So, hier ist mein Entwurf für den Elite Force II-Test. Kritik aller Art ist natürlich wie immer willkommen.
Star Trek: Elite Force II
Wer hat im Delta-Quadranten die meisten empfindungsfähigen Lebensformen auf dem Gewissen? Die Hirogen? Die Borg? Spezies 8472 ? Alles falsch: Niemand hat mehr Gegner zur Strecke gebracht, als die Mitglieder des Hazard-Teams. Nun kehren sie in einem zweiten Shooter auf die heimischen PCs zurück, um auch den Alpha-Quadranten zu säubern.
Feuer frei!
Die Packungsrückseite bringt es auf den Punkt: „Wenn Diplomatie nicht mehr weiterhilft, ist das Hazard-Team gefragt“. Was für Captain Picard immer nur die letzte Lösung war, ist bei der vom Vulkanier Tuvok zur Verteidigung der USS Voyager gegründeten Truppe also die übliche Vorgehensweise: Waffengewalt. Umso erstaunlicher, dass der Kommandant der Enterprise dennoch darauf besteht, die nach der Rückkehr in den Alpha-Quadranten bereits aufgelöste Einheit neu zu formieren. Doch einmal mehr beweist Picard Weitblick: Schon bald werden die an eine Kreuzung aus Hund und Flusspferd erinnernden Attrexianer von unbekannten, höchst gefräßigen und nicht allzu hellen Außerirdischen angegriffen. Die Spur der mysteriösen Invasoren führt zu den Idryll, die als Arbeiterkaste in das Reich der Attrexianer integriert sind. Versuchen die elfenhaften Wesen mit Hilfe uralter Bio-Technologie, ihre Unterdrücker zu vernichten? Das Hazard-Team unter der Leitung von Lieutenant Alexander Munro geht der Sache auf den Grund.
Widerstand ist zwecklos
Der Kern des Spiels unterscheidet sich weder vom Vorgänger, noch von anderen Vertretern des Genres: Die meiste Zeit läuft man durch sehr linear aufgebaute Levels und knallt alles über den Haufen, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist. Zu diesem Zweck steht ein umfangreiches Waffenarsenal zur Verfügung. Vom mäßig effektiven, sich dafür aber wieder von alleine aufladenden Handphaser, über das Föderationssturmgewehr, einer klingonischen Schnellfeuerwaffe, dem Mini-Torpedos verschießenden Quantenstoß, einem Granatwerfer, bis hin zum obligatorischen Präzisionsgewehr mit Zielfernrohr gibt es alles, was Shooter-Herzen höher schlagen lässt. Oder genauer gesagt: Alles, was schon vor Jahren die Herzen höher schlagen ließ, denn die meisten Waffen sind nur im Star Trek-Gewand verpackte Versionen der seit Doom bekannten Feuerspucker wie Schrotflinte oder Raketenwerfer. Originelle Ideen sucht man leider vergeblich.
Vor den Lauf der Schießeisen kommt Kanonenfutter von höchst unterschiedlicher Güteklasse: Während die über weite Teile des Spiels dominierenden Standard-Monstrositäten namens „Exomorphe“ eine wenig geniale Taktik des frontalen Sturmangriffs bevorzugen, verhalten sich die die humanoiden Gegner um einiges cleverer. So springen sie aus dunklen Ecken hervor, nehmen Deckung hinter Felsen und Kisten oder verschanzen sich – im Falle der gegen Ende auftretenden Scharfschützen – auf Anhöhen, von denen sie den Spieler aus sicherer Distanz aufs Korn nehmen. Je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad bedienen sie sich dieser Methoden mit unterschiedlicher Konsequenz. Gelegentlich bekommt man es auch mit besonders hartnäckigen Endgegnern zu tun, von denen einige besondere Taktiken erfordern, während sich andere einfach durch hartnäckiges Dauerfeuer erledigen lassen. Dank der extrem präzisen, den üblichen Genre-Konventionen entsprechenden Steuerung kann man aber immer effektiv dafür sorgen, dass der intergalaktische Abschaum nicht das Rentenalter erreicht.
