Ich kann leider nicht mehr auf jeden einzelnen antworten, obwohl ich es gern tun würde. Bitte nehmts mir nicht übel!
@Harry:
Ich glaube, mal gelesen zu haben, dass es durchaus geschichtliche Hinweise auf Hungersnöte im alten Ägypten gegeben hat, die auch mit dem Abzug von Bauern aus den Dörfern zum Pyramidenbau zu tun haben. Ganz sicher ist auch, dass manche Pyramidenprojekte unter erheblichen Zeitdruck gerieten - das Motiv für die Herrscher, etwas mehr Druck als gut fürs Volk war, auszuüben. Aber das ist auch unerheblich. Ich denke, was ich sagen wollte, ist verstanden worden und dem hast du ja auch nicht widersprochen.
@Cloud:
So, du denkst also, mit ein bisschen Bildung und Fleiß kommst du weg von deinen sozialen Wurzeln?! Nun, das führt vielleicht dazu, dass du ein paar Euro mehr verdienst. Das wars aber auch schon. Trotzdem wirst du dein Leben lang Zins, Miete und Pacht an die Besitzenden dieser Welt zahlen, die dafür nicht so schlau und fleißig sein müssen wie du. Die müssen nichtmal arbeiten dafür.
Dir ist persönlicher Wohlstand also egal. Schön, hilft dir aber auch nichts. Denn schon mit deinen Frühstücksbrötchen zahlst du Pacht an den Grundbesitzer, auf dessen Land das Getreide dafür angebaut wurde. Mit jedem Produkt, dass du kaufst, zahlst du Zinsen an die, die dessen Produktion vorfinanziert haben. Dein Arbeitslohn ist um den Teil geringer, den der Aktionär als Dividende fordert, dafür dass er sein Geld in das Unternehmen gesteckt hat, das dich anstellt.
Und du selbst wirst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nie genug besitzen, um diese Ausgaben durch eigene arbeitsfreie Einkommen zu neutralisieren. Du wirst immer draufzahlen.
Für einen Fremden magst du mit deinem Doktortitel in Mathematik und dem schicken Maßanzug, den du zur Disputation trägst, nicht zu unterscheiden sein von dem Lackaffen aus reichem Hause. Für das System aber bist du immer noch ganz leicht zu unterscheiden. Der feine Lackaffe weiß das übrigens, nur deswegen lässt er dich gewähren. Du darfst nicht denken, nur die Arbeiter hätten dazugelernt in den letzten hundert Jahren - nein, die anderen auch. Zum Beispiel haben sie gelernt, dass es gar nicht notwendig ist, den Arbeitern Bildung zu verweigern, um den eigenen Status zu erhalten. Das schafft nur Ärger, weil die Arbeiter es bemerken und sich dagegen auflehnen. Es genügt, wenn die wesentlichen Mechanismen des Kapitalismus erhalten bleiben.
Tut mir leid, Cloud, aber das soziale Milieu deiner Eltern klebt an dir wie ein ekliger Kaugummi an einem neuen Turnschuh. Klar, wenn du froh bist, nach der Arbeit nicht mehr wie deine Eltern nach Schweiß zu riechen oder mit 50 noch heile Knochen zu haben, so wie die Reichen auch - dann hast du deine Chancengleichheit. Schön, wenn du damit zufrieden bist. Ich beneide dich um diese Bescheidenheit, ganz ehrlich.
Aber trag nicht deine einfache Herkunft vor dir her, um mir zu sagen, ich hätte keinen Schimmer von den Dingen, von denen ich rede!
@Schumacher und Aldi-Brüder
:
Diese Beispiele sind die wohl dümmste Ausformulierung des eingetrichterten Egoismus der westlichen Welt. Millionen wollen, dass es ihnen so gut geht wie Schumacher, aber selbstverständlich KANN nur ein einzelner Schumacher tatsächlich so reich sein. Die Tatsache, dass es ein Beliebiger aus den Millionen sein könnte, beweist doch nicht die Chancengleichheit zwischen Arm und Reich. Hat sich schon mal jemand gefragt, warum das Glücksspiel Lotto vom Staat organisiert und beworben wird? Opium fürs Volk würde ich sagen. Nichts anderes sind eure Schumacher-Beispiele.
Wenn ich über Politik diskutiere, habe ich das Wohlergehen der Gemeinschaft im Blick und nicht, ob eine Promille-Chance für den Einzelnen besteht, den großen Coup zu landen. Und deshalb kotzt mich diese Werbekampagne so an. Weil da auf politisierende Art und Weise einem ganzen Volk das nur für Einzelne realisierbare Lebensglück als Ansporn verkauft wird.
Jetzt seid mal ehrlich: Ist nicht das, was ich oben in der Antwort auf Cloud beschrieben habe, das höchste, was ein Arbeiterkind im Normalfall erreichen kann? Wird es denen, die nicht mit genügend Intelligenz für ein Studium ausgestattet sind, nicht noch deutlich schlechter gehen als dem (hoffentlich bald

