Doc SoLo hat geschrieben:Eben. Das sagte ich ja auch: "Friss oder Stirb!". Was ich aber kritisiere ist, dass der Kunde nicht einfach zu einem anderen günstigeren Anbieter gehen kann, da die Filmfirmen untereinander Preisabsprache betreiben, was in allen anderen Branchen verboten ist und vom Kartellamt verfolgt wird. Um Ihre Interessen durchzusetzen müssten sich die Konsumenten erstmal organisieren und streikartig gegen die Industrie vorgehen. Angesichts des für den Einzelnen geringen Streitwerts ist das so gut wie unmöglich. Und das weiss die Filmindustrie genau und schreibt in trauter Einigkeit 50 DM an ihre DVDs - Konkurrenz ausgeschlossen.
Die Geschichten mit den Preisabsprachen kenne ich auch - dummerweise habe ich außer der bloßen Behauptung bis heute nichts davon zu sehen bekommen. So etwas wird mit einer erschreckenden Selbstverständlichkeit als gegeben vorausgesetzt, nur weil sich Preise in einer Branche auf einem ganz bestimmten Niveau eingependelt haben. Dabei gab es schon eine ganze Menge Bewegung: Fox und Columbia haben lange Zeit keine neue DVD unter 60 DM verkauft. Vor allem Warner hat mit sehr günstigen Blockbustern dagegen gehalten: Vorreiter war seinerzeit Matrix mit einem Neupreis zwischen 16 und 22 DM. Das Ergebnis: Fox und Columbia mußten mit ihren Preisen runter, weil Warner die Charts dominierte. Jetzt sind die Filme dieser Firmen in Bereichen von 20-22 Euro. Das ist immer noch verdammt viel Geld, und ich hätte auch lieber niedrigere Preise. Aber der Unterschied liegt immerhin bei deutlich über 5€.
Das gleiche gilt übrigens auf dem Kinomarkt - nur merkt das dort leider der Konsument nicht, weil die Kinobetreiber die Nachlässe gewisser Studios lieber selbst einsacken, als sie an den Kunden weiterzugeben. Dennoch schwanken die Leihsätze de facto zwischen 38% und 55%. Das ist ein ziemliches Spektrum!
Das ist nichts weiter als eine Behauptung der Medienindustrie, die in keinster Weise wirklich stichhaltig belegt ist. Es ist doch so: Die Leute sitzen abends vor dem Fernseher - mehr oder weniger egal was kommt. Selbst der größte Scheiss bekommt deshalb Einschaltquoten, woraus die Sender frisch und fröhlich schließen, dass die Leute das sehen wollen. Das beste - zugegeben extreme - Beispiel war doch neulich "Deutschland sucht den Superstar". 80% der auf der Straße befragten Leute kannten Daniel Kübelböck - daraus wurde geschlossen, dass das Konzept ein Erfolg war und die Leute auf diese Art "Stars" stehen. Es gab aber auch Umfragen zur Beliebtheit von Kübelböck, die genau entgegengesetzt ausfielen. Das ist doch der Beweis, dass 60% der Leute etwas untergeschoben wird, was sie nicht wirklich gut finden.
Erstmal heißt es "in keiner Weise". Tut nichts zur Sache, aber ich kann das nicht mehr mit ansehen. Tschuldigung

Aber zum Thema: Bei Julia Roberts und Co. ist das leider schon stichhaltig belegt. "Hey, da läuft der neue Film mit Julia Roberts, den müssen wir sehen." So läuft beim Nicht-Freak, beim die Mehrheit ausmachenden Durchschnittzuschauer die Entscheidung, welchen Kinofilm man konsumiert. Warum wollen die Leute Julia Roberts sehen? Wegen ihrer schauspielerischen Brillianz? Schön wär's!

Nein, sie wollen sie sehen, weil sie den Mischmasch aus Rollen und inszeniertem Privatleben mögen. Das ist keine Behauptung der Unterhaltungsindustrie, sondern das Ergebnis einer unabhänigigen medienwissenschaftlichen Studie.
Und Alternativen gibt's genug: Filme mit Schauspielern, die besser sind, nur einen Bruchteil verdienen und es nicht für nötig halten, ihre(n) neuste(n) Freund/Freundin in die Klatschspalten zu zerren. Aber interessanterweise ist die Nachfrage nach solchen Leuten erheblich geringer. Daher auch die erstaunliche Diskrepanz zwischen den bekanntesten/höchstbezahlten Schauspielern auf der einen Seite und den talentiertesten auf der anderen Seite.
Ach ja, und Daniel wer?

