Leichter SPOILER-Alarm!!!
Ins Kino zu einem Film geschleppt zu werden, der mich zuvor gar nicht interessiert hat, zu dem ich das Buch nicht kenne und mir sagen habe, dass es sowieso ziemlich mau sein soll, ist auch mal eine interessante Erfahrung. Was soll ich sagen, außer, dass ich die Dan Brown-Verfilmung sehr gut fand. Ich hatte keine Erwartungshaltung, außer vielleicht dass mich die breitbrüstige Ankündigung, mal eben an den Grundpfeilern der christlichen Kirche zu wackeln, zu einem höhnisches Grinsen nach dem Motto "Hö-hö-hö, alles klar..." veranlasste.
Nach der etwas langweiligen ersten halben Stunde taucht der Film aber für meine Begriffe immer tiefer in eine recht verzwickte Handlung ein. Gut, es ist im Grunde eine fortdauernde detektivische Rätseltour und sowohl die Entlarvung des Bösewichts als auch des "Grals" war vorhersehbar. Aber was mich zwischendurch doch sehr angesprochen hat, war die enorme Fülle an Informationen und Puzzlestückchen, die auf mich als Zuschauer einprasselten. Auch wenn die Theorien und Legenden in dieser Auslegung reine Fiktion sind, so schaffen sie es doch, eine interessante und durchaus auch komplexe Handlung zu konstruieren. Hier hatte ich als Nicht-Buchkenner aber wohl einen Vorteil, ansonsten hätte ich mir durchaus auch vorstellen können, mich stärker zu langweilen. Laut Freundin (Buchkennerin) erzählt der Film nichts neues. Jedenfalls war das einer der Punkte, die mich stärker angesprochen haben und der den Film auch auf eine hübsche mysteriöse Ebene gehoben haben. Zudem habe ich wegen der Menge an Hinweisen und Puzzleteilen auch das Gefühl, dass mich der Film nicht für blöd erklärt, so wie das in manch anderem seichten Thriller mit einer handvoll Plotelementen gemacht wird. Wobei sich The Da Vinci Code aber auch nicht einfach nur auf "handfeste" Fakten und Informationen beschränkt, die das weitere Vorgehen der Figuren bestimmen. Es wird auch eine dezente metaphysische "Moral aus der G'schicht" über menschliche Tugenden und Werte, Fanatismus und niedere Charakterzüge eingeflochten. So prallen sowohl extreme als auch gemäßigte Weltanschauungen über Glauben und Nicht-Glauben und dessen Auslegungen aufeinander. Hier steckt für mich also durchaus auch etwas mehr drin, als von gemeinen Mainstream-Hype-Blockbustern zu erwarten ist.
Ein anderer guter Punkt ist, dass der Film richtig Stil hat. Dazu tragen nicht nur die starke Dialoglastigkeit (Baphomets Fluch anyone?) oder der Verzicht auf ausufernde Actionszenen bei, sondern auch die teilweise tollen Bilder von Paris, London sowie den Kirchen und Kathedralen, die als Schauplätze dienen. Somit wirkt der Film an sich nicht rasant und überzogen, sondern sogar eher beschaulich und etwas ruhiger. Nichtsdestotrotz gibt es auch einige wenige schnelle und bedrohliche Szenen für unsere Hauptcharaktere. Außerdem kommen noch einige toll in Szene gesetzte Bilder aus der Vergangenheit hinzu, die immer mal ganz kurzzeitig auftauchen und die vermutlich die vielen Dialoge etwas auflockern sollen. Einige dieser Aufnahmen, wie die von Jerusalem während der Kreuzzüge oder von Rom und dem Konzil von Nicäa sind schlicht unbeschreiblich atmosphärisch gemacht, bildgewaltig und äußerst gelungen. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das in dieser Form schon mal in einem Film gesehen habe, die Qualität liegt eigentlich noch eine Stufe über dem Herr der Ringe. Das unterstreicht den ganzen mysteriösen Anstrich des Films, der ansonsten aufgrund der Kathedralen und Bibliotheken auch schon mal recht unheimlich wird. Tatsächlich spielt die erste Hälfte des Films nahezu vollständig im Dunkeln. Diese Mischung ist sehr gut gelungen.
Zum Glück hält man sich auch nicht sehr umfangreich mit dem Bösewicht auf, sondern macht sich wirklich auf eine Detektivspur rund um Geheimbünde in der Kirche, diverse Geheimnisse altertümlicher Objekte und natürlich auf die Suche nach dem heiligen Gral. Diese Auslegung der Gralsgeschichte kannte ich so auch noch nicht, bisher ist mir die Gralslegende nur ganz klassisch bekannt. Audrey Tautou, die im Film Sophie spielt, hält in meinen Augen auch locker mit den schauspielerischen Qualitäten von Tom Hanks und Ian McKellen mit. Und ich musste die ganze Zeit überlegen, ob das Catherine Zeta-Jones ist. Aber ich glaube, sie hätte den französischen Akzent nicht so perfekt hinbekommen - hier übrigens ein Lob an die deutsche Synchronstimme von Madame Tautou, die Stimme samt Akkzent ist mindestens genauso süß, wie Tautou im Film wirkt. Das unterstreicht auch die sanfte Beziehung, die sich zwischen Sophie und Robert entwickelt. Für die Fraktion hier, die das "Herzschmerzgesülze" nicht mag, dürfte der Film aber wieder schwerer erträglich sein, zumal diesem noch eine deftige spirituelle Note beigegeben wird.
Alles in allem trotz der Dan Brown-Attitüde ein durchaus sehenswerter, stimmungsvoller und ausgewogener Film, wie ich finde, der Nicht-Buchkenner wie mich stärker zum Mitdenken angeregt hat. Hans Zimmer hätte ich schließlcih so einen einfühlsamen und passenden Soundtrack auch nicht zugetraut. Und der Film diente auch ein wenig dazu, meine Latein-, Französisch- und Englischkenntnisse aufzubessern. Die analoge Projektion war zwar, mal wieder, ein fürchterliches Kriselfest, der Ameisenkrieg bald noch schlimmer als in King Kong, aber gut, das muss ich eben verschmerzen. Mich hat der Film jedenfalls auf den Trip gebracht, mal ein paar hintergründige Dinge zu den Mythen und Legenden in den Büchern von Alexander Schlick und eventuell Margaret Starbird nachzulesen, denn das ist im Grunde ein sehr interessantes Thema. Und ich werde nun wohl doch auch mal einen Blick in die Bücher von Dan Brown werfen, in der Hoffnung, dass mir der Film durch seine Bücher nicht madig gemacht wird.