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Alex
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Mo, 19. Mai 2003, 09:53

ButtSeriously hat geschrieben:
Wenn man bedenkt, daß sich der prozentuale Anteil des DVD-/Video-Bereichs am Gesamtumsatz in den letzten zehn Jahren vervierfacht hat, ist das wirklich auch ein ernst zu nehmendes Problem.


Ums vorneweg zu sagen: Natürlich sind DVD-Kopien ein Problem, und es wird immer größer.

Aber dieses Argument von Dir kann man doch auch genau andersherum auslegen. Die DVD war ein Gottesgeschenk für die Filmindustrie. Ich habe leider keine Zahlen gefunden, aber ich glaube, es verkaufen sich jetzt schon mehr DVDs pro Jahr als es je Videokassetten taten. Man kann den Leuten alte Filme (mit ein Grund für die vorherige Behauptung) nochmal andrehen und überhaupt auch von neuen viel mehr verkaufen. Ich kennen nur einen Filmfreak, der eine wirklich große Videokollektion hatte, aber ich kenne jetzt schon mehrere, die sich eine große DVD-Cllection zulegt haben (darunter Volker Schütz als Spitzenreiter mit wahrscheinlich schon 1000 (!) DVDs).

Der Wiederverwertungsmarkt ist also ordentlich gewachsen. Aber klar, es gibt DivX (und es soll ja wohl auch schon Standalone-Player geben, die DivX abspielen können) und auch DVD-Brenner und Rohlinge werden immer billiger, ich sehe da in der nicht fernen Zukunft schon ein Problem.

Aber ich behaupte weiterhin kühn, dass durch Raubkopien das Kerngeschäft Kino nie so leiden wird wie die Musikindustrie, weil ein Kinobesuch nicht zu ersetzen ist - die riesige Leinwand, der bombastische Sound, auch die Masse an Menschen und überhaupt das "Weggehen" lassen sich durchs Heimkino nicht ersetzen.
 
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Mo, 19. Mai 2003, 10:35

Also bei der DVD-Industrie frage ich mich wirklich ob das wirklich momentan ein Problem ist oder nicht nur Gejammer der Hersteller. Ich habe bislang weit über 100 orginal-DVD Filme, und ich habe auch spaßeshalber mal einen Film aus der Videothek gerippt. (The One mit Jet-Lee als Code 1) weil ein Kumpel den haben wollte. Zu kaufen gibts den ja noch nicht! Der Aufwand des Rippens ist meiner Meinung nach die Mühe nicht wert. Der Rechner hat 3 Stunden an dem 90 Minuten Film rumgenudelt, und ich habe ca. 3 Rohlinge verbraten bis ich ihn endlich sauber auf CD hatte. Das anschauen war dann die große Enttäuschung, die Bildqualität liegt nämlich unter Video-Qualität, und bei Videos hat sich irgendwann auch keiner mehr über Kopien aufgeregt, und dabei war das Kopieren da noch viel einfacher. (Bei Videos hatte ich gerade mal 10-15 Orginalfilme, der Rest von den 120 Kassetten war ganz legal aus dem Fernsehen aufgenommen) Bevor jetzt jemand schreit: Die CD von The One habe ich inzwischen wieder weggeschmissen, kaufen werde ich mkr den Film trotzdem nicht, da ich ihn nur mittelmäßig fand.
Das ganze Rippen ist doch nur was für Schüler, die sich DVDs natürlich noch nicht leisten können und denen die miese Qualität nichts ausmacht. Daß da der Industrie viel Geld verloren geht bezweifle ich ganz stark, denn wenn die Kids die Filme nicht rippen könnten würden sie sie sich trotzdem nicht kaufen, weil nämlich die Kohle fehlt. Die würden sich den Film dann auf Video ausleihen und dort dann eine Kopie ziehen.
Außerdem, wie schon bemerkt wurde: Viele Filme kann man den Kunden ja dank DVD nochmal verkaufen, ich habe z.B. auch einige Filme von den 15 Video Orginalen inzwischen nochmal als DVD: Independence Day, MIB, Titanic, True Lies fallen mir gerade spontan ein. Eigentlich habe ich für die private Filmnutzung also doppelt gezahlt, denn man zahlt ja eigentlich die Software Nutzung und nicht für die Hardware auf der die Software gespeichert ist.
Von unsäglichen neuen DVDs wie bei X-Men 1.5 odeähnlichem jetzt mal ganz abgesehen!
Die Filmindustrie soll also bloß das Jammern sein lassen!
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Mo, 19. Mai 2003, 17:29

Alex hat geschrieben:
Aber dieses Argument von Dir kann man doch auch genau andersherum auslegen. Die DVD war ein Gottesgeschenk für die Filmindustrie. Ich habe leider keine Zahlen gefunden, aber ich glaube, es verkaufen sich jetzt schon mehr DVDs pro Jahr als es je Videokassetten taten. Man kann den Leuten alte Filme (mit ein Grund für die vorherige Behauptung) nochmal andrehen und überhaupt auch von neuen viel mehr verkaufen. Ich kennen nur einen Filmfreak, der eine wirklich große Videokollektion hatte, aber ich kenne jetzt schon mehrere, die sich eine große DVD-Cllection zulegt haben (darunter Volker Schütz als Spitzenreiter mit wahrscheinlich schon 1000 (!) DVDs).


