Was ich auf der GC und in Zeitschriften von desem deutschen Adventure gesehen habe, hat mich ziemlich fasziniert und jetzt habe ich es auch gespielt. Hier nun kurz meine Meinung dazu.
Man muss sagen, wenn man ganz nüchtern die reinen spielerischen Qualitäten betrachtet, schneidet es nicht so gut ab. Das Rätseldesign ist schwach und die Steuerung braucht mehr Klicks als nötig scheint. Die Grafikqualität ist schwankend. Die Texturen sind beispielsweise einwandfrei, auch in Gesichtern, aber der Versuch, besondere Gesichtsausdrücke darzustellen, wirkt eher peinlich. Die Sprachausgabe ist, wie von Anaconda/dtp gewohnt, aber erste Klasse, vielleicht mal abgesehen von einem oder zwei Nebenfiguren mit weniger Text. Die wahren Stärken liegen bei Story und Atmosphäre. Overclocked sollte man weniger als klassisches Adventure sehen, sondern als interaktiven Psycho-Thriller. Als Psychiater muss man die Erinnerungen einiger junger Leute reaktivieren, die man dann nachspielt. In diesen Sequenzen befindet sich der Hauptteil der klassischen Kombinier-Rätsel, die aber durch die stark begrenzte Anzahl an Schauplätzen und Gegenständen pro Abschnitt sehr offensichtlich ausfallen. Was aber trotzdem motiviert, ist eben die Story. Man tastet sich von hinten nach vorne durch das Gedächtnis der Patienten, erlebt de Geschehnisse also rückwärts und aus wechselnden Blickwinkeln. Echt klasse, auch wenn die Auflösung die angestauten Erwartungen vielleicht nicht ganz erfüllen kann und am Ende immer noch Lücken bleiben.
Dass sich Overclocked wie ein interaktiver Film anfühlt, ist von den Entwicklern offensichtlich beabsichtigt, denn es werden cineastische Blickwinkel verwendet. Das hat allerdings den Nachteil, dass man nie den ganzen Ort auf einmal überblicken kann, sondern immer mal den Blickwinkel wechseln muss, um etwa einen zweiten Augang zu finden. In manchen Räumen gibt es auch tatsächlich nicht mehr, also gar keine Objekte oder sehr wenige. Immerhin muss man diese nicht suchen, es gibt die beliebte "alle Hotspots anzeigen"-Funktion.
Nun ja, ich denke, damit ist alles gesagt. Es gibt spielerische Mängel, aber als interaktiver Thriller funktioniert es sehr gut. Dafür gab's übrigens den Innovationspreis beim Deutschen Entwicklerpreis. Muss aber natürlich jeder für sich wissen, ob er das will. Jedenfalls ist es für 40 € zu haben, ist vielleicht auch ein Argument.