
Anläßlich der C&C-Generals Diskussion um die Berechtigung der Indizierung dieser Thread. Die Frage betrifft mich insoweit auch sehr persönlich, weil ich ja bekanntlich an einem Spiel arbeite, das in engem Zusammenhang mit meinem Avatar steht. Zudem kommt bei mir natürlich noch eine einschlägige Berufserfahrung hinzu.
Die Bw hat ja auch in Zeiten des Kalten Krieges immer nur anonym von "dem Feind" gesprochen, wenn sie in Manövern und Sandkästen taktische Überlegungen angestellt hat. Natürlich war das taktische Verhalten und die Ausrüstung des angenommenen Feindes angelehnt an das Verhalten des wahrscheinlichsten Gegners. Allerdings war die Unterdrückung der namentlichen Erwähnung mehr als nur einfache Bigotterie, da die Sowjetunion ja auch "blockfreie" Staaten mit Technik und taktischer Schulung ausstattete, insofern also die Methoden auch anderswo anzutreffen waren.
Nun, zurück zu den Spielen. Folgende Thesen:
1. Ein Spiel, das erfolgreich sein will, muß Multiplayermodus bieten.
2. Spiele leben auch von einer dramatischen Überhöhung von "Gut gegen Böse"
3. Ein "anständiger Bösewicht" trägt mehr zur Atmosphäre bei als ein grundguter Paladin in schwuler Silberrüstung.
Damit ergibt sich für Spiele, die nicht in einer klar erkennbaren Fantasy-Welt stattfinden (das schließt Science Fiction, (entfernte) Historie u.ä. mit ein) das Dilemma, daß der Bösewicht zwar klar erkennbar sein soll, andererseits die Zeichnung von Feindbildern vermieden werden sollte, wenn man sich einer humanitären Erziehung weiterhin verpflichtet fühlt.
Ich halte es beispielsweise für undenkbar, unser Spiel darauf auszurichten, einen (derzeit noch) hypothetischen Feldzug durch einen virtuellen Irak zu simulieren, um damit an der Kasse zu punkten. Andererseits ist das aber genau der Verlust an Atmosphäre, den sich womöglich ein Spieler wünscht.
Ich will aber vermeiden, Teil einer Propagandamaschine zu werden, die mal die Nordkoreaner aus der Kiste hüpfen läßt, mal die Chinesen, die Iraker, oder wer sonst ganz oben auf der schwarzen Liste von Washington steht.
Nun habe ich es mal mit einem fiktiven Szenario versucht, das wiederum von zwei Seiten spielbar sein sollte. Blau (schon vor Preußens Zeiten klassische Farbe für eigene Truppen) soll dabei einen Konvoi mit Hilfsgütern beschützen. Rot (s.o.) in einer an eine zusammengewürfelten Rebellentruppe angelehnten Truppeneinteilung wiederum hat den Auftrag, den als Hilfsgüterkonvoi getarnten Waffentransport zu überfallen. Gewürzt habe ich das mit jeder Menge islamischem Revolutionsgebrabbel. Dann kam der 11. September, der neuerliche Krieg in Afghanistan, und ich habe jede Lust verloren, an diesem Szenario weiterzumachen.
Es ist ja schwierig, eine Verbindung zwischen realistischer Simulation des modernen mechanisierten Gefechts einerseits und einer nicht an die Realität angelehnten, dennoch aber realistisch erscheinenden Atmosphäre andererseits hinzubekommen.
Sollten sich die computergesteuerten Einheiten an die Genfer Konventionen halten?
Wo zieht man die Grenze zwischen dem Bedürfnis nach einer überzeugenden Atmosphäre einerseits und dem Willen, das Fördern von Feinbildern zu unterlassen?