Di, 20. Aug 2002, 10:00
Ich habe jetzt mal den ersten Entwurf zum Test für Dungeon Siege fertig. Wäre nett wenn ihr da mal ein bisschen Korrektur lesen könntet und ihn auch gleich ein bisschen kommentiert.
DUNGEON SIEGE - TEST
Diablo 2 ist Ihnen zu komplex? Es fehlt Ihnen eine richtige Party und auch die Grafik von Blizzards Meisterwerk kann Sie nur wenig begeistern? Dann werfen Sie mal einen Blick auf Dungeon Siege!
Dungeon Siege ist das neueste Werk von Chris Taylors Gas Powered Games, die anno 1998 mit dem Echtzeit-Strategiespiel Total Annihilation versuchten die Vorherrschaft von Westwoods Command & Conquer zu brechen. Mehr als ein kleiner Teilerfolg schaute damals nicht heraus. Mit Dungeon Siege haben Taylor und seinen Mannen nun dasselbe in einem anderen Genre vor: Der unumstrittene Action-RPG-Kaiser Diablo 2 soll vom Thron geworfen werden. Doch auch diesmal bleibt Chris Taylor nur zweiter Sieger. Aber der Reihe nach:
08/15 Fantasy
Die Story in Dungeon Siege ist schnell erklärt: Sie schlüpfen in die Rolle eines jungen Farmers im Königreich Ehb. Eines Tages – der Acker wird gejätet und man ahnt nichts Böses – schleppt sich plötzlich mit letzter Kraft Norrick, ein alter Bekannter, vor die Haustür. Die Krugs – sehr ähnlich den bekannten Orks – stürmen das Königreich. Die erste Quest: Nach Stonebridge reisen, jemanden namens Gyorn treffen und Alarm schlagen. Wenige Sekunden später gilt es mit der Heugabel schon die ersten Fieslinge zu vertrimmen. Ist dies erledigt kann der Aufbruch nach Stonebridge beginnen. Es erwartet Sie ein lange Reise. Sie sehen schon: Die Originalität der in neun Kapiteln unterteilten Story-Line hält sich in Grenzen.
Klick mal wieder…
Die Steuerung geht erfreulicherweise leicht von der Hand: In fasst allen Fällen genügt wie beim großen Vorbild Diablo ein Mausklick. Klicken Sie auf einen Gegner wird dieser solange verprügelt bis er in die ewigen Monster-Jagdgründe eingeht, eine Schatztruhe bzw. ein Fass wird geöffnet bzw. zerschlagen und auch die Zaubersprüche werden mit schnellen Mausklicks vorbereitet. Alternativ können Sie auch die Hauptarbeit den Computer übernehmen lassen. Spezielle Kampfanweisungen (Position halten, Verfolgen, Verteidigen) lassen die Spieler-Charaktere recht selbständig agieren. In der Praxis funktioniert dies dank der ordentlichen KI bis auf einige Ausnahmen recht gut. Wenige Eingriffe genügen um für einen Triumph des Guten zu sorgen. Nur bei besonders schwierigen Kämpfen ist es Ihnen überlassen für jeden Charakter die Befehle sorgsam auszuwählen. Dabei kommt Ihnen die Leertaste zu Gute, mit der Sie blitzartig das Spiel pausieren können um dann in aller Ruhe ihre nächsten Entscheidungen zu überdenken. Heiltränke bzw. Mana-Tränke schlucken Ihre Recken komfortabel per Short-Cut. Wird es dann doch einmal zu schwer, können Sie (auch während des Spiels) zwischen drei Schwierigkeitsgraden wählen. Ein besonders Lob verdient sich Gas Powered Games auch für die Handhabung des Inventars: Nicht nur, dass Dungeon Siege über eine eigene Aufräum-Funktion verfügt, auf Wunsch dürfen Sie sich auch alle acht möglichen Charakter-Inventars nebeneinander aufreihen um dem fröhlichen Gegenstands-Tausch zu frönen. Da bricht die Sammelwut erst richtig aus. Attraktiv für Einsteiger macht sich Dungeon Siege auch dank seiner Linearität. Die wenigen Neben-Quests können Sie fast alle recht bequem im Vorbeigehen erledigen. Meistens geht es allerdings nur gerade den Hauptpfad entlang und die Gegnerhorden niedermetzeln. Leider existiert kein Teleport-Zauber wie in Diablo 2: Wollen Sie in eine schon vor ein paar Stunden besuchte Stadt, müssen Sie den gesamten Weg wieder zurückgehen was sich schnell als recht zeitintensiv herausstellen kann.
