Do, 12. Aug 2004, 23:56
Tja, nach den ersten Stunden im Feiglings-Modus steht mein Urteil noch nicht fest. Ich störe mich nicht am Prinzip "Hau' alles wech was kommt". Ich hab' Doom 1 und 2 schon immer gemocht, auch wenn schon damals das Spielprinzip an sich nun wirklich nicht übermäßig originell war. Duke Nukem 3D hat schon damals gezeigt, daß man sehr witzige und abwechslungsreiche Shooter machen kann - aber das ist dann eben auch der Duke, und nicht Doom.
Was mich stört:
2 GHz Athlon, Radeon 9700 Pro, und das Teil stottert, wenn sich Türen öffnen. Sorry, ein klein wenig weniger Bombast in der Grafik und dafür wenigstens auf 800x600 eine gleichmäßige Framerate wäre mir lieber gewesen. Das Problem ist doch, daß immer wieder hinter Türen Monster lauern, die man ohne Ruckler ohne weiteres mit der Schotflinte weghauen könnte, was aber in der Anfangsphase nach der Türenöffnung nicht immer gelingen will.
Auch kündigen Ruckler gelegentlich das Auftreten eines Monsters an, und fungieren so auch als unerwünschtes Frühwarnsystem.
Die ständige Dunkelheit ist nervig, ein ziemlich durchschaubarer "Kunst"griff um Spannung zu erzeugen, und kein besonders eleganter: Alien vs Predator und Nachfolger haben vorgemacht, wie man TROTZ Nachtsichtgerät Spannung erzeugen kann. Bei AvP habe ich mich mehr gegruselt, so gesehen ist das leider ein Armutszeugnis für Doom - zumindest bis jetzt.
Die durchaus durchschaubaren Skriptfallen:
Ein schönes Goodie? Jaaa, klar was jetzt kommt. Gut, das war bei Doom 1 und 2 nicht anders - wie kommt's also, daß es mich hier stört? Tja, da lande ich wieder bei den Rucklern und der Tatsache, daß nach Doom kaum ein Shooter mehr so flüssing und schnell und unkompliziert ablief. Bei Doom 1 war klar: Tür auf, mähen, strafen, mal sehen was überbleibt, ggf. taktischer Rückzug und Waffenwechsel. Seitdem: Hu! Ein Schatten, da könnte was sein! Taschenlampe raus, leucht links, leucht rechts, leucht oben, leucht unten, geh' einen Schritt oder zwei und leg' von vorne los. Das man dann ohne den Ducttape-Mod buchstäblich im Dunkeln steht, wenn die Monster angelaufen kommen, ist schon oberdämlich - wenigstens bei der Pistole wäre der Gedanke naheliegend gewesen, daß man die linke Hand frei hat für die Taschenlampe, da hätte man denn auch die klare Alternative gehabt, wenigstens EINE Fernkampfwaffe, wenn auch eine schwache, mit Licht zu kombinieren, oder schweres Geschütz mit ohne Licht zu haben. PDAs und Terminals lenken doch nur davon ab, daß Monster zu schnetzeln sind: So nimmt man das Tempo künstlich 'raus (was ich letztlich fast allen Shootern zum Vorwurf mache - in DER Hinsicht bleibt Doom 1 ungeschlagen...)
Ja, die Grafik ist toll - aber ich bin noch nie so ein Retina-Fetischist gewesen. Grafik kann keine Langzeitmotivation erzeugen (zumindest bei mir nicht). Der Splatter & Gore-Faktor ist auch überraschend niedrig. Die Monster lösen sich ja immer gleich auf, zurück bleibt i.W. gar nichts. Die Abwesenheit einer Übersichtskarte ist auch nervig - zur Zeit hab' ich erst mal aufgehört, weil ich an so einer blöden Stelle immer im Kreis laufe und die Abzweigung nicht finde. Das hat Doom 1 besser gekonnt. Viel besser.
Mein Zwischenfazit ist erst mal, daß es recht solide ist, grafisch ordentlich (na gut: Ich oute mich als Banause!), aber es scheint mir durchaus nicht der Überoberhammer zu sein. Ich glaube, es ist der verkehrte Weg, ein halbes Jahrzehnt über der Grafik zu brüten und dabei die wesentlichen Spielprinzipien aus dem Auge zu verlieren. Shooter laufen in die Komplexitätsfalle - sie sollten wie Arcade-Ballereien in 3D sein, sind es aber nicht mehr. Andererseits wirkt die immer lebensnähere Darstellung verführerisch, Techniken des wahren Lebens auszuprobieren. Die Schiebetür klemmt? Wieso kann ich dann kein Stuhlbein, keinen Kuhfuß nehmen, mit denen mich die Doofzombies gerade angegriffen haben, um die Tür aufzuhebeln?
Das hat mich schon in Half-life genervt: Ein blöder Maschendrahtzaun blieb unüberwindlich, obwohl man Handgranaten und Stemmeisen dabei hat (nebenher: über echte Maschendrahtzäune kann man durchaus klettern). Will man aber für all diese nützlichen Kulturtechniken, die nahezu jeder Mensch so beherrscht, eine Funktion ins Spiel programmieren, dann ertränkt man den Spieler in Komplexität. Die ist zur Zeit noch beherrschbar, aber dafür scheitert man gelegentlich mit denkbar einfachen Strategien an denkbar einfachen Aufgaben, weil diese Lösung grad' nicht vorgesehen ist. Das finde ich doof.