Dirty Harry hat geschrieben:Schwierig wird die Sache wenn man zwischen realer und virtueller Welt wirklich nicht mehr unterscheiden kann. In diesem Fall wird es dann wirklich schwierig wenn bei manchen Menschen dann die Grenzen verschwimmen.
Das ist die (zumeist unausgesprochene) Angst, die der ganzen Verbotsdiskussion zugrundeliegt. Hier stimme ich der Position zu, die Gerard Jones in "Kinder brauchen Monster" dargelegt hat, daß nämlich
- Der Trennungsprozeß zwischen Phantasie und Realität ein ganz wichtiger in der Entwicklung der Kindespsyche ist
- Daß es deswegen dem kind erlaubt sein muß, Phantasiewelten zu entwickeln und zu erleben
- Daß mit dem Verbot (sei es durch gesetzliche Regelungen oder "Denkverbote" durch die Eltern) bestimmter Phantasien die Erkenntnis, daß unsere Vorstellungen keinen Einfluß auf die Umwelt haben, sondern nur unsere Taten, erschwert wird. Wer nur Blümchenwelten träumen darf kommt womöglich auf den Gedanken, daß gewalttätige Inhalte auf die reale Welt zurückwirken, und bekommt daher u.U. sogar Angst vor den eigenen Phantasien. Das kann nicht wünschenswert sein
Unter diesen Prämissen habe ich manchmal den Eindruck, daß Erwachsene (speziell reaktionäre Politiker) weniger zwischen Phantasiewelten und Realität unterscheiden können als Kinder. Das macht die Diskussion etwas schwierig.
Letztlich ist es eine biologische Frage. Die "Nintendo-Generation", die also erstmalig komplett mit Computerspielen aufgewachsen ist, ist ja jetzt gerade mal 30. Daher kann sich eine entspannte Sicht auf das Medium der Computerspiele wohl erst dann gesellschaftlich durchsetzen, wenn diese Generation die politische Leitungsebene besetzen wird. Damit ist erst in 20 Jahren zu rechnen. Daher sollten wir uns noch auf einen entsprechend langen Zeitraum einstellen, in dem unser Hobby diffamiert werden wird.
Es ist daher nicht überraschend, daß neue Medien jeweils erst ca. 40 Jahre nach ihrer massenhaften Verbreitung gesellschaftlich voll akzeptiert werden - Kino als Kunst erst seit ca. 1960/1970, Comics und Fernsehen erst seit Mitte der 80/90er - und Computerspiele also ca ab 2020/2030.
Ich schätze, dann werden wir mit abartigen, degenerierten Medien unserer Kinder und Enkel konfrontiert werden, die in uns den Wunsch erwachen lassen, sie davor zu beschützen.
Eine Diskussion um die Sinnhaftigkeit von Jugendschutzmaßnahmen wie dem deutschen Recht sollte doch den Vergleich mit anderen Ländern wagen. Wenn der Jugendschutz tatsächlich etwas bringt, dann sollte sein Effekt meßbar sein - z.B. was Jugendkriminalität anbelangt, oder die Gewaltneigung der unter 30jährigen. Also: Ist aus den Kriminalstatistiken herauszulesen, daß deutsche Jugendliche friedfertiger sind (und auch sexuell weniger degeneriert) als dänische, niederländische oder österreichische Jugendliche, denen ein so grandioser Jugendschutz wie hierzulande ja nicht geboten wird (oder doch bis vor kurzem nicht geboten wurde).
Nach allem was ich weiß, sind keine Unterschiede mit statistischer Signifikanz festzustellen. Ich schließe daraus, daß die gesamte Gesetzesregelung objektiv wirkungslos ist, und damit eigentlich gestrichen werden könnte, ohne nachteilige Folgen für die Gesellschaft zu befürchten.
Sollte ich falsch informiert sein, bitte ich um Aufklärung.
Mich interessiert dabei überhaupt nicht, ob irgendwelche Verhaltensforscher irgendetwas herausgefunden zu haben glauben. Die haben sich durch ihre absurden Versuchsaufbauten zur Genüge diskreditiert. Nein: Ich will wissen, ob es länderspezifisch signifikante Unterschiede gibt, die die Kriminologen festgestellt haben. Weiß da jemand irgendetwas?