Okay, okay, nennen wir es nicht mehr Spieletest, sondern Spätreview. Leider kamen nach Weihnachten einige Dinge dazwischen und wenn man es dann erstmal verschleppt hat... Ich hoffe, ich kann den Schandfleck nun wenigstens notdürftig von meiner Weste bürsten.
Korrekturvorschläge - orthografisch und stilistisch - bitte posten!
Ciao,
Doc SoLo
PS: Bilder und Hardwareinfos werden nachgeliefert.
EDIT: Rechtschreibfehler korrigiert, Einleitung umformuliert, Hardwareinfos ergänzt. Das Posten der Bilder spar ich mir.
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Action-Rennspiel für Einsteiger und Fortgeschrittene
Faktenkasten:
1 Großstadt
20 Strecken
20 Fahrzeuge
5 Rennvarianten
hunderte Tuningoptionen
Need for Speed: Underground
ENTWICKLER: EA Canada
VERTRIEB: Electronic Arts
TESTVERSION: 1.2.51733
SPRACHE: Deutsch
MULTIPLAYER: nur per Internet
INTERNET: http://www.eagames.com/official/nfs/und ... e/home.jsp HARDWARE, MINIMUM: 700 MHz-CPU, 128 MB RAM, 32 MB-Grafikkarte, 1,4 GB HD
HARDWARE, OPTIMUM: 2 GHz-CPU, 512 MB RAM, 128 MB-Grafikkarte, 1,4 GB HD
EA's Rennspiellegende geht in eine neue Runde. Hielten sich die Neuerungen bei einigen Vorgängern in Grenzen, so werden in Teil 7 neue Wege beschritten. Da stellt sich die Frage, ob das typische Flair der Serie erhalten bleibt.
Bereits seit einem knappen Jahrzehnt erscheinen in unregelmäßigen Abständen die Titel der Need for Speed Reihe. Nur wenige andere PC-Spiele können auf eine so lange Geschichte zurückblicken. Trotz dieser Erfolgsstory gab es immer wieder auch recht kontroverse Entwicklungen: Mal legte man sich auf die Fahrzeuge einer einzigen Marke fest, mal rationalisierte man beliebte Spielmodi einfach weg.
In der aktuellen Inkarnation der Raser-Saga hat EA nun die Thematik illegaler Straßenrennen für sich entdeckt. Im Kino ist das bereits ein alter Hut, Filme wie "The Fast And The Furious" oder "Nur noch 60 Sekunden" sind längst Schnee von gestern. Auf dem PC hat das Szenario aber immer noch Neuheitswert und verspricht spannende Action.
Der Fuhrpark
Sündhaft teure Supersportwagen passen natürlich genauso zur urbanen Rennszene wie eine Stretchlimousine zu einem Landwirt. Deshalb heißt es Abschied nehmen vom traditionellen NFS-Fuhrpark. Unter den 20 wählbaren Vehikeln befinden sich größtenteils japanische Serienfahrzeuge wie Honda Civic, Subaru Impreza oder Mazda MX-5. Nur drei europäische Fabrikate haben sich in das Setup verirrt: Ford Focus, Peugeot 206 und VW Golf. Die wirken zwischen den in Amerika schlicht Import-Cars genannten anderen Karossen auch reichlich exotisch. Der hiesige Markt ist aber wohl zu wichtig, als dass man das beliebteste Bastelobjekt spätpubertärer Deutscher hätte weglassen können. Am Anfang stehen nur wenige, leistungsschwache Fahrzeuge zu Auswahl, erst wenn man sich im harten Rennalltag bewährt, darf man auf potentere Boliden umsteigen. Die Spitze markiert der Nissan Skyline GT-R. Doch bis dahin ist es ein weiter Weg...
Wer bremst, verliert
Nach einem kurzen Eignungstest startet man seine Karriere im Underground. Die hübsche Samantha erklärt kurz, wo's lang geht - was natürlich nur wenige Sätze erfordert. Im wesentlichen genügt es, über das Autoradio die Rennangebote der anderen Benzinjünger anzunehmen und die erworbenen Dollars in Tuning-Teile umzusetzen. Obwohl eine echte Hintergrundstory fehlt, ist der Karrieremodus ungemein motivierend. Auch der Umfang stimmt, selbst erfahrene Spieler sind viele Stunden lang beschäftigt, bis alle Upgrades erforscht und der Unterboden des gewählten Gefährts endlich auf dem Asphalt schleift.