Halbe Zustimmung. ;)
In der Tat ist der DVD-Markt schon jetzt knapp über dem Niveau des Videomarktes zu seinen besten Zeiten. Das liegt daran, daß Videos vor allem geliehen wurden, während DVDs in großen Zahlen gekauft werden. Kein Wunder: Während ein Kaufvideo praktisch keine Vorteile gegenüber einer schnöden Fernsehaufzeichnung bot, gibt's bei der DVD überlegenes Bild, besseren Ton, die Originalsprache und oft noch einen dicken Batzen Extras. Da freut sich sowohl der Durchschnittskunde als auch der passionierte Cineast.
Aber: Was man dabei nicht übersehen darf, ist die Tatsache das dieses "Gottesgeschenk" bitter nötig war, denn vor der DVD war die Branche schon ziemlich ins Trudeln geraten: Die Kino-Umsätze wachsen nämlich schon seit langer Zeit kaum noch über Inflationsniveau, während die Produktionskosten rapide gestiegen sind (zum Teil ein hausgemachtes Problem, aber nicht nur). In der letzten Zeit gab's wieder positive Impulse, dank Filmen wie Spider Man, Herr der Ringe und den neuen Star Wars-Episoden, die wirklich Geld wie Heu eingefahren haben. Aber ansonsten ist und bleibt Film ein High-Risk-Business. Genau dieses klassische Problem wird durch die DVD deutlich abgemildert. Man nehme z.B. Chris Roberts' Wing Commander-Film. An der Kinokasse ein Flop. In der pre-DVD-Ära wär's wohl auch dabei geblieben, aber dank der Silberscheibchen hat sich dieser Film tatsächlich doch noch rentiert. Es findet eine starke prozentuale Verlagerung der Geschäfts in den Heimbereich statt. Eine Art Strukturänderung der gesamten Branche. Noch ist das Kino das Kerngeschäft, aber man muß sich nur die Zahlen ansehen: 1990 machte Paramount Pictures über 70% seines Jahresumsatzes an der Kinokasse. Heute sind es noch 55%. Und insofern...

Alex hat geschrieben:
Aber klar, es gibt DivX (und es soll ja wohl auch schon Standalone-Player geben, die DivX abspielen können) und auch DVD-Brenner und Rohlinge werden immer billiger, ich sehe da in der nicht fernen Zukunft schon ein Problem.


... sehe ich gerade hier in der Tat, wie Du ja auch, auf Dauer ein gewisses Problem.

Alex hat geschrieben:
Aber ich behaupte weiterhin kühn, dass durch Raubkopien das Kerngeschäft Kino nie so leiden wird wie die Musikindustrie, weil ein Kinobesuch nicht zu ersetzen ist - die riesige Leinwand, der bombastische Sound, auch die Masse an Menschen und überhaupt das "Weggehen" lassen sich durchs Heimkino nicht ersetzen.


Ich sehe das grundsätzlich genauso. Ich hoffe nur, daß wir da in Zukunft nicht zu einer Minderheit werden.

Dirty Harry hat geschrieben:
Also bei der DVD-Industrie frage ich mich wirklich ob das wirklich momentan ein Problem ist oder nicht nur Gejammer der Hersteller.


Kommt drauf an, wie Du "Jammern" auslegst. Natürlich schreit die Industrie lauter, als die Lage es erfordert. Das ist ja nichts Neues. Aber ein Problem gibt es absolut. Darauf bestimmt und klar hinzuweisen, finde ich richtig und nötig. Wozu ich aber auf keinen Fall solche Methoden, wie die Einblendung vor X-Men 2 zähle. Die ehrlichen Kunden im Kinosaal unter Generalverdacht zu stellen, ist natürlich eine Unverfrorenheit erster Kajüte. Piraterie stoppt man ganz bestimmt nicht, indem man dem ehrlichen Kunden ins Gesicht spuckt.

Dirty Harry hat geschrieben:
Der Aufwand des Rippens ist meiner Meinung nach die Mühe nicht wert. Der Rechner hat 3 Stunden an dem 90 Minuten Film rumgenudelt, und ich habe ca. 3 Rohlinge verbraten bis ich ihn endlich sauber auf CD hatte. Das anschauen war dann die große Enttäuschung, die Bildqualität liegt nämlich unter Video-Qualität, und bei Videos hat sich irgendwann auch keiner mehr über Kopien aufgeregt, und dabei war das Kopieren da noch viel einfacher.


Das mag ja im Moment noch so sein, aber in Zukunft sieht das vermutlich ganz anders aus. DVD-Brenner werden immer billiger, DivX ist auf dem Vormarsch (und mittlerweile sogar schon von einigen DVD-Playern abzuspielen). In nicht allzu ferner Zukunft wird der Schwarzmarkt mit billigen, qualitativ tadellosen DVDs überschwemmt sein.
Und Deine Zweifel in allen Ehren, aber die 35 Mio. sind keine blauäugige Schätzung, sondern das Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie. Wie gesagt: Es handelt sich hier um interne Zahlen, nicht um die Jammer-Summen. Was man dabei immer bedenken muß: Der größte Teil dieser Verluste entsteht auf dem asiatischen Markt. Das deutsche Kopierproblem ist im Vergleich vernachlässigenswert und sollte nicht voreilig als Maßstab herangezogen werden.

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Do, 22. Mai 2003, 08:04

Ja, aber das ist das schlimme: Weil man an die professionellen Raubkopierer in Fernost praktisch nicht rankommt kriminalisiert man die kleinen Gelegenheitskopierer. Bei Filmen sind das hierzulande meist Kids die das Geld nicht haben sich die Filme zu kaufen, faktisch gehen da also der Industrie keine Kunden flöten.
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Do, 22. Mai 2003, 11:27

Nein, ganz so sehe ich das nicht. Die Kinder könnten sparen, oder Verwandte bequatschen, oder Vatis Auto waschen. Kopieren fördert Schnorrer-Mentalität und ist daher schon im Grundsatz abzulehnen. Wir haben diese Diskussion schon um Spiele geführt und um Musik.

Ich plädiere dafür, daß die Industriefunktionäre aufhören, mit überzogenen Horrorzahlen Politik zu machen. Ebenso muß aber auch ganz klar gesagt werden, daß der Gedanke an Verzicht und das Setzen von Prioritäten beim persönlichen Konsum durchaus verstärkt Einzug halten sollte. Insoweit ist auch die Gelegenheitskopie mentalitätsmäßig mit dem Gelegenheitsdiebstahl durchaus vergleichbar. Daß es dabei zu Gegenreaktionen der Hersteller und Händler kommt, ist unvermeidlich - und daß die Gegenwehr umso heftiger ausfällt, je dreister geklaut wird, auch.

