Hab die Antwort ein bißchen vor mir her geschoben, vielleicht interessierts ja doch noch jemanden.
Frogo hat geschrieben:Versteh ich das richtig, Sony unterstützt die Entwicklug von Linux auf der PS3 sogar?
Schon seit Jahren - hinter den Kulissen. Dass als Grafik-API eine Variante von OpenGL ES vorgesehen ist, deutete schon daraufhin und ist ja schon länger bekannt. Nun war zu lesen, dass die gesamte Entwicklungsumgebung auf offenen Standards und freier Software aufbaut. Kern ist die GNU-Toolchain. Das führt konsequent die Strategie im "Kampf ums Wohnzimmer" weiter, die mit dem Cell-Chip begonnen wurde. Toshiba und Sony haben sich an dessen Entwicklung beteiligt, um später Kosten bei der Software zu sparen. Sie profitieren nun von verfügbarer Open-Source-Software und IBM's Investitionen auf diesem Gebiet. Das richtet sich gegen die neuen Unterhaltungskonkurrenten Microsoft und Apple, deren Kerngeschäft in der Software liegt.
Auch nicht schlecht - wobei das ja andererseits bei MS noch viel erstaunlicher gewesen wäre

Das dürfte zum einen an MS' Firmenpolitik liegen, zum anderen hat die 360 vermutlich nicht die technischen Möglichkeiten, ein "offenes" Betriebssystem sicher vom proprietären Konsolensystem abzuschotten.
Es war zu lesen, dass das PS3-Betriebssystem ständig eine SPU für "Sicherheitsfunktionen" in Beschlag hält. Das deutet darauf hin, dass Sony ein direkt in der Cell-Architektur implementiertes Feature benutzt, um das Ausführen eines unsicheren Betriebssystems zu erlauben. Die SPUs lassen sich in einen Modus schalten, in dem sie keinen neuen Code von außen mehr annehmen, sondern nur noch das einmal geladene Programm ausführen. So bleibt ein (z.B. beim Booten geladenes) Geheimnis per Hardware auch dann sicher erhalten, wenn zwischenzeitlich unsichere Software auf dem Prozessor lief. Dies erlaubt zu jedem späteren Zeitpunkt das sichere Authentifizieren von Code, Inhalten usw. für DRM-Zwecke. Diese Techniken des Cell-Chips sind schon lange bekannt und es wurde orakelt, wo und wie sie wohl zum Einsatz kommen. Das PS3-Linux ist wohl so ein Einsatzfeld.
Oder gibt es (für Linux-User) noch andere Unterschiede? Was schätzt du, wie schnell ist Linux auf der PS3 im Gegensatz zum PC?
Das lässt sich schwer in einfache Worte fassen, weil die Architekturen so unterschiedlich sind. Und das, obwohl man die SPUs in diese Betrachtung gar nicht mit einbeziehen muss. Die werden vom Linux-Kernel als Dateisystem eingebunden und nicht etwa als SMP-Instanzen. Compiler, die aus bereits bestehenden Programmen SPU-Code erzeugen können, gibt es auch nicht. Das heißt, ein aktuelles Linux-System wird vollständig und ausschließlich von der PPU ausgeführt.
Die PPU ist zwar mit über 3 GHz vergleichbar schnell getaktet wie aktuelle x86-CPUs, aber viel viel einfacher aufgebaut. Der PPU fehlen so ziemlich alle fortgeschrittenen CPU-Features wie Sprungvorhersage oder Out-of-Order-Execution. Es ist ein kleiner einfacher RISC-Kern, der - vereinfacht ausgedrückt - schnell rechnen kann, aber wenig eigene Logik enthält. Einer Forendiskussion bei IBM nach zu urteilen, scheint die PPU G4-Code schneller auszuführen, als für G5 optimiertes Material. Dabei wurde immer behauptet, die PPU würde auf dem PowerPC 970 Design basieren und sie ist ja auch binärkompatibel zum G5. G4 wurden noch dieses Jahr von Apple im PowerBook eingesetzt und waren dort eher für ihren geringen Stromverbauch berühmt als für ihr Tempo. Die Taktfrequenzen lagen allerdings auch nur halb so hoch wie beim Cell.
Bei komplexen Logik-intensiven Anwendungen kann die PS3 also durchaus langsamer als ein bereits mehrere Jahre alter PC sein. Dazu kommt noch der kleine Hauptspeicher von nur 256 MB. Diesem Umstand dürfte auch die Wahl von Enlightenment als Desktop geschuldet sein. Die "full-blown" Desktops KDE und Gnome lassen bei dieser RAM-Größe nicht mehr viel für tatsächliche Anwendungen übrig.
Andererseits ist die Speicheranbindung blitzschnell - um vieles schneller als alles was es auf dem PC-Markt derzeit gibt. Das dürfte zu einem sehr indifferenten Arbeitsverhalten führen, das sich in seiner Charakteristik stark vom PC unterscheidet. Ich kenne das von alten CAD-Workstations mit RISC-CPUs. Die erledigen manche Aktionen nahezu verzögerungsfrei, aber eine Webseite wird gut nachvollziehbar gemächlich auf den Schirm "gemalt". Sowas ähnliches erwarte ich auch von der PS3 (allerdings auf höherem Niveau).
Mal aus Interesse: Was unterscheidet die PS3 dann noch von einem PC (Maus und Tastatur bei der PS3 vorausgesetzt)?
Die Bauform, das optische Laufwerk (vorläufig), sowie die fehlende Modularität und Erweiterbarkeit. Letzteres eröffnet gerade für Linux eine ganz neue Möglichkeit: Völlige Konfigurationsfreiheit. Man kann komplette System- oder auch spezielle Applikationsimages fix und fertig durchkonfiguriert anbieten und mit einem Tastendruck zur Ausführung bringen.
Der Preis?
Ja und Nein. Wenn man sich einen Linux-PC zum unter den Schreibtisch stellen zulegt, kommt man entweder billiger davon oder erhält leistungsfähigere Hardware. Ganz anders sieht es beim Einsatzzweck Mediacenter aus. Was eh schon zu erwarten war, hat sich wohl nun bestätigt: die PS3 ist flüsterleise und auch das Laufwerk rauscht nicht. Über die sonstige Wohnzimmer-Eignung brauchen wir wohl nicht erst diskutieren. Und da wirds schon schwierig, überhaupt etwas vergleichbares in der PC-Welt zu finden und beim Preis kommt man sicher nicht günstiger. Achja, BD-Player und Playstation 1 bis -3-Spiele auf dem Fernseher würden dann immer noch fehlen.
Ciao,
Doc SoLo