Analyse, Mr. Munro
Doch manchmal ist auch etwas mehr als nur ein nervöser Zeigefinger gefragt: So muss man z.B. andere Spielfiguren eine Weile beschützen, bis diese eine bestimmte Aktion ausgeführt haben oder Rettung naht. An anderer Stelle gilt es, den Warpkern der Enterprise gegen Übergriffe sprengwütiger Enterkommandos zu verteidigen. Ein Kampf auf der Außenhülle des Schiffes erfordert wiederum einiges an Gefühl beim Springen, denn dank minimaler Schwerkraft hüpft Munro hier durch die Gegend wie ein gedoptes Karnickel. Im stilecht vernebelten Sumpfgebiet sollte man sich wiederum behutsam voranpirschen und jede Deckung nutzen – sonst könnte es aufgrund einiger heimtückischer Scharfschützen passieren, dass der gute Lieutenant in der Eile seinen Kopf verliert. Das Leveldesign geizt also nicht mit Abwechslung und kann guten Gewissens als erstklassig bezeichnet werden. Das Rad erfindet Elite Force II aber nicht gerade neu, denn im Großen und Ganzen hat man alles schon einmal gesehen.
Auch gemeinsame Putzaktionen stehen auf dem Plan: Mitunter greifen verschiedene Mitglieder des Hazard-Teams, die alle ganz bestimmte Fähigkeiten besitzen, Lieutenant Munro sowohl bei der Level-Säuberung, als auch bei technischen Problemen unter die Arme. Lobenswerter Weise verhalten sie sich im Allgemeinen gar nicht so dumm, sondern sind eine echte Hilfe. Nur in Level-Engpässen wie Türen versagt die Wegfindungsroutine kläglich: Wenn einer der Kameraden wieder einmal wie ein dämlicher P’tah die Tür blockiert, schäumt man wie ein Klingone, der einen Tribble in seiner Blutpastete findet. Zwar kann man durch aufgeregtes Hüpfen nach einer Weile jeden verhinderten Türsteher zum Abmarsch bewegen, doch das sollte auch einfacher gehen.
Damit der linken Maustaste auch mal eine Dauerfeuer-Pause gegönnt wird, müssen mit Hilfe des Tricorders – seines Zeichens sowohl Scanner als auch das Star Trek-Äquivalent zum Schweizer Taschenmesser – immer wieder Rätsel gelöst werden. Die Palette reicht vom einfachen Aufspüren brüchiger Wände über das Umgehen von Laserfallen bis hin zu kleinen Denksportaufgaben, bei denen eine stabile Energieverbindung aufgebaut werden muss, ohne einen Kurzschluss zu fabrizieren. Doch die Shooter-Gemeinde braucht nicht entsetzt aufzuschreien: Alle Hindernisse sind eher harmlos und weit davon entfernt, Elite Force II zu einem Action-Adventure zu machen.
Auf den Schirm
Das technische Herzstück des Spiels ist – wie schon beim Vorgänger – die Quake 3-Engine. Natürlich nicht in der „Urform“ von 2000, sondern in stark aufgebohrter Form, um mehr Polygone, höher aufgelöste Texturen und ein erheblich komplexeres Lichtsystem zu ermöglichen. Die Verbesserungen haben sich ausgezahlt: Besonders die lebensechten Charaktere brauchen sich (trotz der Mörderpranken, pardon, etwas übergroßen Hände) selbst vor deutlich moderner ausgestatteter Konkurrenz nicht zu fürchten. Egal ob Umgebungen, Waffeneffekte oder Gegneranimationen – alles ist den Grafikern gut gelungen. Nichts, was Besitzer eines eigenen Holodecks in tiefe Erfurcht versetzt, aber durch und durch grundsolide Arbeit. Nur den Außenlevels sieht man das Alter der Engine deutlich an, aber auch diese sind weit vom Tatbestand der Augenbeleidigung entfernt. Eine weitere Blöße gibt sich die Optik leider gelegentlich bei den Animationen der Zwischensequenzen: Da wenden die Charaktere mitunter steif auf einem Punkt oder stehen breitbeinig wie John Wayne nach einem Zwölf-Stunden-Ritt. Hervorragend präsentiert sich dafür die Farbgebung, die ohne in tristes Grau in Grau zu verfallen wohltuend dezent ist und die Sehnerven nicht mit quietschbunten Bonbonfarben zudröhnt. Das gibt den Levels einen glaubwürdigen Look und passt zur düsteren Geschichte.
