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Mi, 14. Mai 2003, 09:31

thwidra hat geschrieben:
Kategorie Vorab-Test. Witzlos. Wenn es nach mir ginge, könnten die Zeitschriften aber wirklich die Verkaufsversionen testen. Mir ist das dann schnurz, dass es wegen Drucklegung usw. des Heftes ein bis zwei Monate dauert, nachdem das Spiel erschienen ist.
Falsche Voraussetzung: Die Hefte-Macher müssen die Auflage maximieren, und verstehen ihre Produkte ausdrücklich NICHT als Verbraucher-Informationsdruckwerke, sondern als Unterhaltungs-Zeitschriften (ganz ehrlich! Ich hab's aus den Schnelle-Brüdern verbal 'rausgeprügelt). Um zu unterhalten, braucht man aber keine harten Fakten, sondern muß nur vor der Konkurrenz etwas zum Thema absondern.
Um eine möglichst hohe wahrgenommene Übereinstimmung der Zeitschrift mit "dem" allgemeinen Leserdurchschnittsgeschmack hinzubekommen wird deswegen in aller Regel auch hoch bewertet, was sich vermutlich gut verkaufen wird. Mit anderen Worten, monatelang aufgebaute Hypes, bei denen die Leser auf den Antwortkarten schreiben, daß sie sich besonders für diese zukünftigen Spiele interessieren, werden durch Previews immer weiter in der Berichterstattung aufgebläht, so daß am Ende auch eine gute Bewertung stehen muß, um konsistent mit der eigenen Vorberichterstattung zu bleiben.

Gerade hier jedoch ist eine Unsitte enorm weit verbreitet: Copy & Paste aus Produktinformationen der Hersteller. Ich habe nicht glauben mögen, wie oft ich in den Berichten über Steel Beasts eigene Formulierungen wortwörtlich an anderer Stelle wiedergefunden habe. Was bedeutet, daß man als Marketing-Fachman exzellente Möglichkeiten hat, über die eigenen Texte Einfluß auf die Vorberichterstattung zu nehmen, wenn diese Texte dem Schreibstil der Zeitschriften angeglichen werden, so daß sie wie redaktioneller Inhalt erscheinen.

Wer's nicht glaubt, kann ja mal die Pressemitteilungen verschiedener Hersteller per eMail abonnieren und mit der Berichterstattung in den Zeitschriften abgleichen.
 
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thwidra
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Mi, 14. Mai 2003, 13:29

Das ist so witzlos, dass es auf beschämende Weise schon wieder lustig ist. 8O Mit Journalismus hat das nicht mehr viel zu tun.
 
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Ich sag ja: Laßt uns eine eigene Zeitung machen "Stiftung Spieletest!"
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thwidra hat geschrieben:
Das ist so witzlos, dass es auf beschämende Weise schon wieder lustig ist. 8O Mit Journalismus hat das nicht mehr viel zu tun.

Das hat rein gar nichts mit Journalismus zu tun. Deswegen habe ich ja auch alle Spielezeitschriften abbestellt und kaufe sie nicht mal mehr am Kiosk. Das war ja überhaupt der Grund, warum ich mich so intensiv mit den verschiedenen Redakteuren so gezofft habe (der eine oder andere wird sich noch daran erinnern).

Nun kann man natürlich einlassen, daß nur eine verschwindend geringe Minderheit unter den Redakteuren von Spielezeitschriften überhaupt eine journalistische Ausbildung haben. In der GameStar-Redaktion beispielsweise kann nur Gunnar Lott ein (abgebrochenes) Journalismus-Studium vorweisen. Der Rest sind begeisterte Spieler mit einem Hang zum Schreiben. Möglicherweise begünstigen die Arbeitsbedingungen in den Redaktionen auch nicht gerade eine sorgfältige Arbeit.
Jedoch: Wo es schon im Kleinen mangelt, kann auch im Großen nichts Überragendes gelingen.

