Hier ist nun die weitgehend fertige Fassung des GC-Reports, inklusive thwidras Ergänzungen. Ich habe sie etwas anpassen müssen, vor allem damit sie in den Rest des Textes passen. Falls es Einwände gibt, bitte melden, thwidra. Ist ja nicht in Stein gemeißelt.
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Die Games Convention 2003
Alle Jahre wieder? Noch nicht ganz, aber mit steigenden Besucherzahlen ist die Games Convention, ihres Zeichens größte Verbraucher-Messe für Computerspiele in Europa, auf dem besten Weg, sich auf längere Zeit zu etablieren. PC Player forever war auch 2003 wieder in Leipzig vor Ort – um diesmal mit einem noch größeren Team die neuen Spiele zu begutachten.
Gebt mir ein X!
„Yo-yo-yo! Das war ja schon spitze! Aber jetzt noch mal! Welcher Stand ist das hier? Xbox! Na, da hab‘ ich doch gar nix gehört! Das könnt Ihr doch lauter! XBOX! XBOX! XBOX!“
Nein, liebe Leser, es ist nicht nötig, sich um die geistige Gesundheit des Autors dieser Zeilen zu sorgen und ihm die freundlichen Herren in weißen Kitteln vorbei zu schicken. Die oben genannten Sätze sind nur ein typisches Beispiel dafür, was einem Besucher der Games Convention beim Betreten von Halle 3 entgegenschallte. Halle 3, das sollte eigentlich der Hauptschauplatz für die Präsentation aktueller und kommender Spiele sein. Leider war es jedoch mindestens ebenso stark ein Pflaster für hüpfende Möchtegern-Promis und penetrante Aushilfs-Moderatoren, die durch beharrliches Gesabbel und ein Bombardement aus T-Shirts, Schlüsselanhängern und ähnlichem Ramsch versuchten, das anwesende Publikum in gefügige Konsum-Zombies zu verwandeln.
Wer den Konvertierungsbemühungen entkam, durfte ein durchaus beachtliches Spiele-Lineup inspizieren – in den meisten Fällen inklusive der Möglichkeit, die neuen Titel selbst auszuprobieren. Zwar konnte man sich so einen ersten Eindruck von Spielinhalt und Grafik machen, nicht aber vom Ton. Das verhinderte der ohrenbetäubende Lärmpegel, der sich zwischen den Bereichen „Presslufthammer“ und „startender Kampfjet“ bewegte.
Nicht nur die großen Global Player wie Microsoft, Electronic Arts, Sony, Nintendo, Eidos, Vivendi, Ubi Soft und Konsorten hatten es sich in vor Ort gemütlich gemacht, sondern auch viele kleinere Publisher wie CDV oder 1C hielten die frei gebliebenen Ecken besetzt. Auffällig war jedoch durch die Bank weg ein akuter Mangel an PC-Spielen. Während Sony und Nintendo sich auf Titel für ihre eigenen Konsolen konzentrierten, wurden fast sämtliche anderen Programme (also nicht nur die von Microsoft) in der Xbox-Version vorgestellt. Das galt selbst für die Nachfolger prominenter PC-Hits wie Deus Ex und Thief – genau genommen hätte man die Messe auch guten Gewissens „X-Convention“ taufen können. Ein um Objektivität oder gar Vollständigkeit bemühter Überblick des kommenden PC-Angebots macht unter diesen Vorzeichen wohl wenig Sinn – das vermögen zahlreiche E3-Berichte besser zu erfüllen. Daher folgt nun eine Sammlung ausdrücklich subjektiver Eindrücke zu verschiedenen Genre-Vertretern aller Plattformen. Und da subjektive Eindrücke bekanntlich schon per Definition höchst unterschiedlich ausfallen, gibt es zusätzlich weitere individuelle Beobachtungen und persönliche Messe-Highlights einzelner Team-Mitglieder.