Schwankend ist die Klasse der Geräuschkulisse. Die übliche Palette von zischenden Energiewaffen, keifenden Monstern und donnernden Explosionen ist gelungen und stimmig, ragt aber auch nicht deutlich aus der Masse hinaus. Die Musikuntermalung kann leider nur als ordentlich bezeichnet werden, denn abgesehen von der hübschen, aus dem Vorgänger bekannten Titelmelodie schrammelt der Soundtrack während des Spiels unauffällig im Hintergrund vor sich hin, ohne viel für die Atmosphäre zu tun. Einige wenige Stücke wirken sogar regelrecht unpassend, aber die Mehrzahl dürfte man schlicht und einfach fünf Minuten nach Beenden des Spiels wieder vergessen haben. Lediglich auf einem alten Idryll-Planeten darf man wirklich stimmungsvollen Klängen lauschen. Die Original-Melodien aus Film und Fernsehen, die hier als Retter in der Not hätten eingreifen können, fehlen aus lizenzrechtlichen Gründen leider komplett.
Trek-Faktor 5
Doch nicht nur an der Musikfront fehlt es an Original-Stimmung, auch ansonsten verlässt die Vorbildtreue leider nie die Sphären des grauen Mittelmaßes. Dabei fängt es noch so gut an: Der Borg-Level zu Beginn ist perfekt in das Finale von Star Trek – Voyager eingebettet und löst sogar eine störende Deus Ex Machina der Folge endlich logisch auf. Auch Optik und Geräuschkulisse sind höchst stimmig. Der riesige Chef-Borg ist zwar etwas übertrieben, aber es hält sich noch in Grenzen. Ebenso verbreitet die Sternenflottenakademie – wenngleich etwas leblos gestaltet – viel Trek-Stimmung. Auf der Enterprise lässt das alles jedoch ein wenig nach. Der Look stimmt noch, aber es schleichen sich viele Elemente ein, die man sorgfältiger hätte umsetzen können. Das beginnt mit Picard, dessen Gesicht mit Patrick Stewart eine eher entfernte Ähnlichkeit aufweist. Es geht weiter mit dem sang- und klanglosen Fehlen von allen anderen bekannten Crew-Mitgliedern. Bei Data, Riker und Troi macht das nach den Ereignissen in Nemesis ja noch Sinn, Worfs Abwesenheit wird wenigstens notdürftig erklärt, aber dass im Maschinenraum statt Geordi LaForge plötzlich wie selbstverständlich Reginald Barclay als Boss herumwuselt, der in der Serie immer nur eine kleine Rolle gespielt hat, dürfte bei Fans doch einen faden Nachgeschmack hinterlassen. Und schließlich sind da noch die endlosen Horden gesichtsloser Monster, die in einem Star Trek-Spiel eigentlich nicht mehr verloren haben, als ein klingonischer Tark auf einer Hundeschau: Mal röstet man aufdringliche 08/15-Beißer, mal reißt man übergroßem Ungeziefer die Fühler aus. Zum Universum passende oder gar bekannte Gegner wie Romulaner, Klingonen oder Borg sind zu einem Randdasein verdammt. Stattdessen haben die Entwickler versucht, auf einen schmutzigeren Look alá Alien auszuweichen – mit mäßigem Erfolg. Doppelt schade erscheint das Stimmungs-Versäumnis immer, wenn doch Trek-kompatible Schurken auf dem Plan stehen: Dann kann die Atmosphäre nämlich wieder mit dem Vorgänger mithalten. Viel hätte also nicht gefehlt.
Universalübersetzer
Etwas durchwachsen sind auch Story und Dialoge. Erstere wird in am Anfang noch sehr ansprechenden, später jedoch oft arg trägen, mäßig inszenierten Zwischensequenzen erzählt und glänzt nicht gerade durch Überraschungen oder gar stimmige Charakterentwicklung. Dennoch ist sie gut genug, um den Spieler bis zum Schluss bei der Stange zu halten. Letztere lassen sich hingegen bequem in drei Kategorien einteilen: Käsig (dummes Gefasel auf Seifenoper-Niveau, inklusive billiger Anmachen), markig (statt Chells wohltuendem Zweifel am Sinn von Gewaltanwendung im Vorgänger gibt es massig harte Sprüche der „Machen wir sie kalt“-Ecke) und „trekkig“ (also alles, was richtig Hirn hat und auch zu Lizenz passt). Hin und wieder darf man in den Gesprächen sogar selbst zwischen einigen Antworten wählen. Die Auswirkungen halten sich zwar in Grenzen, aber der Stimmung ist es nur zuträglich, wenn man z.B. einem fetten, kleinen Ferengi durch geschicktes Zitieren der Erwerbsregeln beikommen muss, anstatt ihn kurzerhand in die himmlische Schatzkammer zu pusten.