Ich habe es immer gesagt und auch so gemeint: Mit einer schlechten Bewertung eines eigenen Produkts kann ich dann leben, wenn alle Konkurrenzprodukte ebenso fair und halbwegs objektiv bewertet werden. Ist das nicht der Fall, dann kritisiere ich rabiat die zugrundeliegende (bzw. fehlende) Methodik. Die verschiedenen Steel Beasts-Tests haben mir ja als Insider erstmalig einen Einblick in das System verschafft, d.h. mich mit dem Hintergrundwissen ausgestattet, daß es mir überhaupt erst ermöglicht hat, eine vorhandene Restnaivität abzustreifen. Das offene Eingeständnis der GameStar-Redaktion, daß es keinerlei verbindliche Regeln bei der Bewertung gibt außer dem vermuteten Leserinteresse - mithin also blanke Willkür herrscht, wo Prozente eine Objektivität vorgaukeln - hat ja am Ende nur den Schlußstein gesetzt.

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Sa, 17. Mai 2003, 10:51

Ssnake hat geschrieben:
thwidra hat geschrieben:
Nun kann man natürlich einlassen, daß nur eine verschwindend geringe Minderheit unter den Redakteuren von Spielezeitschriften überhaupt eine journalistische Ausbildung haben. In der GameStar-Redaktion beispielsweise kann nur Gunnar Lott ein (abgebrochenes) Journalismus-Studium vorweisen. Der Rest sind begeisterte Spieler mit einem Hang zum Schreiben. Möglicherweise begünstigen die Arbeitsbedingungen in den Redaktionen auch nicht gerade eine sorgfältige Arbeit.
Jedoch: Wo es schon im Kleinen mangelt, kann auch im Großen nichts Überragendes gelingen.


Da muss ich die schreibende Zunft allerdings etwas verteidigen. Schließlich hat sicher jeder zweite Journalist kein abgeschlossenes Studium vorzuweisen bzw. keines in Publizistik. Gerade im Journalismus zählt in erster Linie die Praxis und nicht das theoretische Gelaber auf den Unis. Fast jeder fertige Publizist hat mir noch davon abgeraten, dieses Studium zu ergreifen, da man dabei nicht wirklich etwas Neues lernt oder das es sonderlich wichtig für einen wäre. Mit ein paar Jahren Praxis hat man seine Zeit wesentlich sinnvoller verbracht.

Und überhaupt: Ich bezweifele, dass es bei der PCP früher vor fertigen Publizistik-Studenten nur so wimmelte.
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Sag' ich ja auch nicht - nur daß sie von allen schlechten Zeitschriften immer noch die beste war, weil sie dem Gedanken an Verbraucherinformation noch am stärksten verpflichtet war.

Im übrigen: Ich hab' nichts gegen Praktiker. Wenn 50% aller Journalisten das mal studiert haben, ist das ja OK. Wenn einer von fünfzehn als Höhepunkt ein abgebrochenes Journalismus-Studium vorweisen kann, ist mir das aber doch ein bißchen wenig.
Wir gehen ja wohl konform, daß zuviel unkritisches Werbeblabla Eingang in den redaktionellen Teil findet. Einer der Gründe - es gibt sicher mehrere - ist aus meiner Sicht, daß kritischer Abstand weder gelehrt noch gelebt wird. Man hält sich für kritisch, weil regelmäßig eine Alibiquote von Trash-Spielen mit unter 50% bewertet wird. Wenn dann ein Hersteller aufjault, weil er sich ungerecht behandelt fühlt, nimmt man das zum Beweis, daß man auch von den Herstellern als "kritisch" betrachtet wird.

Herstellerbeschwerden sind aber bestenfalls ein notwendiges, sicher jedoch kein hinreichendes Kriterium zum Beweis der eigenen Unabhängigkeit. Es soll auch mal vorkommen, daß sich ein Hersteller deswegen beschwert, weil die Testverfahren undurchsichtig und Testurteile nicht schlüssig sind. Für mich persönlich sind abweichende Meinungen voll OK, wenn sie denn nachvollziehbar begründet sind.


Unterhaltsam schreiben zu können, ist eine zentrale Fähigkeit eines Spieleredakteurs und ja, sie erlernt sich nur in der Praxis. Sie ist aber nicht das ausschließliche Kriterium, an dem man sich ausrichten muß - saubere methodik und Recherche gehören ebenfalls dazu. Recherche ist nicht, einfach nur zu googeln und die Newsletter der Hersteller zu abonnieren sowie aus Pressemappen zu zitieren und ein paar Level durchzudaddeln.

