Alex hat geschrieben:Und auch was die Story betrifft, so klaffen da meines Erachtens riesige Lücken. Diese tolle Unterwasserstadt - wieso wurde sie gebaut, wie wurde sie gebaut, was ist dann mit ihr passiert? Auch der berühmte Storytwist hat mich nicht so richtig überzeugt, gut, ich konnte es mir schon halbwegs ausmalen, dass... ach, ich will ja nichts sagen.
Auf jeden Fall hatte ich nach dem Ende kaum Ahnung von dieser Spielwelt, die ich ja ziemlich lange besucht habe. Woher kamen denn nun die Little Sisters und Big Daddies? Was für Probleme gab es denn nun in Rapture? Auch die Splicerentstehung wurde nicht wirklich erklärt, so schien es. Also fast alle Elemente des Spiels wirkten nur reingeworfen, ohne ihre dazugehörige Geschichte.
Hm, ich muss zugeben, dass mir auch einiges entgangen ist, was daran liegt, dass ich mich oftmals nach dem Pfeil gerichtet habe und die nächste Aufgabe erfüllt habe. Mir sind dadurch einige Tonbänder entgangen. Trotzdem wird aber doch vieles von dem, was du ansprichst, halbwegs erklärt Mehr oder weniger, das ist tatsächlich etwas Ansichtssache und man muss sich das alles ein wenig selbst zusammen fügen. Ich habe auch eine Weile gebraucht, bis ich gepeilt hatte, dass die Tonbandaufnahmen die Story erzählen und nicht nur schmückende Details sind. [spoiler]Gerade die Auseinandersetzung zwischen Ryan und Fontain um die Droge Adam und die Entstehung der Splicer wird nach und nach über die Tonbänder erklärt. Dazu kommt Tennenbaum, die Informationen über die Little Sisters und ihre Entstehung und Aufgaben bringt, einiges davon am Anfang und vieles nach dem Storytwist in dem Waisenhaus. Irgendwo später entweder kurz vor oder nach dem Storytwist gibt es auch ein Tonband von einem Doktor, der Big Daddies abrichtet (eventuell war das in der Big Daddy-Fabrik, weiß leider nicht mehr genau), das Tonband, welches am Ende mit Schreien endet, meine ich, falls du dich daran erinnerst.[/spoiler] Zur Stadt selbst kommt wiederum am Anfang einiges in den Bändern von Ryan, nebenher erzählt einem Atlas auch noch einige Dinge. Insgesamt finde ich aber schon, dass mir vieles erklärt wurde, die Sache mit den Little Sisters, Adam und den Big Daddies wird schließlich auch sehr logisch - wenn einem alle Infoschnipsel von den Tonbändern und von Tennenbaum bekannt sind.
Etwas geärgert hat mich aber auch, dass man durch Bioshock so durchgeführt wird. So sind mir bspw. das tanzende Splicerpaar entgangen und ich hatte kein zweites Treffen mit Cohen. Manchmal mag das sinnvoll gewesen sein, ich hätte mich sicherlich geärgert, wenn ich noch einmal einen langen Weg in einen Bereich hätte antreten müssen, den ich womöglich gerade erforscht habe. Andererseits verleitet der Pfeil aber eben dazu, dass man nicht in alle Ecken und Nebenräume schaut - was mir dann auch passiert ist.
Für Ego-Shooter-Verhältnisse sehe ich die Story von Bioshock als erstaunlich komplex an, der Storytwist ist nach meinem Verständnis ein ironischer Seitenhieb auf das ganze Genre, nur dass einem Bioshock am Ende auch keine spielerische Freiheit anbietet und den Konventionen des Genres verhaften bleibt. [spoiler]Eben die Sache mit Cohen, die du in deinem Spoiler ansprichst. Ich wollte das auch nicht tun, musste mich aber fügen, um im Spiel voran zu kommen. Umso heftiger dann der Storytwist, in dem mir offenbart wird, wie ich an der Nase herumgeführt wurde - eben die Linearität des Spiels.[/spoiler] Außerdem wimmelt Bioshock vor philosophischen Anspielungen, die zusätzliches Hintergrundmaterial für die Story liefern. Um Bioshock wurde ja eine ziemlich große Debatte um den Einbezug des Objektivismus einer Ayn Rand geführt. Für uns mag das etwas schwerer verständlich sein, da diese Theorie nicht in den Schullehrplänen steht und nur bedingt an Universitäten gelehrt wird. Aber gerade darüber wird auch geklärt, warum Ryan Rapture erbauen ließ. Hierzu empfehle ich dir einfach mal die Interpretationen von
d-frag und
Bioshock: Objektivisten unter Wasser (bitte in der Reihenfolge lesen). In beiden Fällen gehen die Autoren auch noch mal auf die Handlung ein und du findest da auch noch jede Menge weiterführender Links. Angeblich wird schon an einem zweiten Teil von Bioshock gearbeitet, welches vor den Ereignissen dieses Spiels liegen soll. Vielleicht erfahren wir da mehr zur Entstehung der Unterwasserstadt.
Letztendlich bin ich von der Handlung von Bioshock auch nicht vollständig angetan, aber ich halte sie doch für so außergewöhnlich, dass sie zusammen mit den anderen Elementen des Spiels, das Design und die Spielwelt, eine doch sehr runde Sache wird und ich es in jeden Fall noch einmal durchspielen werde. Sicherlich ist die Story dann wiederum für ein Rollenspiel nicht gerade sehr komplex. Der Rollenspielteil wirkt auch auf mich etwas aufgesetzt und es lassen sich gar nicht alle Plasmide in einem Spiel anwenden. Ich habe mich auch auf Elektroblitze spezialisiert und habe meistens die Gegner danach abgeknallt, nachdem sie gelähmt waren. Auch wenn es Splicer mit Resistenzen gegen Blitze, Eis oder Feuer gab, brauchte man am Ende mit den eigenen Plasmiden nur lange genug draufhalten, bis sie umgefallen sind. Ich spiele gerade The Witcher (fantastisches Rollenspiel!!) und sowohl was den Gegnerkampf als auch die Story anbelangt, ist dieses Spiel im Vergleich zum Rollenspielpart von Bioshock wesentlich durchdachter und in Sachen Story weitaus komplexer. Bioshock ist daher im Kern für mich ein Ego-Shooter, der nur im Rahmen des Genres einiges Außergewöhnliches bietet und wenn sich dieses Genre mal über mehr als nur Grafik und eine zweizeilige Hintergrundstory definieren will, dann ist der Ansatz von Bioshock in meinen Augen genau der Richtige.