Dirty Harry hat geschrieben:Puh, so lange Beiträge sind immer recht anstrengend....
Ich bin wirklich kein "Anti-Amerikaner"
Dafür lese ich aber ziemlich viele Beiträge von Dir, die sich so deuten lassen. "Die Masse der Amis ist doof - ich kenn' zwar nur kluge, aber das ist bestimmt nicht repräsentativ", "sollen diese selbsternannten Weltpolizisten doch einen auf den Sack kriegen", "Amiland", ... - würdest Du das ernsthaft als objektive Tatsachenbeschreibung bezeichnen, oder könnte es sein, daß da vielleicht doch das eine oder andere klitzekleine Vorurteil durchscheint?
Gegen einen vom Sicherheitsrat legitimierten Krieg hätte ich übrigens nichts gesagt....
...dann stellt sich ja nur noch die Frage, ob es die Alleinschuld der US-Regierung ist, daß es zu dieser Resolution nicht gekommen ist, oder ob da Deutschland, Frankreich, Rußland und andere Staaten nicht auch einen gewissen Einfluß auf das Ausbleiben dieser nächsten Resolution gehabt haben. Hat ein deutscher Außenminister nicht im Übrigen selbst gesagt, es bedürfe gar keiner weiteren Resolution? Sind es nicht Frankreich und Deutschland gewesen, die eine weitere Resolution, die vollständige Klarheit hätte schaffen können, verhindert haben?
Hat Europa mit seiner Weigerung, sich an den Stationierungskosten der US-Truppen zu beteiligen, die US-Regierung nicht womöglich bewogen, schneller anzugreifen, um die Kosten nicht unnötig ausufern zu lassen?
Alle Schuld beim doofen Dubya zu suchen, wird der Sachlage nicht gerecht.
Bush macht momentan das ganze Völkerrecht und die Weltzivilisation zunichte.
Ist auch das nicht vielleicht ein klein wenig übertrieben?
Ja, ich sehe durchaus Fragen hinsichtlich der legitimität des Angriffs. Ja, ich sehe durchaus eine Beschädigung völkerrechtlicher Prinzipien. Ich bestreite hingegen, daß es allein die Verantwortung der USA ist, daß es soweit gekommen ist (s.o.)
Amerika mißt andere mit anderen Maßstäben wie sich selbst und das macht sich ganz schlecht wenn man sich ständig als Richter aufspielt.
Nun ja, Amerika hat aber auch eine andere Verantwortung zu tragen als Püttchen Brammel oder der deutsche Bundeskanzler. Denn jeder von Amerikas Verbündeten ist zugleich jemand, der Amerikas Beistand erwarten kann. Weltmacht zu sein heißt daher, weltweit durch seine Verbündeten in Konflikte hineingezogen zu werden, auch wenn das gar nicht im Eigeninteresse liegt (man denke nur an die von Dir bekräftigte Warnung im Master of Orion-Thread, vorschnell Bündnisse mit anderen Rassen der Galaxis einzugehen...).
Amerika hat seine imperiale Rolle nicht angestrebt, sie ist dieser Nation in Folge des Zusammenbruchs der britischen Empires und unter der Drohung des aggressiven Sowjetkommunismus zugefallen. Amerika hat durch seine militärische und wirtschaftliche Kraft den Zusammenbruch der kommunistischen Diktaturen bewirkt -was gar nicht selbstverständlich war!-, als hierzulande noch alle meinten, man müsse die DDR und die Sowjetunion mit Milliardenkrediten stützen, man dürfe keine rasche Wiedervereinigung zulassen und was dergleichen Unsinn mehr gefaselt wurde.
Amerika macht Fehler, weil Amerika was macht. Alles in allem - trotz aller berechtigter Abneigung gegen den einen oder anderen Aspekt, der Amerika eben auch ausmacht - glaube ich, daß Amerika in Summe mehr Gutes als Schlechtes für die Welt, in der wir leben, bewirkt hat. Europa hat dem Schlachten in Bosnien jahrelang tatenlos zugesehen, bis die USA eingegriffen haben. Europa hat es wegen der Eigensinnigkeiten einiger Regierungen auch diesmal nicht geschafft, mit einer Stimme aufzutreten (und daß Herr Chirac alle Schuld dafür bei den Beitrittskandidaten und anderen unbotmäßigen Staaten sucht, nicht aber bei sich selbst und seiner selbstherrlichen Führungspose, spricht ja eine deutliche Sprache).