Unterhaltungstechnisch bekommt das Volk eben leider nicht, was es verdient, sondern das was von der Unterhaltungsindustrie diktiert wird - und damit muss es zufrieden sein, denn als Alternative bleibt nur "ganz abschalten". Dazu fehlt es aber gemeinhin an der nötigen Konsequenz - zum Glück für die Unterhaltungsindustrie. Ich bleibe bei meiner These, dass in keiner anderen Branche das Angebot so weit am Bedarf vorbeigeht.
Um mal genau Dein Beispiel aufzugreifen: Es soll zu den Superstars keine Alternative geben, als abzuschalten? Angesichts von weiter über 20 frei empfänglichen Kanälen mit teilweise sehr unterschiedlichem Programm will mir das gerade aus deutscher Sichtweise nicht so recht einleuchten. Und selbst wenn man mal wirklich nichts findet, wo ist das Problem? Man kann auch mal ein gutes Buch lesen, oder mit seinen lieben Mitmenschen reden. Die Leute sind doch keine unmündigen Grenzdebilen, die vor einem Ferseher festgebunden wurden, auf dem RTL2 läuft!
Genausowenig beweist die Unbeliebtheit von irgend so einer Laien-Nase, daß die Leute den Burschen nicht sehen wollen. Da muß man nur mal im Zug die Gespräche über solche Themen mit anhören: Aufregung pur. Aber freudige Aufregung! In trauter Einigkeit wird in einem kulturellen Ritual diese Fernsehfigur heruntergeputzt. Das ist der funktionsgleiche Gegenentwurf zur Fankultur. Zur Zeit entsteht an der Uni Bochum eine sehr interessante Untersuchung aus dem Bereich der Cultural Studies zu dem Thema.
Naja, ein häufigeres "Nein" seitens der Studios hätte sicher auch geholfen bei dieser Thematik ein ganz anderes Klima zu schaffen. Ich habe meine Zweifel ob Clooney, Willis, Stewart & Co. nicht auch für ein Viertel ihrer Gagen arbeiten würden. Reich wären sie trotzdem, bekannt wären sie durch die Filme auch und als Stars vermarkten ließen sie sich ebenfalls. Aber es ist halt schwieriger, mit 10 Anwälten einer Person eine niedrigere Gage auszuhandeln als für 5 Millionen anonyme Konsumenten den Preis an der Kinokasse um 50 Cent zu erhöhen.
Erstens verkennst Du die Lage der Preisgestaltung: Die Studios versuchen zwar seit Jahren, die Struktur der Kartenpreise in übelster Kartellmanier an sich zu reißen, sind aber bislang immer wieder von Kartellämtern diverser Länder erfolgreich gestoppt worden.
Zweitens bin ich ja, wie gesagt, für eine differenzierte Sichtweise der Dinge: Sicher trifft die Studios eine große Mitschuld. Die Frage, die jahrelang viel zu selten gestellt wurde, ist die, ob die Gage eines Stars und sein Gegenwert in einem praktikablen Verhältnis stehen. Das wurde vor allem in den 80ern und frühen 90ern leider konsequent ignoriert. Mal zum Vorteil des Kunden (ich hätte nie das Glück gehabt, Leute wie Patrick Stewart, Helen Hunt und Avery Brooks in Fernsehserien zu bewundern, wenn es nicht einen Riesenhaufen blinder Betonköpfe in Hollywood gäbe

), meistens aber leider eher zu seinem Nachteil. Man nehme nur die 80er: Die Studios propagierten ernsthaft, das Publikum habe kein Interesse an intelligenten Frauen im Kino.

Doch auch gerade hier zeigt sich, wie auf lange Sicht die Rebellion von unten funktioniert: Der harte Männerfilm pfeift heute zunehmend aus dem letzten Loch, differenziertere Kost ist auf dem Vormarsch.
Womit wir wieder bei "Ganz oder gar nicht" wären. Unterhalten werden wollen die Leute aber schließlich, was auch in Ordnung ist. Sie haben aber keine Möglichkeit, differenziert Einfluss zu nehmen. Übertrieben formuliert, kommt ihr Geld doch letztlich in eine einzige Kasse, die die Filmindustrie verwaltet. Wenn da Geld ausbleibt, würde das doch niemand als Kritik an den Gagen verstehen.
Siehe oben: Es gibt immer Filmalternativen. Wer sich wirklich gegen die Klatschspaltenbewohner entscheiden will, hat absolut die Möglichkeit. Ob das die Branche als Kritik an den Gagen versteht, ist letztendlich egal: Das Geld bleibt aus, man muß sparen. Wo kann man am meisten sparen? Richtig, bei den Gagen. Die Folge habe ich schon berichet: Es gibt einen Umbau zu einem erfolgsorientierten System, das die Studios insgesamt wesentlich billiger kommt. Ob das aus echter Einsicht geschehen ist, kann ich nicht beurteilen. Aber ist das wirklich wichtig?
Ich kann jetzt keine Tatsachen wiedergeben, aber ich glaube ich habe auch etwas über die von Ssnake angesprochenen Fälle gelesen. Und das war nicht nur "Gebell".
Oh, ich kenne da auch Fälle. Aus der Softwarebranche. Und aus der Musikbranche. Die Fälle aus der Filmbranche wurden aber bislang nicht von den Studios angleihert, sondern von ihren kleinen, unabhängigen Partnern. Die Studios konzentrieren sich im Moment komplett auf politischen Lobbyisums in Fernost - wohl wissend, daß dort das Problem liegt.
...aber eben viel gewaltiger als die Verbraucherorganisationen. Das liegt ja in der Natur der Sache. Eine Firma kann ihre juristischen Aktivitäten nunmal besser bündeln als eine freie Organisation. Dass die Filmindustrie für ihre dämlichen Copyrights sogar eine Verfassungsänderung wider jeglichen Menschenverstand durchbekommen hat, ist doch der Beweis dafür.
Ja, nur ich stellte die Frage: Warum lassen sich die Verantwortlichen auch breitschlagen? Die können doch auch mal ihr Hirn einschalten. Aber vielleicht verlange ich ja auch zu viel, wenn ich von Poltikern verlange, daß sie ihren Job vernünftig erlegen und sich mal ein Gewissen besorgen.
Grüße von
ButtSeriously
In memoriam PC Player 1/93 - 6/2001