Ich bestreite nicht, daß die Industrie auch zu dieser Entwicklung beigetragen hat, insbesondere dadurch, daß sie dem Gelegenheitskopieren noch den romantischen Flair des revolutionären Widerstands des kleinen gallischen Dorfs gegen die Übermacht der Konzerne verpaßt haben, indem sie mit schwerstem Geschütz gegen norwegische Teenager und Uni-Professoren vorgegangen sind, um ihre erbärmlich schlechten Sicherheitsvorkehrungen lieber durch eine Prozeßlawine aufrechtzuerhalten, statt bessere Technik zum Einsatz zu bringen. Das Eine wie das andere ist unsinnig.
Du liest diesen Text nicht. Fnord.
 
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Fr, 23. Mai 2003, 10:11

Nur mit Verwandte bequatschen und Auto waschen wird es für die meisten Kinder aber nicht möglich sein 40, 50 Euro zusammenzubekommen.

Deshalb finde ich es auch nicht sooo schlimm wenn sich die jüngste Generation ein paar Raubkopien zulegt. Mit zunehmenden Alter hört sich das sowieso auf. Sei es aus Zeitmangel, fehlenden Connections (in der Schule) oder einfach aus Bequemlichkeit oder moralischer Gewissenbisse.

Zumindest ist das bei meinem Freundeskreis so gelaufen. Während wir früher als Nichtverdienende eigentlich fast ausschließlich Raubkopien hatten, sind sie derzeit in einer verschwindend geringen Minderheit (einmal im Jahr taucht vielleicht einmal eine auf).

Deshalb glaube ich auch nicht, dass den Firmen da soviel Geld durch die Lappen geht, wenn Schulkinder wie wild kopieren. Schlimm wird's erst wenn es auf die "Erwachsenen" übergreift. Und dass glaube ich aus oben genannten Gründen nicht.
CU Early
 
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Fr, 23. Mai 2003, 19:58

Ich bestreite nicht, daß die Industrie auch zu dieser Entwicklung beigetragen hat, insbesondere dadurch, daß sie dem Gelegenheitskopieren noch den romantischen Flair des revolutionären Widerstands des kleinen gallischen Dorfs gegen die Übermacht der Konzerne verpaßt haben, indem sie mit schwerstem Geschütz gegen norwegische Teenager und Uni-Professoren vorgegangen sind,

Dieses "Gallische Dorf"-Gefühl hat doch ganz andere Ursachen: nämlich das einseitige Abzocken der Konsumenten, die die zu zahlenden Preise nicht aushandeln können, die Schaffung von Einheitspreisen, die jegliche Konkurrenz zwischen den Konzernen ausschaltet, und die völlig weltentrückten an Einzelpersonen gezahlten Gagen nebst einhergehender dekadenter Medieninszenierung des Reichtums dieser "Stars". Und genau dieser Moloch versucht nun auf die weinerliche Art sein Ende durch die Raubkopierer glaubhaft zu machen, bzw. mit Gesetzeshärte gegen raubkopierende Kiddies vorzugehen. Vielleicht sollten die staatlichen Regulierungsbehörden dieser Welt bei der Gelegenheit auch gleich mal gesetzeskonforme marktwirtschaftliche Verhältnisse in der Unterhaltungsbranche selbst herstellen.

Aber nein, stattdessen wird per Gesetz in den USA die Copyright-Laufzeit für Filme erhöht, kurz bevor die ersten, in den 20er Jahren gedrehten Filme, zum allgemeinen Kulturgut zu werden drohen. Man muss sich mal vorstellen, dass weder Charlie Chaplin noch irgendjemand der Filmcrew noch sonstjemand der damals an den Filmen mitgearbeitet hat, heute noch lebt. Trotzdem darf das Filmstudio noch heute Geld damit verdienen, in welcher anderen Branche gibt es das? Man stelle sich vor, die Rechte an Mozarts Melodien würden noch heute bei dem Adelshaus liegen, für das sie komponiert wurden, und man müsste noch dafür Kohle abdrücken. Das wäre dann wohl der ewige Erbreichtum für die Nachkommen bis in alle Zeit, obwohl sie nichts geleistet haben, ja nicht einmal die Vorfahren an der Erstellung des Werkes beteiligt waren. Gottseidank sind das in der Filmindustrie keine Einzelpersonen sondern "anonyme" Firmen, sonst wäre die Sache noch offensichtlicher.

Dass sich bei den Raubkopierern alles andere als ein schlechtes Gewissen einstellt, ist für mich mehr als verständlich. Viele sehen es einfach als Mittel, wieder etwas mehr Einfluss darauf zu nehmen, wieviel Geld die Unterhaltungsindustrie ihnen aus der Tasche zieht. Bisher hatte der Konsument diesen differenzierten Einfluss in keinster Weise, er konnte nur ja oder nein sagen - "Friß oder stirb" aus der Sicht der Industrie. Ich kenne keinen Raubkopierer, der nicht öfters ins Kino geht und mehr Original-DVDs im Scharnk hat, als der (gesetzestreue) Nichtraubkopierer, der sich nicht für Filme interessiert. Aber der Filmfreak gibt eben heute nicht mehr sein letztes Hemd so wie es die Industrie gern hätte.

Vielleicht sollte die Filmbranche bei ihren Gagenverhandlungen mit den Stars in Zukunft etwas härter sein, im Zweifel auch mal einen billigeren Jungschauspieler nehmen und allgemein die Produktionskosten senken. Vielleicht würde es dann den einen oder anderen Blockbuster nicht geben, dafür zwei, drei B-Produktionen mehr, vielleicht auch insgesamt weniger Filme. Dann ließen sich auch die Preise für Kinobesuch und DVD senken, in meinen Augen das einzige Mittel, Raubkopien unattraktiv zu machen. Ich möchte wetten, dass die Konsumenten sich dadurch nicht schlechter unterhalten fühlen, geschweige denn sich vom Kino abwenden würden. Wenn die Raubkopiererei diese Kostenblase endlich zum Platzen bringen und für eine Konsolidierung sorgen würde, hätte langfristig auch die Unterhaltungsindustrie was davon.

Für die kommerzielle Raubkopierei in Fernost gilt das Gesagte natürlich nicht. Auf Kosten der Filmindustrie auch noch Geld zu verdienen ist nicht zu rechtfertigen. Interessanterweise gibt es dieses Phänomen aber gerade in den Regionen der Welt, wo die westliche Hochpreis-Strategie überhaupt nicht aufgeht. Aber Strategien kann man auch ändern!