Actionspiele
Backyard Wrestling: Don’t try this at home ist ein kleines, aber feines und vor allem herrlich spaßiges Prügelspiel, für das man keinerlei Grips benötigt. Diverse Wrestler können ausgewählt werden; danach wird geprügelt, geslamt und getreten, was das Zeug hält. Obwohl das Spiel nicht ernst zu nehmen ist – da sarkastisch und völlig überdreht – richtet es sich wegen Splattereffekten, leicht freizügigen Wrestlerinnen und herben Kampfanimationen nur an erwachsene Spieler. Bislang ist das Spiel ausschließlich für Xbox und PS2 geplant. Einer der wenigen auf PC präsentierten Ego-Shooter war
Breed von CDV. In dem taktisch angehauchten Actionspiel ist man nicht nur alleine und zu Fuß unterwegs, sondern arbeitet mit mehreren Teammitgliedern zusammen und darf allerlei fliegende und fahrende Untersätze umher kutschieren. Das Ganze ist offensichtlich vom Xbox-Hit Halo inspiriert. Diesen zu übertrumpfen haben sich die Programmierer dann auch prompt zum Ziel gesetzt. Seit der ersten, reichlich verkorksten Demoversion, die seit einiger Zeit im Internet kursiert, hat das Spiel mittlerweile deutliche Fortschritte gemacht: Die Steuerung geht besser von der Hand und die Grafik ist erheblich hübscher geworden. Ob es aber reicht, um Bungies kleines Shooter-Wunder zu entthronen, bleibt abzuwarten. Ausschließlich hoch in die Lüfte geht es mit
Crimson Skies – High Roads to Revenge aus dem Hause Microsoft. In diesem auf dem gleichnamigen Brettspiel der Battletech-Macher basierenden Programm tritt Luftpirat Nathan Zachary in diversen Flugzeugen gegen allerlei windige Übeltäter an – und ist auch selbst um die eine oder andere Schandtat nicht verlegen. Schließlich kämpft er auch, um möglichst viel Geld zu verdienen, denn wie im Klassiker Strike Commander darf der Profit in einem kleinen Wirtschaftsteil in neue Fluggeräte investiert werden. Crimson Skies sieht todschick aus und spielt sich hervorragend. Gegenüber dem Vorgänger von 2000 ist auch die Storypräsentation um einiges besser geworden. PC-Spieler bleiben aber diesmal am Boden: Nur auf der Xbox hebt eines der schönsten auf der GC vorgestellten Spiele im Herbst 2003 ab. Apropos schön: Mit
Far Cry entstammt neben Breed schon der zweite vielversprechende Shooter deutschen Landen. Die beeindruckende Optik, die selbst große Außenareale in bestechendem Detailreichtum darstellt, braucht sich vor Half-Life 2, Doom 3 und Halo 2 nicht zu verstecken und ist bestens dazu geeignet, Kinnladen in Richtung Boden sinken zu lassen. Ob das Spiel selbst auch so viele Finessen bieten wird, war anhand der vorgestellten Version nur schwer zu beurteilen. Vormerken sollte man sich die Leute von Crytek aber auf jeden Fall. In
Gladiator – Schwert der Rache wird der Spieler ins alte Rom versetzt, um sich dort als eben solch ein antiker Schwertkämpfer zu behaupten. Im Kampf um die Freiheit stellen sich ihm zahlreiche Schergen des despotischen Herrschers (und weit weniger historisch auch ein Haufen Fantasy-Monster) in den Weg. Mit dem Schwert gilt es dann, schnelle Schlag- und Hiebaktionen auszuführen, die im Laufe des Spiels auch erlernt werden wollen. Acclaim kündigt den Multi-Plattformtitel für Oktober diesen Jahres an. Lediglich das bereits von der E3 bekannte Video wurde von
Half-Life 2 gezeigt. Für alle, die es immer noch nicht gesehen haben: Der Nachfolger zum wohl beliebtesten Shooter aller Zeiten sieht erstklassig und vor allem sehr natürlich aus, verspricht Höchstleistungen bei Physiksystem und KI und erlaubt nun auch das Steuern von Fahrzeugen – Halo lässt grüßen. Wie der Vorgänger kommt Half-Life 2 ohne Zwischensequenzen im klassischen Sinn aus: Man sieht das gesamte Spiel durch die Augen von Protagonist Gordon Freeman. Hoffentlich wird diesmal etwas mehr Story auf diese Weise erzählt, denn dann erwartet PC-Spieler im September und Xbox-Besitzer im Verlauf des nächsten Jahres ein echter Knüller. In die Kategorie „Dinge, die man erst glaubt, wenn man sie selber sieht“ fällt die PC-Version von