Beeindruckende Grafiken
Dungeon Sieges größte Stärke ist zweifellos die beeindruckende frei dreh- und zoombare Grafik. Noch nie sah eine Fantasy-Welt schöner aus. Egal ob Sie gerade durch einen Wald wandern, verschneite Berge erklimmen, in Dungeons herumstöbern, durch Sümpfe waten oder durch Wüsten stapfen – jede Landschaft ist detailliert ausgearbeitet und sorgt für offene Münder. Dazu kommen noch Wetter-Effekte die ihresgleichen suchen. Strömender Regen, rieselnder Schnee oder düsterer Nebel – Dungeon Siege bietet hier alles was das (Spieler-)Herz begehrt. Ein besonderes Highlight sind die Ladezeiten-freien Übergänge. Egal ob Sie in einen Dungeon einsteigen oder gerade einen solchen verlassen – Lade-Bildschirme werden Sie in Dungeon Siege nur beim Spiel-Einstieg sehen. Betreten Sie ein Gebäude blendet sich das Dach aus und Sie haben freien Blick auf ihre Streiter. Dasselbe gilt für möglicherweise im Sichtfeld stehenden Bäume oder Felsen, die dann einfach transparent werden. Für den rettenden Überblick ist also gesorgt. Auch die Spielfigur-Animationen sind sehr gelungen und gehen flüssig (die entsprechende Hardware vorausgesetzt) über den Bildschirm. Besonders imposant wird das Geschehen wenn Sie die vielen verfügbaren Zaubersprüche einsetzen. Beim Einschlagen von Feuerbällen und Eispfeilen brennt Dungeon Siege ein wahres Grafik-Feuerwerk ab. Auflösungen von 640x480 bis 1024x768 sorgen außerdem für Flüssigkeit auf (fast) jedem Rechner. Apropos Rechner: 800 MHz sowie 256 MB RAM sollte ihr System schon haben um den vollen Spielspaß von Dungeon Siege genießen zu können. Die tolle Grafik – die Diablo 2 und Baldurs Gate 2 locker in die Tasche steckt - hat eben ihren Preis.
Nie mehr allein
Im Gegensatz zu Diablo 2 metzeln Sie sich im Königreich Ehb nicht alleine durch die Gegner-Massen. Bis zu sieben Kollegen unterstützen Sie im Kampf gegen das Böse. Die Rekrutierung kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen: Manche bieten für einen schönen Batzen Geld ihre Dienste an. Andere wiederum (meistens befreite Gefangene) schließen sich auch gratis Ihrer Wanderung an. Wenn Sie wollen können Sie allerdings auch alleine losziehen um das abgrundtiefe Böse zu bezwingen. Das dürfte allerdings nur ein Fall für Profis sein, da der Schwierigkeitsgrad auf Solo-Pfaden extrem anzieht. Witzig und zugleich praktisch ist die Möglichkeit einen oder mehrere Maulesel für die Party zu kaufen. Dieser kann ein Vierfaches eines normalen Charakters tragen und sich zudem noch mit Bein-Tritten zur Wehr setzen. Im Normalfall sollte der Esel aber erst nach einem gewonnenen Gefecht in Erscheinung treten, wenn es ans Beute einsammeln geht. Ansonsten müssen Ihre Helden ihre Schätze bald selber tragen. Um alle Mitstreiter schön unter Kontrolle zu haben stehen Ihnen außerdem die verschiedensten Formationen (Keil, Gänsereihe, etc.) zur Verfügung. So können Sie für jedes Gelände die optimale Party-Aufstellung einstellen. Hier macht sich die langjährige Erfahrung von Gas Powered Games bei den Echtzeit-Strategie-Spielen bezahlt. Dank der schon angesprochenen ordentlichen Künstlichen Intelligenz verlieren Sie auch mit allen acht Streitern nie den Überblick.