Ciao,

Doc SoLo
 
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Sa, 24. Mai 2003, 00:07

Holla-di-ho! Immer langsam mit den Pferden! ;) Der Kunde kann keinen Druck ausüben? Nicht kaufen, sage ich nur. Konsumverweigerung hat die Studios schon in den 70ern fast in den Ruin getrieben. Das kann auch wieder funktionieren. Machen wir uns nichts vor: Die Leute wollen Stars, die in dekadenter Medieninszenierung ihren Reichtum zur Schau stellen. Tatsächlich ist das mittlerweile mehr wert, als schauspielerisches Talent. Ein Trend, den ich sehr bedaure, aber ein Trend, der von den Kunden mehr gefördert wurde, als von den Studios. Schließlich nimmt das Publikum den ganzen Klatsch und Tratsch, der gezielt lanziert wird, doch begeistert auf. Ohne die Zelerbrierung der x-ten gescheiterten Beziehung in der Klatschpresse wären Akteure wie Julia Roberts genauso durchschnittlich bekannt (und bezahlt), wie sie durchschnittlich talentiert sind. Aber sie sind hochbezahlte Superstars, weil die Leute den Mist anscheinend sehen wollen, und dann natürlich auch kreuzbrav in den nächsten Film mit diesen Personen reinrennen. Warum macht man das auch? Wenn man der Meinung ist, so jemand wäre ein überbezahlter Narziss, dann verweigert man eben die Bezahlung. Der Kontakt zum Teppich ist dann ganz schnell wieder da, und diesmal ist es nicht der rote. ;) Ich würde solche Schauspieler ja auch nicht engagieren. Warum sollte man auch zwanzig Mio. Dollar ausgeben, wenn man für ein Zehntel des Geldes das zwanzigfache Talent haben kann (nachdem ich Miss Roberts schon verbal in die Pfanne gehauen habe, verkneife ich mir an diesem Punkt die Namen ;)).

Und bitte: Trotz des ganzen Gequatsches geht die Filmindustrie nicht mit aller Gesetzteshärte gegen den einzelnen Raubkopierer vor. Der wird angemeckert wie blöd, aber ganz nach dem Motto "Hunde, die bellen, beißen nicht" passiert rein gar nichts. Vorgegangen wird im Moment nur gegen die "Profis" vom Schwarzmarkt. Die sitzen in der Mehrzahl in "Asien" - wenngleich dieser schwammige Begriff ein sehr weites und auch als Markt heterogenes Feld bezeichnet. Aber verweigert sich dieser Markt wirklich einer Hochpreis-Strategie? Wenn man sich mal die Preise für Kinokarten und DVDs in Taiwan zu Gemüte führt, möchte ich das anzweifeln. Es ist nicht etwa so, als hätte die Industrie nicht schon niedrigere Preise versucht. In Europa macht man das natürlich nicht - hier ist das Problem zu unbedeutend, um die Studios ernsthaft unter Zugzwang zu setzen.

Daß Dinge wie die ewige Verlängerung von Copyrights nicht gerade sauber sind, sehe ich ja auch so. Aber dann müssen die Politiker eben mal ein wenig Rückgrat zeigen, anstatt zu kuschen. So gewaltig ist auch in den USA die Filmlobby bei weitem nicht, daß das nicht möglich wäre.

Für die Konsolidierung der Kostenblase braucht es übrigens keine Raubkopierer. Das Problem wurde von den Studios mittlerweile sehr professionell analysiert und ist auf dem Wege der Lösung. Erste Früchte der angeleierten Reformen zeigen sich schon: Im Jahr 2002 sind die durchschnittlichen Produktionskosten für einen Hollywood-Studiofilm zum ersten Mal seit langem wieder gefallen, und zwar gleich deutlich: Von 45,6 Mio. $ 2001 auf 42,7 Mio. $ 2002. Und Hochrechnungen für dieses Jahr zeigen, daß der Trend weitergeht: Für 2003 wird erwartet, daß sich die Durchschnittskosten auf kaum über 40 Mio. $ einpendeln werden. Wo wurde gespart? Nun, bei den Stars! Die werden immer häufiger erfolgsorientiert, also mit Gewinnbeteiligung entlohnt. Damit erfolgt wieder eine Annäherung an den Marktwert - für mich der richtige Weg.
Jetzt muß nur noch bei den "Studio Executives" ausgekehrt werden, die leichtfertig in Schmalspur-Drehbücher viel Geld investieren. Aber das kommt auch noch.

Nochmal: Ich plädiere ganz klar für eine differenzierte Sichtweise der Lage: Man muß das problem nicht künstlich aufblasen, aber genauso wenig sollte man die Mär von den furchtbaren Studios und den armen, wehrlosen Konsumenten wiederbeleben. :)
Die hat ja fast schon Klassenkampf-Qualitäten. ;)

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Sa, 24. Mai 2003, 10:52

ButtSeriously hat geschrieben:
Der Kunde kann keinen Druck ausüben? Nicht kaufen, sage ich nur.
Eben. Das sagte ich ja auch: "Friss oder Stirb!". Was ich aber kritisiere ist, dass der Kunde nicht einfach zu einem anderen günstigeren Anbieter gehen kann, da die Filmfirmen untereinander Preisabsprache betreiben, was in allen anderen Branchen verboten ist und vom Kartellamt verfolgt wird. Um Ihre Interessen durchzusetzen müssten sich die Konsumenten erstmal organisieren und streikartig gegen die Industrie vorgehen. Angesichts des für den Einzelnen geringen Streitwerts ist das so gut wie unmöglich. Und das weiss die Filmindustrie genau und schreibt in trauter Einigkeit 50 DM an ihre DVDs - Konkurrenz ausgeschlossen.
Machen wir uns nichts vor: Die Leute wollen Stars, die in dekadenter Medieninszenierung ihren Reichtum zur Schau stellen.