Halo, die zum Anspielen einlud. Höhere Auflösung und verfeinerte Texturen zerstreuten schnell den bitterbösen Verdacht, Microsoft habe einfach Tastatur und Maus an eine Xbox gestöpselt. Außer den zaghaften Veränderungen bei Optik und Steuerung wurde gegenüber der Konsolenfassung lediglich der Multiplayer-Modus aufgebohrt. Einerseits ist das schade, denn gegenüber dem mit etwas Glück unmittelbar vor der Tür stehenden Half-Life 2 nagt langsam der Zahn der Zeit an Halo – die Xbox-Version marschiert mittlerweile schließlich stramm auf ihren zweiten Geburtstag zu. Andererseits ist das gut, denn in Punkto Abwechslungsreichtum und Spielbalance dürfte Halo somit immer noch zum Besten gehören, was das Genre zu bieten hat. Spätestens im Oktober soll es auch auf dem PC fiesen Aliens an den Kragen gehen. Man darf gespannt sein, ob es diesmal endlich klappt. Um der aktuellen Konkurrenz dann aber auch wirklich gewappnet zu sein, schickt Micosoft Anfang 2004
Halo 2 ins Rennen. Selbst ausprobieren war bei dem Edel-Shooter leider genauso wenig drin, wie bei Half-Life 2, aber etwas mehr als ein Video gab es schon: Der Chefdesigner spielte das Programm höchstpersönlich am Microsoft-Stand vor. Die Grafik ist wunderschön und die Schlachtfeld-Atmosphäre einfach traumhaft. Selten hat man ein so perfekt inszeniertes Spiel gesehen. Statt reiner Ego-Perspektive wie bei Half-Life 2 setzt Bungie immer wieder auf kinoreife Zwischensequenzen, die das Geschehen rasant in Szene setzen. Wenn der Master Chief dann per Buggie durch nächtliche Straßenschluchten prescht, macht sogar das Zusehen Laune. PC-Besitzer gucken aber leider vorerst in die Röhre: Ob es neben der Xbox-Fassung noch eine Konvertierung geben wird, weiß bislang nicht einmal Bungie selbst. Falls die Entscheidung positiv ausfällt, sollte man angesichts des bisherigen Umsetzungstempos nicht vor 2006 mit der PC-Version rechnen. Dafür ist der Krieg um Mittelerde definitiv nicht mehr konsolenexklusiv:
Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs wird im November für so ziemlich jedes nur erdenkliche System erscheinen. Electronic Arts‘ zweite Umsetzung von Peter Jacksons gigantischer Filmtrilogie setzt auf das bewährte Konzept des Vorgängers: Man metzelt sich in der Kulisse gewaltiger Schlachten durch endlose Reihen von Orks und anderem Gesindel. Mehr verschiedene Spielfiguren, die sich noch dazu stärker voneinander unterscheiden, sollen aber den Abwechslungsreichtum deutlich erhöhen. Dass die Technik überarbeitet wurde, versteht sich dabei fast von selbst. Auf jeden Fall wird der Look des Vorbilds erneut gut eingefangen. Da nur die PS2-Version vor Ort angetestet werden durfte, lässt sich noch nicht sagen, wie gut die Steuerung auf dem PC wird. Die Gamepad-Bedienung der Konsolen funktioniert tadellos wie eh und je; auf die Lösung für die Maus- und Tastaturgemeinde darf man gespannt sein. Ob man mit der Reduzierung von Tolkiens Fantasy-Saga auf eine große Metzgershow glücklich wird, muss wohl jeder Fan für sich selbst entscheiden. Mit
Medal of Honor: Rising Sun geht EAs im zweiten Weltkrieg angesiedelte Shooter-Reihe in die nächste Runde. Der Spieler erlebt in der bereits aus Allied Assault bekannten Manier den Angriff auf Pearl Harbor. Danach geht es weiter durch den Pazifik: Ein Besuch auf der Salomonen-Insel Guadalcanal steht ebenso auf dem Programm, wie die Zerstörung der berühmten Brücke über den Kwai. Interessante Szenarios und schicke Grafik versprechen ein ähnlich gutes Spielgefühl, wie bei den Vorgängern. Rising Sun ist übrigens die Konsolenversion des Spiels. Die vermutlich recht ähnliche PC-Fassung wird unter dem Titel Pacific Assault auf den Markt kommen. Kinoumsetzung, die Zweite: Buena Vista Interactive wirft mit
Tron 2.0 eine Fortsetzung des Films von 1982 auf den Markt. Die Story des bereits veröffentlichten Spiels wurde von Steven Lisberger, dem Regisseur und Co-Autor des Vorbilds, mitentwickelt, aber auch der ungewöhnliche Look mit all seinen gleißenden Linien und rechtwinkligen Formen dürfte Fans des Streifens bekannt vorkommen. Neben dem Ego-Shooter-Kern stehen auch kleinere Nebenaufgaben, wie z.B. die sogenannten „Lightcycle-Rennen“ auf dem Plan. Trotzdem sieht Tron 2.0 unkonventioneller aus, als es ist: Die meisten Fremdartigkeiten scheinen eher geschickte Verpackung als echte Innovationen zu sein. Als Meister der Tarnung erweisen sich die Entwickler auch bei der Grafik, denn deren eher altbackenes Grundgerüst fällt dank des ungewöhnlichen Schauplatzes im Inneren eines Computers kaum auf. Aber wenn die Täuschung effektiv ist, macht das alles ja nichts – künstlerisch gehört Tron 2.0 sicher zu den interessantesten vorgestellten Spielen. Ein Lob, das auf Ubi Softs für Oktober angekündigten Shooter