) promovierten Cloud?
@Tequila!
Ich benutz nicht nur gern den schwarzen Text-Eimer, sondern bin vermutlich gar als Kind reingefallen.

Deshalb muss ich jetzt mal loswerden, dass es auch meiner Meinung nach genug auf dieser Welt gibt, wegen dem es sich zu leben lohnt. Nur das System in diesem Land gehört für mich ganz sicher nicht dazu. Meine Kommentare können mir bei diesem Thema gar nicht schwarz genug sein. Und danke für den Link, sehr interessant.
Zum Thema Osten: Bitte verwechselt mein Geschriebenes nicht mit Ostalgie. Ich weiß sehr gut, was die DDR war und will sie beileibe nicht zurück. Ich suche nur einen Grund für mein Andersdenken. Und in zahllosen Gesprächen mit "Wessis" hat sich für mich herauskristallisiert, dass ihnen genauso mit einer Ideologie ins Hirn geschissen wurde wie uns. Sie denken nur, dass bei ihnen alles ganz freiheitlich und selbstbestimmt war. Warum sonst springen sie auf dieses Schumacher-Argument an, entgegen jeder Logik? Warum wusste keiner, wie Ausbeutung durch Besitz funktioniert? In der DDR war das Lernstoff in der Schule. Soll es ein Zufall sein, dass das in den westdeutschen Lehrplänen fehlt?
Das Menschenbild mit genetisch bedingter Habgier und Ellbogenmentalität müsstest du aus einem Westdeutschen schon herausprügeln!

Im privaten Bereich kriegt man doch Anerkennung dafür, wenn man die Oma über die Straße bringt und deshalb selbst zu spät kommt. Da sind doch alle ganz lieb und nett. Selbst der smarte Manager sagt: "Also geschäftlich, da bin ich knallhart - im Privaten dagegen..." Also die Erfindung des geteilten Menschen muss irgendwie an mir vorübergegangen sein. Ich sehe schon eine Sehnsucht nach mehr Menschlichkeit, auch im Westen - nichtzuletzt auch im letzten Wahlergebnis. Trotzdem will kein Wessi wahrhaben, dass es das System ist, das die Menschen zu hässlichem Verhalten treibt und nicht ihre Veranlagung.
Zu guter Letzt schmeckt die Ausbeutung im Osten auch einiges bitterer als im Westen. Wir haben hier eine zerstörte Gesellschaft mit haufenweise Verlierern, die mit nichts mehr klar kommen. Vielen von denen geht es auch ganz objektiv schlechter als zu DDR-Zeiten. Es ist zum Kotzen, nicht zu wissen, was man denen überhaupt noch erzählen soll. Unsere Industrie wurde ausverkauft und platt gemacht. Das Wenige, was neu entstanden ist, wurde mit langen Arbeitszeiten, unbezahlten Überstunden und wenig Lohn erkauft. Keine Spur von den süßen Gewerkschaftserrungenschaften des Westens aus den 70ern. Hunderttausende pendeln in den Westen, verblasen einen Großteil ihres Lohns auf der Autobahn und sehen ihre Familien nur am Wochenende. Die jungen leistungfähigen Leute müssen weggehen und hängen entwurzelt und ohne sozialen Anhang in Stuttgart oder München herum.
15 Jahre nach der Wende ist vielen im Osten klar, dass sie einen verdammt hohen Preis für die Bananen gezahlt haben. Und sie erinnern sich, dass vieles von der angeblich ideologischen Indoktrination nur allzu wahr ist...
Ciao,
Doc SoLo