Das ist nichts weiter als eine Behauptung der Medienindustrie, die in keinster Weise wirklich stichhaltig belegt ist. Es ist doch so: Die Leute sitzen abends vor dem Fernseher - mehr oder weniger egal was kommt. Selbst der größte Scheiss bekommt deshalb Einschaltquoten, woraus die Sender frisch und fröhlich schließen, dass die Leute das sehen wollen. Das beste - zugegeben extreme - Beispiel war doch neulich "Deutschland sucht den Superstar". 80% der auf der Straße befragten Leute kannten Daniel Kübelböck - daraus wurde geschlossen, dass das Konzept ein Erfolg war und die Leute auf diese Art "Stars" stehen. Es gab aber auch Umfragen zur Beliebtheit von Kübelböck, die genau entgegengesetzt ausfielen. Das ist doch der Beweis, dass 60% der Leute etwas untergeschoben wird, was sie nicht wirklich gut finden.
Unterhaltungstechnisch bekommt das Volk eben leider nicht, was es verdient, sondern das was von der Unterhaltungsindustrie diktiert wird - und damit muss es zufrieden sein, denn als Alternative bleibt nur "ganz abschalten". Dazu fehlt es aber gemeinhin an der nötigen Konsequenz - zum Glück für die Unterhaltungsindustrie. Ich bleibe bei meiner These, dass in keiner anderen Branche das Angebot so weit am Bedarf vorbeigeht.
Tatsächlich ist das mittlerweile mehr wert, als schauspielerisches Talent. Ein Trend, den ich sehr bedaure, aber ein Trend, der von den Kunden mehr gefördert wurde, als von den Studios.

Naja, ein häufigeres "Nein" seitens der Studios hätte sicher auch geholfen bei dieser Thematik ein ganz anderes Klima zu schaffen. Ich habe meine Zweifel ob Clooney, Willis, Stewart & Co. nicht auch für ein Viertel ihrer Gagen arbeiten würden. Reich wären sie trotzdem, bekannt wären sie durch die Filme auch und als Stars vermarkten ließen sie sich ebenfalls. Aber es ist halt schwieriger, mit 10 Anwälten einer Person eine niedrigere Gage auszuhandeln als für 5 Millionen anonyme Konsumenten den Preis an der Kinokasse um 50 Cent zu erhöhen.
Wenn man der Meinung ist, so jemand wäre ein überbezahlter Narziss, dann verweigert man eben die Bezahlung.

Womit wir wieder bei "Ganz oder gar nicht" wären. Unterhalten werden wollen die Leute aber schließlich, was auch in Ordnung ist. Sie haben aber keine Möglichkeit, differenziert Einfluss zu nehmen. Übertrieben formuliert, kommt ihr Geld doch letztlich in eine einzige Kasse, die die Filmindustrie verwaltet. Wenn da Geld ausbleibt, würde das doch niemand als Kritik an den Gagen verstehen.
(nachdem ich Miss Roberts schon verbal in die Pfanne gehauen habe, verkneife ich mir an diesem Punkt die Namen ;)).

Ich persönlich finde Sie noch nicht einmal sooo hübsch, dann bleibt ja gar nix mehr übrig. :wink:
Der wird angemeckert wie blöd, aber ganz nach dem Motto "Hunde, die bellen, beißen nicht" passiert rein gar nichts.

Ich kann jetzt keine Tatsachen wiedergeben, aber ich glaube ich habe auch etwas über die von Ssnake angesprochenen Fälle gelesen. Und das war nicht nur "Gebell".
In Europa macht man das natürlich nicht - hier ist das Problem zu unbedeutend, um die Studios ernsthaft unter Zugzwang zu setzen.

Man hat ja noch genügend andere Mittel, die man erstmal ausschöpfen kann...
Daß Dinge wie die ewige Verlängerung von Copyrights nicht gerade sauber sind, sehe ich ja auch so. Aber dann müssen die Politiker eben mal ein wenig Rückgrat zeigen, anstatt zu kuschen. So gewaltig ist auch in den USA die Filmlobby bei weitem nicht, daß das nicht möglich wäre.

...aber eben viel gewaltiger als die Verbraucherorganisationen. Das liegt ja in der Natur der Sache. Eine Firma kann ihre juristischen Aktivitäten nunmal besser bündeln als eine freie Organisation. Dass die Filmindustrie für ihre dämlichen Copyrights sogar eine Verfassungsänderung wider jeglichen Menschenverstand durchbekommen hat, ist doch der Beweis dafür.
.... Damit erfolgt wieder eine Annäherung an den Marktwert - für mich der richtige Weg.

Für mich auch, da stimm ich dir zu.
Die hat ja fast schon Klassenkampf-Qualitäten. ;)

Ich gebe zu, dass meine Argumentation z.T. in diese Richtung geht, sehr idealistisch ist sie auf jeden Fall. Vielleicht liegts daran, dass ich immerhin noch 10 Jahre DDR abbekommen hab. :wink: Es gibt da schon Parallelen: Genauso wenig wie das der "wahre" Sozialismus war, herrscht heute in einigen Bereichen eben auch nicht die "wahre" Angebots-und-Nachfrage-Marktwirtschaft.

Ciao,

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Sa, 24. Mai 2003, 12:07

Doc SoLo hat geschrieben:
Eben. Das sagte ich ja auch: "Friss oder Stirb!". Was ich aber kritisiere ist, dass der Kunde nicht einfach zu einem anderen günstigeren Anbieter gehen kann, da die Filmfirmen untereinander Preisabsprache betreiben, was in allen anderen Branchen verboten ist und vom Kartellamt verfolgt wird. Um Ihre Interessen durchzusetzen müssten sich die Konsumenten erstmal organisieren und streikartig gegen die Industrie vorgehen. Angesichts des für den Einzelnen geringen Streitwerts ist das so gut wie unmöglich. Und das weiss die Filmindustrie genau und schreibt in trauter Einigkeit 50 DM an ihre DVDs - Konkurrenz ausgeschlossen.