XIII ebenso zutrifft. Dank Cell-Shading-Technik sieht man von der zu Grunde liegenden Unreal-Engine nämlich nicht mehr viel; stattdessen schießt man sich als geheimnisvoller Mann auf der Suche nach der eigenen Identität durch eine faszinierende Comicoptik, angereichert mit Sprechblasen und lautmalerischen Worten, die über den Bildschirm fliegen. Das klingt in der Beschreibung noch ganz putzig, ist aber in der Praxis eher rabiater Natur: Das Blut, so gezeichnet es auch aussehen mag, fließt wahrhaftig in Strömen und so mancher Gegnertod wird langwierig zelebriert – für Kinderhände ist XIII sicher nichts. Zu hoffen bleibt, dass Ubi Soft in die fertige Version noch eine freie Speicherfunktion oder wenigstens ein paar mehr Savepoints einbaut, sonst wird das reichlich schwierige Spiel nicht nur ein faszinierendes, sondern auch ein höchst frustrierendes Erlebnis. Eine Art „Wing Commander mit Boden“ ist
Yager vom gleichnamigen Entwicklerstudio, das nur in der bereits veröffentlichten Xbox-Version vorgestellt wurde. Eine Inspektion der vor Ort verteilten PC-Demo zeigt aber, dass sich nicht viel verändert hat: Immer noch besteht man in wunderschöner Optik zahlreiche Missionen in futuristischen Fluggeräten, die von einer extrem schick präsentierten Geschichte zusammen gehalten werden. Die schon in der Konsolenfassung latent überflüssige Zielhilfe bleibt auch auf dem PC erhalten – wo sie angesichts der Joysticksteuerung noch unnötiger erscheint. Trotzdem bleibt Yager auf beiden Plattformen ein sehr spannendes, gut designtes, aber manchmal etwas unfaires Spiel. Wer die Wing Commander-Reihe mochte, sollte auf jeden Fall einen Blick riskieren.
Action-Adventures und Rollenspiele
Bei Acclaim erscheint das Spiel zur Agentenserie
Alias. Das Action-Adventure setzt vor allem auf spektakuläre Prügeleien samt ausgefeiltem Kampfsystem. Dabei wird Heldin Sydney eine Reihe von agententypischen Gegenständen mit sich führen, die nun einmal jeder Spion bei sich hat. Alle Alias-Fans müssen sich aber noch bis Weihnachten gedulden. Freunde gepflegter Monster-Metzeleien im Diablo-Stil dürfen sich auf Biowares
Baldur’s Gate: Dark Alliance 2 freuen – sofern sie eine Xbox oder Playstation 2 besitzen; PC- und Gamecube-Besitzer gehen leer aus. Das endlose Gehacke dürfte alleine auf Dauer eher etwas stupide werden, dafür aber, wenn der Vorgänger als Maßstab herangezogen wird, im Mehrspieler-Modus umso spaßiger sein. Die Optik wurde noch einen Tick edler. Ob es diesmal auch etwas mehr Geschichte gibt, bleibt abzuwarten.
Beyond Good & Evil von Ubi Soft macht im ersten Moment den bezaubernden Eindruck eines Animationsfilms von Disney. Das Action-Adventure überzeugt aufgrund einer leichten und eingängigen Steuerung, sowie der ungewöhnlichen und interessanten Spielwelt. Der hübsche Planet Hillys wird von übellaunigen Aliens bedroht und nur die junge Jade scheint in der Lage zu sein, sich allen Bedrohungen zu stellen. Zum Glück bekommt sie Hilfe von ein paar Rebellen. Insgesamt verspricht das Spiel ein spannendes Erlebnis zu werden. Bis einmal mehr die Welt gerettet werden darf, müssen wir uns allerdings noch bis zum Release am Ende des Jahres gedulden. Freunde klassischer Adventures sind es ja schon gewohnt, vergeblich nach neuen Vertretern dieses Genres Ausschau zu halten. Am nächsten kommt dem noch
Baphomets Fluch 3, doch allzu hoch sollte man seine Erwartungen nicht schrauben. Mit der mäßigen Grafik könnte wohl jeder Adventure-Fan ganz gut leben, aber das Spiel selbst ist auch nicht gerade ein Hammer: Viele Rätsel laufen auf das Auslösen von Offensichtlichkeiten oder – Schreck lass nach – Verschieben von Kisten heraus. Garniert wurde das Ganze mit einigen Hüpfpassagen, die einfach auf Knopfdruck zu bewältigen sind. Was sie angesichts dessen überhaupt für einen Zweck erfüllen, bleibt wohl ein Geheimnis der Entwickler. Auf der GC war nur die PS2-Version zu sehen; ob die PC-Fassung eine komfortablere Maussteuerung hat, bleibt zweifelhaft. Vermutlich erwartet die letzten aufrechten Adventure-Fans eher ein Tastatur-Gewürge, wie man es schon von den letzten LucasArts-Spielen kennt. Erheblich mehr Freude machte da die Fortsetzung zu einem anderen PC-Klassiker:
Deus Ex: Invisible War scheint mit seinem faszinierenden Mix aus Shooter, Rollenspiel und Action-Adventure, sowie der spannenden Story ohne Probleme an den großartigen Vorgänger anknüpfen zu können. Vorgestellt wurde bislang leider nur die Xbox-Version, deren Steuerung aber trotz des Zusammentreffens von Komplexität und Gamepad sehr ordentlich funktioniert. Erfahrungsgemäß klappt es mit Maus und Tastatur noch ein wenig besser – zumindest in Punkto Bedienung muss man sich also keine Sorgen machen. Weniger feierlich ist das deutliche Ruckeln der Grafik, das auch in Videos der PC-Fassung schon zu beobachten war. Entwicklerstudio Ion Storm gelobt aber hoch und heilig Besserung. Hoffentlich zu Recht, denn inhaltlich ist Deus Ex einer der vielversprechendsten Titel und ein Geheimtipp für alle, die nicht immer nur ballern wollen, bis die Finger rauchen. Im Dezember 2003 soll das Spiel in den Läden stehen. Bereits jetzt uneingeschränkt zu gefallen weiß
Star Wars: Knights of the Old Republic, das auf Xbox im September erscheint. Aber PC-Besitzer brauchen nicht zu verzagen; gegen Ende des Jahres kommen auch sie in den Genuss von Biowares großartigem Rollenspiel, das in den USA schon für Begeisterungsstürme sorgt. Kein Wunder: Grafik, Sound, Skill-System, Steuerung, Abwechslungsreichtum, Story – alles ist vom Feinsten, wie man es von den Baldur’s Gate-Machern schon fast gewohnt ist. 10.000 Jahre vor den Ereignissen der Star Wars-Filme durchreist man als Nachwuchs-Jedi die Galaxis – die Wahl zwischen heller und dunkler Seite der Macht inklusive. Das interessante Szenario sorgt für die richtige Balance zwischen Wiedererkennungswert und Neuheit. Wer befürchtet, sich auch auf dem heimischen Computer mit einer Konsolenbedienung herumplagen zu müssen, darf erleichtert aufatmen: Statt billiger Konvertierungsschlamperei hat Bioware ausdrücklich eine Anpassung an PC-Standards angekündigt. Ein Wiedersehen mit einem alten bekannten aus der „Spiele-Steinzeit“ wartet in
Prince of Persia: The Sands of Time, das im November für alle drei Konsolen und den PC erscheint. In dem Action-Adventure hüpft, prügelt und fechtet der ewige Prinz sich durch orientalische Levels. Der jüngste Teil der Reihe erstrahlt im modernen, durchaus ansehnlichen 3D-Gewand. Elegant und schwungvoll fertigt der Titelheld mit diversen Waffen oder auch mal nur den Fäusten einen Bösewicht nach dem anderen ab, bevor wieder kleinere Rätsel und abenteuerliche Sprungpassagen auf dem Plan stehen. Klingt so ähnlich wie Indiana Jones and the Emperor’s Tomb? Ist es auch, doch das Kampfsystem macht einen noch deutlich komplexeren Eindruck und die Kamera lässt sich sehr frei platzieren. Ob es auch so gut funktioniert und sich Prince of Persia sonst irgendwie aus der Genre-Masse heraushebt, wird wohl erst die fertige Version zeigen können. Ein weiterer alter Bekannter kommt genauso wenig zur Ruhe: Meisterdieb Garret muss auch in
Thief III, dem neusten Teil der Reihe, die das „Schleich-Genre“ begründete, wieder mittelalterliche Gemäuer um ihre Reichtümer erleichtern – natürlich möglichst, ohne dabei gesehen zu werden. Die vorgestellte Xbox-Version machte bereits einen sehr guten Eindruck; es erwartet den Spieler also gewohnte Qualität. Dennoch muss natürlich ganz klar gesagt werden, dass man hier alten Wein in neuen Schläuchen bekommt: Einen Innovationspreis wie einst das erste Thief gewinnt der jüngste Spross der Serie sicher nicht mehr. Wer die Vorgänger aber noch nicht kennt oder von Garret ohnehin nicht genug bekommen kann, sollte seinen Spaß haben. Ob das auch auf ein gewisses anderes Spiel von Eidos zutrifft, darf bezweifelt werden:
Tomb Raider: The Angel of Darkness ist bereits erschienen und die durchwachsenen bis vernichtenden Kritiken sind vermutlich den meisten Leuten ohnehin schon bekannt. Daher lohnt es eigentlich nicht, hier viele Worte zu verlieren, doch mit der prominenten Platzierung in seinem ansonsten sehr ansehnlichen Lineup fordert Eidos den Spott geradezu heraus. Vermutlich wäre es klüger gewesen, ganz auf eine Vorstellung zu verzichten. Wenn jemand von irgendetwas zum Kauf gebracht wird, dürfte es wohl der bekannte Name, nicht aber ein Probespiel sein. Selbst die ja noch erträgliche PS2-Fassung sah, eingeklemmt zwischen potentielle Hits wie Thief und Deus Ex, ziemlich alt aus. Von der unbrauchbaren PC-Version ganz zu schweigen.
