er Städte im zweiten Schwierigkeitsgrad sind dagegen kein Problem. Das verstehe ich nicht ganz, obwohl ich nichts anders mache. Auch die Einstellungen der Speziallisten (und damit die Spezialisierung der Städte, auf die im Handbuch so viel Wert gelegt wird) ist mir unklar. Egal was ich herumstelle, ich mache es immer schlechter, als der Computer. Egal, ob ich auf Produktion oder Nahrung setze. Ich schaffe es nicht, eine Spezialisierung
selbst herbeizuführen, das geschieht automatisch durch den Computer. Auch die Steuerung der Spezialisten selbst ist sehr unglücklich gelöst und die Buttons reagieren nicht so, wie sie sollen.
Probleme bereitet mir auch die langwierige Anfangsphase, eben weil es kein geeignetes Rezept gibt. Obwohl ich das ja eigentlich gut finde, denn deshalb unterscheided sich jede Partie grundsätzlich von der nächsten, kann ich mit meinen Anfangsvorgehen auch mal richtig falsch liegen und damit die ganze Partie versauen. Das ärgert mich dann doch etwas.
Gleichzeitig sind diese unterschiedlichen Verläufe in meinen Augen aber die Stärke des Spiels und deswegen werde ich es bestimmt noch in Monaten wenn nicht gar Jahren spielen... Setze ich gleich von Anfang an auf einen Bautrupp in meiner Hauptstadt und forsche die entsprechenden Technologien? Oder sichere ich mich erstmal ab und gehe gar das Religionswettrennen ein, was wiederum heißt, die nächste Stadt erst einige Zeit später zu gründen, als in der ersten Variante? Oder schicke ich Späher aus, um Kontakt mit anderen Nationen zu suchen und ein wenig Technologiehandel, wofür es Schrift, Alphabet und idealerweise eine zeitaufwendige Technologie benötigt, zu betreiben?
Übrigens finde ich die kleinen Filmchen mit den Staatsoberhäuptern sehr witzig und gelungen. Grinsebacke Kleo und die anziehende Katharina zählen zu meinen Favoriten. Als ich das erste mal auf Katharina traff, musste ich ihr glattweg eine Technologie schenken.

Als sich mein Gehirn dann ein paar Runden später wieder resettet hatte, habe ich sie dann den Rest der Partie an der Leine gehalten und sie ist treudoof als meine Juniorpartnerin mit mir in den Krieg gezogen.
Insgesamt ist mir das Diplomatie-System noch nicht ganz durchsichtig, das von Alpha Centauri halte ich für komplexer. Immerhin spielt hier in CivIV die Ausrichtung der Religion und der Staatsformen eine gewichtige Rolle. Schön auch, dass manche historisch belegte Eigenheiten der Völker durchaus umgesetzt wurden. Der Japaner wird z.B. bis zum Ende einer Partie nicht freiwillig seine Grenzen öffnen, wenn man mit ihm nicht einen Kontinent zu zweit besetzt und auch die gleiche Staatsreligion hat. Selbst dann hat macht er die Grenzen um Laufe der Zeit zu.
Was mich zum genialsten Punkt am Spiel überhaupt führt: Culture Bombing. Ja sowas spitzenmässiges! Es bereitet mir enorme Freude, dem Gegner die Städte abzuluchsen oder die Grenzen zu "verlagern". Und das nimmt der Gegner noch nichtmal als Kriegsgrund. Andererseits ist die KI hier gelegentlich auch ziemlich doof. Warum gründen sie auch eine Stadt zwei Felder von meiner Kulturgrenze entfernt? Andererseits mache ich das selbst bewusst auch, wenn sich der Platz ins eigene Land hinein noch bietet. Höhö.