Die Geschichten mit den Preisabsprachen kenne ich auch - dummerweise habe ich außer der bloßen Behauptung bis heute nichts davon zu sehen bekommen. So etwas wird mit einer erschreckenden Selbstverständlichkeit als gegeben vorausgesetzt, nur weil sich Preise in einer Branche auf einem ganz bestimmten Niveau eingependelt haben. Dabei gab es schon eine ganze Menge Bewegung: Fox und Columbia haben lange Zeit keine neue DVD unter 60 DM verkauft. Vor allem Warner hat mit sehr günstigen Blockbustern dagegen gehalten: Vorreiter war seinerzeit Matrix mit einem Neupreis zwischen 16 und 22 DM. Das Ergebnis: Fox und Columbia mußten mit ihren Preisen runter, weil Warner die Charts dominierte. Jetzt sind die Filme dieser Firmen in Bereichen von 20-22 Euro. Das ist immer noch verdammt viel Geld, und ich hätte auch lieber niedrigere Preise. Aber der Unterschied liegt immerhin bei deutlich über 5€.
Das gleiche gilt übrigens auf dem Kinomarkt - nur merkt das dort leider der Konsument nicht, weil die Kinobetreiber die Nachlässe gewisser Studios lieber selbst einsacken, als sie an den Kunden weiterzugeben. Dennoch schwanken die Leihsätze de facto zwischen 38% und 55%. Das ist ein ziemliches Spektrum!

Das ist nichts weiter als eine Behauptung der Medienindustrie, die in keinster Weise wirklich stichhaltig belegt ist. Es ist doch so: Die Leute sitzen abends vor dem Fernseher - mehr oder weniger egal was kommt. Selbst der größte Scheiss bekommt deshalb Einschaltquoten, woraus die Sender frisch und fröhlich schließen, dass die Leute das sehen wollen. Das beste - zugegeben extreme - Beispiel war doch neulich "Deutschland sucht den Superstar". 80% der auf der Straße befragten Leute kannten Daniel Kübelböck - daraus wurde geschlossen, dass das Konzept ein Erfolg war und die Leute auf diese Art "Stars" stehen. Es gab aber auch Umfragen zur Beliebtheit von Kübelböck, die genau entgegengesetzt ausfielen. Das ist doch der Beweis, dass 60% der Leute etwas untergeschoben wird, was sie nicht wirklich gut finden.


Erstmal heißt es "in keiner Weise". Tut nichts zur Sache, aber ich kann das nicht mehr mit ansehen. Tschuldigung ;)
Aber zum Thema: Bei Julia Roberts und Co. ist das leider schon stichhaltig belegt. "Hey, da läuft der neue Film mit Julia Roberts, den müssen wir sehen." So läuft beim Nicht-Freak, beim die Mehrheit ausmachenden Durchschnittzuschauer die Entscheidung, welchen Kinofilm man konsumiert. Warum wollen die Leute Julia Roberts sehen? Wegen ihrer schauspielerischen Brillianz? Schön wär's! ;) Nein, sie wollen sie sehen, weil sie den Mischmasch aus Rollen und inszeniertem Privatleben mögen. Das ist keine Behauptung der Unterhaltungsindustrie, sondern das Ergebnis einer unabhänigigen medienwissenschaftlichen Studie.
Und Alternativen gibt's genug: Filme mit Schauspielern, die besser sind, nur einen Bruchteil verdienen und es nicht für nötig halten, ihre(n) neuste(n) Freund/Freundin in die Klatschspalten zu zerren. Aber interessanterweise ist die Nachfrage nach solchen Leuten erheblich geringer. Daher auch die erstaunliche Diskrepanz zwischen den bekanntesten/höchstbezahlten Schauspielern auf der einen Seite und den talentiertesten auf der anderen Seite.
Ach ja, und Daniel wer? :green:

Unterhaltungstechnisch bekommt das Volk eben leider nicht, was es verdient, sondern das was von der Unterhaltungsindustrie diktiert wird - und damit muss es zufrieden sein, denn als Alternative bleibt nur "ganz abschalten". Dazu fehlt es aber gemeinhin an der nötigen Konsequenz - zum Glück für die Unterhaltungsindustrie. Ich bleibe bei meiner These, dass in keiner anderen Branche das Angebot so weit am Bedarf vorbeigeht.


Um mal genau Dein Beispiel aufzugreifen: Es soll zu den Superstars keine Alternative geben, als abzuschalten? Angesichts von weiter über 20 frei empfänglichen Kanälen mit teilweise sehr unterschiedlichem Programm will mir das gerade aus deutscher Sichtweise nicht so recht einleuchten. Und selbst wenn man mal wirklich nichts findet, wo ist das Problem? Man kann auch mal ein gutes Buch lesen, oder mit seinen lieben Mitmenschen reden. Die Leute sind doch keine unmündigen Grenzdebilen, die vor einem Ferseher festgebunden wurden, auf dem RTL2 läuft!
Genausowenig beweist die Unbeliebtheit von irgend so einer Laien-Nase, daß die Leute den Burschen nicht sehen wollen. Da muß man nur mal im Zug die Gespräche über solche Themen mit anhören: Aufregung pur. Aber freudige Aufregung! In trauter Einigkeit wird in einem kulturellen Ritual diese Fernsehfigur heruntergeputzt. Das ist der funktionsgleiche Gegenentwurf zur Fankultur. Zur Zeit entsteht an der Uni Bochum eine sehr interessante Untersuchung aus dem Bereich der Cultural Studies zu dem Thema.

Naja, ein häufigeres "Nein" seitens der Studios hätte sicher auch geholfen bei dieser Thematik ein ganz anderes Klima zu schaffen. Ich habe meine Zweifel ob Clooney, Willis, Stewart & Co. nicht auch für ein Viertel ihrer Gagen arbeiten würden. Reich wären sie trotzdem, bekannt wären sie durch die Filme auch und als Stars vermarkten ließen sie sich ebenfalls. Aber es ist halt schwieriger, mit 10 Anwälten einer Person eine niedrigere Gage auszuhandeln als für 5 Millionen anonyme Konsumenten den Preis an der Kinokasse um 50 Cent zu erhöhen.