Strategiespiele
Chicago 1930 ähnelt sehr stark Spielen wie Commandos, Desperados und Robin Hood. Im Taktik-Spiel von Spellbound geht man erneut mit einer kleinen Gruppe auf Streifzüge, diesmal im Chicago der 1930er Jahre. Als Krimineller plant der Spieler Einbrüche und Diebstähle in Büros, in der Polizistenkampagne dagegen muss versucht werden, genau das zu verhindern. Das bekannte Spielprinzip wurde in ein interessantes Szenario gesetzt und macht Hoffnung auf ein atmosphärisch gelungenes Spiel. Doch auch beim Original darf wieder geknobelt werden: Mit
Commandos 3: Destination Berlin geht die Mischung aus Echtzeit-Taktik und Denkspiel in die mittlerweile dritte Runde. Abermals gilt es, im zweiten Weltkrieg einen alliierten Spezialtrupp beim Bestehen kniffliger Aufgaben zu leiten. Optisch wie inhaltlich verspricht Commandos 3 business as usual: Man überblickt das Geschehen in der bewährten Draufsicht, die beim Betreten von Gebäuden zu frei drehbaren 3D-Umgebungen umschaltet. Per Mausklick werden die eigenen Recken komfortabel durch die Gegend gescheucht. Das Rad wird hier gewiss nicht neu erfunden, aber wenn Entwickler Pyro nicht wie im ersten Teil der Schwierigkeitsstreuer in die Taktiksuppe fällt, dürfte ein qualitativ rundum hochwertiges Spiel herauskommen. Noch mehr zweiten Weltkrieg gab es bei CDV mit
Panzers. Hinter dem putzigen Versuch, einen englischen Plural von einem deutschen Wort zu bilden, verbirgt sich ein heftigst von Sudden Strike inspiriertes Echtzeitstrategiespiel, nur jetzt eben mit 3D-Grafik. Man kommandiert also Panzer, Sturmgeschütze, Artillerie, Infanterie und Konsorten über recht hübsch gestaltete Schlachtfelder – ohne dabei eine Basis zur Verfügung zu haben. Hin und wieder darf man auch ein paar Luftschläge anordnen. Nett, aber wer solche Spiele nicht erst seit Gestern kennt, wird wohl ein herzhaftes Gähnen unterdrücken müssen. Außerdem dürfte die Balance ruhig etwas mehr Feinschliff erhalten. Die große Unbekannte der vorgestellten Spiele ist ohne Zweifel Eidos‘
Republic: The Revolution, bei dem es in einer Diktatur gilt, eine Opposition zu bilden und diese dann bis zum Sieg über den Despoten zu führen. Interessant sind dabei vor allem zwei Dinge: Erstens wird jeder der vielen Bürger der Bananenrepublik individuell mit verschiedenen Eigenschaften und eigenem Lebenslauf simuliert, wodurch die Spielwelt sehr lebendig wirken soll. Zweitens richtet sich der Charakter der eigenen Widerstandsbewegung danach, wen man in die Organisation aufnimmt: Wer auf finstere Gesellen setzt, wird vermutlich nur die aktuelle Unterdrückung durch eine neue ersetzen. Füllt man die eigenen Reihen hingegen mit Gutmenschen erster Güte, dürfte eine deutlich rosigere Zukunft winken. Die vorgestellte Fassung des fast fertigen Spiels ruckelte trotz nur ordentlicher Optik merklich – die Engine sollte also noch etwas optimiert werden. Einen fairen Ersteindruck von einem derart komplexen Programm nach nur kurzem Anspielen zu vermitteln, ist leider kaum möglich. Die Idee ist spitze, doch ob sie in der Praxis wirklich gut funktioniert, bleibt abzuwarten. Deutlich wurde jedoch schon nach wenigen Minuten, dass die originelle Thematik von Republic – anders als etwa bei Tropico – nicht nur eine niedliche Verpackung für ein eher konventionelles Aufbauspiel ist. Eine (hoffentlich) noch relativ unfertige Version wurde von
Space Colony, dem neuen Spiel der Stronghold-Macher präsentiert. Grafisch erinnert das jüngste Werk der FireFly Studios auch frappierend an die Mittelalter-Strategie (und wirkt dementsprechend altbacken), aber inhaltlich steht diesmal – der Titel verrät er schon – der Aufbau einer Weltraumkolonie an. Weil es dabei eher humoristisch zugeht, sind die Bewohner der All-Enklave ein Haufen bizarrer Aliens, die den Men in Black genug Papierkram für die nächsten zehn Jahre bescheren würden. Könnte ein interessantes Aufbauspiel in der Tradition von Theme Park werden, aber viel lässt sich bislang nicht zur Qualität sagen, denn dazu war die vorgestellte Fassung noch zu rudimentärer Natur.