Die deutsche Version ist grundsolide: Picard und Tuvok haben ihre üblichen Synchronsprecher und die aus dem Vorgänger bekannten Mitglieder des Hazard-Teams melden sich ebenfalls wieder mit den gleichen Stimmen zu Wort. Insgesamt könnten die Dialoge zwar etwas mehr Elan vertragen, aber man ist ja für jede ordentliche Übersetzung dankbar. Dennoch sei die englische Fassung allen dieser Sprache kundigen hier wärmstens ans Herz gelegt. Patrick Stewart im Original ist halt doch nicht zu übertreffen. Entschärfungen gibt es aber keine: Elite Force II ist in jeder Sprachversion eher unblutig.
Zusatzenergie
Wer den ersten Teil gespielt hat, dürfte sich noch lebhaft an dessen große Achillesferse erinnern: Er war fast so schnell durchgespielt, wie Commander Data eine simple Gleichung berechnet. Elite Force II bringt es, je nach Erfahrung des Spielers, auf immerhin auf rund neun bis zwölf Stunden Einzelspieler-Freuden – nicht gerade viel, für ein Spiel das man kaum für weniger als 40€ bekommt, aber immerhin schon eine deutliche Steigerung. Wer gerne noch etwas Nachschub möchte, kann sich immerhin an sechs Bonusmissionen versuchen, die man durch Sammeln von gelben Schiffsymbolen im Hauptspiel freischaltet. Leider braucht man weder sonderlich lange, um sie zu erledigen, noch bestechen sie durch außergewöhnliche Originalität.
Ein wenig mehr bietet der Multiplayer-Modus, in dem man neben der üblichen Hausmannskost (Deathmatch, Team-Deathmatch, Capture the Flag) Kämpfe um die Zerstörung einer feindlichen „Singularität“ austragen darf – während das eigene Kleinod natürlich vor lästigem Phaserfeuer verteidigt werden muss. Darüber hinaus sorgt auch der Wettlauf um eine Bombenentschärfung für etwas Abwechslung. Wegen solide designter Karten macht das alles durchaus Spaß, wird aber wohl keinen Kingonen aus den Stiefeln fegen. Dafür kann man dank wirklich clever agierender Bots auch alleine die eine oder andere Partie bestreiten, ohne an Langeweile einzugehen. (bs)
Meinung
„Captain, ich fühle aggressive Tendenzen.“ Nun gut, Elite Force II war zwar nicht der Anlass für Worfs Aussage, aber der Klingone hätte wohl seine Freude an dem Spiel gehabt: Wie nie zuvor in einem Star Trek-Titel kracht, donnert und knallt es auf allen Seiten. Den Actionspieler in mir freut es, denn der Shooter-Kern stimmt – mancher Schwächen zum Trotz ist und bleibt Elite Force II ein sehr gelungener Genrevertreter, der einfach Spaß macht. Der Trekkie in mir zieht jedoch in bester Spock-Manier skeptisch eine Augenbraue hoch: Außer der Verpackung hat das wilde Gemetzel nicht mehr viel mit dem philosophisch angehauchten Vorbild zu tun. Klar, dessen Essenz ist mit einem Shooter schwer zu vereinbaren, aber im ersten Teil hat man es mit viel Fingerspitzengefühl durchaus geschafft. Doch auch ohne meine persönliche Lizenz-Verstimmung hätte die Präsentation der Story, die am Anfang noch begeistern kann, einiges an zusätzlichem Feinschliff vertragen. Dennoch: Genre-Fans, die sich mit der eher kurzen Spieldauer anfreunden können, dürfen ebenso unbesorgt zugreifen, wie Trekkies, die schon immer der Meinung waren, dass heute ein guter Tag zum Sterben ist.
Als Wertung plädiere ich mal vorsichtig für 83 Punkte.
Grüße von
ButtSeriously
In memoriam PC Player 1/93 - 6/2001