Erstens verkennst Du die Lage der Preisgestaltung: Die Studios versuchen zwar seit Jahren, die Struktur der Kartenpreise in übelster Kartellmanier an sich zu reißen, sind aber bislang immer wieder von Kartellämtern diverser Länder erfolgreich gestoppt worden.
Zweitens bin ich ja, wie gesagt, für eine differenzierte Sichtweise der Dinge: Sicher trifft die Studios eine große Mitschuld. Die Frage, die jahrelang viel zu selten gestellt wurde, ist die, ob die Gage eines Stars und sein Gegenwert in einem praktikablen Verhältnis stehen. Das wurde vor allem in den 80ern und frühen 90ern leider konsequent ignoriert. Mal zum Vorteil des Kunden (ich hätte nie das Glück gehabt, Leute wie Patrick Stewart, Helen Hunt und Avery Brooks in Fernsehserien zu bewundern, wenn es nicht einen Riesenhaufen blinder Betonköpfe in Hollywood gäbe ;)), meistens aber leider eher zu seinem Nachteil. Man nehme nur die 80er: Die Studios propagierten ernsthaft, das Publikum habe kein Interesse an intelligenten Frauen im Kino. :roll: Doch auch gerade hier zeigt sich, wie auf lange Sicht die Rebellion von unten funktioniert: Der harte Männerfilm pfeift heute zunehmend aus dem letzten Loch, differenziertere Kost ist auf dem Vormarsch.

Womit wir wieder bei "Ganz oder gar nicht" wären. Unterhalten werden wollen die Leute aber schließlich, was auch in Ordnung ist. Sie haben aber keine Möglichkeit, differenziert Einfluss zu nehmen. Übertrieben formuliert, kommt ihr Geld doch letztlich in eine einzige Kasse, die die Filmindustrie verwaltet. Wenn da Geld ausbleibt, würde das doch niemand als Kritik an den Gagen verstehen.


Siehe oben: Es gibt immer Filmalternativen. Wer sich wirklich gegen die Klatschspaltenbewohner entscheiden will, hat absolut die Möglichkeit. Ob das die Branche als Kritik an den Gagen versteht, ist letztendlich egal: Das Geld bleibt aus, man muß sparen. Wo kann man am meisten sparen? Richtig, bei den Gagen. Die Folge habe ich schon berichet: Es gibt einen Umbau zu einem erfolgsorientierten System, das die Studios insgesamt wesentlich billiger kommt. Ob das aus echter Einsicht geschehen ist, kann ich nicht beurteilen. Aber ist das wirklich wichtig?

Ich kann jetzt keine Tatsachen wiedergeben, aber ich glaube ich habe auch etwas über die von Ssnake angesprochenen Fälle gelesen. Und das war nicht nur "Gebell".


Oh, ich kenne da auch Fälle. Aus der Softwarebranche. Und aus der Musikbranche. Die Fälle aus der Filmbranche wurden aber bislang nicht von den Studios angleihert, sondern von ihren kleinen, unabhängigen Partnern. Die Studios konzentrieren sich im Moment komplett auf politischen Lobbyisums in Fernost - wohl wissend, daß dort das Problem liegt.

...aber eben viel gewaltiger als die Verbraucherorganisationen. Das liegt ja in der Natur der Sache. Eine Firma kann ihre juristischen Aktivitäten nunmal besser bündeln als eine freie Organisation. Dass die Filmindustrie für ihre dämlichen Copyrights sogar eine Verfassungsänderung wider jeglichen Menschenverstand durchbekommen hat, ist doch der Beweis dafür.


Ja, nur ich stellte die Frage: Warum lassen sich die Verantwortlichen auch breitschlagen? Die können doch auch mal ihr Hirn einschalten. Aber vielleicht verlange ich ja auch zu viel, wenn ich von Poltikern verlange, daß sie ihren Job vernünftig erlegen und sich mal ein Gewissen besorgen. ;)

Grüße von
ButtSeriously
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Sa, 24. Mai 2003, 20:29

ButtSeriously hat geschrieben:
Die Geschichten mit den Preisabsprachen kenne ich auch - dummerweise habe ich außer der bloßen Behauptung bis heute nichts davon zu sehen bekommen. So etwas wird mit einer erschreckenden Selbstverständlichkeit als gegeben vorausgesetzt, nur weil sich Preise in einer Branche auf einem ganz bestimmten Niveau eingependelt haben.

Wenn fast alle erscheinenden DVDs zum selben Preis in die Läden kommen, kann man wohl nicht mehr von einer "bloßen Behauptung" sprechen. Du nennst es halt "eingependelt", ich nenne es "abgesprochen".
Erstmal heißt es "in keiner Weise". Tut nichts zur Sache, aber ich kann das nicht mehr mit ansehen.

Und ich dachte schon, ich wäre pingelig in Bezug auf Formulierungen...
Nein, sie wollen sie sehen, weil sie den Mischmasch aus Rollen und inszeniertem Privatleben mögen. Das ist keine Behauptung der Unterhaltungsindustrie, sondern das Ergebnis einer unabhänigigen medienwissenschaftlichen Studie.

Naja, die Studie würde mich mal interessieren. Vielleicht wollen sie Roberts auch einfach sehen, weil sie auf kitschige Liebesschnulzen stehen - jedem das seine. Der Klatsch&Tratsch läuft doch eher über Zeitungen unabhängig von ihren Filmen. Wer denkt vor dem Kinoplakat denn an die letzte Klatschkolumne über den Hauptdarsteller? Aber ich glaube wir können beide nur Vermutungen darüber anstellen, niemand hat da die absolute Wahrheit.
Aber interessanterweise ist die Nachfrage nach solchen Leuten erheblich geringer.

Du unterstellst dauernd eine Nachfrage nach Leuten. Ich sehe beim Konsumenten im Vordergrund eigentlich eher die Nachfrage nach Filmen und Unterhaltung allgemein.
Ach ja, und Daniel wer? :green:

...was ich dir natürlich nicht abnehme. :)
Angesichts von weiter über 20 frei empfänglichen Kanälen mit teilweise sehr unterschiedlichem Programm will mir das gerade aus deutscher Sichtweise nicht so recht einleuchten.

