Ihr und auch Andere können sich da noch so sehr echauffieren, es bleibt der Fakt, dass ich die DDR sehr wohl "erfahren" habe. Klar werde ich nicht alle Eindrücke sofort verarbeitet haben und natürlich hat mir in dem Moment wohl auch der kritische Blick gefehlt (wie wohl nach der Wende anfangs auch), aber es wird doch niemand bestreiten können, dass ich Eindrücke von beiden System gesammelt habe, oder? Und die Fähigkeit eines halbwegs intelligenten Menschen ist auch die Reflektion von Erinnerungen und Beurteilng dieser, auch auch aus der zeitlichen Distanz heraus. Dies ist eigentlich auch der einzige Weg, Vergleiche zu ziehen und Dinge im Nachhinein neu zu beurteilen. Wer jedenfalls glaubt, dass die Wende und alle Dinge in der DDR an jungen Leuten vorübergingen, weil sie in einem gut behüteten Heim aufwuchsen, der ist ziemlich naiv. Ich halte mich jedenfalls für intelligent genug, dies zu beurteilen und meine Erfahrungen und Erinnerungen auch Jahre danach noch einmal einer kritischen Betrachtung zu unterziehen, sorry.
Und natürlich kennt Early die DDR nicht so wie ich oder andere Ostdeutsche, was soll daran bitteschön falsch sein? Ich sage doch auch nicht, dass ich Österreich genauso kenne wie er. Wenn SoLo grundlos vorgeworfen wird, er würde sich die Mauer wieder herbeiwünschen oder er wäre Verfechter des Kommunismus, dann schweigt ein Jeder, wenn aber ich einen wahren Fakt beschreibe, dann regt sich plötzlich allerorten Widerstand. Und daran soll keinerlei Ideologie beteiligt sein? Kommt Leute, welche Aussage hatte denn nun mehr Wahrheitsgehalt, hm?
Hardbern: Ich war sogar schon Thälmannpionier!
Tequila: Klar hinkt der Vergleich, wenn auf der einen Seite als Konsequenz der Tod und auf der anderen Seite meistens nur der Verzicht steht, aber trotzdem handelt es sich um Einschränkungen, richtig? Ich rede ja hier nicht davon, was nun humaner war oder nicht, sondern dass es eben keine vollkommene Freiheit gibt. Und ob Du es glaubst oder nicht, die meisten Menschen in der DDR dachten, dass es so wäre und hatten eben nicht die Gründe für das zustandekommen der Freiheit im "kapitalistischen Ausland" bedacht. Sie wollten einfach nicht mehr durch den Staat reglementiert werden und haben dabei ausser acht gelassen, dass es immer etwas gibt, dass die Freiheit einschränkt, im jetzigen Falle eben das Geld.
Entsprechend erinnert mich die Argumentation vieler Menschen aus "Mitteldeutschland" 100%ig an die meiner verstorbenen Großmutter: die hat das 3. Reich als freie und großartige Zeit empfunden. Das war noch nichtmal eine Fehleinschätzung, sondern subjektiv voll zutreffend. Denn sie war weder Jüdin noch Kommunistin. Was *sie* vom Leben erwartete, konnte sie ohne jegliche Einschränkung verwirklichen. Was für ein tolles Land, was für eine tolle Führung. Die gute alte Zeit eben, gell?
Also Bitte! Weder habe ich die "alte Zeit" glorifiziert, noch die neue Zeit verdammt. Wenn man sich nicht direkt mit einem Thema auseinandersetzen möchte, wird immer die Mär vom "guten Onkel Adolf", welche sich die Alten noch heute täglich erzählen, hervorgekramt, um dem Gegner auch ja zu zeigen, dass er mit seiner Argumentation doch voll danebenliegt. Sowas find ich, gelinde gesagt, echt zum Kotzen...