Welche eigenständigen Beiträge außer einer selbstgerechten besseren Gesinnung hat Europa denn in den letzten 50 Jahren in den Konflikten dieser Welt geleistet?
Wir sollten mal schnell vom hohen Roß herunterkommen, daß wir Deutschen wegen Dauerbetroffenheit über unsere Untaten in Auswitz nun plötzlich die moralische Autorität hätten, mit dem Finger auf andere zu zeigen, die weniger in Sack und Asche herumlaufen als wir.
Außerdem darf man nicht vergessen wie Hussein zu dem geworden ist was er heute ist: Nachdem im Iran der Schah gestürzt wurde und ein fundamentalistisches Moslemisches Land entstanden war versuchten die Amerikaner (und die restlichen westlichen Länder) einen Gegenpol zu schaffen um den Iran in Schach zu halten oder auszuschalten. Als dies gelungen war entzog man dem übermäßig aufgerüsteten Irak jegliche Unterstützung. Wirtschaftlich völlig am Ende blieb Hussein wenig anderes übrig als Kuwait zu überfallen um an deren Reichtümer zu kommen. (Eine nicht mehr zu finanzierende Armee mußte irgendwie sinnvoll genutzt werden)
Ich habe das etwas anders in Erinnerung:
Mit dem Schah verlor die USA plötzlich und überraschend einen Großteil ihres Einflusses auf die Region, die zweifellos aufgrund der enormen Ölreserven eine der strategisch bedeutsamsten der Welt ist.
Zugleich dachte ein lokaler Diktator, er könne sich in guter alter Manier des Absolutismus ein Stück aus dem Iran heraussäbeln. Weil seine Truppen unfähig waren und die Iraner nach Abwehr seiner Invasion zum Gegenstoß ansetzten, sahen die USA die Chance, über eine Rettung des Irak Einfluß auf das dortige Regime zu bekommen. Dank massiver Hilfe von den USA und Europa - vor allem Deutschland! - schaffte es der Irak, den iranischen Gegenangriff zum Stehen zu bringen. Irgendwann hatten beide Völker keine Lust mehr, und man schloß einen Waffenstillstand.
Danach hatte Hussein die Chance, seine Armee zu reduzieren und über einen wirtschaftlichen Aufbau das verlorene Desaster wettzumachen. Die USA empfahlen ihren Verbündeten, dem Irak keine weiteren kriegswichtigen Technologien zu transferieren.
Stattdessen kriegte er die fixe Idee, daß er der neue Saladin sei, und wenn er erstmal Nuklearwaffen besäße, die Supermächte mit ihm von Gleich zu Gleich verhandeln müßten und er zur beherrschenden Macht im Nahen Osten aufsteigen könne. Kurz darauf dann die etwas weniger blöde Idee, sich Kuweit einzusacken, während vor allem deutsche Firmen fleißig weiter Nuklear- und Chemiewaffentechnik in den Irak lieferten. Wie das ausging, weiß jeder.
Die Sanktionen gegen den Irak 12 Jahre lang haben nämlich nur das Volk getroffen und sogar zu Husseins Machterhalt beigetragen.
Da stimme ich Dir voll und ganz zu. Was ist dann aber die Konsequenz aus dieser Erkenntnis? Die Sanktionen weiter aufrechtzuerhalten, oder dieses Lieblingsinstrument der friedensbewegten in den 80er und 90er Jahren zumindest in diesem Fall als wirkungslos zu bewerten, und es daher mit einem anderen Vorgehen zu versuchen?
Mir fällt im Übrigen nicht ein Fall ein, wo Wirtschaftssanktionen etwas gegen eine Diktatur auszurichten vermocht hätten. In Kuba herrscht noch immer Fidel Castro, Milosevic mußte erst seinen Status als Herrscher verlieren, bevor er ausgeliefert wurde - kennt jemand Gegenbeispiele?