Die Rennen lassen sich in vier verschiedene Typen unterteilen. Beim "Knock Out" scheidet nach jeder vollendeten Runde ein Fahrer aus; wer übrig bleibt, hat gewonnen. "Circuit" entspricht einem einfachen Rennen über mehrere Runden. Die Sprintrennen finden nicht auf Rundkursen statt, sondern führen linear von A nach B durch den Großstadtschungel. Interessant wird es bei den beiden neuen Modi "Drag" und "Drift". In den Dragrennen kommt eine andere Steuerung zum Einsatz, da Richtungswechel hier nur zum Ausweichen vor Hindernissen auf ansonsten schnurgeraden Strecken nötig sind. Entscheidend ist das manuelle Schalten im richtigen Moment, was durch einen eingeblendeten überdimensionalen Drehzahlmesser erleichtert wird. Beim "Drift" kommt es darauf an, sein Fahrzeug auf einem kleinen rutschigen Kurs möglichst lange quer zur Fahrtrichtung zu bewegen. Driftwinkel und -dauer entscheiden über die kassierten Punkte. Jeder Drift muss dabei sauber beendet werden. Bandenkontakt oder zu geringe Geschwindigkeit setzen den Punktezähler zurück. Das klingt zwar etwas technisch, ist aber sehr ausgeklügelt und macht einen Heidenspaß. Insbesondere mit den heckgetriebenen Wagen ist es eine wahre Freude, in Zeitlupe sekundenlang um die Kurve zu schlingern.
Ermöglicht wird dies durch die ausgefeilte Fahrphysik die im gesamten Spiel zum Einsatz kommt. Obwohl sie nicht unbedingt realistisch ausgefallen ist, simuliert sie die Bewegungen der Karosserie in allen Richtungen sehr dynamisch und glaubwürdig. Gerammte Bordsteine hebeln die Autos aus und lassen sie effektvoll auf den Asphalt zurückklatschen. Heftige Lenkmanöver führen zum Aufschaukeln und schließlich zum Ausbrechen des fahrbaren Untersatzes. Leider sind die Aktionen der Computergegner nicht derselben Physik unterworfen. Selbst mit halsbrecherischem Tempo können sie noch regelrecht Haken schlagen, was auf Strecken mit engen Kurven oder bei viel Gegenverkehr des öfteren für Frust sorgt. Deshalb ist das Verhältnis des Spielers zu den Computergegner eher binärer Natur: Entweder man ist weit vor oder eben hinter ihnen. Echte Rad-an-Rad-Duelle ergeben sich nur selten und sind von kurzer Dauer.
Eine weitere Frustfalle ist der Gegenverkehr. Allzuoft scheppert man in entgegenkommende Lieferwagen, ohne auf den unübersichtlichen Strecken eine Chance zum Reagieren gehabt zu haben. Vor allem zur Spielmitte scheinen die Verbesserungen beim Fahrverhalten nicht recht mit der Entwicklung bei Motorleistung und Höchstgeschwindigkeit mitgekommen zu sein. Die Rennen verkommen dann mit rasant schnellen, aber träge zu steuernden Boliden zur Glückssache. Erst die letzten Tuning-Stufen entschärfen dies wieder etwas.
Geld fürs Wagentuning ist übrigens nicht der einzige Lohn für erfolgreich absolvierte Rennen. Es gibt auch noch eine sogenannte Style-Wertung, in die das an den Tag gelegte Fahrkönnen eingeht. Punkte bringt aber weder das Anhalten am Zebrastreifen noch ein verantwortungsvoll defensiver Fahrstil. Spektakuläre Drifts in Kurven und weite Sprünge wirken sich da schon eher positiv aus. Auch für die schreckgeweiteten Augen der entgegenkommenden Sonntagsfahrer, an denen man besonders knapp vorbei gebrettert ist, gibt es Boni.