Rennspiele
Erst Subaru, dann Ford und nun Citroen: Der schottische Rallye-Weltmeister Colin McRae wechselt die fahrbaren Untersätze so schnell, dass Codemasters kaum hinterher kommt. Ob das der Grund ist, warum
Colin McRae Rally 4 nur rund ein Jahr nach dem dritten Teil erscheint (oder im Falle der PC-Fassung sogar nur einige Monate später), war nicht in Erfahrung zu bringen. Auf den ersten Blick ähnelt die jüngste Querfeldein-Inkarnation dem letzten Spross wie ein Ei dem anderen: Die Grafikengine wurde unverändert unternommen. Dafür wurde spielerisch feingetunt: Die Physikengine dreht das Fahrzeug endlich über die Vorderachse und die Weltmeisterschaft darf nun in mehr als einem Fahrzeug absolviert werden – und das sogar in verschiedenen Leistungskategorien. Auch die manuelle Reparatur des eigenen Boliden feiert lobenswerter Weise ein Comeback. Trotzdem bleibt ein fader Nachgeschmack: Eigentlich sind das alles Features, die schon in den Vorgänger gehört hätten. Colin McRae Rally 3.1 wäre ein genauso passender Titel gewesen. Schon im September dürfen Xbox- und PS2-Besitzer wieder über unwegsames Gelände jagen. Wann die PC-Version kommt, weiß nicht einmal Colin McRae. Definitiv gar keine wird es von
Formula One 2003 geben. Wen wundert‘s, stammt es doch von Sony, die viel Geld in eine exklusive Formel 1-Lizenz für die nächsten fünf Jahre investiert haben, damit offizielle Spiele zur Königsklasse des Motorsports nur noch auf der PS2 erscheinen. Zunächst klingt dies wie eine Schreckensnachricht für Motorsport-Fans, denn die bisherigen Versuche der Firma schwankten qualitativ zwischen durchwachsen und gruselig. Umso überraschender ist es da, dass Sony trotz des zukünftigen Monopols plötzlich auf Klasse setzt: Die Grafik ist hübsch, die Nachbildung der Strecken geht in Ordnung. Physikengine und Steuerung setzten zwar keine neuen Standards, sind aber gelungen. Kurzum: Eine grundsolide Rennsimulation mit einigen kleinen Schwächen bei KI und Schadensmodell. PC-Spieler ohne PS2 werden die nächsten Jahre bei EAs kürzlich erschienenem F1 Challenge 99-02 bleiben müssen – angesichts dessen Qualität nicht allzu tragisch. Wer lieber actionorientiert rast, hat bei Electronic Arts sowieso noch Alternativen:
Need for Speed: Underground lädt zu illegalen Straßenrennen durch nächtliche Großstädte ein. Dabei tritt man nicht etwa in den üblichen Edelkarossen an, sondern darf ganz gewöhnliche PKWs mit einer Vielzahl von Tuningteilen so weit aufmotzen, dass jeder Ferrari-Fahrer vor Neid erblasst. Und damit die Kiste nicht nur ordentlich Vortrieb hat, sondern auch nach etwas aussieht,, entwirft man kurzerhand ein eigenes Bemalungsschema. Die vorgestellte Version sah bereits extrem edel aus und begeisterte durch beeindruckendes Geschwindigkeitsgefühl. Das Physikmodell war hingegen eher simpel. Da Need for Speed: Underground auf Adrenalin pur setzt, ist das vermutlich gar nicht so schlecht. Wenn die sporadischen Ruckler noch ausgemerzt werden, kann man auf allen Systemen ab November so richtig Gas geben. Bei
Project Gotham Racing 2, das einen Mittelweg zwischen Simulation und Action sucht, müssen PC-Spieler hingegen Fußgänger bleiben, denn das Programm macht sich auf Computern rar und startet nur auf der Xbox durch. Der Fuhrpark ist dabei eine Ansammlung diverser Edelkarossen unterschiedlicher Leistungskategorien. PGR2 folgt einem bewährten Fortsetzungsmotto: Schöner, größer, besser. Dementsprechend wurden Grafik und Ton aufpoliert, das Fahrgefühl verfeinert und die Zahl der Strecken und Autos nach oben geschraubt. Für Motivation sorgen erneut die sogenannten „Kudos“: Durch Sammeln dieser Belohnungspunkte schaltet man Spielmodi, Fahrzeuge und Specials frei. So wird nicht nur die Position im Ziel bewertet, sondern auch spektakuläres Driften und die Vermeidung hässlicher Lackkratzer hilft weiter. Die vorgestellte Version machte jedenfalls schon mächtig Laune, ohne dabei mit irgendwelchen Überraschungen aufzuwarten.