Auf den ersten Blick freue ich mich als Entwickler natürlich über wohlgesonnene Hofberichterstattung. Auf den zweiten beunruhigt mich aber die Willkür, weil ich ihr ebensogut zum Opfer fallen könnte. Aus dem Blickwinkel des Verbrauchers und interessierten Spielers wiederum kann ich der Beliebigkeit überhaupt nichts abgewinnen, weil sie mir keine Entscheidungshilfe bietet und ganz im Gegenteil mich Geld und kostbare Lebenszeit kostet, die ich viel lieber mit guten Spielen verbringen möchte (und nicht mit dem Lesen von nichtssagenden Previews).
Zusammengenommen kann ich daher nur zu dem Schluß kommen, daß eine kritische Distanz zwischen Herstellern und Redakteuren auf lange Sicht nur von Vorteil ist.
Du liest diesen Text nicht. Fnord.
 
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Sa, 17. Mai 2003, 19:17

Da muss ich die schreibende Zunft allerdings etwas verteidigen. Schließlich hat sicher jeder zweite Journalist kein abgeschlossenes Studium vorzuweisen bzw. keines in Publizistik.

Das ist ja wohl kein Verteidigungsargument! Nur weil etwas gemeinhin so ist, bedeutet das nicht, dass es gut ist und man es nicht kritisieren darf.
Gerade im Journalismus zählt in erster Linie die Praxis und nicht das theoretische Gelaber auf den Unis. Fast jeder fertige Publizist hat mir noch davon abgeraten, dieses Studium zu ergreifen, da man dabei nicht wirklich etwas Neues lernt oder das es sonderlich wichtig für einen wäre. Mit ein paar Jahren Praxis hat man seine Zeit wesentlich sinnvoller verbracht.

Und das seh ich ganz anders. Man kann eben nicht alles einfach so "mit ein paar Jahren Praxis" ausgleichen. Einen sauberen Ausdruck und sicheren Stil lernt man nicht in der Redaktion, wo von Anfang an Zeitdruck herrscht und alles schnell fertig werden muss - ganz zu schweigen von der von Ssnake angesprochenen journalistischen Grundeinstellung.

Ich bezweifele, dass es bei der PCP früher vor fertigen Publizistik-Studenten nur so wimmelte.
Eben! Was war die PC-Player zum Schluss denn noch? - Ein Schatten von dem was sie anfangs war. Vielleicht - aber wirklich nur vielleicht - war sie tatsächlich noch die beste unter all den noch übleren Wurschtblättern. Spätestens als ein Jochen Rist da Artikel zusammenstammeln durfte, fiel mir nichts mehr dazu ein. Genau diese "Praxisausbildung" merke ich vielen Zeitschriften heute an. Da sitzen ambitionierte Quereinsteiger in der Redaktion und schreiben flott-unterhaltsam ihr Zeug zusammen. Sie können sich einfach anstrengen wie sie wollen, ihre Laienhaftigkeit wird trotzdem aus jeder Zeile sprechen.

Ciao,

Doc SoLo
 
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Mi, 21. Mai 2003, 19:15

Doc SoLo hat geschrieben:
Da muss ich die schreibende Zunft allerdings etwas verteidigen. Schließlich hat sicher jeder zweite Journalist kein abgeschlossenes Studium vorzuweisen bzw. keines in Publizistik.

Das ist ja wohl kein Verteidigungsargument! Nur weil etwas gemeinhin so ist, bedeutet das nicht, dass es gut ist und man es nicht kritisieren darf.


Wie kommst du denn darauf, dass es nicht gut ist? In allen anderen Medien funktioniert es doch auch blendend.

Außerdem ist Fachwissen über die Dinge die er schreibt für einen Journalisten eigentlich wichtiger als irgendein ein toller und einzigartiger Stil. Denn selbst wenn sich jemand großartig ausdrücken kann, dann hat er in den meisten Zeitungen eh keine Möglichkeit dies auch auszuüben. Die oberste Priorität ist nämlich in erster Linie leichte Verständlichkeit. Und dafür braucht man keine fertigen Germanisten.