Schon klar. Aber gerade mit DSDS wurde man von allen Seiten regelrecht bombardiert, das beschränkte sich ja nicht auf die Sendungen an sich. Diesen blöden Kübelböck kennt man ja, selbst wenn man nicht eine Folge der Sendung gesehen hat. Angesichts dieser Penetranz kann man wohl doch nur ganz abschalten.
Genausowenig beweist die Unbeliebtheit von irgend so einer Laien-Nase, daß die Leute den Burschen nicht sehen wollen. Da muß man nur mal im Zug die Gespräche über solche Themen mit anhören: Aufregung pur. Aber freudige Aufregung! In trauter Einigkeit wird in einem kulturellen Ritual diese Fernsehfigur heruntergeputzt. Das ist der funktionsgleiche Gegenentwurf zur Fankultur.

Zugegeben, so kann mans auch sehen... Nur die "freudige" Aufregung sehe ich nicht, eigentlich nur ehrliche Entrüstung darüber, mit welchem Dünnschiss einen das heutíge Fernsehen konfrontiert.
Erstens verkennst Du die Lage der Preisgestaltung: Die Studios versuchen zwar seit Jahren, die Struktur der Kartenpreise in übelster Kartellmanier an sich zu reißen, sind aber bislang immer wieder von Kartellämtern diverser Länder erfolgreich gestoppt worden.

Davon hab ich in der Tat nichts mitbekommen.
Doch auch gerade hier zeigt sich, wie auf lange Sicht die Rebellion von unten funktioniert: Der harte Männerfilm pfeift heute zunehmend aus dem letzten Loch, differenziertere Kost ist auf dem Vormarsch.

Dann besteht ja Hoffnung, dass die Filmstudios erkennen, dass der Normalzuschauer ins Kino geht, um von guten Filmen unterhalten zu werden und sich nicht mit Klatsch&Tratsch-Star-Rummel ködern läßt. Vielleicht pfeift dann in 10 Jahren die Liebesschnulze mit einer diletantischen aber medienumtriebigen Hauptdarstellerin aus dem letzten Loch.
Das Geld bleibt aus, man muß sparen. Wo kann man am meisten sparen? Richtig, bei den Gagen. Die Folge habe ich schon berichet: Es gibt einen Umbau zu einem erfolgsorientierten System, das die Studios insgesamt wesentlich billiger kommt. Ob das aus echter Einsicht geschehen ist, kann ich nicht beurteilen. Aber ist das wirklich wichtig?

Nö. Interessant finde ich, dass du zugibst, dass man bei den Gagen am meisten sparen kann. Diesen Sparzwang erzeugt aber eben eben auch die Raubkopierei. Trotz ihrer moralischen Fragwürdigkeit ist das immerhin ein positiver Aspekt.
Die Fälle aus der Filmbranche wurden aber bislang nicht von den Studios angleihert, sondern von ihren kleinen, unabhängigen Partnern.

Es heißt "angeleiert", mit "h" siehts ja furchtbar aus. Tut nichts zur Sache, aber ich kann mir die Retourkutsche einfach nicht verkneifen. :wink: :green:
Ja, nur ich stellte die Frage: Warum lassen sich die Verantwortlichen auch breitschlagen?

Tja, die Frage stelle ich auch. Genau wie die Raubkopierer arbeitet aber eben auch die Filmindustrie moralisch nicht 100% korrekt. Mit dem Vergleich wollte ich ja nur einen Grund für das mangelnde Unrechtsbewußtsein nennen.

Du merkst, ich möchte diese Diskussion gern ausklingen lassen. An Argumenten ist wohl fast alles ausgetauscht. Die bessere Sachkenntnis gestehe ich dir natürlich zu. Darin, dass die Raubkopiererei nicht das Ende der Filmindustrie bedeutet, stimmen wir wenigstens überein.

Ciao,

Doc SoLo
 
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So, 25. Mai 2003, 00:31

Nun gut, dann lasse ich es jetzt auch ausklingen. :green: :)
Nur eines muß ich noch loswerden. ;) Und zwar, daß die Nachfrage nach Leuten, von der ich immer rede, durchaus real ist. Schauspieler verkaufen Filme. Es funktioniert tatsächlich. Man kann, solange das Grundmuster einer Handlung gewissen Anforderungen entspricht, auch bewußt ein minderwertiges Produkt an den Mann bringen, wenn man den richtigen Star hat. Der muß natürlich bekannt sein. Bekanntheit steigert sich einerseits durch die Filme selbst. Aber es gibt auch noch den zweiten Weg: Man läßt immer schön private Informationen (wenn nötig auch erfundene), natürlich möglichst "schmutzig", an die Oberfläche blubbern, wohl wissend, daß die Boulevard-Presse sie mit Vergnügen aufgreifen wird. Das ist mittlerweile zur Taktik vieler Leute der Zunft geworden. Deshalb gehört meine größte Hochachtung auch jenen, die eine beeindruckende Karriere gemacht haben, obwohl sie ihr Privatleben nicht instrumentalisieren, womöglich gar abschirmen. Denn damit das heute noch hinhaut, muß man schon verdammt gut sein!

Die Ergebnisse der Studie - sobald sie denn komplett ist - kann ich Dir übrigens gerne mal zukommen lassen. Dank meines Nebenjob sitze ich ja sozusagen direkt an der Quelle. Ob die Aufregung über Daniel wen-auch-immer (der Name sagt mir wirklich nichts - daß er aus diesem Superstar-Gedöhns kommt, kann ich natürlich Deinem Posting entnehmen) freudig oder weniger freudig ist, hängt natürlich auch ein wenig davon ab, in welchen Kreisen man sich bewegt. Aber die "freudige Entrüstung" ist es wohl, was viele der ja nicht gerade wenigen Zuschauer immer wieder einschalten ließ. Ich weiß ja nicht, wie das andere sehen, aber wenn ich etwas für Dünnschiss halte, sehe ich mir's bestimmt kein zweites Mal an. Dafür ist mir meine Zeit dann doch zu schade. Um es mit einem Zitat aus etwas niveauvollerer Fernsehunterhaltung auszudrücken: "You do know that our lifetime is limited, don't you?". ;)

Und über moralische Fragwürdigkeiten der Studios brauchen wir nicht zu diskutieren. Wie bei den meisten Großunternehmen kommt da über die Jahre so einiges zusammen. ;)

Grüße von
ButtSeriously
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