Tequila! hat geschrieben:@ssnake: Ich kenne solche (europäischen/globalen) Vergleichsstatistiken nicht. Aber selbst wenn du dir die Mühe machtest, dir vom BKA die deutsche Kriminalitätsstatistik zu holen und die mit denen anderer Länder zu vergleichen, würde das wenig aufschlussreich sein. Dazu sind zunächst die Statistiken von der Erhebung zu unterschiedlich.
Ich glaube auch eine Linie quer durch alle Innenministerien zu erkennen, daß Vergleichbarkeit und eine Vereinheitlichung von statistischen Erhebungen, Erfolgskontrolle überhaupt, gar nicht erwünscht ist - es sei denn, man könne über selektive Präsentation eigene Erfolge propagieren.
Aber was die verschiedenen Medienwirkungstheorien angeht, gibt es eigentlich nur eine, die Gewaltkonsum eine positive Wirkung zuschreibt ("Katharsistheorie"). Nur wird die heutzutage nicht mehr vertreten, weil sie wohl empirisch nicht zu stützen war (so sagen jedenfalls Schwind, Theunert, Löschper und wie sie alle heißen).
Soweit würde ich ja auch gar nicht gehen - Schädlichkeit, die ja die Minimalvoraussetzung für eine Verbotsdiskussion sein sollte, ist ja auch nicht nachgewiesen. Soweit ich das übersehe, gibt es zwei Sorten von Untersuchungen zur Medienwirkung - jene, die methodisch überzeugend durchgeführt wurden und im Wesentlichen ohne Ergebnis sind, und jene, die methodisch angreifbar sind und dadurch die Wirkungshypothese bestätigen.
Es fängt ja schon damit an, daß die Schwelle von "Gewalt" gar nicht einheitlich definiert werden kann. Was ist denn, bitteschön, Gewalt? Wir erkennen Gewalt, wenn wir sie sehen, das ist wie mit der Pornographie. Zu definieren, was Gewalt ausmacht, fällt schon schwerer. Entweder die Definition ist so allgemein gehalten, daß nahezu jedes beliebige Beispiel darin erfaßt ist. Oder man muß sich schon fragen, ob die Darstellung von Gewalt überhaupt identisch mit Gewalt sein kann.
Solange Kausalität nicht nachweisbar, nicht einmal begründet vermutbar ist, bleibt jede Verbotsdiskussion von Populismus und Hysterie dominierte Veranstaltung, von der sich der denkende Mensch besser fernhält.
Und zur Verknüpfung mit dem schon vorhandenen Agressionspotential sagt Höhler:" Eine Zunahme der Gewaltakte infolge gewalttätiger Fernsehfilme verzeichnen die Forscher für jene Jugendlichen, die aus einem soziokulturellen Milieu mit geringer Aggressionshemmung kommen. Die Höhe der Hemmschwelle scheint also für den realen Ausbruch aus der aggressiven Stimmung in die aggressive Handlung entscheidend [...] So bilden bei Kindern aus den aggressionsbetonten Milieus, die in der Regel mit der sozialen Unterschicht identisch sind, materielle Verbesserungen der Situation, die als Synonyme für persönlichen Erfolg und höheres Ansehen gelten, erstrebenswerte Ziele. Ein gewalttätiger Fernsehheld ist für diese Kinder nachamenswert, wenn er, gleichviel mit welchen moralischen Mitteln, sein Ziel erreicht".
Daß es eine Korrelation zwischen bevorzugt konsumierten Medieninhalten und realem Verhalten gibt, bezweifle ich nicht. Aber Korrelation ist eben nicht Kausalität - es könnte ebensogut sein, daß die Wirkkette genau umgekehrt ist, gewaltbereite Menschen also gerade deswegen Gewalt darstellende Medieninhalte bevorzugen, weil es ihren eigenen Neigungen entgegenkommt.
Passend dazu war neulich ein Bericht im Spiegel, dass Spiele intelligenzhemmend wirken können. Allerdings umso stärker, umso weniger Intelligenz der Betroffene von Beginn an mitbringt. Will sagen: Cleveren schadet es nicht (nützt in gewissen Grenzen sogar), während für "Dumme" uU recht gravierende Folgen eintreten können bzgl. der Lernentwicklung.
Ja, das ist das, was der Herr Pfeiffer (noch) herausfinden will. Ich fürchte nur, soweit ich seinen Ansatz verstanden habe, daß er in erster Linie Korrelationen aufdecken will, für die es u.U. nicht mal einer wissenschaftlichen Untersuchung bedürfte, weil sie schon lange bekannt sind. Kausalität wird Herr Pfeiffer nicht nachweisen können, solange er wissenschaftlich seriös bleibt. Daran habe ich leider meine Zweifel, als niedersächsischer Innenminister hat er schon zuviel Politik betrieben, als daß die Unschuldsvermutung in seinem Fall länger gelten kann.