Simulationen
Aha, die Simulationsecke. Lohnt sich das denn überhaupt? Die Antwort auf diese mittlerweile leider durchaus berechtigte Frage lautet: So gerade noch. Nachdem man den wohl vielversprechendsten noch in Entwicklung befindlichen Genre-Vertreter Lock On: Modern Air Combat bei Ubi Soft vergeblich suchte, half nur noch der Gang zu Mircosoft: Dort gab es immerhin den
Flight Simulator 2004: A Century of Flight zu sehen. Warum die Ausgabe zum hundersten Jubiläum des ersten Motorflugs der Gebrüder Wright schon das nächste Jahr im Titel hat, ist zwar nicht so ganz klar, aber es sei Microsoft verziehen, denn inhaltlich bekommt man bei dem bereits erhältlichen Programm die mit Abstand edelste Version des Klassikers. Erneut darf die ganze Welt bereist werden, wobei diesmal Flugzeuge aus verschiedensten Epochen im Hangar warten, inklusive des legendären Wright-Flyers höchstpersönlich. Grafik, Ton und Physikmodell wurden hingegen nur minimal verbessert. Auch alte Dümmlichkeiten finden sich immer noch wieder, wie z.B. die Möglichkeit, mit dicken Passagierjets auf abschüssigen Graswiesen zu landen oder einfach durch Gebäude zu fliegen, als wären sie aus Butter. Wer die Vorgänger mochte, sollte aber wieder seinen Spaß haben. Eher ein echtes Nischenprodukt für passionierte Hobby-Eisenbahner wird wohl der
Train Simulator 2 – was aber nicht negativ gemeint ist, denn immer nur dem Verlauf der Gleise zu folgen, ist halt nicht jedermanns Sache. Qualitativ konnte die gezeigte Version nämlich überzeugen: Die Technik macht eine gute Figur, die Zugatmosphäre stimmt und dank auf den Bahnhöfen herumwuselnder Menschenmassen ist endlich richtig Leben in der Bude – die Sterilität des Vorgängers scheint weitgehend beseitigt. Anfang 2004 dürfen alle, denen Maßstab H0 nicht mehr reicht, mit Lokomotiven verschiedener Epochen rund um den Globus auf große Fahrt gehen.
Bilanz
Ganz interessant war sie ja schon, die Games Convention, doch als anspruchsvolle Präsentationsveranstaltung wird sie wohl niemandem in Erinnerung bleiben. Sicher, bei einer „Consumer Messe“, wie es auf Neudeutsch so schön heißt, darf man die Ansprüche nicht zu hoch hängen, zumal ja sogar geschlossene Veranstaltungen wie die E3 mittlerweile bei Geräuschpegel, Drängelfaktor und Einsatz der berühmt-berüchtigten „Messe-Babes“ wenig sparsam sind. Doch etwas weniger penetrantes Chaos und dafür etwas mehr Fokus auf die eigentlichen Spiele hätte sicher nicht geschadet. Schließlich liefen auf der Games Convention entgegen aller Klischees nicht nur Kinder und Jugendliche herum – auf diese war die Veranstaltung ganz offensichtlich zugeschnitten – sondern auch Erwachsene waren sehr zahlreich vertreten. Ebenso dürfte sich so mancher PC-Spieler etwas weniger Xbox-Zentrierung gewünscht haben. Aber Microsoft meint es mit seiner Konsole halt endgültig ernst: Die Kampfansage an die Konkurrenz – weniger der PC, sondern mehr PS2 und Gamecube – war kaum zu übersehen.
So bleibt für das Team von PC Player forever wohl das Treffen und Interview mit den ehemaligen PC Player-Redakteuren Boris Schneider-Johne und Roland Austinat als erinnerungswürdigstes Erlebnis zurück. Genaueres gibt es dazu an anderer Stelle. Auch andere ehemalige Mitarbeiter des Heftes waren vor Ort, z.B. Jörg Langer und Florian Stangl, die nun bei der GameStar tätig sind. Ein Interview war mit ihnen aber leider nicht zu bekommen – schade.
(bs/wi)
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Grüße von
ButtSeriously
In memoriam PC Player 1/93 - 6/2001