Eine reine Charakter-Frage
Recht dürftig ist bei Dungeon Siege neben der Story allerdings auch das Charakter-System geworden. Bis auf die drei Haupt-Attribute Stärke, Geschicklichkeit und Intelligenz sowie die vier Fähigkeiten Nahkampf, Fernkampf, Natur- bzw. Kampf-Magie gibt es für den Tabellen-Freak nichts zu finden. Wizardry-8-verwöhnte Spieler werden mit Dungeon Siege wie erwartet also wohl kaum glücklich werden – Gas Powered Games setzt auf Einsteigerfreundlichkeit. Bei der Charakter-Generierung zu Spielbeginn können Sie nur Ihr Aussehen bzw. Geschlecht definieren. Im Gegensatz zu Diablo gibt es auch keine Erfahrungspunkte. Gesteigert wird automatisch die am häufigsten benutzte Eigenschaft. Spezielle Fertigkeiten oder Talente wie in Diablo 2 kann Dungeon Siege ebenfalls nicht bieten. Wenig zu bieten hat Dungeon Siege auch für Freunde des Multiplayer-Spiels. Es existiert zwar eine eigene Multiplayer-Halbinsel namens Utraä im Internet, an die Klasse eines Diablo 2 im Battlenet reicht Dungeon Siege angesichts fehlender Ranglisten allerdings bei Weitem nicht heran. Weiterer Minuspunkt: Da die Spieler selber als Hosts agieren, ist Cheatern Tür und Tor geöffnet. Dementsprechend oft trifft man im Netz auf höchststufige Charaktere die gerade mal mit einem Lendenschurz geschützt sind. Das dies nicht gerade für den Spielspaß förderlich ist, liegt auf der Hand. Für einige Stunden mit ein paar (ehrlichen nicht schummelnden) Freunde reicht der Multiplayer-Teil aber locker aus.
Die Revolution ist misslungen
Wie schon zu Beginn geschrieben ist Dungeon Siege also trotz der Hoffnungen zahlreicher Fans nicht für den Diablo-2-Thron bereit. Die Grafik ist zwar sensationell und auch die Steuerung ist makellos doch die Story-Patzer und das fade Charakter-System verzagen dem Spiel die höheren Weihen. Trotz der schwachen Atmosphäre bietet Dungeon Siege zwar viel Spaß beim erstmaligen Durchspielen, der Wiederspiel-Wert hält sich allerdings stark in Grenzen. Es gibt (wie zum Beispiel in Diablo 2) keine besseren Waffen und auch keine stärkeren Gegner und der Multiplayer-Part kann dem Einzelspieler-Modus ebenfalls nichts das Wasser reichen. Aufgrund des simplen Charakter-Systems lohnt sich nicht einmal ein zweiter Versuch um eine andere Klasse zu probieren. Der Spieler hat am Ende einfach schon alles gesehen. Doch bitte nicht falsch verstehen: Dungeon Siege ist sicher kein schlechtes Spiel. Action-Liebhaber mit einem Rollenspiel-Faible oder Rollenspiel-Freaks mit einem Hang zur Action werden den Kauf sicher nicht bereuen. Für 40 – 50 Stunden gute Unterhaltung ist Dungeon Siege dank der imposanten Grafik und der bequemen sowie flotten Steuerung allemal gut.
CU Early