Doc SoLo hat geschrieben:
Gerade im Journalismus zählt in erster Linie die Praxis und nicht das theoretische Gelaber auf den Unis. Fast jeder fertige Publizist hat mir noch davon abgeraten, dieses Studium zu ergreifen, da man dabei nicht wirklich etwas Neues lernt oder das es sonderlich wichtig für einen wäre. Mit ein paar Jahren Praxis hat man seine Zeit wesentlich sinnvoller verbracht.

Und das seh ich ganz anders. Man kann eben nicht alles einfach so "mit ein paar Jahren Praxis" ausgleichen. Einen sauberen Ausdruck und sicheren Stil lernt man nicht in der Redaktion, wo von Anfang an Zeitdruck herrscht und alles schnell fertig werden muss - ganz zu schweigen von der von Ssnake angesprochenen journalistischen Grundeinstellung.


Einen sauberen Ausdruck und sicheren Stil lerne ich sicher eher in einer Redaktion. Oder zB wie man Interviews führt. Was für Fragen interessant sind, weiß man sowieso und wie man am besten mit denjenigen Leuten umgeht erlernt man eben am besten in der Praxis. Und nicht in einem Vorlesungs-Saal.

Wenn ein fertiger Publizistik-Student ohne Praxis-Erfahrung sich vorstellen kommt und die Zeugnisse auf den Tisch des Chefredakteurs wirft, wird dieser auch einmal fragen "na und?". In diesem Beruf zählt eben in erster Linie die Praxis.

Die journalistische Grundeinstellung hängt sehr von der Moral des Einzelnen ab. Ob jetzt jemand studiert hat oder nicht, ist da eigentlich ziemlich egal.

Doc SoLo hat geschrieben:
Ich bezweifele, dass es bei der PCP früher vor fertigen Publizistik-Studenten nur so wimmelte.
Eben! Was war die PC-Player zum Schluss denn noch? - Ein Schatten von dem was sie anfangs war. Vielleicht - aber wirklich nur vielleicht - war sie tatsächlich noch die beste unter all den noch übleren Wurschtblättern. Spätestens als ein Jochen Rist da Artikel zusammenstammeln durfte, fiel mir nichts mehr dazu ein. Genau diese "Praxisausbildung" merke ich vielen Zeitschriften heute an. Da sitzen ambitionierte Quereinsteiger in der Redaktion und schreiben flott-unterhaltsam ihr Zeug zusammen. Sie können sich einfach anstrengen wie sie wollen, ihre Laienhaftigkeit wird trotzdem aus jeder Zeile sprechen.


Bessere mich aus wenn ich mich irre, aber ich glaube nicht dass Lenhardt & Co. fertige Publizistik-Studenten waren. Die Quereinsteiger gab's nicht nur zum Schluss.

Aber schaue dich in anderen Redaktionen um: Fast durchwegs gibt's es diese Quereinsteiger. Und zwar mit Recht! Ein ehemaliger Fußball-Profi mit einer durchschnittlichen Schreibe ist zB im Normalfall für eine Zeitung um Ecken wichtiger als ein in gutem (und nicht absolut überragenden) Stil schreibender Magister.
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Mi, 4. Jun 2003, 09:33

"Bessere mich aus wenn ich mich irre, aber ich glaube nicht dass Lenhardt & Co. fertige Publizistik-Studenten waren. Die Quereinsteiger gab's nicht nur zum Schluss."

Als ich bei der PCP war, gab es außer mir so weit ich mich entsinne sonst niemanden mit einem abgeschlossenen Studium (bzw ich wurde ja auch erst 1998 fertig, also nach meiner Zeit als fester Redakteur). Obwohl, Roland hat mit großer Wahrscheinlichkeit Germanistik o.ä. vorzuweisen.
 
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...Und?
Wie bewertest Du den Nutzen des Studiums für die Arbeit als Redakteur?

Sind die Studieninhalte geeignet, die angesprochene Kritik an der bestehenden Arbeit aufzunehmen und -wenigstens im Prinzip- bessere Ergebnisse zu liefern?
Oder liegt es weniger im Willen und der Erkenntnis, sondern am redaktionellen Umfeld/Verlagsforderungen o.ä.?
Du liest diesen Text nicht. Fnord.
 
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Mi, 4. Jun 2003, 13:57

Ich habe selbst ja nicht Journalismus, sondern Medienwissenschaften studiert - was fürs Schreiben selbst nichts bringt.