Die Strecken sind nicht jeweils für sich alleine gestaltet worden, sondern liegen alle in einer einzigen Großstadt. So kommt es, dass man auf einer vermeintlich neuen Strecke wieder an einer bereits bekannten Ecke vorbeikommt. Diese Aha-Erlebnisse tragen wesentlich zur Atmosphäre der Straßenrennen bei. Für genügend Abwechslung ist dennoch gesorgt, die einzelnen Stadtviertel sind aufwändig gestaltet und deutlich voneinander zu unterscheiden. Da wäre zum Beispiel der Hafenbereich, ein Chinatown oder die Innenstadt mit Bürohochhäusern. Auch ein Industriegebiet und die aus diversen Filmen bekannten betonierten Wasserkanäle fehlen nicht.
Fuchsschwanz und Duftbäumchen
Besonders umfangreich ausgefallen sind die Tuningmöglichkeiten. Waren sie früher nur unbedeutendes Beiwerk, so mutieren sie nun zu einem Teil des Spielinhalts. In mehreren Stufen lassen sich Fahrwerk, Bremsen, Motorleistung und Lachgas-Einspritzung verbessern. Dazu kommen noch Lackierungen in allen Farben des Regenbogens, verschiedene Felgen, Spoiler, Auspuffblenden und Unterbodenbeleuchtungen. Auch die bei Gebrauchtwagenhändlern als schnelle "Dellenbeseitigung" beliebten großflächigen Aufkleber fehlen nicht. Mangels eines Schadenmodells sind verbeulte Karosserien in NFSU aber so selten wie Zündkerzen in Dieselmotoren. Der ganze optische Firlefanz dient ausschließlich der Erbauung des Spielers. Was zunächst reichlich albern anmutet, kann jedoch bei entsprechender Neigung ein beängstigendes Suchtpotential entwickeln. Allzuschnell verliert man jegliches Zeitgefühl während man verzückt die stimmigste Farbkombination für den Lieblingsschlitten sucht. Da fehlt dem infantilen Führerscheinneuling nur noch eine Druckfunktion, um an der nächsten "Tanke" mit den Eigenkreationen prahlen zu können.
Wir brauchen Bass
In Sachen Präsentation hat EA auch diesmal wieder aus dem Vollen geschöpft. Die neue Grafikengine zaubert eine beeindruckende Kulisse vor die Frontscheibe. Besonders durch die Motion-Blur-Effekte wird der Geschwindigkeitseindruck hervorragend verstärkt. Bei den Drag-Rennen führt das fast bis zum Tunnelblick. Die Optionsmenüs und Tuningdialoge sind stilsicher gestaltet und wirken sehr edel.
Besonderes Lob verdient allerdings die Hintergrundmusik. Anstatt ein paar seelenlose Techno-Tracks zusammenklimpern zu lassen, wurden "echte" Titel lizensiert. So begrüßt einen direkt nach dem fetzigen Vorspann der Hip-Hop-Gassenhauer "Get low". Auf der Playlist finden sich Interpreten wie Junkie XL, The Crystal Method oder Nate Dogg, welche die Straßenhatz niederfrequent untermalen. Auch die Motoren- und Schaltgeräusche klingen satt und nerven nicht.
Das alles erzeugt genau diese benzingeladene Rennatmosphäre, die so typisch für die NFS-Reihe ist. Die schöne Sitte, auch nach Veröffentlichung noch neue Fahrzeuge kostenfrei nachzuliefern wurde allerdings aufgegeben. Ob das etwas damit zu tun hat, dass der Nachfolger schon in den Startlöchern steckt?
(sl)
Meinung DOC SOLO
Ja, ich gebe es zu: Ich bin ein Fan japanischer Sportwagen der 80er und frühen 90er Jahre. Mein Lieblingsgefährt ist denn auch der Nissan 240SX. Und es hat mir einen Heidenspaß gemacht, ihn Stück für Stück tiefer zu legen und mit allerlei TÜV-bedenklichen Gimmicks zu ver(un)zieren. Gestört haben dabei nur die gelegentlichen Crashorgien und die spastisch manövrierenden Computergegner. Mehr als kompensiert wurde das durch die tolle Fahrphysik und die schicke motivierende Präsentation. NFSU ist ganz bestimmt einer der besten Vertreter der Reihe.
Pro:
- schicke Grafik
- Tuning mit Suchtpotential
Contra:
- teilweise zu crashlastig
- cheatende Computergegner
Grafik: 90
Sound: 90
Einstieg: 80
Komplexität: 80
Steuerung: 80
Multiplayer: n.g.
Wertung: 85