Aber natürlich liegt es prinzipiell am Umfeld innerhalb des Verlags. Ein guter Textchef (wie damals Charlie) ist enorm wichtig, um seine Schreibe zu verbessern - leider war er ja nur einen Monat da, weshalb ich mich selbst nicht weiter entwickelt habe.

Oder anders gesehen: Meine Tests, so schien es mir als ich noch Fester war, überzeugten mehr durch Masse als durch Klasse. Volker und ich, die beiden Anfänger damals, testeten zusammen ja mehr als die Hälfte der Spieler von Beginn an (zB 19 von 37 Tests in der 11/97). Volker bewies, dass Masse und Klasse sich nicht ausschließen, aber so locker-leicht sie klangen, so viel Arbeit steckte dahinter und wie ich schon in meinem Jubiläumsspecial schrieb, verzichtete er dafür auf Mittagspausen und Quake-Abende.

Aber ich kam mit den bespielsweise 10 Tests in diesen vier Wochen kaum dazu, noch was vernünftiges aus den Tests zu machen - wenn schon zwei, drei weitere Titel auf dem Schreibtisch liegen, ist Panik angesagt. Insofern hate DocSolo Recht: "Man kann eben nicht alles einfach so "mit ein paar Jahren Praxis" ausgleichen. Einen sauberen Ausdruck und sicheren Stil lernt man nicht in der Redaktion, wo von Anfang an Zeitdruck herrscht und alles schnell fertig werden muss" Das kann ich nur unterschreiben.

Ob jedoch ein Studium wirklich hilfreich ist, steht auf einem anderen Blatt. Schreibbegabung muss man schon haben, vielleicht schon als Kind viele Aufsätze (gern) geschrieben haben. Und wenn man in der Reaktion mehr Zeit hat/hätte, wäre es auch wirklich hilfreich. Mir ging es zB bei Bleistift-Zechnungen so: ich bin alles andere als ein talentierter Künstler und unter Druck kann ich Dir nur Babyzeichnungen anfertigen. Aber mit genügend Zeit, Spucke und Radiergummi krieg ich vielleicht schon was ordentliches hin. Beim Schreiben ist es ähnlich, vergleiche dazu meinen History of the World Test. Es ist auch in der letztendlichen Fassung kein Meisterwerk, aber schon sehr viel verständlicher, als hätte ich unter Zeitdruck (Redaktionsschluss vor allem) gleich die erste Fassung einreichen müssen.

Auch Volkers Arbeiten sind wie schon gesagt ein Indiz dafür. Er ist unheimlich talentiert, aber um diese wirklich witzigen Formulierungen hinzubekommen, die Ihr so gerne in die Gruft packt, musste er teilweise lange tüfteln - und ein akribischer Arbeiter war/ist er auch. Bereits beim Testen schrieb er fleißig mit, während ich wirklich nur Stichpunkte machte (Anzahl der Rassen, Technologien, etc). Vieles davon lässt sich nicht in einem Studium erlernen - und wenn doch, dann gilt es auch für die Arbeit bei einem Magazin. Noch mal DocSolos Zitat, leicht gekürzt: ""Man kann eben nicht alles einfach so "mit ein paar Jahren Praxis" ausgleichen. Einen sauberen Ausdruck und sicheren Stil lernt man nicht in der Redaktion." Doch, ganz bestimmt. Routine kann je nach Aufgabengebiet enorm hilfreich sein. Für den saubern Ausdruck und sicheren Stil braucht man hingegen sicherlich Hilfe - die sollten dann Chefredakteur sowie Textchef liefern.

Wenn alles optimal läuft, kann man zu einem guten Redakteur heranwachsen. War in meinem Falle leider weniger so - als die Stelle im Dezember ausgeschrieben wurde, waren die Weggänge der halben Redaktion zur Gamestar noch nicht bekannt, die Radktion sollte vergrößert werden. Das wäre ein ideales Umfeld gewesen. Aber Volher und ich wurden einfach ins kalte Wasser geschmissen, weitere Einstellungen kamen nicht, weil ja stattdessen die Power Play aufgekauft wurde und die Verkaufszahlen bzw Anzeigen es auch nicht zuließen.

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